Versoftungen #13: Tom & Jerry

Das bekannteste Maus-Katz-Duo ist bereits 85 Jahre alt: Am 10. Februar 1940 kam der erste Kurzfilm „Jerry treibt’s zu bunt“ in die US-Kinos und wurde sofort ein großer Erfolg. 1941 folgte sogar eine Oscar-Nominierung. Das war keineswegs selbstverständlich für die damals noch jungen Zeichentrickfilmer William Hanna und Joseph Barbera. Ihr Erstlingswerk „The Captain and The Kids“, basierend auf der Comicreihe „The Katzenjammer Kids“, war 1938 ein finanzielles Desaster für das Filmstudio Metro-Goldwyn-Mayer (MGM), das zu jener Zeit vom Cartoon-Boom – ausgelöst durch Disney und Warner Bros. (Looney Tunes) – profitieren wollte. Joseph Barbera kam eines Tages auf die Idee, den damals schon alten Trope der Jagd zwischen Katze und Maus als Grundlage zu verwenden, während William Hanna und weitere MGM-Angestellte nicht an den Erfolg glaubten. Die vorherrschende Meinung war, die Idee sei zu unoriginell.

Tom und Rivale Butch. Beide Kater haben sich häufig darum gestritten, wer die Maus fangen darf. Notfalls auch mit Schusswaffen.

Doch dass einfache Ideen mitunter die erfolgreichsten sind, zeigt der Erfolg von Tom und Jerry: Nach der Oscar-Nominierung gab MGM weitere Filme in Auftrag. So entstanden bis 1958 unter der Leitung des Duos Hanna und Barbera 114 Kurzfilme für das Kino. In dieser Zeit gewann die Reihe sieben Oscars und überholte in der Beliebtheit sogar die Abenteuer von Bugs Bunny, Daffy Duck und Co. Das Jagd-Szenario blieb stets erhalten, wurde jedoch durch verschiedene Umgebungen und eine zunehmende Gewaltspirale, insbesondere während der 1940er Jahre, immer wieder variiert. Ob Äxte, Pistolen oder Gift: Tom und Jerry gingen nicht zimperlich miteinander um. Diese ausufernde Gewaltspirale wurde später in den Itchy-und-Scratchy-Cartoons der Simpsons hervorragend karikiert – mit dem Unterschied, dass sich in den 1940er Jahren gesellschaftlich niemand an gewalthaltigen Cartoons störte.

Erst gegen Ende der 1950er und in den 1960er Jahren kam es in den amerikanischen Medien zu einer breiteren Diskussion über Gewalt in Comics und Cartoons, weshalb MGM die alten Folgen für Wiederveröffentlichungen teilweise stark kürzte. Im Gegensatz zu den Looney Tunes wurden die ursprünglichen Tom-und-Jerry-Cartoons nie wieder ungekürzt veröffentlicht.

In den folgenden Jahrzehnten, insbesondere mit den Produktionen für das Fernsehen, veränderten sich Tom und Jerry weiter: weniger Gewalt, mehr Slapstick. Spätestens ab den 1990er Jahren wurden die beiden nicht nur als Rivalen, sondern zunehmend auch als Freunde dargestellt, die gemeinsame Abenteuer erleben.

Unter der Ägide von Looney Tunes-Erfinder Chuck Jones wurde der Gewaltgrad ab den 60er Jahren massiv zurückgefahren und mehr Fokus auf familienfreundlicheren Slapstick gelegt.

Für William Hanna und Joseph Barbera war das Duo der Startschuss zu einer Karriere, die bisher von niemandem übertroffen wurde. Nachdem MGM Ende der 1950er Jahre die Produktion von Cartoons einstellte, verließen die Beiden das Studio und gründeten mit Hanna-Barbera ihr eigenes Unternehmen. In den folgenden Jahrzehnten dominierte dieses Studio den gesamten amerikanischen Cartoon-Markt: Familie Feuerstein, Jetsons, Wacky Races, Scooby Doo, Yogi Bär und natürlich die Schlümpfe – das sind nur einige der Franchises, die über Jahrzehnte aus diesem Studio stammten. William Hanna starb 2001 im Alter von 90 Jahren, Joseph Barbera 2006 mit 95 Jahren. Beide führten das Studio bis Ende der 1990er Jahre, bis es von Warner Bros. übernommen wurde.

Auf den folgenden Seiten werfen wir einen chronologischen Blick auf die Versoftungen zu Tom und Jerry. Gibt es neben dem üblichen Lizenzmüll auch heute noch spielenswerte Titel? Und wieviele Spiele gibt es eigentlich? Kleiner Spoiler: mehr als ihr denkt.

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Über Nischenliebhaber

Ostdeutsches Videothekenkind der 90er Jahre. Liebt Spiele- und Retrokultur ebenso wie subkulturelle Musik aus aller Herren Länder und lange Spaziergänge durch dunkle Wälder des Erzgebirges.

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