M.A.D.S. – Die Adventure-Engine (Teil 2)

Das M.A.D.S. gehört wohl zu den eher unbekannteren Point-and-Click-Adventure-Engines. Mitte der 1990er wird es von MicroProse an Sanctuary Woods verkauft.

Alteingesessenen Adventure-Fans sind Begriffe wie das „Script Creation Utility for Maniac Mansion“ (kurz SCUMM) aus dem Hause LucasArts oder der „Adventure Game Interpreter“ (AGI) von Sierra On-Line sicherlich nicht unbekannt. Schließlich entstanden im goldenen Adventure-Zeitalter Anfang der 1990er mit diesen Engines einige der besten Spiele aus diesem Genre. Vom M.A.D.S, dem „MicroProse Adventure Development System“, dürften allerdings weitaus weniger Personen gehört haben. Um diese fast vergessene Engine nachträglich noch ein wenig zu beleuchten, stelle euch in diesem zweiteiligen Artikel vor, welche Spiele MicroProse mit ihr auf den Markt brachte und was danach mit ihr passierte.

M.A.D.S. findet Zuflucht in kanadischen Wäldern

Wie ihr bereits im ersten Teil dieses Artikels erfahren habt, hatte MicroProse 1994 nach der Fertigstellung von Dragonsphere entschieden, keine weiteren Adventures mehr zu produzieren. Der neue Geschäftsführer Gilman Louie setzte den Fokus des Unternehmens wieder auf Simulationen und beendete somit dieses Abenteuer. Die Engine wurde also nicht mehr benötigt und daher kurzerhand verkauft. So landete sie beim kanadischen „Multimedia“-Unternehmen Sanctuary Woods, die bereits in den frühen 1990er Jahren Edutainment-Spiele auf CD-ROM produzierten. Deren erste Titel waren interaktive Comics für Kinder mit dem Namen The Awesome Adventures of Victor Vector & Yondo.

Der Hauptgrund für den Kauf der Engine war allerdings der Wechsel vom ehemaligen Adventure-Chef von MicroProse, Matt Gruson, und seinem Ex-Kollegen, Ted Markley, die gemeinsam am M.A.D.S. mitentwickelten, zu Sanctuary Woods. Der Plan war, das M.A.D.S. in das bei den Kanadiern existierende System „Woodscript“ zu integrieren.

Währenddessen blieb Grusons Partner Brian Reynolds, der maßgeblich an der Entwicklung der M.A.D.S.-Engine beteiligt war, bei Microprose und wurde Hauptverantwortlicher für Civilization 2, das 1996 zum Millionen-Seller wurde. Später verließen er und Sid Meier ihren alten Arbeitgeber und gründeten gemeinsam Firaxis Games, wo Reynolds als Lead-Designer von Alpha Centauri einen weiten Mega-Hit landete.

Once Upon A Forest

Noch bevor das erste „richtige“ Adventure bei Sanctuary Woods erschien, wurde Anfang 1995 die Umsetzung des 1993er Hanna-Barbera-Zeichentrickfilms Meister Dachs und seine Freunde (im Original Once Upon A Forest) veröffentlicht – mit dem M.A.D.S. unter der Haube. Der Film wiederum basiert auf den „Furlings“-Geschichten von Rae Lambert und thematisiert Umweltverschmutzungen und deren Auswirkungen auf die Tierwelt.

In dem eindeutig an Kinder gerichtetem Adventure steuert ihr gleich drei pelzige Protagonisten: Abigail, die heldenhafte Maus, führt die Truppe an. Ihr folgen Russel, der gefrässige Igel, der Gegenstände in seinem Rucksack verstauen kann, und Edgar, der schlaue Maulwurf, der u. a. Tagebuch führt und Hinweise gibt. Eure Aufgabe ist es, euren Freund zu retten, indem ihr ein Gegengift für ihn findet. Hier kommt auch das Umweltthema aus der Vorlage zum Tragen, denn euer Freund wurde krank, weil er ungewollt giftige Chemikalien eingeatmet hat.

Englischsprachige Kinder im Vorschul- oder Grundschulalter könnten mit diesem Abenteuer, das keine große Herausforderungen bietet, ihren Spaß haben – als Erwachsener werdet ihr allerdings kaum gefordert und solltet das gesamte Spiel in unter einer Stunde durchgeklickt haben. In der deutschen Spiele-Presse ist es vielleicht auch deshalb komplett untergangen und wurde in keinem Magazin getestet.

Der Microprose-Adventure-Veteran Gruson tritt in den Credits als „Executive Producer“ und Ersteller der M.A.D.S.-Engine auf. Das Skript und das Gamedesign stammen von Lee Sheldon, der hier an seinem ersten Projekt arbeitete. Beim folgenden, weitaus bekannteren Projekt, übernahm er ebenfalls diese beiden wichtigen Rollen.

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Adventure-Fan aus dem Ruhrpott, groß (aber nicht erwachsen) geworden mit den SCUMM-Adventures in den 1990er Jahren. Spürt immer wieder kleine Indie-Perlen auf und zerrt sie ans Tageslicht.

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2 Comments on “M.A.D.S. – Die Adventure-Engine (Teil 2)”

  1. Schöner Artikel, dass die Engine von Sanctuary Woods gekauft wurde, war mir gar nicht bekannt.
    Danke für die interessanten Einblicke

  2. Master Lu steht auf meiner Nachhol-Liste. Es läuft schon mal unter DOSBox – aber ich muss vorher noch was von LucasArts nachholen…

    Spannend, wie unterschiedlich die Titel in diesem Artikel aussehen. Da ist ja echt alles dabei.

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