Manche Geschichten sind zu stark, um sich mit nur einem Medium zufriedenzugeben. Sie beginnen ihr Dasein auf Papier. Nachdem sich dort jeder Leser sein ganz eigenes Bild in der Fantasie zurecht gesponnen hat, springt die Geschichte vielleicht irgendwann auf die große Leinwand, wo sie mit Bildern, Musik und Schauspiel ein neues Leben gewinnt – und für jeden Zuschauer gleich aussieht. Und im dritten Schritt wandert sie weiter in die Welt der Videospiele, in der jeder Spieler selbst seine Helden und ihre Geschichte nachspielen kann.
BFG widmet sich diesen Werken: Erzählungen, die drei Leben führen – als Buch, als Film und als Game. Wir verfolgen, wie sich Figuren, Handlung und Atmosphäre bei jedem Sprung ins nächste Medium verändern. Welche Elemente werden übernommen? Was verändert sich? Was ist komplett neu? Dabei geht es nicht nur um Nostalgie oder Vergleich, sondern auch um die Frage: Was passiert mit einer Geschichte, wenn wir sie lesen, sehen und schließlich selbst spielen?
In der ersten Ausgabe reisen wir in die Welt des berühmten britischen Geheimagenten namens Bond. James Bond. Ian Flemings Debütroman Casino Royale legte 1953 den Grundstein für eine Legende – kühl, elegant und tödlich. Die drei Verfilmungen interpretierten Bonds erstes Abenteuer immer wieder neu: Von Jimmy Bond bis zum Neustart der Filmserie. Und dann gibt es die Videospiel-Adaptionen, die uns selbst in Bonds Smoking schlüpfen lassen. Falls er denn passt.
Das Buch (1953)

Frauen waren zur Erholung gedacht. Bei einem Auftrag kamen sie einem nur in die Quere und vernebelten alles mit Sex und gekränkten Gefühlen und all dem emotionalen Ballast, den sie mit sich herumschleppten. Man musste ständig auf sie aufpassen und sich um sie sorgen.
Dieser Satz stammt aus dem 1953 erschienenen Debütroman von Ian Fleming: Casino Royale. Fleming, Jahrgang 1908, war nicht nur Schriftsteller, sondern selbst in den Wirren des Zweiten Weltkriegs in Geheimdienstkreisen tätig. Als Offizier der Royal Navy arbeitete er im Naval Intelligence Department, wo er Einsätze plante und Informationen sammelte – Stoff genug für eine literarische Karriere. Nach dem Krieg zog er sich auf Jamaika in sein Haus „Goldeneye“ zurück, wo er jeden Morgen diszipliniert an der Schreibmaschine saß. Aus dieser Routine heraus entstand die Figur James Bond: kühl, charmant, tödlich effizient, mit einer Vorliebe für Luxus, Glücksspiel und schöne Frauen. Doch während Fleming Jahr für Jahr einen Roman veröffentlichte, litt er immer stärker unter Alkohol- und Tabakgenuss und depressiven Phasen. Er starb mit gerade einmal 56 Jahren am 12. August 1964 nach einem Herzinfarkt.

Im Roman wird der britische Geheimagend James Bond nach Royale-les-Eaux entsandt. Sein Auftrag: Den Kassenwart einer sowjetnahen Organisation beim Kartenspiel endgültig zu ruinieren. Denn dieser Le Chiffre hatte die Gelder seiner Auftraggeber abgezweigt, um sich ein Bordell-Imperium aufzubauen. Dieses Unterfangen ging gründlich schief und er versucht nun durch Glücksspiel, seine Verluste wieder auszugleichen, bevor der Verlust des Gelds bemerkt wird. Das Duell am Spieltisch ist für Fleming (und damit Bond) weniger Glück als Psychologie – ein Krieg in Abendgarderobe, für die der Agent seine Lizenz zum Töten nicht benötigen sollte. Bonds Begleiterin ist Vesper Lynd, offiziell vom Schatzamt entsandt, um das Spielgeld zu beaufsichtigen. Das obige Zitat bezieht sich auch auf sie, da Bond nicht mit einer Frau arbeiten möchte. Überhaupt hat Fleming Vorbehalte gegenüber anderen Menschen. Über bulgarische Gegner schreibt er:
Von denen sieht man hier sonst nicht viele. Sie werden hauptsächlich gegen die Türken und Jugoslawen eingesetzt. Sie sind dumm, aber gehorsam. Die Russen setzen sie für einfache Morde oder als Sündenbock für die komplizierteren ein.
Nach dramatischen Wendungen, einem Rückschlag und einem letzten, entscheidenden Sieg bringt Bond Le Chiffre ins Wanken. Doch der Triumph ist trügerisch: Bond gerät in Gefangenschaft, wird gefoltert und entkommt nur, weil unsichtbare Mächte den Gegenspieler ausschalten. Die scheinbare Idylle danach – ein Rückzug ans Meer mit Vesper – zerbricht, als Bonds Vertrauen verraten wird. Vesper trägt ein Geheimnis, das sie in den Tod treibt. Für Bond bleibt nur die Erkenntnis, dass Liebe im Agentenleben keine Schonzeit ist, sondern ein weiteres Minenfeld.

Der erste Film (1954)
Im Mai 1954 erwarb der amerikanische Produzent Gregory Ratoff für gerade einmal 1000 Dollar von Ian Fleming die Verfilmungsrechte an Casino Royale. Laut Drehbuchautor Lorenzo Semple Jr. investierte Ratoff das Geld eher zufällig in das Projekt, nachdem er angeblich mit gestohlenem Geld aus Ägypten geflohen war und auf eine Rezension von „Casino Royale“ in der Time stieß. Die Option galt zwar nur für sechs Monate, doch das reichte aus: Im Oktober 1954 lief Casino Royale als Teil der Serie „Climax!“, in der voneinander unabhängige abgeschlossene Geschichten präsentiert wurden. Das Buch war bisher nicht sonderlich erfolgreich, so dass die beiden Drehbuchautoren auch keine Gewissensbisse hatten, als sie aus dem britischen James einen amerikanischen Jimmy Bond einer fiktiven Behörde namens „Combined Intelligence“ machten. Damit nicht zu viele Amerikaner im Casino auflaufen, wurde der bisherige Amerikaner Felix Leiter der Brite Clarence Leiter, als Vesper Lynd machte man Valerie Mathis, während der gute alte René Mathis ganz gestrichen wurde.
Im Großen und Ganzen bleibt der Fernsehfilm aber dennoch nahe an der Original-Geschichte. Wieder soll Bond den sowjetischen Gegenspieler Le Chiffre beim Baccara ausnehmen, so dass dieser von seinen eigenen Auftraggebern beseitigt wird. Wie im Roman sitzt in der Suite über ihm jemand, der ihn abhört, doch in anderen Bereichen nimmt der Film eigene Abzweigungen. So ist Valerie Mathis eine ehemalige Geliebte Bonds, die nun scheinbar auf Le Chiffres‘ Seite steht.

Da Casino Royale ganz offiziell kostenlos auf Youtube steht, können sich interessierte Leser den Rest des Films dort zu Gemüte führen. Er ist zwar kostengünstig produziert und bietet daher wenig Schauwerte jenseits des Casinos, doch die Schauspieler agieren gut und die Geschichte funktioniert auch heute noch. Peter Lorre als Le Chiffre ist ein hervorragender Bösewicht, der auch ohne übertriebene Gesten Gefährlichkeit ausstrahlt. Schade ist, dass der ursprünglich in Farbe ausgestrahlte Live(!)-Film nur in schwarz-weiß und in eher bescheidener Qualität erhalten blieb.
Übrigens erwarb Ratoff die Casino-Royale-Rechte 1955 erneut. Dieses Mal für 6.000 Dollar – und ohne Ablaufdatum. Er starb 1960 und seine Witwe verkaufte die Rechte 1961 an den Produzenten Charles K. Feldman für 75.000 Dollar. Nachdem 1962 mit dem ersten Kinofilm James Bond – 007 jagt Dr. No das Franchise überraschend erfolgreich wurde, stand einer guten Verfilmung eigentlich nichts im Wege.

Der zweite Film (1967)

Nach dem Erfolg von Dr. No im Jahr 1962 und dem Start der offiziellen James-Bond-Reihe entstanden zahlreiche humorvolle Agentenfilme, die von der Bondmania profitierten – darunter Derek Flint schickt seine Leiche oder Operation „Kleiner Bruder“, bei dem passenderweise Neil Connery, der jüngere Bruder von Sean, die Hauptrolle übernahm. Inmitten dieses Trends versuchte Produzent Charles K. Feldman, seine Rechte an Casino Royale selbst filmisch zu nutzen. Ein Angebot des „offiziellen“ Bond-Produzenten Albert R. Broccoli lehnte er ab. Stattdessen plante er seine eigene Version – zunächst als ernsthaften Film mit Ben Hecht als Drehbuchautor. Hechts Entwurf blieb aber ungenutzt, da er 1964 verstarb. Übrig blieb nur die Idee, mehrere Agenten mit dem Codenamen „James Bond“ auftreten zu lassen – und damit bereits ein wenig die späteren Darstellerwechsel in der Filmreihe vorzubereiten.
Nachdem Verhandlungen mit EON Productions, Broccolis Firma, scheiterten – u.a. wegen Feldmans überzogener Gewinnforderungen –, entschloss er sich, Casino Royale als große Parodie auf das Bond-Universum umzusetzen. Für das Drehbuch wurden Wolf Mankowitz, John Law und Michael Sayers engagiert. Ein prominentes Starensemble wurde zusammengestellt, darunter Peter Sellers, David Niven, Orson Welles, Woody Allen und Ursula Andress – Letztere bekannt als erste Bond-Girl in Dr. No.
Doch die Produktion geriet schnell außer Kontrolle. Peter Sellers überarbeitete ausschließlich seinen eigenen Text und weigerte sich mit Orson Welles zu drehen. Die chaotischen Zustände am Set führten dazu, dass letztlich fünf Regisseure am Film mitwirkten: Joseph McGrath, Ken Hughes, John Huston, Robert Parrish und Val Guest versuchten, dem Projekt eine einheitliche Handschrift zu verpassen – nur leider wollte jeder seine eigene Schreibweise durchdrücken.
Trotz all dieser Schwierigkeiten wurde Casino Royale 1967 veröffentlicht. Statt eines klassischen Agentenfilms bot er eine überdrehte, unzusammenhängende Parodie mit aufwendiger Besetzung, absurdem Humor und unklarer Handlung. Zwar war der Film finanziell kein Flop, doch ist er heutzutage mehr Mahnmal als Kunstwerk.
Dank der Viele-Köche-Politik ist es auch nicht möglich, die Geschichte in einigen Zeilen zusammen zu fassen. Sagen wir einfach: Außer einigen Figuren-Namen und Casino-Szenen blieb nichts von der Vorlage übrig. Dafür gibt es erneut einen Jimmy Bond. Ob das nun gut oder schlecht ist, überlasse ich berufeneren Filmkritikern.

Was letzten Endes von dem Film bleibt, ist das gelungene Filmplakat. Und die musikalische Untermalung durch Burt Bacharach, der gemeinsam mit Herb Alpert & the Tijuana Brass ein wunderbares Titelstück komponierte. Über die Abschluss-Credits ist die gleiche Melodie gelegt, dieses Mal allerdings mit Gesang von Mike Redway. Ebenfalls für den Film komponiert ist das Stück The look of Love, das Dusty Springfield singt. Wenn der Rest des Films vergessen sein wird: Dieses Lied wird überdauern.

Der dritte Film (2006)

Die Filmrechte an den Fleming-Romanen lagen seit 1961 bei den Produzenten Albert R. Broccoli und Harry Salzman beziehungsweise bei der von ihnen gegründeten Firma Eon Productions. Einzige Ausnahmen waren die Rechte an Thunderball – weil der Roman auf einem Filmscript basierte, an dem ein gewisser Kevin McClory mitgeschrieben hatte. Auf diesem Filmdrehbuch und den Rechten basiert der 1983 erschienene Film „Sag niemals nie“ mit Sean Connery in der Rolle des britischen Geheimagenten.
Die zweite Ausnahme ist logischerweise Casino Royale. Eon Productions konnte erst 1999 im Rahmen einiger Lizenz-Verschiebereien die Rechte am ersten Fleming-Roman erwerben. Nicht, dass (spätestens ab Moonraker) die Verfilmungen noch viel mit den Romanen zu tun gehabt hätten. Doch mit diesem Roman bot sich die Möglichkeit eines Neustarts der Filme, die im Laufe der Jahre immer größere Weltverschwörungen, immer absonderlichere Bösewichter und immer obskurerer Agenten-Werkzeuge aus der Abteilung Q aufgefahren hatten. Casino Royale sollte – wie schon die beiden Timothy-Dalton-Filme – wieder zurück zum ursprünglichen Fleming-Bond finden: Ein zynischer Charakter, zu dessen Job Töten gehört. Außerdem sollte der neue Film die Anfänge von James Bond als Doppel-Null-Agent zeigen.

Interessanterweise sollte Casino Royale trotz dieser Prämisse erst einmal mit Pierce Brosnan verfilmt werden, der den Agenten bereits in den vier Vorgängerfilmen verkörpert hatte. Im Regiestuhl hätte auch Quentin Tarantino Platz nehmen können, doch beide Optionen wurden ad acta gelegt. Stattdessen stand erneut Martin Campbell hinter der Kamera, der bereits Goldeneye aus der Taufe gehoben hatte. Als neuer Bond wurde Daniel Craig verpflichtet.
Im Kern bleibt die Verfilmung der Geschichte des Romans treu. James Bond, frisch zum 00-Agenten ernannt, wird mit einer Mission betraut, den Terroristen Le Chiffre, der in einem hochkarätigen Pokerturnier in Monaco spielt, zu stoppen. Le Chiffre nutzt das Spiel als Deckmantel, um Geld von seinen kriminellen Auftraggebern zu gewinnen, die ihm mit dem Verlust seines Kapitals drohen. Bond muss ihn besiegen, um seine Machenschaften zu vereiteln und die Sicherheit der westlichen Welt zu gewährleisten.
Allerdings trägt die Buchvorlage 2006 wohl alleine keinen Film mehr. Daher wurde die Geschichte vor dem Kartenspiel im Casino stark erweitert und führt Bond durch die Weltgeschichte, bevor er am Pokertisch Platz nimmt. Ja, das Spiel wurde ausgetauscht und Baccara aus dem Verkehr gezogen. Nebenfiguren wie René Mathis wurden dreidimensionaler und Vesper Lynd oder auch Le Chiffre bekommen viel mehr Hintergrund und Motivation spendiert.
Alles in allem bietet Casino Royale 2006 eine sehr gelungene Neuinterpretation der Figur, ohne völlig mit der Reihe zu brechen. So spielen einige Dialoge auf den beliebten Charakter Miss Moneypenny oder den geschüttelten, nicht gerührten Martini an. So nah wie dieser Film blieb ein Bond-Streifen selten am Buch – und es ist seitdem auch nicht mehr vorgekommen. Kunststück, angesichts der fehlenden Vorlagen.

Die Spiele
Trotz des beträchtlichen Erfolgs der Bond-Film-Reihe gibt es kein offizielles „großes“ Casino-Royale-Spiel auf dem Markt. Electronic Arts hatte in den Jahren 1997 bis 2005 jeweils mindestens ein Bond-Spiel veröffentlicht, und auch nach den eher enttäuschenden Verkäufen ihres letzten Versuchs mit From Russia with Love (für das sie sogar Sean Connery ins Studio holten) kündigten sie im Dezember 2005 Casino Royale an. Doch dieser Ankündigung für die Systeme Playstation 3, Xbox 360 und Wii folgte schon im Januar 2006 die Einstellung des Titels. Mit ein Grund dürfte gewesen sein, dass die aktuelle Entwicklung zum ersten Craig-Film zwar schon angelaufen war, aber vermutlich nicht rechtzeitig zum Kinostart in den Regalen gewesen wäre.
Es folgte ein seltsamer Lizenzwechsel. Auf der Seite mi6-hq.com heißt es
Bereits wenige Monate später, im Mai 2006, folgte eine Überraschung für die James-Bond-Fans: Activision übernahm die Lizenz für James-Bond-Videospiele, obwohl Electronic Arts (EA) diese Lizenz erst kurz zuvor bis 2010 verlängert hatte. Berichten zufolge zahlte Activision rund 50 Millionen Dollar für die Rechte. EA erklärte, man ziehe sich aus strategischen Gründen von lizenzierten Franchises zurück. Allerdings kursierten Gerüchte, dass das Spiel Casino Royale seinen Veröffentlichungstermin verpasst hatte und MGM über die potenziellen Einnahmeverluste enttäuscht war. Infolgedessen wurde das Casino Royale-Projekt bei EA sofort eingestellt. Die Rechteübertragung an Activision sollte erst 2007 exklusiv in Kraft treten, was bedeutete, dass der neue Entwickler zum damaligen Zeitpunkt noch keinen Titel veröffentlichen konnte, der mit dieser Lizenzvereinbarung in Einklang stand.

Auf dieser Webseite finden sich auch die wenigen Informationen, die über das eingestellte Spiel bekannt sind: Der Titel sollte sich nah an die Filmhandlung halten, die der Spieler in der Third-Person-Perspektive aus der Sicht Bonds erleben würde. Die Schauspieler sollten die Vertonung des Spiels übernehmen. Angeblich sei die Produktion zu 15 Prozent abgeschlossen gewesen, doch außer dreier Konzeptbilder des abschließenden Venedig-Levels ist nichts an die Öffentlichkeit gedrungen.
Activision übernahm die Rechte der Filmreihe so kurzfristig, dass an ein Spiel zum Film natürlich nicht zu denken war. Was die Firma stattdessen tat, wird gleich erzählt. Denn trotz des Firmenwechsels gab es zwei Casino-Royale-Spiele rund um den Filmstart herum:

Der Entwickler Javagrounds machte seinem Namen alle Ehre und veröffentlichte im November 2005 sein Spiel Casino Royale für Mobiltelefone mit Java ME. In diesem Sidescroller rennt, springt und klettert Bond. Er schlüpft in Rohre, schwingt an Seilen und rollt über den Boden. Agil ist er, der Geheimagent (damals noch) Ihrer Majestät. Feinden begegnet er nicht nur mit Schüssen aus coolen Waffen, sondern auch mit Nahkampf-Attacken. Und sollte man mal keine Munition haben, hilft die linke Soft-Taste des Handys: Damit schleicht man sich heimlich an Feinde heran, schwingt von Seilen oder wirft Mülleimer auf die Feinde. Den zugehörigen coolen Spruch muss sich der Spieler allerdings selber ausdenken.

Zwischendurch darf man auch mal Schlösser knacken und Bomben entschärfen, weil, naja, das dazu gehört, wenn man als Geheimagent arbeitet. Und bevor es weitergeht, kann man seinen Bond-Charakter aufmotzen, indem man Fertigkeitspunkte verteilt, die Schießen, Schlägereien, Rüstungen und Stealth-Fähigkeiten verbessern. Das Ganze sieht recht hübsch aus und der Hersteller war sich seiner Sache sogar so sicher, dass er ein Cliffhanger-Ende eingebaut hat. Doch das 2008 veröffentlichte James Bond: Top Agent führte die Geschichte nicht fort. Stattdessen ist es ein hauptsächlich Multiplayer-basiertes Spiel, in dem die Spieler andere Agenten oder Bösewichter ausschalteten. Zusätzlich bot Javagrounds downloadbare Inhalte an, doch auch hier wird die Geschichte um Le Chiffre nicht fortgesetzt.

Das zweite damals erschienene Casino-Royale-Spiel ist heutzutage nicht mehr spielbar. Es handelt sich um das Browser-basierte Casino Royale Strategy-Game aus dem Hause Big Spaceship. Da die Server mittlerweile abgeschaltet wurden, ist selbst über die Wayback-Machine nur der Startbildschirm zu erreichen. Außerdem bot der Hersteller einen Quickstart-Guide an, aus dem auch die hier abgedruckten Bilder stammen.
Liest man sich diesen Guide durch, so bekommt man einen Eindruck von der Art des Spiels: Es handelte sich um ein isometrisches Rundentaktik-Spiel, in dem der Spieler fünf Teammitglieder auf der Suche nach einer Aktentasche befehligt. Jede Figur hat einzigartige Fähigkeiten, die hoffentlich gegen die ebenfalls vorhandenen Gegner helfen. Fällt die Gesundheit eines Mitglieds auf 0, so hat die Führungsfigur drei Züge Zeit, sie zu heilen – oder aber der Gegner schafft es vorher, es für die eigene Seite einzusammeln. Ziel ist es, die Aktentasche zu finden und das Gebäude zu verlassen. Notfalls reicht es aber auch, das komplette gegnerische Team zu eliminieren.
Die schlecht aufgelösten Bilder aus dem Guide sagen natürlich nichts über die Spielqualität aus. Einzig das stilsicher gestaltete Startmenü samt schmissiger Musik ist immer noch über Archive.org aufrufbar.


So kommt es, dass das einzige Spiel, das heutzutage noch spielbar ist, gar nicht Casino Royale heißt. Stattdessen nutzte Activision seine neue Bond-Lizenz, um 2008 das Spiel zum Film Quantum of Solace für Playstation 3, Playstation 2, Xbox 360, Wii, Nintendo DS und den PC zu veröffentlichen. Interessant daran: Die Handlung dieses Films wird im Spiel zur Rahmenhandlung von Casino Royale. Der Agent schüttet dem aktuellen Bond-Girl, Camille Montes, mitten in der Solace-Handlung sein Herz bezüglich Vesper Lynd aus. Und der Spieler ist plötzlich in einem kompetent gemachten Casino-Royale-Spiel gelandet, das alle wichtigen Film-Stationen abarbeitet.
Die DS-Fassung bietet eine Schräg-oben-Ansicht und natürlich ein grundsätzlich anderes Gameplay. So hat Bond nur in dieser Version ein Inventar, in dem er unter anderem Poker-Karten sammeln kann. Je nach gebildeter Pokerhand haben sie andere Effekte. Casino-Chips dagegen sind die Währung für verbesserte Waffen. So gelungen die einzelnen Ideen auch gewesen sein mögen: Viele Kritiker fanden die Touch-Steuerung viel zu fisselig, um Spaß an dem Spiel zu finden.

Die anderen Fassungen bieten eine First-Person-Shooter-Erfahrung. In Zwischensequenzen und sobald sich Bond verschanzt, schaltet die Kamera auf Third-Person um. Nur auf der Playstation 2 ist Quantum of Solace ein reines Third-Person-Spiel. Das, was – egal auf welcher Plattform – zu sehen ist, ist wirklich nicht schlecht. Sowohl optisch als auch (dank Original-Sprechern) akustisch sind die Entwickler nah am Film.
Entwickelt wurde Quantum of Solace von Treyarch, die in den Vorjahren hauptsächlich Spider-Man-Spiele und Call-of-Duty-Teile veröffentlicht hatten. An ihrem ersten Bond-Spiel strickten sie ganze zweieinhalb Jahre – gut angelegte Zeit wenn man bedenkt, dass das Studio seitdem nur noch eine CoD-Franchise-Maschine ist. Die Entwickler spielten sich durch einige alte Bond-Spiele und suchten sich die Teile heraus, die ihnen am besten gefielen. Auto-Level, die in vielen Bond-Versoftungen vorkommen, verbannten sie allerdings von Anfang an aus ihrem Konzept, weil sie sich nicht übernehmen wollten. Ihre Haupt-Inspirationsquelle wird für Videospieler keine Überraschung sein: GoldenEye.
In einem Interview der Videogamer mit Co-Designer Adam Gascoine wird offensichtlich, wie sehr das N64-Spiel das Team beeinflusst hat:
Ich finde, wir haben ein wirklich großartiges Zuglevel. Viele Spiele haben Züge als Level – Gears of War hatte einen, Splinter Cell ebenfalls. Unser Zuglevel hat uns sehr gut gefallen, auch wenn er ursprünglich im Spiel nicht vorhanden war. In einem Drehbuch-Entwurf stand er zwar drin, wurde aber herausgeschnitten. Jemand aus unserem Team spielte GoldenEye und meinte: „Warum machen wir nicht den Zug?“. Also haben wir es umgesetzt.
Adam Gascoine
Natürlich bietet ein Treyarch-Titel – schon allein wegen GoldenEye – einen Multiplayer-Part, den ich allerdings nie gespielt habe. Angeblich war er sehr gelungen. Das hielt die Presse allerdings nicht davon ab, dem Spiel meist mittelmäßige Wertungen zwischen 50 und 70 Prozent zu geben. Bemängelt wurde hauptsächlich das gleichförmige Gameplay. Einige Kritiker fanden auch den Wechsel der Geschichte innerhalb des Spiels nicht besonders gelungen:
Du kannst Quantum of Solace in etwa vier bis fünf Stunden durchspielen. Und es ist so aufgebaut, dass du die meisten Ereignisse aus Casino Royale erlebst und dann nur kurz auf die Handlung von Quantum of Solace eingegangen wird. Es fühlt sich so an, als hätten sie eigentlich ein Casino Royale-Spiel machen wollen, aber da sie den ersten Film nicht umgesetzt haben, entschieden sie sich, ein paar QoS-Schauplätze dranzuhängen und einfach einen neuen Namen auf die Verpackung zu kleben.
Nate Ahearn / IGN
Damit komme ich zum Ende dieser ersten Ausgabe von BFG. Wie findet ihr das Format? Ideen dafür gibt es viele, doch möchte das jemand lesen? Schreibt gerne was dazu in die Kommentare.


Für interessierte:
1.000$ aus 1954 entsprechen 12.000$ heutzutage.
6.000$ aus 1955 entsprechen 72.000$ heutzutage. (also für unbekannte Buchrechte schon nettes Sümmchen, damals waren grade mal 3 Romane erhältlich)
75.000$ aus 1971 entsprechen 600.000$ heutzutage.
Saltzman kaufte die rechte an ALLEN James Bond Filmen für 50.000$ in 1961, was heutzutage 540.000$ entspricht. Das war für die damals verfügbaren 8 Bücher, Ausnahme Casino Royale. Pro Film sollten dann weitere 100k fließen. Für Dr No bekam Fleming dann noch zusätzlich 100.000$, was grob 1 Million $ entspricht.
Activision soll übrigens 70 Millionen 2007 für die Lizenz gezahlt haben, das entspricht aktuell grob 109 Millionen. EA und Nintendo haben nie zahlen genannt, aber Goldeneye war wohl schon damals ne relativ teure Lizenz im Vergleich zu anderen.
Btw als Vergleich: JK Rowling hatte die Filmrechte an Harry Potter initial für 1 Million Pfund (2,5 Millionen$ heutzutage) an Warner verkauft in 1999. Und meines Wissens waren die Harry Potter Bücher ab 4 (2000) schon ein Phänomen, über das berichtet wurde.
Klingt, als wärst du voll im Thema. Danke für die Infos. Die Kosten für den Lizenz-Deal hatte ich nirgends gefunden. In meiner Wahrnehmung sind die Bond-Spiele allerdings nie so besonders gut gelaufen, weshalb ich es eh spannend finde, dass da immer wieder Interessenten dran sind.
Und was würde ich für eine „echte“ Verfilmung der Moonraker-Story geben. Mein Lieblingsbuch aus der Fleming-Reihe.
Goldeneye lief echt gut, aber der kam auch 2 Jahre nach dem Film auf dem Markt – dafür kurz vor dem Release von „Der Morgen stirbt nie“.
Dann gab es ja noch die EA Spiele, die null auf Filmen basierten, da war Nightfire, das ich als eigentlich relativ gut in Erinnerung habe – aber auch hauptsächlich, weil die Lizenz gut integriert war, was damals ja noch selten war. Die PC Version (ganz unterschiedlich zur Konsolenfassung) kam auch von Gearbox und lief in der GoldSrc Engine.
Die PC Version muss sich aber wohl mies verkauft haben, da Alles oder Nichts nur noch für Konsolen kam – dabei hatte das merklich ein höheres Niveau mit Willem Dafoe und Heidi Klum im Cast. Der Nachfolger war dann auch merklich weniger budgetiert und gut – man spielte auch nur noch nen abtrünnigen Agenten im JB Universum, also das, was wohl bald auch in Filmform auf uns zukommt.
From Russia with Love war dann wieder sympathischer, aber da hätte man doch viel mehr mit machen können. Hätte es gerne gesehen, dass die damit weitermachen.
Stattdessen gab dann Activision ihre Spiele bei Eurocom in Arbeit, die der Serie dann in Videospielform den Rest gaben. Quantum of Solace war ne Totgeburt in allen belangen, aber auch das Remake von Goldeneye war so falsch – besonders dadurch, dass sie lizenztechnisch jetzt Daniel Craig nutzten. Das Konzept von Legends war gut, aber dank Eurocom halt auch doomed.
Ich bin tatsächlich gespannt auf das neue Bond-Spiel. Hab die Hitman-Spiele nie gespielt, traue dem Studio aber mehr zu als Lizenzschrott. Und ein junger Bond soll mir auch recht sein.
Finds interessant, das Woody Allen so wenig erwähnt wird im Artikel. Er war für mich neben Niven eigentlich das einzige, was ich am Casino Royale Film erwähnenswert fand. Aber Sellers Humor hat für mich nie wirklich funktioniert.
Woody Allen war damals ja noch am Anfang seiner Karriere, das war ja erst sein dritter Film. Aber er war wohl schon vorher als Stand Up Comedian bekannt, mit zahlreichen Auftritten in den Abendshows.
Dafür vermischt sich Casino Royale massiv mit What’s new pussycat (der auch nur wegen seines Themesongs in Erinnerung geblieben ist) – aber keine Ahnung wieso. Habe auch keine Lust an nem Rewatch, fand beide eher meh.
Den ganzen 1967er-Film habe ich gestern zum ersten Mal komplett gesehen. Bisher hatten mich die paar Ausschnitte schon abgeschreckt und was ich dann gesehen habe, hat meine Befürchtungen noch unterschritten. Keine Ahnung, was mit einer stringenten Regie drin gewesen wäre, aber wenn das das Drehbuch war, hätten auch Spielberg oder Wes Anderson daraus nichts mehr gezaubert.
Woody Allen war noch nie mein Fall, fürchte ich. Weder bin ich New Yorker noch neurotisch (okay, vielleicht auch einfach nicht diagnostiziert). Ich fand die Filme, die ich gesehen habe (fünf oder so) alle nicht witzig. Allen hat für mich nur als Zeitungsstrip-Figur gezündet. Damals dachte ich, dass er das selber gemacht hat. Logischerweise nicht, aber das macht den Strip ja nicht schlechter: https://highlightzone.de/woody-allen-in-comic-strips/
Peter Sellers ist auch so ein Humor, bei dem man damals dabei gewesen sein muss. Deshalb habe ich immer noch eine Schwäche für seine Pink-Panther-Auftritte, konnte aber Jahrzehnte später beim ersten Mal „Der Partyschreck“ gar nichts mit ihm anfangen.
Super geschrieben. Mehr davon. 🙂
Your wish is my command. Danke Dir.
Tolles Format, dass du hier aus dem Boden gestampft hast.