Jewel Match Solitaire X – Collector’s Edition

Solitaire kennen die meisten als traditionellen Bestandteil des Windows Betriebssystems. Dass hinter dem Spielprinzip mehr steckt, zeigt die Jewel Match Solitaire Reihe.

“Cozy Games” ist das aktuelle Buzz-Word für eine Herangehensweise an Spiele, die so alt ist wie das Medium selbst. Der Begriff beschreibt gemütliche Spiele, die der Entspannung dienen – also das Gegenteil von Ego-Shootern oder komplexen Strategiespielen. Früher gab es Begriffe wie “Gelegenheitsspiele” oder auch “Casual Games”. Ich war und bin ein großer Fan dieses Genres: Simple Spielprinzipien und Gewaltfreiheit sprechen mich an. Vor allem in den letzten Jahren, da sich diese Art Spiele hervorragend eignen, um nebenbei Podcasts zu hören.

Solitaire dagegen? Fand ich als Kind langweilig und es sollte bis ins Erwachsenenalter dauern, dass die ersten Spiele erschienen, die mir den Reiz dieser Kartenspiele näherbringen würden. Das war während des großen Casual-Booms in den 2000ern auf der Reflexive Arcade Plattform (ein anderes Thema für einen späteren Artikel). Da gab es die ersten Versuche, das angestaubte Gameplay mit Twists zu erneuern. Spätestens auf den Smartphones erlebten Solitaire-Spiele seit den späten 2010ern eine große Verbreitung – inklusive süchtig machender Glücksspielmechaniken (oder wie man verharmlosend sagt: F2P-Geschäftsmodell). Da ich letzteres überhaupt nicht mag, bin ich sehr froh, dass es auf dem PC noch einige Vertreter gibt, die von diesem Modell Abstand nehmen. Die interessanteste Reihe ist dabei Jewel Match Solitaire – herausgegeben von Grey Alien Software, entwickelt vom deutschen Indie-Studio Suricate Software. Jewel Match ist eine Reihe an Match3-Spielen, die es seit 2007 gibt und bis heute gepflegt wird. Seit 2018 erscheinen unter dem Namen auch Kartenspiele. Der aktuellste Ableger hört auf den vollständigen Namen Jewel Match Solitaire X Collector’s Edition und erschien im Mai 2022.

Das Spielprinzip

Die Levels in der Hauptkampagne werden nach den Regeln von Tri-Peaks-Solitaire gespielt. Auf der unteren Seite des Bildschirm befindet sich ein Stapel mit dem Kartenvorrat und rechts daneben eine Karte, die das Fundament darstellt. Nehmen wir als Beispiel den Screenshot weiter unten: Hier ist eine Karte mit dem Wert 5 das Fundament. Die Farben Kreuz, Pik, Herz und Karo haben hier keine Bedeutung – es geht allein um den Wert. Man könnte nun eine Karte mit dem Wert 4 vom Tableau nehmen. Gibt es nicht. Dafür aber eine Karte mit dem Wert 6. Diese wird nun das Fundament. Da es auch Karten mit den Werten 7 und 8 gibt, können diese ebenfalls vom Spielfeld genommen werden (so entstehen Kombos). Dadurch werden die Karten darunter aufgedeckt und können gespielt werden. Kann man keine Karte vom Tableau nehmen, muss eine Karte vom Stapel gezogen werden. Das Ziel des Spiels ist es, alle Karten vom Tableau zu nehmen.

Da sich dieses Prinzip schnell wiederholen würde, werden mit der Zeit zahlreiche Hindernisse und Sonderregeln eingeführt – welche durch Tutorial-Levels erklärt werden. Da gibt es in Eis gefrorene Karten, die doppelt gespielt werden wollen um von Feld zu verschwinden. Karten mit einem Schloss, die erst durch einen Schlüssel verschwinden, oder Karten, deren Wert sich mit jeder Runde erhöht oder verringert (das sind die Karten mit den Pfeilen auf den Screenshot). Und viele Regeln mehr.

Um den König vom Feld zu nehmen, müssen vorher alle 6 Karten mit der Schere vom Feld entfernt werden

Ein Umfang, der für Monate ausreicht

Insgesamt besteht die Hauptkampagne aus über 300 Leveln. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Auf der Weltkarte sind neben den eigentlichen Leveln zahlreiche Brunnen, Statuen, Pflanzen, Bänke und dergleichen mehr verhüllt. Diese schaltet man durch Sterne frei, die in den Hauptleveln verdient werden. Das ist abhängig von den vier Schwierigkeitsstufen im Spiel:

  • Relaxed: Ist der Stapel leer, kommt ein neuer Stapel ins Spiel. Schafft man den Level mit dem ersten Stapel, gibt es drei Sterne. Bei zweiten Stapel gibt es zwei Sterne und ab dem dritten Stapel nur noch einen Stern. Perfekt für Anfänger!
  • Normal: Hier ist das Spiel nach einem Stapel vorbei. Liegen noch wenige Karten auf dem Spielfeld, gibt es ein oder zwei Sterne. Für drei Sterne müssen alle Karten von Spielfeld geräumt werden.
  • Hard: Derselbe Modus wie Normal, nur mit höherem Schwierigkeitsgrad
  • Timed: Der schwerste Modus des Spiels – Für jeden Spielzug hat man nur sieben Sekunden Zeit!

Wichtig an dieser Stelle zu erwähnen: Man kann außerhalb eines Levels jederzeit den Schwierigkeitsgrad wechseln! Je mehr Sterne gesammelt werden, desto mehr zusätzliche Levels und Modis werden freigeschaltet, die dann auch aus dem Hauptmenü auswählbar sind:

  • Klassische Solitaire-Varianten wie Klondike, Spider, Freecell oder Yukon
  • 60 wiederspielbare Mahjongg-Levels
  • Extragroße Tri-Peaks-Levels
  • Levels mit verschiedenen Challenges (zum Beispiel: Führe eine Kombo mit vier roten Karten aus – und ähnliche Aufgaben)
  • Sliding Levels: von links nach rechts scrollende Levels
  • 2-Match-Levels: Ein Modus, in dem man Karten vom Spielfeld nimmt, in dem man Karten mit zwei gleichen Werten (egal ob auf dem Feld oder dem Fundament) anklickt.
Die Entwickler werben mit insgesamt über 1000 Levels. Ich habe selbst nicht nachgezählt. Aber realistisch ist das allemal. Ich habe bisher rund 40 Spielstunden auf dem Konto und habe höchstens ein Drittel vom Spiel gesehen.
Klondike-Solitaire, wie man es seit den frühen Windows-Tagen kennt

Der Shop und das Progressionssystem

Das Progressionssystem ist ebenso einfach wie nett: In jedem Level sammelt der Spieler grüne Diamanten. Mit diesen Diamanten werden zwischen den Levels große Schlösser europäischen Stils aufgebaut. Drei Diamanten für einen kleinen Turm, fünf Diamanten für eine Außenmauer, und so weiter. Mit der Zeit entstehen auf diese Weise herrlich aufwendige Panoramen, die auch als Hintergrund des Spiels dienen. Spielerisch hat dies keinen Wert, aber es gibt tatsächlich ein grafisches Feedback über den Fortschritt der Hauptkampagne.

Natürlich bietet auch Solitaire X einen kleinen, spieleigenen Shop. Geld bekommt man dabei durch das einfache Absolvieren der Level in der Hauptkampagne, ebenso in den zusätzlichen Modi wie den klassischen Solitaire-Varianten oder Mahjongg. Echtgeld-Transaktionen gibt es nicht. Man kann Joker und Wild Cards kaufen,  zudem gibt es die Möglichkeit, entsprechende Karten auf dem Spielfeld zu finden. Mit der Shuffle-Funktion wird alles durchgemischt (ideal, wenn man gerade keine Karte findet) und mit der Undo-Funktion kann man einen Zug rückgängig machen. Es gibt Optionen für mehr Geld und mehr Karten pro Partie. Außerdem kann man die Fähigkeit freischalten, eine wahllose oder eine gezielte Karte vom Spielfeld zu entfernen.

Im leichten Schwierigkeitsgrad kann man den Shop eher ignorieren, da man ja mehrere Stapel pro Spiel zur Verfügung hat. Auf den schwereren Schwierigkeitsgraden und in den späteren Levels wird man über diese Spielhilfen mehr als froh sein. Zum Glück gestaltet sich das Spiel nach meinem Empfinden als wenig grindig, da man für jede Partie in jedem Spielmodus Geld bekommt. Der Shop dient, anders als bei vergleichbaren Genre-Vertretern im Mobile-Bereich, als weiteres Belohnungssystem.

Der Shop des Spiels ist übersichtlich und beinhaltet nützliche Spielhilfen

Technik

Der technische Aspekt lässt sich schnell abhandeln. Den Grafikstil finde ich sehr stilvoll. Nicht so kitschig wie die Genre-Vertreter im Mobile-Bereich. Die Übersichtlichkeit ist durch das Design der Karten zu jeder Zeit gegeben. Die Musik düdelt im Hintergrund vor sich hin und stört nicht großartig. Der Soundtrack unterstützt den entspannenden Charakter des Spiels eher, fängt aber mit der Zeit auch an zu langweilen. Sehr gut: In den Optionen gibt es getrennte Lautstärkeregler für Musik und Geräusche. Man kann also die Musik abstellen und die Geräusche aktiv lassen. Ideal wenn man nebenbei Podcasts oder die eigene Musiksammlung hören möchte. Ein sehr unterschätztes Feature, welches ich mir in so vielen anderen Spielen wünsche! An eine Option für Widescreen-Monitore wurde ebenfalls gedacht.

Fazit

Ich mag Jewel Match Solaitaire X sehr gern, da es als kleines Spiel zwischendurch genauso gut funktioniert wie für mehrstündige Sessions. Sehr gut finde ich, dass durch die verschiedenen Schwierigkeitsstufen Anfänger wie Profis gleichermaßen abgeholt werden und auch Anfänger die zahlreichen Extra-Level und Modi in derselben Geschwindigkeit wie Profis freischalten können. Überhaupt mag ich die vielfältigen Belohnungssysteme einfach: Alle paar Level schaltet man neue Extra-Level und Modi frei. Das “Erbauen” der Schlösser gibt mir ein gutes Gefühl und im Shop lassen sich nützliche Spielhilfen freischalten. Das alles in Kombination sorgt dafür, dass mich das Spiel regelmäßig geradezu fesselt. “Dieses eine Level noch” – dieses wunderbare Gefühl stellt sich auch nach vielen Stunden bei mir immer noch ein.

Ich könnte mir aber vorstellen, dass für den Einen oder Anderen der riesige Umfang auch erschlagend wirken könnte. Hier merkt man, dass die Entwickler seit Jahren Solitaire-Spiele entwickeln. Mit jedem Teil der Reihe kamen neue Modi und Features dazu und sorgen bei dem hier vorliegenden Spiel für den großen Umfang. Der normale Preis auf Steam liegt bei 10,79€. Für diesen Preis kann ich jedem eine Empfehlung aussprechen, der ein unterhaltsames Spiel für zwischendurch sucht, während Genre-Veteranen in den höheren Schwierigkeitsstufen ebenfalls gut gefordert werden.

Die optionalen Mahjongg-Levels sorgen für Abwechslung
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Über Nischenliebhaber

Ostdeutsches Videothekenkind der 90er Jahre. Liebt Spiele- und Retrokultur ebenso wie subkulturelle Musik aus aller Herren Länder und lange Spaziergänge durch dunkle Wälder des Erzgebirges.

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