Weihnachtsfilm-Empfehlungen

Mal ehrlich: Warum sollte jemand im Dezember freiwillig abends noch draußen sein? Weder tolles Wetter noch herrlicher Sonnenschein locken auf die kalten, dunklen Straßenzüge. Mit ein wenig Glück liegt wenigstens Schnee, doch die häufiger zu findende Matschepampe klebt an den Schuhen und Hosenbeinen und überhaupt und sowieso.

Wie viel schöner ist es doch, sich mit einem guten Getränk seiner Wahl auf der Couch unter eine Decke zu kuscheln und alleine oder mit lieben Menschen die Advents- und Weihnachtszeit mit guten Filmen einzuläuten. Ähnlich wie bei Weihnachtsalben scheint die Filmindustrie einen nicht endenden Ausstoß an entsprechenden Werken zu produzieren. Neben sehr vielen schnell produziertem Glitzer-Herzschmerz-Streifen gibt es mittlerweile auch eine unüberschaubare Anzahl an Werken, die in meiner Familie jedes Jahr zelebriert werden. Natürlich werden euch viele Sachen bekannt vorkommen – wir sind nicht die Arthouse-Connaisseure – aber ich hoffe, dass ihr eigene Empfehlungen ergänzt und vielleicht ja doch den ein oder anderen neuen Film für euch entdeckt. Tatsächlich… Liebe ist übrigens nicht in der Liste. Schlicht, weil ich diesen Film das ganze Jahr über schaue.

Arthur Weihnachtsmann (2011)

Weihnachtszeit ist Kinderfilmzeit. Aus dem großen Stapel von Animationsfilmen habe ich Arthur Weihnachtsmann aus dem Hause Aardman Animations gezogen. Titelheld Arthur ist einer von zwei Söhnen des aktuellen Weihnachtsmanns. Während er in der Poststelle die Briefe der Kinder beantwortet, hat sein Bruder Steve in den letzten Jahren die Verteil-Aktion an Weihnachten komplett durchrationalisiert und perfektioniert. Doch trotz genauestens einstudierter Abläufe geht etwas schief und ein einzelnes Kind wird am Weihnachtsmorgen ohne Geschenk aufwachen. Steve und sein Vater sind der Meinung, dass das doch eine wahnsinnig gute Erfolgsquote ist, doch Arthur macht sich mit der Hilfe seines Großvaters – dem ehemaligen Weihnachtsmann – auf den Weg, um das Fest doch noch zu retten.

Bevor ich den Film das erste Mal sah, hatte ich große Vorbehalte. Das Cover sah mir zu klamaukig aus und mir stand der Sinn nach etwas Traditionellerem. Doch Arthur schafft es – bei aller Liebe zu Geschenken – ein wohliges Gefühl zu vermitteln, während er in hässlichen Weihnachtspullis durch die Nordpol-Zentrale läuft oder mit blinkenden Rentier-Puschen an den Füßen sein Bestes gibt.

An und für sich wollte ich an dieser Stelle den Trailer einbinden, doch der verrät viel zu viel von der Geschichte und sogar dem Ende. Wer von euch den Film noch nicht kennt und Lust auf einen humorvollen Animationsfilm hat, sollte sich einfach auf meine Empfehlung verlassen. Wie eigentlich immer…

Drei Haselnüsse für Aschelbrödel (1973)

Manche Filme gelten nur deshalb als Weihnachtsfilme, weil sie im Schnee spielen. Drei Haselnüsse für Aschenbrödel ist genau so ein Fall, denn hier wird „nur“ die klassische Märchenerzählung des Aschenputtels abgewandelt nacherzählt. Es ist alles da: Eine böse Stiefmutter samt zugehöriger -Schwester, der Prinz, der Schuh. Aus den Tauben wurde eine Eule und aus dem Baum am Grab der Mutter die titel gebenden Haselnüsse. Warum also nicht gleich Aschelputtel schauen?

Nun, was diesen Film für mich so schön macht, ist seine unschuldige Ausstrahlung. Zwar will mir nicht in den Kopf, was genau das Aschenbrödel denn an diesem Tunichtgut von Prinzen findet, doch alles andere funktioniert: Wenn der Prinz und seine beiden Freunde sich vor dem Unterricht in Staatskunde drücken und stattdessen in die Wälder reiten, konnte ich das als Schüler nur zu gut verstehen. Wenn die Stiefmutter Linsen und Asche vermischt, um dem Aschenbrödel unnütze zusätzliche Arbeit aufzuhalsen, konnte ich das beim Staubwischen nachvollziehen. Und dass der Küchenjunge etwas zu Essen stibitzt? Klar, hätte ich mich auch gerne getraut.

Die wunderschöne Titelmelodie zieht meine Familie jedes Jahr aufs Neue direkt in ihren Bann – und jedes Mal freue ich mich diebisch über die Verfolgungsjagd im Tiefschnee, bei der die Schauspieler durch vorgetrampelte Wege im hüfthohen Schnee rennen, wo eigentlich unberührte Natur sein soll. Und dass das Aschenbrödel diesen drei erfahrenen Hobby-Jägern in genau diesem Schnee entkommt, während die Spuren klar zu sehen sind, erheitert mich jedes einzelne Mal.

Ist das Leben nicht schön? (1946)

Ein Klassiker, der für mich zu den fünf besten Filmen aller Zeiten zählt. James Stewart spielt George Bailey, einen jungen Mann, der immer davon träumt, der Kleinstadt zu entkommen und die weite Welt zu bereisen. Doch immer steckt er zurück und hilft. Seinem Vater, dessen Firma, seinem Bruder… Schließlich scheint er sich mit dem ihm zugewiesenen Lebensziel arrangiert zu haben und gründet eine Familie. Alles läuft gut, bis eine wichtige Bankeinzahlung alles ins Wanken bringt. George sieht nur noch eine Chance: Er möchte sich umbringen, damit seine Familie durch das Geld seiner Lebensversicherung eine Chance hat. An dieser Stelle greift sein Schutzengel ein und versucht, George neuen Lebensmut einzuflößen. Doch dieser ist überzeugt davon, dass die ganze Stadt ohne ihn besser dran gewesen wäre. Es sei am besten, er hätte nie gelebt. Clarence, sein Schutzengel, erfüllt ihm diesen Wunsch und zeigt ihm, wie viel Einfluss George Bailey genommen hat.

Auch diesen Film schauen wir jedes Jahr. Und jedes Jahr ist meine Frau stinksauer auf den Bösewicht des Films, Henry Potter. Lionel Barrymore spielt diesen Vorbild-Kapitalisten so unglaublich fies, dass Mr. Burns ein Waisenknabe gegen ihn ist. Immer wieder taucht Mr. Potter auf und nimmt der einfachen Bevölkerung so viel Geld wie nur irgend möglich ab. Er ist einer der Gründe dafür, dass George in der Stadt bleibt. Nicht zu vergessen: Donna Reed strahlt als Mary (gibt es eigentlich noch andere Frauennamen in Amerika?) eine so unglaubliche Herzlichkeit aus, dass George einfach nicht von ihr loskommt. Ist das Leben nicht schön? vereint Witz, Melancholie, Glaube und Mut zu einer zweistündigen Lebensgeschichte, die mir nie langweilig wird. Die mittlerweile erhältliche, sanft kolorierte Fassung kann ich ebenso empfehlen wie das schwarz-weiße Original. Der hier anschließende „Trailer“ zeigt die ersten fünf Minuten des Films:

Klaus (2019)

Ein wenig Romeo & Julia fehlt euch noch in unserer Weihnachtsfilm-Liste? Oder Für eine Handvoll Dollar? Kein Problem. Ein Fremder kommt in ein kleines, abgelegenes Dorf namens Zwietrachtingen. Die dort lebenden Familien-Clans namens Ellbogen und Grob sind seit Generationen zerstritten. Niemand grüßt sich auf der Straße, Blicke nahe der Tötens-Grenze fliegen durch die Luft. Und natürlich schreibt sich hier auch niemand Botschaften. Das könnte ein Problem sein, denn der Fremde hat nur einen Auftrag: Bis zum Ende des Jahres einen großen Haufen Briefe auszutragen.

Er, Jesper, wurde von seinem Vater, dem Oberpostboten des Landes, dorthin strafversetzt, weil er sein bisheriges Arbeitsleben betont locker angegangen ist. Nun sitzt er also inmitten wütender Menschen und versucht, sie zum Briefeschreiben zu animieren. Eines Tages trifft er den mürrischen, bärtigen Holzfäller Klaus im Wald… Der Name dürfte schon aufhorchen lassen und ich lasse mich deshalb nur noch kurz zur Stimmung und Optik des Films aus. Der Animationsfilm ist technisch wieder mal einwandfrei; besonders gut gefällt mir, dass einige Figuren und die Umgebung eher kantig gestaltet sind. Die Oberhäupter der zerstrittenen Familien könnten auch mal öfters an die frische Luft und sollten an ihrer Gesichtsmuskulator arbeiten.

Auch dieser Film wechselt wunderbar zwischen den verschiedenen Stimmungen. Jespers Niedergeschlagenheit angesichts der unlösbaren Aufgabe wechselt bald zu entschlossener Verzweiflung. Wenn er Hoffnung schöpft und die Geschichte schön Richtung Weihnachtswunder steuert, folgen direkt einige traurige Minuten, bevor sich natürlich doch alles in die beim Zuschauer gewünschte Richtung entwickelt. Klaus ist ein Film, der exklusiv bei Netflix läuft, daher werde ich ihn dieses Jahr wohl ausfallen lassen müssen.

Die Muppets Weihnachtsgeschichte (1992)

Selbstverständlich habe ich meine ganz persönliche Weihnachts-Nummer-Eins ans Ende dieses Artikels geschoben. Der Titel deutet es schon an: Hier wird die klassische Geschichte von Charles Dickens , A Christmas Carol, nacherzählt. Die Muppets übernehmen hierbei den Großteil der anfallenden Rollen, Hauptfigur Ebenezer Scrooge wird allerdings von Michael Caine gespielt, die Rolle seines Neffen und dessen Frau sowie einige Nebenfiguren sind ebenfalls Menschen. Es ist faszinierend, wie gut das Zusammenspiel funktioniert. Der beträchtliche Aufwand, der durch diese Konstellation nötig war, hat sich in meinen Augen jedenfalls gelohnt. Gonzo und Rizzo sind als Erzähler genial, Caine spielt Scrooges‘ Geiz und Verstocktheit mit Leidenschaft aus und den Geist der gegenwärtigen Weihnacht würde ich gerne besser kennenlernen.

Kurz: Ein wunderbarer Film für alle, die mit Gesangseinlagen klar kommen. Denn die Muppets Weihnachtsgeschichte geizt nicht mit schönen Melodien, vorgetragen natürlich von nicht ganz perfekten Stimmen. Stört mich nicht, da ich auch nicht besser singen kann als Kermit, doch wollte ich dies wenigstens erwähnt haben. Wer bei „Der Geist der Weihnacht“ nicht mitwippt, hat kein Weihnachtsherz. So, ich habe es gesagt.

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Über Jürgen

Geschichts- und Musik-Liebhaber mit einer Schwäche für viel zu lange Computerspiele. Der Werdegang CPC - Pause - PC und Konsolen sorgt dafür, dass ich noch so viele schöne alten Perlen entdecken darf.

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9 Comments on “Weihnachtsfilm-Empfehlungen”

    1. Ich habe vor einiger Zeit versucht, die alten tschechischen Serien anzuschauen. Sind schon krass gealtert, haben aber immer noch Charme.

      1. Oooh ja, die tschechischen Familienserien verlieren ihren Reiz einfach nicht. Gut, ich bin damit aufgewachsen… aber heute noch ein absolutes Fangirl. „Die Märchenbraut“, „Die Rückkehr der Märchenbraut, „Die Besucher“, „Pan Tau“, „Luzi, der Schrecken der Straße“ und „Die Tintenfische aus dem zweiten Stock“ (übrigens auch eher ein Weihnachtsmärchen!), um nur ein paar besonders tolle Beispiele zu nennen, gucke ich mir alle paar Jahre mal wieder an. 🙂 (Und außerdem die entsprechenden Filme, die in diese Kategorie fallen oder sogar als Serien-Fortsetzung gelten.)

  1. Mit dem größeren Nachwuchs ist „Schöne Bescherung“ inzwischen eine Tradition geworden. Auch wenn der Film seine Wurzeln im Nation Lampoons – Franchise nicht verleugnet (den ganzen „Cousin Eddie“ – Teil fand ich auch schon in jungen Jahren zum Fremdschämen) erzählt er doch eine schöne Weihnachtsgeschichte.

  2. Danke für den Artikel! Weihnachtsfilme haben definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient. 🙂 Was für mich einfach unverzichtbar in die Vorweihnachtszeit gehört: „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ und Loriots „Weihnachten bei Hoppenstedts“. Beide Filme sind auf ihre Weise göttlich. 🙂 😀

    Und es gibt definitiv Filme neueren Datums, die ich gewiss auch „alle Jahre wieder“ gucken könnte. Zum Beispiel der feministisch-zuckersüße Disney-Film „Noelle“ oder das weihnachtliche Zombie-Musical „Anna und die Apokalypse“. Oder auch (wieder etwas harmloser) der norwegische Weihnachtsfilm „Weihnachten in der Schustergasse“, gerade ganz neu im Kino und absolut bezaubernd. Ganz toll ist übrigens auch die norwegische Neuverfilmung von „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ aus 2021, allein schon wegen seiner geradezu verwunschenen Schneelandschaften sehenswert… aber auch inhaltich ist es ein würdiges (und bewusst moderneres) Remake, und nicht bloß ein kalter Aufguss aus der norwegischen Sauna.

    Und „Frozen“ samt Nachfolger passt auch immer super in die Weihnachtszeit. 🙂

  3. „Der Sternwanderer“ passt auch gut. Ansonsten hat Jürgen mit „Violent Night“ leider einen der besten Weihnachtsfilme der letzten Jahre unterschlagen.
    Der hat mich gerade echt positiv überrascht. Man sollte allerdings Splatter mögen.

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