Songs of Silence – KaPoTA?

Songs of Silence

In unserer neuen Rubrik KaPoTA? (Keep and Play or Throw Away?) stellen wir uns genau diese Frage: Würden wir dieses Spiel vor Erreichen der magischen Zwei-Stunden-Grenze bei Steam behalten und weiterspielen, oder würden wir es lieber wieder loswerden? Heute mit: Songs of Silence.

Der Entwickler Chimera Entertainment aus München existiert seit 2006, hat mehr als 25 Spiele veröffentlicht und europaweit 80 Entwickler unter seinen Fittichen. In meinem aktiven Bewusstsein war das Studio trotzdem nicht. Ihr Debut Windchaser erschien 2008 zwar für PC, in der Folge wurde aber fast ausschließlich für Smartphones entwickelt, offensichtlich auch mit einigem Erfolg. Mit Songs of Silence, das zunächst vor rund fünf Monaten im Early Access startete, kehren sie auf den PC zurück und möchten nicht weniger als einen „Fresh Take on Strategy“ liefern. Armeen und ein Königreich managen klingt schonmal nach meinem Spiel. Wie fresh der take wird, verrate ich euch in diesem „KaPoTA?“.

Look and Feel and Plot

Der Artstyle von Songs of Silence ist laut Aussage der Entwickler (ich bin kein Kunstexperte!) vom Art Nouveau inspiriert. Mich erinnert er ein wenig an so manche westlich erscheinende Animes aus den 90ern, vielleicht liegt das aber auch an der weiblichen Protagonistin der Kampagne. Und vielleicht trübt mich auch die Erinnerung. Auf jeden Fall zaubert Songs of Silence mit seinem leicht comicartigen (und Jugendstil-inspirierten) Look eine klasse aussehende Fantasy-Welt auf den Bildschirm. Für mehr Infos lest das Interview mit Art Director Christian Dreher und Concept Artist Katharina Brand. Besonders wichtig: Alles ist nicht nur hübsch, sondern auch gut lesbar, einschließlich des Interfaces. Das Tutorial ist in die Kampagne integriert, es gibt Nachschlagewerke zu Einheiten und Spielkonzepten und hilfreiche Tooltips. Kleiner Wermutstropfen: Auf „Nested Tooltips“ müsst ihr verzichten. Auch zwischen euren Städten (dazu später mehr) könnt ihr nicht, wie etwa in Age of Wonders 4 (zu unseren Artikeln) hin und herschalten.

Der Jugendstil – insbesondere die grafischen Werke von Alphonse Mucha – schien uns die perfekte Leinwand zu sein, um das zu vermitteln, was wir zeigen wollten: Wunderschöne handgefertigte Kunstwerke, die kleine, aber interessante Geschichten erzählen. Außerdem verleiht es Songs of Silence eine einzigartige und individuelle Persönlichkeit.

Christian Dreher, Art Director

Auch musikalisch haut Songs of Silence, so gar nicht silent, auf die Pauke und konnte keinen geringeren als Hitoshi Sakimoto, bekannt durch Final Fantasy Tactics und Valkyria Chronicles, gewinnen. Der Soundtrack ist stimmig und passt wunderbar zum Setting.

Die Story dreht sich um um einen vergangenen und immer noch schwelenden Konflikt, der die Welt in zwei Teile (einen hellen und einen dunklen) spaltete. Alles wird jetzt durch eine neue, unheimliche Gefahr bedroht. In der Kampagne starte ich auf der hellen Seite, als die frischgekrönte Königin Lorelai Ehrengard. Frischgekrönt, weil ihre Eltern vom „Crusade“ (religiösen Fanatikern, die die „Silence“ im Land verbreiten) niedergemetzelt wurden. Jetzt befindet sie sich mit Überlebenden auf der Flucht. Schnell zeigt sich, dass sich nicht immer nur „gute“ Entscheidungen treffen lassen. Die Story ist episch angelegt und macht Lust auf mehr. Erfreulich ist, dass die Kampagne sogar vollvertont ist. Gespielt habe ich auf Englisch.

HoMM meets Mechabellum

Auf den ersten Blick wirkt Songs of Silence ein wenig wie ein Heroes of Might and Magic. Kein schlechtes Omen, war der erste Serienteil doch ein Grund für mich, einen eigenen 486er anzuschaffen, damit mein Vater seinen auch mal zum Arbeiten nutzen konnte. Auf der Weltkarte tummeln sich Armeen, Questorte, Städte und Event-Locations. Eure Armeen haben Bewegungspunkte, die ihr frei einsetzen könnt. Besonders schwere Einheiten verlangsamen euch. Gezogen wird rundenweise. Die Ressourcen (Baumaterialien, Göttliche Gunst, Gold) gewinnt ihr in zugehörigen Ortschaften oder ihr erbeutet sie. Die Ortschaften lassen sich aufstufen und mit einem Spezialgebäude versehen. In den Städten rekrutiert ihr natürlich Einheiten, heilt (basierend auf dem Supply-Wert der Lokalität) und stellt bei Bedarf eine Garnison auf. Wird eine Stadt angegriffen, musste sie in meinen ersten Gehversuchen ein oder zwei Runden belagert werden. In der Zeit könnt ihr zum Beispiel Hilfe schicken. Es kann, anders als in Age of Wonders 4, immer nur eine Armee pro Seite gleichzeitig Kämpfen.

Und die Kämpfe sind eine wahre Besonderheit. Es gibt keine runden- oder echtzeitbasierten Taktikgefechte. Songs of Silence ist ein Autobattler! Ja, früher dachte ich, mhm, Autobattler, das ist doch ein bisschen „Lame“. Seit Mechabellum weiß ich aber, dass da durchaus ganz schön Tiefe drin stecken kann. Ihr könnt Armeen vor einer Schlacht inspizieren und dementsprechend eure Schlachtaufstellung wählen. Die pausierbaren Gefechte laufen dann cineastisch ab. Auch hier wurde das HoMM regelrecht entschlackt. Es kommt aber gleich die nächste Besonderheit: Denn Songs of Silence ist nicht nur ein Autobattler. Ihr greift nämlich in die Schlachten ein. Mit Spielkarten. Jeder eurer Helden (im Spielverlauf schaltet ihr immer mehr frei) hat ein eigenes Deck.

So könnt ihr zum Beispiel die stärkste Einheit aus eurer Reserve zur Unterstützung rufen, Wesen zur Unterstützung beschwören (besonders hilfreich, um feindliche Fernkampfeinheiten in den Nahkampf zu verwickeln), eure Kavallerie Feinde an einem bestimmten Punkt niederreiten lassen oder eure Einheiten zu buffen. Manapunkte oder ähnliches braucht ihr nicht. Die Karten haben schlicht einen Cooldown! Bis auf jene, die nur einmal pro Kampf eingesetzt werden können, nämlich das Herbeirufen einer Einheit aus der Reserve. Nach einer gewissen Zeit könnt ihr auch die „Rückzugskarte“ spielen. Ihr müsst eure Armee richtig zusammenstellen, richtig aufstellen, den spezifischen Gegner, der euch erwartet, mitberücksichtigen und dann auch noch clever eure Karten spielen. Hektisch wird es dabei nicht – vielmehr könnt ihr das cineastische Erlebnis orchestrieren. Und es dauert nicht ewig, so dass es einen „Autoresolve“ erst gar nicht braucht. Ihr könnt aber die Zeit beschleunigt ablaufen lassen.

Welche Karten euer Held habt, bestimmt ihr auch mit: Denn beim Stufenaufstieg habt ihr die Wahl zwischen drei Optionen. So könnt ihr etwa eine neue Karte in euer Kampfdeck aufnehmen, eine vorhandene Karte verbessern, eure Einheitenslots erhöhen oder aber auch eine auf der Weltkarte zu spielende Karte wählen, mit der ihr, ausreichend Ressourcen vorausgesetzt, eure Städte verbessern könnt. In der ersten Mission ist das Heldenlevel auf drei beschränkt, so dass ich mit meinen zwei Helden insgesamt vier Aufstiege und Qualen der Wahl hatte. Eine Anpassung auf euren Spielstil ist damit gut möglich!

Den normalen Schwierigkeitsgrad empfand ich einen Tick zu leicht. Allerdings war es ja auch nur die erste Mission, dafür hat es dann schon gepasst.

Keep and Play or Throw Away?

Den Early Access von Songs of Silence hatte ich gar nicht mitbekommen. Auf das Spiel aufmerksam wurde ich erst dank des Schlüsselmeisters TheLastToKnow, der das Spiel der Münchner für einen Artikel vorschlug. Da konnte ich nicht „Nein“ sagen. Zum Glück!

Denn ein Spiel wie Songs of Silence habe ich noch nicht gespielt. Es nimmt die HoMM-Formel, mischt es mit Mechabellum und fügt dem die Eingriffsmöglichkeiten in der Schlacht hinzu. Obendrein schafft es Chimera Entertainment die Mechaniken zu runterzubrechen, dass sie euch ein schnelles, gleichzeitig aber auch taktisch anspruchsvolles und umfangreiches Spielerlebnis bieten. Der „Fresh Take on Strategy“ ist mit Bravour geglückt. In der gelieferten Kombination möchte ich eigentlich schon von einem neuen Subgenre sprechen. Dass dann auch noch die Kampagne Lust auf mehr macht, ist wunderbar! Auch die audiovisuelle Präsentation ist gelungen.

Viele der über 100 Einheiten und zahlreichen Helden habe ich noch gar nicht gesehen, den Skirmish mit prozedural generierten Karten (eine Partie soll zwei bis vier Stunden dauern) in meinen zwei Stunden ebensowenig ausprobieren können wie das mitgelieferte Szenario oder den Multiplayer. Und von den drei Fraktionen habe ich erst eine ausprobiert, nebst ein paar Spezialeinheiten. An Songs of Silence wird außerdem weiter gefeilt, wie erst kürzlich im sympathischen Dev Stream einschließlich Umfrageauswertung gezeigt wurde. Meine ersten zwei Spielstunden habe ich auch für Youtube aufgezeichnet, Folge 1 findet ihr direkt unter diesem Test.

Ihr werdet es sicher ahnen: Für mich heißt es „Keep and Play“, für euch heißt es „Buy and Play“!

Wir haben ein kostenloses Rezensionsexemplar über PressEngine erhalten.

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Über Vampiro

Variety Gamer seit Crystal Castle auf dem Atari 2600 Junior. Mein Herz schlägt besonders für Strategie, Taktik, Wargames und Aufbau nebst allen Untergenres (wie Taktik-RPGs ;-) ).

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2 Comments on “Songs of Silence – KaPoTA?”

    1. Vielen Dank 🙂

      Schreib dann Mal, wenn du es ausprobiert hast, wie du es findest 🙂 Es ist ab und zu auch schon etwas im Sale habe ich gesehen.

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