Im klassischen Schachspiel treten weiße und schwarze Figuren gegeneinander an. Egal, welche Form die Figuren im Laufe der Jahrhunderte angenommen haben: Diese Einteilung blieb im Großen und Ganzen immer gleich. Fast zwingend logisch also, dass sich die dunkle und die helle Seite der Macht auch auf diesem Felde bekriegen – wenn auch in einer weit, weit entfernten Galaxis.
Episode Chess
Einen nach hinten aus dem Bild fliegenden Einführungstext bietet The Software Toolworks‘ Star Wars Chess zwar nicht, doch auf eine film-ähnlich präsentierte Hintergrundgeschichte zu Beginn des Spiels müssen die Spieler dennoch nicht verzichten. Weiß auf schwarz lesen wir da:
A long time ago in a galaxy far, far away…
It is a time of great competitionin the Galaxy. An uneasy state ofpeace has been established between the weakened forces of the Galactic Empire and the growing Rebel Alliance.
During this uncertain period of truce, the old adversaries settle their differences through the ancient, eternal game of CHESS. With their greatest heroes as champions, the Empire and the Rebels fight battles of the mind. It is a new kind of warfare. One that will decide the fate ofplanets, civilizations and the future…
Untermalt wird diese epische Story von den Klängen John Williams‚. Auch das Handbuch müht sich redlich, die richtige Stimmung zu verbreiten:

Und flugs geht es los. Das Spielfeld wird eingeblendet und die Figuren platziert. Sturmtruppler auf der dunklen Seite und R2D2 ersetzen die klassischen Bauern, während die anderen Figuren im weiteren Spielverlauf schwerer zuzuordnen sein werden. Dass C3PO der Läufer und Chebacca der Springer der hellen Seite sind, kann ich mir nur so lange gut merken, wie sie noch auf ihren angedachten Feldern stehen. Dass Luke als König und damit Leia als seine Dame fungieren, ist Geschmackssache. Han Solo hat sich damit nämlich komplett vom Brett verkrümelt beziehungsweise steht in Karbonit eingefroren neben dem Feld, Obi-Wan ist nur im Handbuch abgebildet. Ein Glück, dass dieses Spiel nicht in den Kanon eingebettet werden muss – denn zeitlich kommt da einiges durcheinander.

Doch grundsätzlich sehen die Figuren ganz hübsch gezeichnet aus. Schweift der Blick über das noch gut gefüllte Brett, fällt auf, dass der Blickwinkel sehr tief gewählt wurde. Gerade bei hintereinander stehenden Figuren ist das etwas schade, aber das Spiel hat dafür eine (theoretisch) gute Lösung parat, auf die ich gleich noch komme. Doch nun: Der erste Zug. Schnell stelle ich fest, dass bei jeder einzelnen Bewegung eine kurze Melodie abgespielt wird, die mal mehr mal weniger passend ist. Vor allem aber merke ich, dass die Animationsphasen zwar nett gezeichnet sind – das Programm aber einige Schwierigkeiten hat. Mal verschwindet die halbe Figur, mal steht sie am Rand des Felds herum, vor allem aber läuft das alles extrem zäh ab. Das mag beim Imperator angehen, der vor lauter Schlechtigkeit kaum laufen kann. Boba Fett habe ich mir allerdings immer um einiges agiler vorgestellt.

Star Wars Chess folgt dem Prinzip des 1988 erschienenen Titels Battle Chess: Treffen zwei Figuren aufeinander, so folgt ein choreographierter Kampf, bevor die geschlagene Figur vom Brett genommen wird. Eine Interaktion des Spielers ist hier nicht vorgesehen. Er kann also nicht mit guten Reflexen den Kampf zu seinen Gunsten entscheiden. Schach bleibt Schach. Die Kämpfe sind also im besten Falle eine freudige Abwechslung, im schlimmsten Falle nehmen sie extrem Tempo aus dem Spiel. Letzteres vor allem, weil für die Kampf-Animationen die störenden anderen Figuren eine nach dem anderen vom Spielfeld genommen wird. Dann läuft er Kampf ab und die Figuren tauchen wieder auf. Das mag anfangs noch nicht allzu sehr stören, doch irgendwann hat garantiert jeder Spieler all diese hübschen Effekte ausgestellt, wenn er einfach nur spielen wollte.

Wie bei Battle Chess eingeführt, bietet jede Figur bei jedem Gegnertypen unterschiedliche Animationen, mit denen er die andere Figur vom Brett fegt. Treffen sich zum Beispiel die beiden „Königinnen“ Leia und Vader, so wogt der Kampf hin und her: Leia schießt erst auf Vader, dieser machtwürgt sie im Gegenzug und die Prinzessin der Herzen kann mit den Herrn der Dunkelheit mit letzter Kraft erschießen, während sie „Take that“ ruft. Andere Kämpfe folgen häufig dem gleichen Prinzip. Sturmtruppler schießen historisch korrekt zigmal daneben, bevor sie von ihren Gegnern niedergestreckt werden und Ausweichmanöver oder Machtdemonstrationen gehören zum guten Ton. Das alles würde für schöne Unterhaltung auf dem Feld sorgen – wenn die Animationen und vor allem die Vorbereitung samt der ausblendenden Figuren nicht so unglaublich langsam ablaufen würden. Teilweise wirken die Kämpfe mehr wie ein langsam ablaufendes Daumenkino.

System Wars
Die Presse war sich einig wie nie. Das Spiel erreichte Durchschnittswertungen, die Star Wars erst mit den Film-Episoden 7-9 wieder erreichen würde. Die Besprechung von Rainer Rosshirt in der PC Games 9/94 kommt gleich ohne Wertung aus. Vermutlich, weil die Kategorie „Down the Drain“ für sich spricht. Weniger gnädig war Boris Schneider-Johne in der PC Player 1/94, der konstatierte:
Wo sind die Programmierer? Die kriegen gleich mein Laserschwert zu spüren! Mal abgesehen davon, dass Star Wars Chess noch nicht mal vernünftig Schach spielen kann…: Die Animationen sind lachhaft. Luke & Co. zeigen unfreiwillig den Michael-Jackson-Moonwalk, Figuren werden nicht richtig auf dem Brett zentriert oder laufen durch andere hindurch,… Der an sich löbliche Effekt, dass alle Figuren ausgeblendet werden, welche die Kampf-Animationen verdecken würden, geht durch einen Programm-Bug leider flöten.
PC Player 1/94 (22 Prozent)

Neben der DOS- und Windows-Versionen aus dem Jahre 1993 erschien 1994 auch eine Fassung speziell für SEGA CD. Eine Ausnahme im sonst von Modul-Umsetzungen geprägten Portfolio dieser Konsolen-Erweiterung. Doch auch hier kannten die Tester keine Gnade. Martin Gaksch begründete seine 34 Prozentpunkte in der Maniac! 1/95 folgendermaßen:
Die CD ist fast schon eine Beleidigung der Heldentruppe, die als willenlose Schachfiguren dumm rumstehen… Ambitionierte Schachspieler stören sich am zähen Ablauf, an der lieblosen sowie unübersichtlichen Spielbrett-Optik und an der laschen Computer-Intelligenz.

Natürlich war diese Versoftung nicht die einzige seltsame Schach-Variante, die es im weiten Spiele-Kosmos gibt. Bei Gelegenheit werde ich gerne ein weiteres obskures Spiel vorstellen. I’ll be back.

Als ich den Titel las, dachte ich, es geht um das Schachspiel was in „Eine neue Hoffnung“ von Er-Zwei-De-Zwei gegen Chewbacca im Millenium Falcon gespielt wurde, aber dann sah ich daß es „nur“ das schnöde Schach mit den Figuren aus Star-Wars ist und ein bisschen was Battle-Chessiges an sich hat. Und Battle-Chess habe ich eben wegen der Kampfanimationen geliebt. Waren immer hübsch anzuschauen und hatten lustige Anspielungen auf Monthy Python…
Aber diese Schachvariante kannte ich bie heute nicht.
Ich hatte ursprünglich alte Erinnerungen auffrischen wollen und nach der Star-Wars-Monopoly-Variante gesucht. Dabei habe ich das hier gefunden. Battle Chess fand ich damals irre beeindruckend, habe aber nach ein paar Runden dann doch das schnöde 2D-Brett eingestellt. Auf Dauer sind all diese Varianten – wie auch die 500 Monopoly-Sachen (an Fußball kann ich mich jedenfalls noch erinnern) – einfach zu langsam.
Anmerkung 1:
„Das Spiel hat dafür eine (theoretisch) gute Lösung parat, auf die ich gleich noch komme.“ … was ist denn nun die gute Lösung für die tiefe Kameraposition?
Anmerkung 2:
R2D2, was soll das denn für eine Eröffnung sein? R2 auf D4 würde gehen!
Anmerkung 3:
König Luke und Leia als Königin? Das ist Inzest! Solo ist doch der King und Skywalker hat den Läufer doch schon im Namen… nein, nein, nein, da passt gar nichts.
Moin Meister,
Zu 1: Die Ausblenderei sorgt immer mal wieder für eine bessere Übersicht, dauert aber viel zu lange. Wenn wenigstens alle „störenden“ Figuren gleichzeitig ausgeblendet würden, aber nein…
Zu 2: Und was soll der arme C3PO dann machen?
Zu 3: Das ist neben der Königin Vader für mich auch der seltsamste Punkt. Und dass sie den kleinen Yoda als großen Turm inszenieren. Und den lahmen C3PO als Läufer übers Brett schicken wollen.
Schnattert C3PO seinen Gegner, den er schlagen soll wenigstens auf dem Weg dorthin tot?
Chewbecca währe der beste Turm auf Seiten der Allianz
Das Spiel scheint eine gute Kombination aus zwei Bereichen zu sein, die ich heutzutage so gut es geht vermeide: Schach und Star Wars. Also ein doppeltes Nein von mir.