Zufallsspiel: The Bridge

Na wunderbar. Traumwandlerisch sicher habe ich mir im Rahmen der Zufallsspiel-Reihe ein weiteres Puzzle-Spiel an Land gezogen. Mal sehen, wie es sich im Vergleich zu Doors – Paradox schlägt.

In meinem Vaterhaus sind viele Wohnungen

Angeblich besitzt The Bridge eine Hintergrundgeschichte. Diese hat sich mir allerdings bisher nicht erschlossen und wird nur in wenigen kruden Texteinblendungen transportiert. Was es mit der titelgebenden Brücke auf sich hat, weiß ich nach einem Drittel des Spiels immer noch nicht. Bisher bin ich noch über keine gelaufen und auch in den Leveln ist noch keine aufgetaucht. Eine Brücke ins Jenseits? Über den Rhein? Zwischen den Generationen? An und für sich ist das freilich völlig egal, weil die einzelnen Rätsel-Level sowieso für sich stehen. Anscheinend geht es um „esoterische Mathematik“. Nur hätte man sie dann auch gleich ganz weglassen können, die Story. Doch wer Sprüche für sein Poesiealbum sucht, wird sicherlich fündig bei solchen Sätzen:

Wie Kinder mit einer bodenlosen Spielekiste forschen wir, nur von unserer Fantasie beschränkt. Wir verwerfen alte Theorien, erfinden neue jenseits der Möglichkeiten. Unsere eigene Welt…

Die Präsentation des Spiels hängt sich an dieser nicht existenten Geschichte auf: Unser Protagonist durchläuft sein Haus und betritt dort einzelne Abschnitte, die wiederum in unterschiedlich viele Level unterteilt sind. Schon hier fällt die hübsche Grafik in handgemalter Bleistift-Optik auf. Mehr als schwarz, weiß und die Schattierungen dazwischen benötigt The Bridge nicht, um gut auszusehen. Musikalisch präsentiert sich das Spiel noch schlichter und die immer gleiche ruhige Melodie tröpfelt aus den Lautsprechern, nervt allerdings auch nach mehreren Leveln nicht.

You spin me round

Die Spielmechanik von The Bridge ist schnell erklärt: Mit der rechten und linken Maustaste dreht sich der komplette Level um den Bildschirm-Mittelpunkt. Mit den Tasten „A“ und „E“ kann der Spieler den Protagonisten bewegen. Steht dieser dank der Bildschirm-Dreherei auf einer schiefen Ebene, rutscht er ab. Allerdings kann er immer auf der jeweiligen „Boden“-Ebene laufen, also auch an Wänden oder Decken entlang, wenn diese entsprechend gedreht wurden. Das Ziel ist immer, die Tür zu erreichen, die zum nächsten Level führt.

So weit, so gut. Natürlich kommen im Laufe der Zeit ein paar Schwierigkeiten dazu: Große Kugeln rollen im Weg herum, eine Raumverkrümmung namens „Nexus“ saugt unseren Helden ein, wenn er ihr zu nahe kommt, Türschlösser verlangen Schlüssel und ab dem dritten Abschnitt kommt auch noch ein Schwerkraft-Wechsel zu seinem Recht. Alles zusammen führt dazu, dass es irgendwann unmöglich wird, sich direkt eine Sieg-Strategie zurecht zu legen. Deshalb ist es jederzeit möglich, den Level komplett zurückzusetzen und von vorne zu beginnen – oder man spult bis zu einem beliebigen Punkt zurück und versucht von dieser Stelle aus erneut sein Glück. Von beiden Möglichkeiten habe ich regen Gebrauch gemacht, weil Versuch und Irrtum hier Teil des Systems sind.

Escher

Sparen schon die ersten beiden Abschnitte nicht mit seltsamen geometrischen Figuren, schöpft The Bridge ab dem dritten Kapitel aus dem großen M. C. Escher-Fundus. Viele Werke dieses niederländischen Künstlers zeigen „unmögliche“ Konstruktionen wie Treppen, die scheinbar immer nach oben führen oder eine Kiste, deren einzelne Streben unmöglich ein Ganzes ergeben dürften. Spätestens in diesen Leveln beginnt die „richtige“ Knobelei, um die rettende Tür zu erreichen. Die massiven grinsenden Kugeln, die dank schöner Physik-Engine bisher immer ähnlich bedrohlich wie in der Anfangsszene von Indiana Jones gewirkt haben, können hier plötzlich dank Gravitations-Umkehr an der Decke kugeln, während sich unser Held unter ihnen durch bewegt. Selbst, nachdem ich diesen Effekt mehrere Male ausgelöst hatte, traute ich dem Frieden nicht und war immer darauf bedacht, dort schnell wieder wegzukommen.

Irgendwann verließ mich dann meine Geduld, die bei solchen Spielen nicht besonders ausgeprägt ist. Bis dahin hatte ich mich jedenfalls nie gelangweilt und freute mich diebisch, wenn ein Plan funktionierte und der namenlose Held die Tür erreicht hatte, ohne von der Plattform zu fallen. Mein Exemplar des Spiels habe ich im Rahmen der „kostenlosen“ Prime-Gaming-Angebote eingesackt, Puzzle-Freunde bekommen aber auch für die regulär fälligen 9,99 Euro einige Stunden Spaß in einer schön gezeichneten Welt geboten. Das Spiel bietet neben Englisch auch eine deutsche Bildschirm-Ausgabe, die vollkommen in Ordnung geht. Die einzig auffällige Stilblüte ist „Wieder zurückkommen“, wenn die Spielfigur an der Tür eines bereits gelösten Levels vorbeiläuft.

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Über Jürgen

Geschichts- und Musik-Liebhaber mit einer Schwäche für viel zu lange Computerspiele. Der Werdegang CPC - Pause - PC und Konsolen sorgt dafür, dass ich noch so viele schöne alten Perlen entdecken darf.

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