Uncle Chop’s Rocket Shop

Uncle Chop's Rocket Shop

Uncle Chop’s Rocket Shop ist ein Roguelite. Wie, es gibt zu viele Roguelites? Dass noch längst nicht alle Pfade ausgetreten sind beweist das ungewöhnliche „roguelite fix’em’up“.

In Uncle Chop’s Rocket Shop übernehmt ihr die Rolle eines fuchsähnlichen Aliens namens Wilbur, der den Rocket Shop vom Schweine-Alien Uncle Chops betreiben soll, nachdem euer Vorgänger unrühmlich aus dem Leben geschieden ist. Und der Rocket Shop ist genau das: Ihr flickt Raumschiffe! Das solltet ihr auch zügig und gewissenhaft tun, denn nach ein paar Tagen fordert der liebenswerte Uncle Chop den Mietzins ein, und der steigt mal mindestens inflationär an! Und wenn ihr nicht flüssig seid, ergeht es euch wie eurem Vorgänger.

Präsentiert wird Uncle Chop’s Rocket Shop in einem detailreichen, cartoonigen Look. Und ich bekomme Firefly– und Rimworld-Vibes. Das liegt allerdings fast ausschließlich an der stimmigen, Western-Like Musik. Und ein bisschen an dem Future-Retro-USA-chic der Spielwelt mit Diner und Trailer. Damit ist Uncle Chop’s Rocket Shop für mich ein Beleg, welch enorme Rolle Musik auch in Spielen spielt. Aber ob ihr beim Spielen von Uncle Chop’s Rocket Shop auch eure „Serenity“ findet oder es doch ein bisschen stressig werden kann, verrate ich euch im Test.

Einstechen und Loslegen

Serenity ist zwar auch ein berühmtes Raumschiff, heißt aber eigentlich Gelassenheit. Und schon zu Spielbeginn auf einem der drei Speicherplätze müsst ihr entscheiden, wie ihr sie trotz Arbeit (!) eher findet. Besser: Am wenigsten schnell verliert. Wollt ihr lieber mit Tageszeit (natürlich wird stilecht ein- und ausgestochen) arbeiten oder unbegrenzt Zeit haben, dafür aber nur drei Aufträge pro Tag bekommen und für Fehler härter bestraft werden? Fehler beim Reparieren von Raumschiffen.

Ich habe mich für Frantic Fixing und den damit verbundenen Zeitdruck entschieden. Und Uncle Chop’s Rocket Shop wird schnell stressig. Nach dem Aufstehen habt ihr oft noch einen Dialog mit eurem Mentor, dem Koch des Diners, der euch auch durchs ins Spiel integrierte Tutorial führt. Dann stecht ihr wie ein guter Beamter (oder, dank verpflichtender Arbeitszeiterfassung, theoretisch mittlerweile fast jeder) ein. Ihr wählt also den Automaten an, zieht per drag&drop eure Mitarbeiterkarte-Lochkarte in die Mitte, zieht am Hebel, stempelt so ein und legt die Karte ins „anwesend“-Fach. Beim Ausstechen läuft es genau umgekehrt.

An einem Automaten steht dann ein oder mehrere Aufträge zur Verfügung. Manchmal ist es auch ein Storyauftrag. Einmal angenommen spuckt der Automat noch eine Checkliste aus, was ihr also reparieren sollt. Zum Beispiel stimmt was mit dem Tank nicht, Klo oder Sensoren sind kaputt oder die Alarmanlage macht Spirenzchen. Es kann auch mehrere und zunehmend komplexe Probleme geben.

Noch Spiel oder schon Arbeit?

Die Reparaturen sind keine simplen Rätsel. Nein. Ihr müsst vielmehr auf euer Handbuch zurückgreifen, euch mit den Modulen vertraut machen, die Fehler identifizieren (zum Beispiel gesprungenes Glas oder die nicht mehr vibrierende Pumpe) und beheben. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, denn ohne die ins Spiel integrierte „Bedienungsanleitung“ habt ihr keine Chance. Die Reparaturen laufen dann, wie schon das Ein- und Ausstechen, sehr haptisch ab. Ihr öffnet euren Werkzeugkasten und schraubt rum, zieht an Hebel, legt kaputte Birnen in eure Tasche oder schreddert sie gleich, kauft Ersatzteile oder watschelt mit den „Tankkanistern“ im Gepäck zur Zapfsäule um sie zu befüllen.

Natürlich habe ich es erstmal bereut, dass ich mit Tageszeit, also mit Zeitdruck, gespielt habe. Aber für mich ist der Druck auch ein sehr bereicherndes Spielelement, vor allem wenn ich in letzter Sekunde am Tagesende noch ein Raumschiff repariert bekomme – und so nicht nur bezahlt werde, sondern auch Strafen vermeide. Und ich fand den Spielbeginn schon schwer, da ihr wirklich genau mit dem Handbuch abgleichen müsst, was ihr tun sollt. Und das dann auch umsetzen. Zum Beispiel sind mir einige Tanks beim Versuch des perfekten Befüllens zu Bruch gegangen (darüber könnt ihr euch auch im unten eingebundenen Video amüsieren). Aber zuletzt ging mir das völlig problemlos, schnell und ohne Handbuch von der Hand.

Denn ein Großteil der Progression (allerdings nicht die ganze) läuft über euren eigenen Skill. Nämlich eure Kenntnis der verschiedenen Module, der möglichen Fehler und wie ihr sie behebt. Und ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich das schon sehr an echte Arbeit erinnert hat. Und wie bei echter Arbeit waren mein stetiger Erkenntnisgewinn und die damit verbundenen, zunehmenden Reparaturerfolge (oder auch der erstmals gezahlte Mietzins!) ein Quell der Freude. Im Prinzip ist Uncle Chop’s Rocket Shop also eigentlich die sehr komprimierte (= schnelle Erfolge!) Simulation eines Berufseinstiegs in einem technischen Beruf. Und das macht, erst Recht im Verbund mit Story und Roguelite-Elementen, erstaunlich viel Spaß. Auf jeden Fall mehr, als ihr beim Stichwort „Arbeit“ vermutlich denkt!

Story und Roguelite-Elemente

Über die Prämisse hinaus (Wilbur, der Fuchs-Alien repariert Raumschiffe für Uncle Chop und macht er das nicht gut genug, ist „Chop Chop“ das Köpfchen ab) möchte ich gar nicht viel von der Story verraten. Denn die regelmäßigen Fortschritte sind für mich ein großer Motivationsfaktor, um die harten Arbeitstage zu durchstehen. Klar, irgendwie kommt ihr vom Reich der Toten wieder ins Reich der Lebenden. Der Chefkoch hat auch das eine oder andere Geheimnis und irgendwer wohnt unter dem Raumschifflandeplatz. Und zu Spielbeginn habt ihr auch noch nicht alle Locations gesehen.

Neben den normalen Raumschiff-Reparaturaufträgen gibt es auch immer wieder Story-Aufträge oder sogar Handlungsoptionen für euch. Das gestaltet den Alltag nochmal abwechslungsreicher. Einen Großteil davon verbringt ihr übrigens nicht im namensgebenden Rocket Shop, sondern an den davor parkenden Raumschiffen. Die Werkstatt stattet ihr dennoch immer besser aus, was auch nötig ist, um bestimmte Module überhaupt reparieren zu können.

Für das Nachfüllen von Flüssigkeiten wie Öl oder das Bespielen von Cartridges mit kleinen Spielchen (die ihr dann zum Lösen auch spielen müsst) müsst ihr erst die passenden Stationen erwerben. Die shoppt ihr bequem online, sie kommen aber erst am nächsten Tag an. Ihr könnt aber auch Verbesserungen erstehen oder, mittels Spezialwährung an einem speziellen Ort, dauerhafte Verbesserungen freischalten. Dann starten und landen eure Kunden schneller, sind weniger schnell ungeduldig, der Arbeitstag ist etwas länger oder ihr könnt aus mehreren Jobs wählen. Diese Roguelite-Elemente helfen schon enorm, gerade angesichts des Miethais namens Uncle Chop, der wichtigste Fortschritt ist aber die Geschwindigkeit, in der ihr in den Modulen die Probleme identifiziert und sauber löst.

Fazit

Uncle Chop’s Rocket Shop ist ein erstmal nur schwer zusammenzufassendes Spiel. Kein Wunder, verfolgt es doch mit seiner Mischung aus Arbeit, Roguelite und Story doch ein sehr ungewöhnliches Konzept. Die Eigenbeschreibung „A Roguelite fix’em up“ trifft dann aber den Nagel auf den Kopf. Und ich habe mich beim Spielen immer mal gefragt, ob ich überhaupt spiele. Und teilweise ist das ehrlich gesagt nicht der Fall, denn es ist im Kerngameplay eigentlich Arbeit. So fühlt es sich zumindest an.

Ein Spiel für den entspannten Feierabend, erst recht mit dem von mir bevorzugten Zeitdruck, ist Uncle Chop’s Rocket Shop daher nur bedingt. Es bietet aber eben auch die typischen, spielerisch komprimierten Erfolgselemente eines echten Jobs und paart das mit klasse Musik, einem cartoonig-charmanten Look und einer all das gut zusammenhaltenden Story. Das außergewöhnliche Uncle Chop’s Rocket Shop ist daher wert, von euch zumindest einmal angespielt zu werden. Und vielleicht fixt ihr dann ja nicht nur ein paar Raumschiffe, sondern werden angefixt!

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Über Vampiro

Variety Gamer seit Crystal Castle auf dem Atari 2600 Junior. Mein Herz schlägt besonders für Strategie, Taktik, Wargames und Aufbau nebst allen Untergenres (wie Taktik-RPGs ;-) ).

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7 Comments on “Uncle Chop’s Rocket Shop”

    1. Ja, absolut 🙂 Haha, zu viel Arbeit? 😉

      Ich denke, dass der erste Titel in dem Genre schon so gut ist (damit meine ich die Integration der Arbeit, das Setting, die Präsentation, die Storyelemente), dass es nur schwer zu toppen ist. Ist wie mit, Achtung hot take, From Software: Die haben mit Demon’s Souls auch das Genre begründet, und an den ersten Teil kam nix mehr ganz ran.

  1. Hallo ihr,

    schöner „Check“, ich „schreibe“ Uncle Chop`s Rocket Shop auf die Wishlist.

    Liest sich für mich wie eine Kreuzung aus Papers Please mit Hardspace Shipbreaker und Still There (falls du es nicht kennst @TLTK: Das könnte was für dich sein, ich bin leider zu du… kognitiv unbegabt für dieses tolle Spiel).

    Grüße
    Raimund

    1. Vielen Dank, Raimund 🙂

      Haha, ja, sozusagen ein Check+, denn die Zeichenzahl ist 2500+ zu hoch und mein Video durfte ich einbinden 😉

      Ahhhhhh, Papers Please, das ist eine sehr gute Assoziation. Das habe ich auch gespielt, aber das ist so lange her, puh, das kam mir leider nicht in den Sinn. Die anderen beiden Titel kenne ich noch gar nicht, schaue mir mal an, was das so ist 🙂

      Danke für deinen Kommi und LG
      V aka B 😉

      1. Wenn ich nochmal drüber nachdenke… passt Hardspace Shipbreaker nicht so ganz – da baue ich Raumschiffe ja auseinander.

        2500 plus, das Schlaraffenland. 😉

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