Tormented Souls II

Im Nachfolger des 2021er Überraschungshits Tormented Souls steht wieder das klassische Survival-Horror-Gameplay im Vordergrund.

Dieser Artikel ist Teil der DKSN-Halloween-Woche 2025.

Nachdem wir uns im Juni eine Vorab-Version von Tormented Souls II des chilenischen Indie-Studios Dual Effect ansehen konnten, wollten wir zum Release natürlich überprüfen, ob sich der gute erste Eindruck bestätigen lässt. Und jetzt, nach etlichen Stunden intensivem Third-Person-Survival-Horror, sind wir aus der Dunkelheit zurückgekehrt und berichten von unseren Erlebnissen im chilenischen Dorf Villa Hess.

Back in Action

Caroline Walker hat im ersten Teil zwar ihre Schwester Anna aus den Klauen finsterer Mächte befreit, die beiden Geschwister finden jedoch trotzdem keine Ruhe. Anna wird von immer schlimmer werdenden dunklen Visionen geplagt, also fahren die beiden zum abgelegenen Dörfchen Villa Hess, um Anna dort im Kloster von den dort ansässigen Nonnen behandeln zu lassen. Schnell stellt sich dies allerdings als schlechte Idee und die Nonnen als bösartig heraus, so dass Caroline mit ansehen muss, wie Anna wieder verschleppt wird.

Also heißt es erneut für euch: Augenklappe zurechtrücken, Nagelpistole ziehen und Monster abschießen. Zumindest ist dies ein Teil der bekannten Survival-Horror-Formel. Aber auch viele andere Elemente aus dem ersten Teil (und seinen berühmten Vorbildern wie Resident Evil oder Silent Hill) feiern hier ihre Rückkehr: Allerlei Rätsel, deren Lösungen euch beispielsweise zuvor versperrte Wege öffnen? Check. Karten finden und eure Fortschritte dort eintragen? Check. Immer eine Lichtquelle parat haben müssen, um in der Dunkelheit nicht wahnsinnig zu werden? Check. Seltsame Waffen aus eingesammeltem Schrott zusammenbauen? Check. Feste Kameraperspektive, die immer im falschen Moment wechselt? Check? Munitions- und Heilmittelknappheit? Check. Speichern nur mit Tonbändern an festen Orten? Check. Irre Bösewichte und bis zur Unkenntlichkeit mutierte Monster, die euch durch fiese und ekelige Orte verfolgen? Ebenfalls Check. Und die Liste könnte man noch fortführen.

Der neue „leichte“ Schwierigkeit weicht das ganz ein wenig auf. Hier legt das Spiel beim Betreten neuer Orte automatische Spielstände an und ist generell etwas großzügiger mit Verbrauchsobjekten.

Dorfromantik

Nachdem ihr das Kloster (also den Teil, den wir im „First Look“ spielen konnten) auf der Suche nach eurer Schwester verlassen habt, landet ihr mitten im Dorf Villa Hess. Von hier aus könnt ihr die weiteren Spielabschnitte erreichen – allerdings streng linear und nur so, wie es das Spiel vorsieht. Dafür sorgen etwa bestimmte Gegenstände oder Waffen, die ihr benötigt, um bestimmte Hindernisse aus dem Weg räumen zu können.

Um Anna retten zu können, müsst ihr das gesamte Dorf abklappern. Dabei besucht ihr das örtliche Einkaufszentrum, den Fischverarbeitungsbetrieb, die Schule und die Kirche. Alle Orte wirken durch und durch vom Bösen durchdrungen, doch es geht noch schlimmer: Durch bestimmte Portale könnt ihr in eine Parallelwelt reisen, die wohl nicht ganz zufällig an die „Rostwelten“ von Silent Hill erinnert. Die Rätsel, die ihr dort löst, haben häufig Auswirkungen auf eure reale Welt und helfen euch somit, Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Am Ende eines größeren Spielabschnitts wartet dann ein richtig großes Hindernis auf euch: der obligatorische Bosskampf. Im Kloster etwa dürft ihr euch einer riesigen Nonne mit einer Eisernen-Jungfrau-Maske entledigen. Diese besonderen Kämpfe haben meist noch einen Kniff, den ihr entdecken müsst – reine Feuerkraft reicht oft nicht aus. Beispiel? Ein Bosskampf findet in einem Raum mit einer riesigen stationären Harpune statt, die ihr beladen, spannen und im richtigen Moment abfeuern müsst, während ihr versucht, nicht getötet zu werden. Das kann dementsprechend hektisch werden, aber immerhin winken nach so einem Sieg meist eine neue Waffe oder ein wichtiger Gegenstand.

Nervenkitzel

Als Indie-Spiel eines kleinen Studios dürft ihr von Tormented Souls II keine Grafikwunder erwarten (insbesondere die Darstellung der Charaktere wirkt teilweise sehr veraltet), aber der Stil und die Gestaltung der Umgebungen reißen eine Menge heraus. In den wenigen Zwischensequenzen und Begegnungen mit anderen Personen wird englisch gesprochen, dazu werden deutsche Untertitel eingeblendet – hier gibt es nichts zu beanstanden.

Leider gibt es dennoch einige Ärgernisse, die euch (im jetzigen Zustand des Spiels) begegnen können – nicht nur einmal hat mich hier ein Bug Lebenszeit und Nerven gekostet. So habe ich beispielsweise ein Rätsel gelöst, das eine Schranktür geöffnet hat – und war dann hinter der Schranktür gefangen. Auch blöd: Nicht selten blieben Gegner in ungünstigen Positionen in Objekten oder sogar dem Fußboden stecken, was nicht nur die Immersion gebrochen, sondern meist auch den Spielfluss behindert hat.

Der eigentliche Elefant im Raum ist aber die unbewegliche Kameraperspektive. Ich würde sogar soweit gehen, dass die größte Gefahr in Tormented Souls II von der Kamera in Kombination mit der fummeligen Steuerung ausgeht – und nicht von den Monstern. Ihr könnt zwar zwischen direkter und Panzer-Steuerung wählen, aber beide sind einfach unfassbar hakelig. Es ist an der Tagesordnung, bei Kamerawechseln in die falsche Richtung zu laufen, irgendwo hängenzubleiben oder gar komplett die Orientierung zu verlieren. Das war vielleicht vor 20 Jahren noch okay, aber heutzutage scheint das komplett aus der Zeit gefallen zu sein. Für die Kämpfe bedeutet das oft, dass ihr eure Gegner einfach nicht sehen könnt, weil ihr beim Weglaufen in einen ungünstigen Kamerawinkel geraten seid. Der gewünschte Effekt mag das Auslösen von Horror gewesen sein, mir persönlich geht es lediglich auf die Nerven.

Fazit

In den letzten Sätzen habe ich mir zwar ein wenig die frustrierenden Momente von der Seele geschrieben, aber nichtsdestotrotz hat mir Tormented Souls II wirklich viel Spaß gemacht. Die große Stärke der etwa 15 bis 20 Stunden dauernden Kampagne liegt in der dichten Horror-Atmosphäre und den wunderbar düster gestalteten Orten. Die darin eingebetteten Rätsel haben mir als Adventure-Fan größtenteils viel Freude bereitet und sind teilweise wirklich knackig.

Einige Gameplay-Elemente, allen voran die starre Kamera, empfand ich als nervig, aber trotzdem war ich immer stark genug motiviert, um mit Caroline weiter Rätsel zu lösen, Monster zu plätten und die (passend zum Horror-Genre leicht dämliche) B-Movie-Story (mit zwei möglichen Enden) zu erleben. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass das Spiel natürlich nichts für Zartbesaitete ist – hier geht es sowohl bei den behandelten Themen als auch bei der Darstellung von Gewalt nicht zimperlich zu. Unter dem Strich ist Tormented Souls II ein würdiger Nachfolger und ein gutes Indie-Survival-Horror-Game (mit einigen Hakeligkeiten) geworden. Wer sich viele Innovationen im Vergleich zum ersten Teil erhofft, wird allerdings enttäuscht.

Als Survival-Horror-Fan solltet ihr auf jeden Fall einmal über eine Anschaffung nachdenken. Der Preis liegt für die Standard-Version auf Steam, im PlayStation– oder im XBox-Store bei ca. 30 Euro. Wer drauf steht, darf auch ein paar Euro drauflegen und bekommt dann eine „Deluxe Edition“ mit zwei Wechsel-Outfits für die Protagonistin.

Avatar-Foto

Über TheLastToKnow

Adventure-Fan aus dem Ruhrpott, groß (aber nicht erwachsen) geworden mit den SCUMM-Adventures in den 1990er Jahren. Spürt immer wieder kleine Indie-Perlen auf und zerrt sie ans Tageslicht.

Alle Beiträge anzeigen von TheLastToKnow

5 Comments on “Tormented Souls II”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert