Planet Cloudius IX ist ein spiritueller Nachfolger der Commander-Keen-Reihe. Schafft es das Spiel, der Vorlage gerecht zu werden?
Das Jahr 1994. Nach langem Bitten und Betteln und vielen Nerven meiner Pflegeeltern hatte ich zu Weihnachten endlich einen PC geschenkt bekommen! Den ich natürlich und ausschließlich für die Schule brauchte – ihr kennt das ja. Jedenfalls war es ein 486er mit 8 MB Ram und Soundblaster. Preis war damals irgendwo um die 2000 DM, was besonders hier im Osten Deutschlands eine Stange Geld war. Zu den ersten Spielen, die ich in meiner frühen PC-Zeit entdeckte, gehörte die Commander-Keen-Reihe. Von einem Schulkameraden habe ich seinerzeit alle sechs Episoden auf Disketten kopiert bekommen.
Als Nintendo-Kind war ich natürlich längst an gute Plattformer gewöhnt: Super Mario, Tiny Toons, Mega Man und wie sie alle hießen. Commander Keen war trotzdem eine neue Erfahrung für mich: Denn es waren Spiele mit einer erstaunlichen Vertikalität. Es ging nicht nur stur von links nach rechts, sondern die Levels waren einfach riesig in alle Himmelsrichtungen. Wie ich später herausfinden sollte, hatten sehr viele Genre-Vertreter auf Heimcomputern diese Vertikalität. Von Turrican über Jazz Jackrabbit bis hin zu Tony & Friends in Kelloggs Land. Eine Herangehensweise, die bei heutigen Genre-Vertretern leider ein wenig verloren gegangen ist.
Also dachte ich mir: Gibt es nicht irgendwelche Fangames, zum Beispiel zu Commander Keen, die mir dieses alte Gefühl zurückgeben könnten? Bei meinen Recherchen stieß ich auf eine große Mod-Szene zu Commander Keen. Das heißt, dass die alten DOS-Spiele mit neuen Levels gemoddet werden. Nicht ganz das, was ich persönlich als traditionelles Fangame bezeichnen würde. Bei dem Titel, um den es in dieser zweiten Ausgabe meiner Fangame-Reihe geht, bin ich dann doch noch fündig geworden.
Planet Cloudius IX
Neu im Vergleich zum Vorbild ist in den beiden leichteren Schwierigkeitsgraden eine Gesundheitsanzeige, die aus mehreren Herzen besteht. Erst wenn diese Herzen aufgebraucht werden, verliert man ein Leben. Es gibt auch höhere Schwierigkeitsstufen, die eher den alten Spielen entsprechen (inklusive sofortigen Ablebens bei Feindkontakt). Eine weitere Neuerung ist die Einbindung von kleinen Side-Quests der Planetenbewohner.
Kurz gesagt: Das Gameplay fängt das alte Keen-Feeling hervorragend ein. Es macht mir großen Spaß, die Level und die zahlreichen Geheimnisse zu entdecken. Das Leveldesign macht einen runden und polierten Eindruck. Zwar ist das Spiel durchaus herausfordernd, aber immer fair. Der Soundtrack erinnert mich ebenfalls wohlig an Commander Keen.
Leider empfinde ich die grafische Gestaltung als weniger gelungen. Insbesondere die Hintergründe wirken auf mich etwas generisch. Auch die Level-Grafiken finde ich nicht immer gelungen. Dafür mag ich aber durchaus das Design der Gegner. Da wir hier jedoch über ein kostenfreies Fangame reden, will ich auch gar nicht zu streng sein.
Denn ansonsten merkt man dem ganzen Spiel die Liebe seines Entwicklers zur Commander Keen Reihe in jeder Sekunde an. Mir macht das Spiel im Großen und Ganzen Spaß und wer einfach mal nachvollziehen möchte, welchen Reiz die Commander-Keen-Reihe auf PC-Spieler der frühen 90er ausstrahlte, der sollte wirklich reinschauen. Pluspunkte gibt es auch für die verschiedenen Schwierigkeitsstufen, die ich an dieser Stelle nochmal herausheben möchte.