Das M.A.D.S. gehört wohl zu den eher unbekannteren Point-and-Click-Adventure-Engines. Anfang der 1990er ist es die Grundlage für MicroProse, um in den boomenden Adventure-Markt einzusteigen.
Alteingesessenen Adventure-Fans sind Begriffe wie das „Script Creation Utility for Maniac Mansion“ (kurz SCUMM) aus dem Hause LucasArts oder der „Adventure Game Interpreter“ (AGI) von Sierra On-Line sicherlich nicht unbekannt. Schließlich entstanden im goldenen Adventure-Zeitalter Anfang der 1990er mit diesen Engines einige der besten Spiele dieses Genres. Vom M.A.D.S, dem „MicroProse Adventure Development System“, dürften allerdings weitaus weniger Personen gehört haben. Um diese fast vergessene Engine nachträglich noch ein wenig zu beleuchten, stelle euch in diesem zweiteiligen Artikel vor, welche Spiele MicroProse mit ihr auf den Markt brachte und was danach mit ihr passierte.
MicroProse und der Weg zum Adventure-Genre
Wir befinden uns im Jahr 1981. Ein gewisser Sidney K. Meier, zu diesem Zeitpunkt 28 Jahre jung, entwickelt beim Elektronik-Hersteller General Instrument Kassensysteme für den Einzelhandel. Bereits 1975 hatte er sein Studium an der University of Michigan abgeschlossen, und nun, nach mittlerweile sechs Jahren bei General Instrument, stellt sich eine gewisse Eintönigkeit ein. Also schafft sich Meier einen Atari 800 an und fängt an, ein Star Trek-Spiel zu programmieren. Immer wenn ihm auf der Arbeit langweilig ist, arbeitet er daran weiter. Das Spiel verbreitet sich in der Belegschaft wie ein Lauffeuer und erreicht auch den damals 34jährigen „Director of Strategic Planning“ des Unternehmens, John Wilbur Stealey Sr., der wie Meier das Potential von Computerspielen ebenfalls erkannt hat.
Wir springen ein Jahr weiter ins Jahr 1982: „Sid“ Meier und „Wild Bill“ Stealey gründen ihre gemeinsame Computerspiel-Firma und nennen sie MicroProse. Aufgrund des militärischen Hintergrunds von Stealey als Reserve-Major der US-Air-Force werden die ersten Microprose-Spiele zumeist Flug- und Militärsimulationen für die damals gängigen 8-Bit-Heimcomputer.
Wir überspringen wieder ein paar Jahre und landen im Jahr 1990: MicroProse möchte sich breiter aufstellen und investiert daher im großen Stil in eine eigene Arcade-Abteilung. Außerdem wird Matt Gruson eingestellt, der zuvor mit dem Textadventure Solus sowie dem offenbar an Space Quest angelehnten Earthrise – A Guild Investigation erste Erfahrungen im Adventure-Genre sammeln konnte. Gruson gründet die interne „Animated Graphic Adventure Group“ und soll dafür sorgen, dass MicroProse in den vielversprechenden Point-and-Click-Adventure-Markt einsteigen kann. Zusammen mit Brian Reynolds, der kurze Zeit später zum Team hinzustößt, entwickelt er das „MicroProse Adventure Development System“ (M.A.D.S.).
Währenddessen erscheinen die größten Firmen-Hits dieser Zeit: die Wirtschaftssimulation Railroad Tycoon (1990) und das Globalstrategie-Spiel Civilization (1991). Wird es die Adventure-Abteilung schaffen, an diese Erfolge anzuknüpfen?
Rex Nebular and the Cosmic Gender Bender
Das erste Projekt, dass Gruson als Verantwortlicher für das Genre entwickeln lässt, ist eine Art „Leisure-Suit-Larry-in-Space“ namens Rex Nebular and the Cosmic Gender Bender, das Ende 1992 erscheint. Der technische Leiter war Reynolds, der hier sein erstes Spiele-Projekt für MicroProse umsetzen durfte. Das Game Design stammt von Gruson persönlich.
Ihr steuert den titelgebenden Anti-Helden Rex Nebular durch ein Sci-Fi-Abenteuer. Er befindet sich auf einem Planeten, auf dem ein Krieg zwischen Männern und Frauen zuungunsten der XY-Chromosomen-Träger ausgegangen ist. Die siegreiche weibliche Spezies hat dabei die gesamte männliche Bevölkerung ausradiert. Im Nachhinein blöd, weil die Fortpflanzung nun ein Ding der Unmöglichkeit wurde. Als Lösung für dieses Problem wurde eine Maschine (der „Gender Bender“ => „Geschlechtsumwandler“) gebaut, die den Damen kurzzeitig die Möglichkeit gibt, ihr eigenes Geschlecht zu wechseln und in einer männlichen Version ihrer selbst für Nachwuchs zu sorgen. Als Rex auf diesem Planeten notlandet, sorgt er unter der Damenwelt natürlich für großes Aufsehen und muss an einem bestimmten Punkt der Geschichte sogar selbst in den Gender Bender steigen…
Bei der technischen Umsetzung hat das Team seine Hausaufgaben gemacht und sich von den großen Playern dieser Zeit inspirieren lassen. Optisch finden wir eine pixelige Mischung aus digitalisierten Bildern und handgepixelten Elementen wieder. Die Charaktere wurden per Rotoskopie ins Spiel eingefügt. Der Bildschirm zeigt am unteren Rand eine Verbenleiste und das Inventar an. Rex wird per Maus durch die Gegend bewegt, wobei euch unter dem Mauszeiger immer der naheliegendste Befehl angezeigt wird. Gespräche finden im Multiple-Choice-Verfahren statt. Es gibt sogar verschiedene Schwierigkeitsstufen, die die Rätseldichte erhöhen und senken. Zudem dürft ihr wählen, ob das Spiel anzüglich oder jugendfrei daher kommen soll. Allerdings lockt selbst die anzügliche Einstellung heutzutage keinen Sittenwächter mehr hinter dem Ofen hervor. Hinzu kommt die Möglichkeit, tausende Bildschirmtode zu sterben. Danach werdet ihr glücklicherweise wieder vor die Stelle eures Ablebens abgesetzt.
Wieso ist Rex denn dann heutzutage in der Adventure-Szene nicht so berühmt wie Guybrush Threepwood oder Roger Wilco? Obwohl Microprose sich alle Mühe gegeben hatte, die beliebtesten Adventure-Elemente bei der Konkurrenz abzuschauen, ist das Spiel kein richtiger Knaller geworden. Dazu hat vielleicht auch beigetragen, dass es keine deutsche Version gab. Lediglich das Handbuch und das (von Steve Meretzky geschriebene) Logbuch, quasi die Vorgeschichte des Spieles, wurden übersetzt. In der Presse wurde die fehlende Originalität bemängelt und ein deutlicher Abfall des Spielspaßes im letzten Drittel kritisiert. In den deutschen Magazinen lagen die Wertungen im Bereich von 54 (Power Play) bis 74 Prozent (PC Player).
Offenbar verkaufte das Spiel sich auch nicht so häufig wie erhofft, nichtsdestotrotz folgte bald das nächste Adventure auf Basis der MADS-Engine.
Zwei für mich komplett neue Spiele und eines, um das ich immer einen großen Bogen gemacht habe. Danke fürs Schließen meiner Wissenslücken. Mir war auch gar nicht klar, dass Rex Nebular mit MicroProse in Verbindung stand. Mir ist noch nie eine Box über den Weg gelaufen – und bei GoG schaue ich selten auf den Publisher.
„ein überdurchschnittliches Adventure“..
Wow, ernsthaft?
Return of the Phantom besteht doch nur aus viel zu langsamen durch die Gegend gelaufe und total abstrusen Puzzles…
Meintest Du nicht eher ein unterdurchschnittliches Adventure?
Rex Nebular war anfangs gut und wurde immer übler, Dragonsphere war dann das erste Adventure, was, abgesehen von der kurzen Spielzeit, wirkich ne nette Story hatte und ganz Okay war.
Ist alles über 50 Prozent nicht überdurchschnittlich? Immerhin ist es keine komplette Gurke. Aber ich schreibe es mal wenig deutlich um.
EDIT: „für die Zeit leicht überdurchschnittlich“ ist mein Kompromissvorschlag! 😀
Hehe, ja, passt. Du hättest es aber auch so lassen können, ist ja nur meine subjektive Meinung😉