Was-auch-immer-für-Games Teil 2

Das Genre der Sportspiel-Sammlungen erlebte in den 1980er und -90er Jahren eine größere Blüte. Neben allerlei „richtigen“ Nachbildungen wie Summer Games oder Gold Medal Challenge ’92 gab es auch interessante Versuche, das Genre zu erweitern. Einige dieser Spiele habe ich bereits in einem Artikel vorgestellt, doch es gibt noch weitere vergleichbare Titel, die auf keinen Fall dem Vergessen anheim fallen sollen. Lehnen Sie sich also zurück, werter Leser. Während wir gemütlich auf der Couch oder dem Schreibtischstuhl lümmeln, rackern sich die Pixel-Athleten für uns ab.

Caveman Ugh-Lympics

Nähern wir uns dem Thema der Sportspiel-Sammlung doch in diesem Artikel einmal historisch an. Denn selbstverständlich war die Menschheit schon in der Steinzeit daran interessiert, sich friedlich miteinander zu messen. Die damals entstandenen Disziplinen, die in Caveman Ugh-Lympics abgebildet werden, sind auch heute noch mehr oder weniger identisch. Nur die Mittel haben sich ein wenig verändert. So ist aus dem klassischen „Mate Toss“ im Laufe der Jahrtausende dank zivilisatorischen Fortschritten wie der Gleichberechtigung das „Hammerwerfen“ geworden, die ausgestorbenen Dinosaurier der Disziplin namens „Dino Vault“ mussten durch eine schnöde Holzstange ersetzt werden – weshalb diese Sportart heutzutage auch nur noch „Hochsprung“ genannt wird.

„Dino Race“ und „Saber Race“ sind zwei unterschiedliche Varianten eines Wettlaufs, während „Clubbing“ ein klassischer Keulen-Wettkampf zweier Figuren ist. Die letzte Disziplin stellt das Feuermachen in den Mittelpunkt: Zwei konkurrierende Steinzeitmenschen versuchen durch rhythmische Joystick-Bewegungen, das Holz zum Glimmen und durch sanftes Pusten zum Brennen zu bringen. Ist der Gegner zu schnell, können wir ihm auch beherzt den eigenen Stock über den Schädel ziehen und ihn auf diese Weise für einige Sekunden außer Gefecht setzen.

Richtig begeistert von der abwechslungsreichen Spielesammlung war nur Manfred Kleimann in der ASM 12/88:

Fazit eines Steinzeit-Test-Tages: Electronic Arts hat mit Caveman Ugh…lympics ein feines (Sport-)Programm auf den Markt gebracht, das vor lustigen und wichtigen Details nur so strotzt! Es handelt sich um ein Game, das dem User auch nach Monaten Spaß bereiten wird.

Und ja: Im Test werden „wichtige Details“ gelobt. Die anderen Wertungen schwanken um die 50-70 Prozent. Heinrich Lenhardt merkt in der Power Play 1/89 an:

Wenn man den ganzen Steinzeit-Schnickschnack runterkratzt, bleibt am Spielprinzip nur wenig Aufregendes haften… Wenn man nicht gerade allein spielt, macht Caveman Ugh-lympics dank des Wettkampf-Charakters und allen Makeln zum Trotz durchaus Spaß.

Eskimo Games

Während das Steinzeit-Setting wohlige Wärme vermittelt hat, entführen uns die Eskimo Games in die nördliche Hemisphäre. Umgeben von Eis und Schnee zittern sich bis zu vier Spieler durch die fünf Disziplinen der 16-Bit-Versionen für den Atari ST und den Commodore Amiga:

Die „Operation Snowball“ verlangt ein gutes Auge und einen sicheren Wurfarm: Bei einer Schneeballschlacht spielt die gegnerische Seite nicht fair und baut vor unseren Augen ein Katapult. Werden sie damit fertig, bevor wir 99 Treffer erzielt haben, ist das Spiel vorbei. Denn unter den Schneemassen, die dann auf uns abgefeuert werden, bewegt sich nichts mehr. Der „Eggsterminator“ hangelt an einem Seil eine Steilwand hinab, an der Vögel ihre Eier gelegt haben. Die müssen wir einsammeln, ohne von den Vogeleltern erwischt zu werden. Denn sonst rutschen wir panisch ab und landen im eiskalten Meer. „Ice’n Igloos“ ist ein kleiner Bausimulator: Die Spielfigur haut mittels Spitzhacke und rhythmischen Joystick-Bewegungen Eisblöcke aus dem Eisberg und schleppt diesen dann zu seinem Iglu. Dabei sollte er tunlichst der einheimischen Fauna ausweichen. Eisblock ins Iglu einsetzen, Tieren ausweichen, Eisblock schlagen… Das System sollte klar sein. „Miami Ice“ seht ihr im Artikel-Teaserbild und „Barbarian“ ist ein Kampf Mann gegen Eisbär.

Da die Eskimo Games dem Hirn der deutschen Spielefirma Magic Bytes entsprungen ist, spart die Anleitung wieder einmal nicht mit lustigem Slang. So heißt es beispielsweise bei „Ice’n Igloos“:

Schweißtreibende Arbeit im Winter, das ist jetzt genau das Richtige! Da stehste also vor so ’ner Eiswand mit ’nem Hackding in der Hand und reibst Dir die Flossen warm. Und die Zeit läuuuft! Also fang mal an: Durch heftiges Auf- und Abbewegen des Joysticks legst Du los und hackst Dir einen Eiswürfel ab.

Auch bei den anderen Disziplinen fällt es schwer, die wirklich wichtigen Informationen wie die Joystickbelegung im Fließtext zu erkennen. Wenn wir uns allerdings mal alle ganz ehrlich machen, hatten wir die Anleitung sowieso nicht zuhause. Weshalb uns auch Perlen wie diese Beschreibung von „Eggsterminator“ entgingen:

Aber einfach ist das alles nicht, denn die Vögel fliegen Dich glatt um, und dann fällst Du in’s Wasser! Na, und wenn’s mal normale Vögel wären, aber die haben ja sogar Flugzeuge! Ich mein‘, wer sowas ausbrütet, der gehört vom Artenschutz überwacht. Also sei vorsichtig beim Eier zerstören , und … jedes Ei gewinnt!!!

Interessanterweise erschien die C64-Fassung erst 1991, knapp zwei Jahre nach der ST- und der Amiga-Version. Die Ausgabe 4/91 des Diskettenmagazins Golden Disc bot neben dem Jump’n’Run Vincent eben auch diese farbenfrohe Umsetzung an, die allerdings mit einer Disziplin weniger auskommen muss und Barbarian eingespart hat.

Sex Games

Was heutzutage etwas in Vergessenheit geraten ist: Hauptsächlich wurden die 8-Bit-Heimcomputer in den 1980ern als Lerngeräte eingesetzt. Neben den tausenden von Vokabel-Programmen, die sich in jeder gut sortierten Diskettenbox fanden, lernte wissbegierige Jugendliche auch Erdkunde (Pirates!), Geschichte (Beach Head) oder wie hier Biologie.

Das Steuerungsprinzip bei Sex Games ähnelt dem vieler anderer Sportspiele: Durch gleichmäßige, rhythmische Bewegungen erreichte der Spieler für gewöhnlich mehr als durch uninspiriertes Herumgestochere. Die fünf Disziplinen unterscheiden sich hier allerdings sehr viel weniger als in den konkurrierenden Spielen. Im Grunde geht es immer nur um das Eine – und das bleibt hier immer gleich. Nein, ich rede nicht von „Krieg“.

Sex Games haftet für Menschen meiner Generation auch heute noch einen Hauch von Verruchtheit an, den man heutzutage nicht mehr nachvollziehen kann. Die Comic-Grafik der Figuren (viermal ein Hetero-Pärchen, im letzten Level ein fünfköpfige Gruppe aus vier Männern und einer Frau) ist bestenfalls „einfach“ zu nennen, das Spielprinzip „langweilig“. Aber: 1987 wurde der Titel indiziert! Natürlich hatte damals sowieso niemand das Original in seinem Besitz, doch wer indizierte Spiele in seiner Sammlung hatte, war (oder fühlte sich) gleich dem einfachen Schulhof-Volke überlegen. Der Core-Gamer, bevor es Core-Gamer gab.

Skate or die!

12 Jahre, bevor Tony Hawk mit seinen Spielen den ganz großen Bildschirm-Skater-Hype auslöste, brachte 1987 Electronic Arts mit Skate or die! bereits diese feine Minigames-Sammlung auf den Markt. In den fünf Disziplinen dreht sich alles um das kleine, wackelige Brett.

Direkt nach Spielstart findet sich der Spieler in einem Skate-Shop wieder. Der vertrauenswürdige Sparkassenberater hinter dem Tresen dort heißt Rodney und begleitet uns durch das restliche Spiel. Hier geben die Spieler ihre Namen ein und können auch die Skateboard-Farbe ändern. Das eigentliche Auswahlmenü ist stilecht mit Straßen-Beschriftungen gelöst. Sehr schön!

Zwei der Disziplinen finden in einer klassischen Half Pipe statt: „High Jump“ erklärt sich wohl selbst und bei der „Freestyle Ramp“ gilt es, möglichst viele gelungene Tricks innerhalb von zehn Schwüngen zu zeigen. „Pool Joust“ ist die Kampf-Variante von Skate or die!, bei der zwei Spieler durch einen leeren Pool skaten. Einer der beiden schwingt ein übergroßes Wattestäbchen und hat fünf Versuche, den anderen Skater zu treffen. Dann wechselt das Stäbchen den Besitzer. Klingt spannender, als ich es empfunden habe – vielleicht war ich aber auch einfach nicht gut genug für diese Disziplin.

Fehlen noch zwei: Bei „Downhill Jam“ und „Downhill Race“ brettern die Bretter vertikal die Straße nach unten. Das Rennen erinnert stark an die Abfahrtrennen der Winter Games, während „Downhill Jam“ einen sehr verzwickten Parcour bietet. Wer da nicht zehnmal vom Board fällt, darf sich getrost Downhill-Gott nennen.

Die CPC-Fassung ist leider ziemlich lieblos geraten, doch die C64-Fassung bietet gerade bei den Half-Pipe-Disziplinen tolle Sprites mit schicken Animationen. Dennoch schaffte es das Spiel nicht einmal bei der ASM zu einer Hit-Wertung. Mehr als 8 von 12 Kugellagern war einfach nicht drin – Coolness-Faktor hin oder her.

Knight Games

Mit voluminösen acht Disziplinen wirbt Knight Games 1986 um die Gunst der Spielerschaft. Wobei es sich um sechs verschiedene Kampf-Spiele und zwei Schieß-Wettbewerbe handelt. Zwar könnten die Spiele trotz dieser Vorbedingung ja immer noch abwechslungsreich sein, doch selbst das Handbuch schert die Spiele entsprechend über den gleichen Kamm und vergibt die Punkte in allen zusammengefassten Disziplinen gleich. Ebenso gleich bleibt die Steuerung. Im Grunde wechseln nur die Waffen.

Das alles klingt nach wenig Spielspaß – allerdings spielt bei mir hier ein sehr großer Nostalgiefaktor mit hinein. Knight Games war eines dieser Spiele, das ich immer wieder mal für eine kurze Partie geladen habe. Genau dafür ist es perfekt. Im Gegensatz zu den Sommer oder Winter Games kann ich mich an keine einzige komplette Durchspiel-Session mit einem Freund erinnern. Aber immer mal wieder ein vereinzelter Kampf mit der Streitaxt? Gerne doch.

Ähnlich sah das Peter Braun für die ASM:

Die Figuren sind angenehm groß und besitzen auch einen Schatten. Auch die Animationen sind als sehr gut zu bezeichnen, da Hunderte von verschiedenen Sprite-Positionen benutzt werden.

ASM 7/86

Zieht man meine Erinnerungen allerdings ab, dürfte Heinrich Lenhardt bereits in der Happy Computer 9/86 mit seiner 60er-Wertung richtig gelegen haben:

Das ist auf Dauer etwas langweilig und unbefriedigend – da kann auch die tolle Aufmachung nicht darüber hinwegtäuschen… Wer aber Fan von Kampfkunstspielen ist, wird von Knight Games nicht enttäuscht. Es gibt Schlechteres.

Knight Games 2: Space Trilogy

Ein Jahr später legte English Software Company einen Nachfolger auf, der bis auf den Namen allerdings praktisch nichts mit der gelungenen Mittelalter-Spielesammlung zu tun hatte. Knight Games 2: Space Trilogy verlegt die Handlung ins Jahr 3002.Der Kassetteneinleger bemüht sich noch redlich, dieses Spiel als würdigen Nachfolger zu verkaufen:

Im Jahr 3002, in dem immer noch Ritter kämpfen, hat sich die Art des Kampfes im Verlgeich zum mittelalterlichen England etwas verändert. … Du wirst Jahre in die Zukunft transportiert, wo Kampfroboter die kämpfenden Axtkämpfer ersetzen und Laser die Pfeile und Bögen! Aber die Ziele sind immer noch dieselben: der Sieger des Finalturniers zu sein und die Demütigung einer Niederlage und den möglichen Tod vermeiden!

Die Sache ist nur: Dieses Machwerk hat inhaltlich praktisch nichts mit dem Erstling gemeinsam. In zwei unterschiedlichen Kampfspielen namens „Combat Robot“ und In „Orbit“ darf sich nur ein einzelner Spieler beweisen, bevor der abschließende Level, „Final Tournament“, zwei Spieler gegeneinander antreten lassen kann. Das erste Spiel entpuppt sich als Defender-Klon mit drei verschiedenen Hintergründen. „Orbit“ lässt den Spieler erst mit einem Fadenkreuz im Weltraum gegnerische Raumschiffe abschießen, bevor er in einer Pseudo-3D-Perspektive Gegner in einer Art Weltraum-Lagerhalle erlegt. Das finale Turnier besteht wiederum aus drei Durchgängen mit verschiedenen Waffen – bietet dabei allerdings keine große Abwechslung. Mit welcher Waffe die beiden fliegenden Figuren vor mittelalterlichen Burgen  – wie auch immer die auf einen fremden Planeten kommen – wedeln, ist reichlich egal.

Anatol Locker begründet seine unterdurchschnittliche Wertung in der Power Play 4/88 folgendermaßen:

Was das mit Rittern zu tun haben soll, ist mir schleierhaft. Einziger Bezugspunkt zwischen Rittern und Robotern ist das Blech – wobei wir gleich beim Spielprinzip wären. …Hier hat man einfach einen alten Namen mit drei mittelmäßigen Action-Spielen gemixt. Ein wenig Turnierstimmung kommt nur im dritten Teilspiel auf.

Mit diesen wenig erbaulichen Worten möchte ich den Artikel beschließen. Gibt es noch weitere außergewöhnliche Sportspiel-Sammlungen, an die ihr euch erinnern könnt? Schreibt sie gerne in die Kommentare.

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Über Jürgen

Geschichts- und Musik-Liebhaber mit einer Schwäche für viel zu lange Computerspiele. Der Werdegang CPC - Pause - PC und Konsolen sorgt dafür, dass ich noch so viele schöne alten Perlen entdecken darf.

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3 Comments on “Was-auch-immer-für-Games Teil 2”

  1. An Eskimo Games kann ich mich noch erinnern das haben wir immer min zu zweit gezockt. Wir hatten immer unseren Spaß.
    Skate or Die! hab ich nie gespielt dafür Ski or Die! das war genauso spaßig.
    Caveman UGH-Lympics haben wir bestimmt auch mal gezockt irgendwo kenn ich das Bild her.

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