Versoftungen #2: Monty Python

Die britische Comedy-Truppe Monty Python ist wohl der bekannteste Humor-Export von der Insel und hat Generationen an Hobby- und Profi-Komikern geprägt. Aber wie passt das zum Thema Computerspiele?

Als Monty Python 1969 von den Briten Graham Chapman, John CleeseEric Idle, Terry Jones, Michael Palin und dem US-Amerikaner Terry Gilliam gegründet wurde, waren wohl die meisten von euch, inklusive mir, noch nicht einmal geplant (Ausnahmen bestätigen die Regel). Trotzdem dürfte wohl sehr vielen von euch das Werk bekannt sein, darunter Comedy-Filmklassiker wie Das Leben des Brian oder Die Ritter der Kokosnuss. Vor 40 Jahren, nach Fertigstellung ihres letzten Films Der Sinn der Lebens löste sich das Gespann „erst einmal“ auf. Ungefähr zu dieser Zeit erschienen auch die ersten Computerspiele mit Monty Python-Bezug. In diesem Artikel stelle ich euch „alle Versoftungen im Überblick“ vor.


1981 – 1984: Inoffizielle Textabenteuer

Der 1975er Film Die Ritter der Kokosnuß, im Original Monty Python and the Holy Grail, stellt sich rückblickend betrachtet als die Lieblingsvorlage für Monty Python-Spiele heraus. Schon Anfang der 1980er erscheint ein an den Film angelehntes Textadventure namens The Quest for the Holy Grail (1981) für den Apple 2. Dabei handelt es sich um ein besonders rares Stück Software und auch um das einzige Spiel, das die Entwickler Thorne D. Harris III sowie Mark Ben Hattier jemals veröffentlicht haben. Es orientiert sich lose an der Filmhandlung und schickt euch quer durch England, Schottland und Wales, um sieben Klöster zu erkunden und schlussendlich den Heiligen Gral zu finden. Dabei müsst ihr auch eure Werte für Tapferkeit, Ruhm, Weisheit und Tugend im Auge behalten. Sobald ihr genug Geld eingesammelt habt, könnt ihr auch Gefährten rekrutieren, die euch auf eurer Reise helfen können, darunter einen Barbier, einen Minnesänger, einen Mönch und einen Hofnarren.

Drei Jahre später wagte sich Mastertronic an eine weitere Textadventure-Umsetzung des Stoffs, die ebenfalls The Quest for the Holy Grail (1984) genannt wurde und zunächst für den ZX Spectrum erschien, ein Jahr später gab es dann auch eine C64-Fassung. Diesmal spielt ihr einen Ritter names Sir Tappin, der sich auf die Suche nach dem Heiligen Gral begibt. Wieder führt euch eure Reise durch das mittelalterliche England, in dem ihr auch Figuren aus der Filmvorlage treffen könnt. Eine offizielle Verbindung zum Film besteht allerdings nicht.

Pressespiegel: The Quest for the Holy Grail (1984)

„Das ganze Programm ist nicht ganz so ernst zu nehmen, zu sehr wird der Spieler in ironischer, pittoresker oder besser: in ‚pythonesker‘ Natur auf den Weg geleitet. Der schwarze Humor von Monty Python wir hierbei eingesetzt. Die Grafik ist ansprechend und das Vocabular zufriedenstellend. Mastertronic’s bestes Adventure!“

Manfred Kleimann in der ASM (Aktueller Software Markt) 03/1986 (via archive.org)  (Wertung: 83 %)

Die beiden „The Quest for the Holy Grail“-Textadventures sind stark an den Film „Die Ritter der Kokosnuss“ angelehnt.

1990 – 1997: Größte Zeitverschwendungen

Die 1990er waren das ergiebigste Jahrzehnt für Monty Python-Versoftungen. Den Anfang machte 1990 das Sidescrolling-Actiongame Monty Python’s Flying Circus, benannt nach der gleichnamigen TV-Serie aus der 1970er Jahren. Ihr spielt Herrn Gumby, der auch in sympathischer Pose auf dem Cover abgebildet wurde, und absolviert mit ihm diverse Geschicklichkeitsübungen. Manche Elemente aus der TV-Serie lassen sich zwar auch im Spiel wiedererkennen, insgesamt ist dieser Versoftungsversuch aber eher ein Fall für die Tonne.

Pressespiegel: Monty Python’s Flying Circus

„Der abstrus britische Humor der Monty Python-Truppe ist in dem Spiel sehr schön eingefangen. Einen Helden, der von toten Papageien und nackten Füßen bedroht wird, sieht man nicht alle Tage. Doch das ist leider nur eine Seite der Medaille: Spielerisch ist Monty Python eher von schlichter Machart. Übrig bleibt ein recht kurioses Spiel für Python-Fans; Otto Normalspieler wird nicht so begeistert sein.“

Volker Weitz in der Power Play 12/1990 (via kultboy.com) (Wertung: 43 %)

„Mit einem solchen Programm hätte man vielleicht vor fünf Jahren einen Blumentopf gewinnen können, doch heute ist es höchstens unverbesserlichen Monty-Python-Fans zu empfehlen.“

Arnd Wängler in der 64er Ausgabe 2/1991 (via kultboy.com) (Wertung: 1 von 10)


Nicht, dass das ein Grund gewesen wäre, keine weiteren Monty Python-Spiele mehr zu produzieren. Als nächstes versuchte es 7th Level mit Monty Python’s Reine Zeitverschwendung (im Original Complete Waste of Time) im Jahr 1994. Die CD-ROM-Laufwerke waren zu diesem Zeitpunkt schwer angesagt, also wurde daraus eine „interaktive CD-ROM mit Minispielen, Bildschirmschonern, Bildschirmhintergründen und Desktopicons“. Einmal gestartet, klickt ihr euch durch bunte Bildchen, die im Monty Pythons Flying Circus-Stil gehalten sind, sucht nach Hotspots, die lustige Animationen oder Videos auslösen und spielt das eine oder andere Minispielchen.

Pressespiegel: Reine Zeitverschwendung

„Der Name ist Programm: ‚Complete Waste of Time‘ ist kein echtes Spiel, keine Bibliographie oder komplette Sketch-Sammlung und auch kein brillanter Bildschirmschoner, sondern wirklich reine Zeitverschwendung. Aber während der verschwendeten Zeit werden Sie gut unterhalten, sofern Ihr Englisch nicht allzu rostig und Ihr Humorgeschmack entsprechend britisch ist.“

Die Verkaufszahlen waren wohl gerade im Weihnachtsgeschäft 1994 äußerst zufriedenstellend, so dass sich 7th Level direkt an die Arbeit von zwei Fortsetzungen macht. Parallel dazu erschien für die Philips-Konsole CD-i eine lizenzierte Eigenentwicklung namens Monty Python’s Invasion from the Planet Skyron. Der Spielanteil war auch hier relativ gering und bot hauptsächlich Minispiele und Videoclips.

Im Jahr 1996 brachten 7th Level mit Monty Python – Die Ritter der Kokosnuss (im Original Monty Python & the Quest for the Holy Grail) ihr zweites Monty Python-„Spiel“ auf den Markt. Auch hier bildeten die Minispielchen nur den Rahmen für eine Reihe von Gags mit dem typischen britischen Humor. Dabei profitierte das Spiel vor allem von seiner genialen Filmvorlage und machte den Fans allein schon deswegen Spaß, weil sie sich mit dem schwarzen Ritter duellieren, Pestleichen in Tetris-Manier stapeln oder Hexen verbrennen konnten.

Pressespiegel: Die Ritter der Kokosnuss

„Da mögen die Kollegen noch so heftig die Köpfe schütteln, für mich ist und bleibt Monty Python ein Meilenstein des Humors. Jemand ohne derartige Vorbelastung wird genügend Ansatzpunkte zur Mäkelei finden: Sehr geringe Spieltiefe, mäßiger Umfang, Zwischenspielchen, die allenfalls an Sharewarequalität heranreichen, abgehackte (weil an dem von Gilliam geprägten Stil entsprechende) Animationen. Den Vorgänger steckt das Programm dennoch locker in die Tasche. Überzeugte Pythonisten werden ob solcher ‚Nichtigkeiten‘ ohnehin nicht am Glanze des Grals kratzen.“

Ulrich Smidt in der Power Play 9/1996 (via kultboy.com) (Wertung: 62 %)

„Für eingeschworene Monty-Python-Fans (wie mich) ist das Produkt ein absolutes Muß. Es stecken jede Menge kleiner Gags in und um den Kultfilm drin. Die Videos sind klein, aber qualitativ gut, und die wenigen gezeichneten Grafiken stilistisch ans skurrile Geschehen angepaßt. Wenn Sie schon immer mal selbst gegen den Schwarzen Ritter antreten wollten, sollten Sie zu diesem Spiel keinesfalls ‚NI‘ sagen. Wenn Sie mit dem Humor nichts anfangen können, werden Sie allerdings viel weniger Sterne als ich sehen.“

Monika Stoschek in der PC Player 9/1996 (via kultboy.com) (4 von 5)

Nur ein Jahr später, nämlich 1997, beendeten 7th Level ihre Monty Python-Trilogie mit Monty Python’s The Meaning of Life, das lose auf dem gleichnamigen Monty Python-Film aus dem Jahr 1983 basierte. Ähnlich wie im Film müsst ihr die sieben Phasen des Lebens durchlaufen, um schlussendlich den Sinn des Lebens zu verstehen. Im Grunde handelte es sich, wie bei den beiden Vorgängern, um eine Minispiel-Sammlung, die von Filmausschnitten am Leben gehalten wurde. In der deutschen Spiele-Presse wurde The Meaning of Life daher offenbar komplett mit Ignoranz gestraft.

Auch Zeitverschwendung kann Spaß machen!

2011 – 2014: Montys Mobile Machwerke

Viele Jahre durfte Monty Python den Ruhestand genießen, in den 2010ern wurde die Marke aber noch einmal für Mobilspiele auf Android- und iOS-Geräten aus der Schublade gezogen. Den Anfang machte Monty Python’s Cow Tossing aus dem Jahr 2011, das auf dem Erfolg der Angry Birds-Welle mitreiten wollte. Die Hintergrundidee bedient sich wieder einmal beim Film Die Ritter der Kokosnuss, in dem Tiere mit einem Katapult abgeschossen wurden. 

Und zum Schluss kommen wir zum einzigen Monty Python-Spiel, das von der GamersGlobal-Redaktion besprochen wurde: Monty Python’s Ministry of Silly Walks wurde 2014 zur App der Woche gekürt. Benjamin Brauns Einschätzung fiel damals recht positiv aus:

„The Ministry of Silly Walks ist ein kleines Spiel, das sich spielerische Abwechslung nicht groß auf die Fahne schreibt. Aber es macht Spaß und das Spielziel, möglichst weit zu kommen, motiviert ungemein, es immer wieder und wieder zu spielen. Trotz nicht allzu üppiger Grafik ein Spiel, das sich insbesondere für kleine Spielsessions unterwegs bestens eignet.“

Was bleibt als Fazit? Die einzigarte Komiker-Gruppe bleibt wohl für alle Zeiten unvergessen, die Versoftungen ihrer Gags und Filme werden wohl weiterhin in der Versenkung verschwunden bleiben und nur hin- und wieder von Nischenliebhabern herausgekramt werden. Wenn ihr euch selbst als Monty Python-Fan bezeichnen würdet, und ihr die Versoftungen noch nicht kennt, habt ihr vermutlich mit den drei 7th Level-Multimedia-CD-ROMs am meisten Spaß. Alle anderen dürfen sich jetzt freuen, wieder etwas über ein Stück Spielegeschichte gelernt zu haben und die besprochene Software getrost links liegen lassen.

In den beiden mobilen Ablegern katapultiert ihr Tiere und durchquert London nach dem Motto „Dumm gelaufen“.

(Dieser Beitrag erschien zuerst am 11. November 2023 auf GamersGlobal)

Avatar-Foto

Über TheLastToKnow

Adventure-Fan aus dem Ruhrpott, groß (aber nicht erwachsen) geworden mit den SCUMM-Adventures in den 1990er Jahren. Spürt immer wieder kleine Indie-Perlen auf und zerrt sie ans Tageslicht.

Alle Beiträge anzeigen von TheLastToKnow

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert