Titel: | UFO 50 |
Erscheinungsdatum: | 18.09.2024 |
Plattformen: | Windows |
Entwickler / Herausgeber: | Mossmouth |
Homepage: | https://50games.fun |
Was haben große Weltstars der Pop- und Rockmusik wie Bruce Springsteen, Bon Jovi oder Per Gessle gemeinsam, wenn sie seit Jahrzehnten aktiv sind? Irgendwann tauchen sie auf, die unvermeidlichen Demo-Compilations. Diese oft sehr üppigen Veröffentlichungen, in denen die Musiker ihre Schubladen öffnen und Songs aus verschiedenen Jahrzehnten ihres Schaffens präsentieren, die es nicht auf die offiziellen Alben geschafft haben. Es sind Veröffentlichungen für eingefleischte Fans. Und selbst die sagen bei den meisten Songs: “Es gibt einen Grund, warum diese Songs nie über den Demo-Status hinausgekommen sind”.
In gewisser Weise lässt sich das auch über das neue Werk von Spelunky-Designer Derek Yu und seinen Freunden Paul Hubans, Jon Perry, Ojiro Fumoto oder Tyrig Plummer sagen. Diese hatten in den letzten rund 10 Jahren an verschiedene Spiele gearbeitet, die nun in gebündelter Form unter den Namen UFO 50 erschienen sind. Die Klammer dieser Spielesammlung besteht aus der Meta-Story um einen fiktives Spielestudio namens UFO Soft aus den 80er Jahren, die Spiele für eine fiktive Spielkonsole namens LX video game console entwickelten. Als ich vor einiger Zeit von diesem Konzept las, habe ich mich tatsächlich etwas auf diese Sammlung gefreut, erinnerte mich das Konzept etwas an die beiden Game Center CX-Spiele für den Nintendo DS. Aber am Ende stellte sich das Konzept von UFO 50 als doch etwas ganz anderes heraus.
Es handelt sich um eine Sammlung von 50 frei wählbaren Spielen im Retro-Look, die jedoch moderne Elemente enthalten. So ist die Grafik im 8-Bit-Stil gehalten, viele Spielmechaniken stammen jedoch aus der Neuzeit. Beispielsweise entspricht das Gameplay von Pingolf dem der Super Stickman Golf Trilogie. Das Zelda-artige Action-Adventure Pilot Quest wurde mit einer ganz furchtbaren Ressourcen-Mechanik verheiratet, die man aus modernen Clicker-Spielen kennt, und auch sonst finden sich überall Verweise und Zitate auf die Moderne. Kann man in der Tat so machen.
Masse statt Klasse
Mein Problem mit UFO 50 ist eher, dass keines der Spiele wirklich gepolished ist. Zum einen sind viele Spielkonzepte nicht durchdacht. Zum Beispiel gibt es mit Seaside Drive einen Single-Screen-Shooter, bei dem man viele Gegner abschießen und deren Projektilen ausweichen muss. Dabei steuert man aber kein Raumschiff, sondern ein Auto, das nur so lange starke Projektile abfeuern kann, wie es nach links und rechts “driftet” und die Energie oben hält. Das macht einfach keinen Spaß, weil es gegen jede erlernte Gewohnheit eines solchen Shooters funktioniert.
Dann gibt es zum Beispiel Kick Club, ein Spiel, das auf den ersten Blick wie ein Single-Screen-Arcade à la Bubble Bobble aussieht. Hier ist es aber die Aufgabe, mit seiner Spielfigur zunächst einen Fußball zu bekommen, um dann mit diesem Ball die Gegner auf dem Bildschirm abzuschießen. Das Problem: Diese Mechanik funktioniert – ähnlich wie bei Soccer Kid aus dem Jahr 1993 – nur sehr schwammig und macht ebenfalls keinen Spaß. Und so könnte ich viele dieser Spiele durchgehen, ich finde immer etwas, was entweder konzeptionell nicht richtig durchdacht ist, wo das Leveldesign nicht ausreichend getestet scheint oder wo die Steuerung zu schwammig ist. Zum Beispiel beim Platformer Mooncat, wo die Steuerung so aussieht, dass es nur zwei Knöpfe gibt – links und rechts. Will man springen, müssen beide Knöpfe gleichzeitig gedrückt. Dabei verlangt das Spiel teilweise pixelgenaue Sprünge, die mit dieser unnötig komplizierten Steuerung kaum möglich sind. Onion Delivery ist eine Art Crazy Taxi aus der Vogelperspektive – allerdings auch wieder mit schwammiger Steuerung und man darf die vielen anderen Autos nicht berühren. Man ist also zum vorsichtigen Fahren angehalten, das zeitbasierte Gameplay ist dafür jedoch nicht ausgelegt.
Es gibt auch Mängel im Detail. Mit Grimstone gibt es zum Beispiel ein RPG im Stil der frühen Final-Fantasy-Spiele – nur mit Westernthematik. Was an sich sehr cool klingt und auch gut umgesetzt wurde. Leider ist es mehr als grindig und auch bei diesem Spiel wurde nicht auf Details geachtet. So ist es mir ziemlich am Anfang passiert, dass ich in einem Kampf drei Partymitglieder verloren habe. Diese muss man in der Kirche gegen einen Obolus wiederbeleben. Soweit so bekannt. Allerdings konnte man in den frühen JRPGs der Marke Final Fantasy und Dragon Quest jedes Partymitglied einzeln wiederbeleben, eine Möglichkeit, die hier nicht vorgesehen ist. Der Priester kann nur alle drei auf einmal zurückbringen – gegen das entsprechende Geld, das ich zu dem Zeitpunkt nicht hatte, und das Geld mit einem einzigen Partymitglied zu ergrinden, hat mich dann doch sehr demotiviert.
Ich will aber nicht zu sehr auf UFO 50 einschlagen. Es gibt tatsächlich hier und da kleine Perlen zu entdecken. Da wäre das Horror-Pointie-Clickie Night Manor zu nennen, das tatsächlich mal an alte Titel wie Déjà Vu erinnert. Mit Reil Heist gibt es ein sehr schön gemachtes Stealthspiel mit Wild-West-Thema und Hot Foot erinnert mich sehr positiv an die Dodgeball-Spiele aus der Kunio-Kun-Reihe. Diese Spiele, die mir etwas besser gefallen, sind jedoch in der starken Minderheit.
Fazit
Metacritic von über 90? Zahlreiche Reviews, die dieser Sammlung von Schnellschüssen Genialität bescheinigen wollen? Oh Boy, klaffen meine Ansprüche an gute Videospiele und der modernen Spielekritik da draußen mittlerweile so weit auseinander? Für mich kann ich festhalten, dass UFO 50 ein klassisches Beispiel für Masse statt Klasse darstellt. Ein Großteil der Spiele würde modernen Ansprüchen an Neo-Retro-Spiele nicht im Geringsten standhalten. Also tun sie es auch nicht, wenn es eine ganze Wagenladung derer gibt. Dass die Spiele nicht einmal eine liebevolle Anleitung bieten und die vielgepriesene “Meta-Erzählung” nur wenige Zeilen pro Spiel umfasst, macht diesen Autounfall auch nicht besser.
Spart euch lieber das Geld für den Neupreis von 24,50 Euro. Kauft euch dafür gut gemachte Spiele, die einiges mehr als Game-Jam-Niveau bieten.
Interessanter Einblick! Hab bisher absolut nichts von dieser Sammlung gehört. “Night Manor” sieht zumindest echt toll aus, das dürfte vermutlich meinen Geschmack treffen. 🙂
Vielleicht ist das der falsche Retro-Blickwinkel? Eventuell sollte man das mehr von der “1000 Spiele !” CDs, die es Ende der 90er/Anfang 2000er in Supermärkten gab, – Warte aus betrachten: 98% Schrott aber 2% tatsächlich ordentliche Spiele.