Ein tierisches Detektiv-Duo, das einen Mordfall aufklären soll und dabei vor derbem Humor nicht zurückschreckt? Das könnte euch bekannt vorkommen…
Titel: | Magret & FaceDeBouc |
Erscheinungsdatum: | 15.07.2024 |
Plattformen: | Windows |
Entwickler / Herausgeber: | Adipson Studio / Adipson Studio |
Homepage: | https://adipson-studio.com/ |
Im neuen Spiel von Adipson Studio geht es nach den ersten beiden Point-and-Click-Adventures 3 Geeks und GrandMa Badass wieder deftig und mit Holzhammer-Humor zu. Der französische Indie-Entwickler Romuald Serrado findet offenbar Geschmack daran, immer wieder mit seinen Gags unter die Gürtellinie zu zielen. Diesmal lässt er die beiden Detectives Magret & FaceDeBouc auf die Menschheit los, damit diese gemeinsam ihren ersten Mordfall aufklären. Die Ente Magret (französisch für „Entenbrust“) und der Ziegenbock FaceDeBouc (französisch für „Ziegengesicht“, Ähnlichkeiten mit einem gewissen Social Network sind beabsichtigt) sind ein ungleiches Duo, das direkt zu Beginn des Spiels mit einem ausgelassenen Pipi-Kacka-Humor-Witz zusammengeführt wird. Serrado macht hier bereits in den ersten Minuten klar, was ihr in den etwa 3 Spielstunden zu erwarten habt.
Um es gleich vorweg zu nehmen: An die offensichtlichen Vorbilder Sam & Max kommt das Ente-Ziege-Duo in keinem Aspekt heran. Aber ist das Abenteuer des Federviehs mit seinem gehörnten Partner dennoch spielenswert?
Eine Ente und eine Ziegenbock kommen in eine Bar
In dieser Welt, die von anthropomorphen Tieren bevölkert ist, ist es offenbar nicht ungewöhnlich, wenn eine naive und überkorrekte Ente zusammen mit einem rüpelhaften Ziegenbock losgeschickt wird, um einen Mordfall am örtlichen Metzger zu untersuchen. Das Schwein wurde zerstückelt in seinem Laden aufgefunden, so dass es naheliegt, dass ihr erst einmal den Tatort untersucht. Die ersten Hinweise und Spuren sind schnell gefunden und führen euch wie an einer Perlenschnur von einem zum anderen Ort, den ihr via Klick auf eurer Übersichtskarte erreichen könnt. Dabei macht ihr immer wieder Halt in eurer Stammkneipe, da sich der Wirt offenbar deutlich besser in eurer eigenen Stadt auskennt als ihr selbst und euch immer wieder auf eurer Karte einzeichnen muss, wo sich welche Orte befinden.
Das klingt etwas linearer als es tatsächlich ist. Ihr müsst schon ab und zu bekannte Orte erneut aufsuchen, um bestimmte Rätsel lösen zu können. Manche Dinge könnt ihr auch nur schaffen, wenn ihr zwischen den Protagonisten wechselt. Ohne Durchsuchungsbefehl in ein Haus einbrechen? Das ist ein Fall für den Ziegenbock, die Ente stellt ihr besser woanders ab, damit sie das nicht mit ansehen muss. Geduldig und einfühlsam mit den Zeugen sprechen? Das ist nichts für FaceDeBouc, da muss schon Magret ran. Das Ende ist dann je nach persönlicher Vorliebe unbefriedigend oder witzig, je nachdem ob ihr etwas mit dem Humor des Entwicklers anfangen könnt.
Steuerung, Sprache, Technik & Co.
Solltet ihr einmal nicht weiterwissen, hält das Spiel für euch mehrere Lösungshilfen bereit. In eurem Notizbuch findet ihr eure aktuellen Aufgaben und die Hotspotanzeige soll euch wichtige Gegenstände auf dem Bildschirm zeigen. Wenn ihr völlig feststeckt, könnt ihr einen kleinen Regenwurm herbeirufen, der euch Tipps geben soll, wie es weitergehen kann. Leider haben bei meinen Tests sowohl die Hotspotanzeige als auch der Lösungs-Wurm häufig versagt. Die Anzeige zeigte mir wichtige Stellen auf dem Bildschirm einfach nicht an und der Wurm erzählte mir meistens nur Dinge, die ich schon wusste oder die zu wage waren („Schau dich genau um.“)
Lobenswert ist die Möglichkeit, das Spiel entweder klassisch mit Maus bedienen zu können oder auf eine Gamepad-Steuerung auszuweichen. Diese wird auch automatisch auf dem Steam Deck zugewiesen, so dass ihr dort recht bequem spielen könnt. Allerdings schien mir die Steuerung nicht ganz ausgereift, so bewegten sich die Entenbrust und das Ziegengesicht häufig wild durch den Raum, wenn ich zwischen ihnen gewechselt habe. Mit der Maus hatte ich solche Probleme aber nicht.
Grafisch haben wir es hier mit einem recht modernen Comic-Stil in einer relativ hohen Auflösung zu tun, was für AdventureGameStudio-Spiele, die meist mit groben Pixeln aufwarten, schon recht ungewöhnlich ist. Die Hintergründe fand ich ansehnlich, manche Charaktere wirkten aber ziemlich unförmig auf mich, was von den marionettenhaften Animationen noch unterstrichen wird. Für einen Solo-Entwickler dennoch eine gute Leistung. Der Sound und die Musik stammen aus kostenlosen Musik-Bibliotheken, was für so eine Produktion aus meiner Sicht gut vertretbar ist.
Die ursprüngliche Sprache ist französisch – wenn ihr das Spiel auf deutsch stellt, könnt ihr entscheiden, ob ihr zu den deutschen Texten die französische Sprachausgabe hören möchtet. Ich habe mich nach wenigen Minuten entschieden, das Gebrabbel abzuschalten. Wie ich den Credits entnehmen konnte, stammt die deutsche Übersetzung vom Online-Dienst „DeepL“, der die Texte automatisch übersetzt und dabei einige Böcke geschossen hat. Wenn ihr einen Gegenstand aufnehmt, heißt es zum Beispiel meist „Oh! Ich habe einen Gegenstand wiederbekommen!“, was auf die allzu wörtliche französische Vorlage schließen lässt. Es wird dadurch nicht unspielbar, aber eine qualitativ hochwertige Übersetzung sieht anders aus. Immerhin gibt es diese auf Englisch, denn speziell zu diesem Zweck sammelte Adipson Studio über Kickstarter ca. 2.300 Euro ein. Da blieb natürlich nichts mehr für eine ordentliche deutsche Übersetzung übrig.
Fazit
Um die am Anfang gestellte Frage zu beantworten: Magret & FaceDeBouc ist nur dann spielenswert, wenn ihr passionierter Adventure-Fan seid und mit dem derben Humor sowie der holprigen deutschen Übersetzung klarkommt. Den meisten Spielern würde ich allerdings vorsichtig von diesem tierischen Abenteuer abraten.
Die drei Stunden Spielzeit, die sich noch verlängern kann, wenn ihr (anders als ich) aufmerksam jede Dialogzeile lest oder alle Steam-Achievements erreichen wollt, habe ich zwar nicht bereut; der Humor war mir allerdings zu nah am Boden angesiedelt – und das heißt schon etwas, wenn ich das so sehe. Die Geschichte hat mich kaum gefesselt und auch die Rätsel sind mir nicht besonders im Gedächtnis geblieben.
Nichtsdestotrotz sehe ich das Potential, was in Adipson Studio steckt, und bin gespannt, was da als nächstes aus Frankreich auf uns zukommt.