The Protagonish

Vier Minuten. So lange dauerte mein erster Durchgang in The Protagonish. Vier Minuten. So sehr ich dies auf meine überragenden Fähigkeiten in Adventures zurückführen möchte, so wenig konnte ich tatsächlich für meine Geschwindigkeit. Denn dieses Erstlings-Werk des Studios College Fun Games will vieles sein, nur kein langes Spiel.

Ich düse im Sauseschritt

Ich war ehrlich verblüfft über das schnelle Ende des Spiels und habe noch einige Zeit damit zugebracht, weitere Verzweigungen innerhalb der Geschichte zu suchen. Immerhin konnte ich bereits beim zweiten Durchgang feststellen, dass es noch einen weiteren Schauplatz gibt, der mir entgangen war. Das macht insgesamt vier. Und nun habe ich Schwierigkeiten, die Geschichte des Titels aufzuschreiben, ohne sie direkt komplett zu verraten. Also fasse ich nur die Ausgangssituation zusammen:

Ihr steuert die Bewohner eines abgelegenen Dorfes, das von einem Abenteurer heimgesucht wird. Dieser hochnäsig-selbstbewusste Kerl ist auf der Suche nach seiner nächsten Queste und verfolgt stur sein Ziel. Ihr könnt ihm nun hilfsbereit Auskunft und Ausrüstung geben oder ihm per Dialog-Optionen möglichst viele Steine in den Weg legen oder ihn gar vom diesem Wege abbringen. Doch selbst mit allen ausgeschöpften Möglichkeiten ist ein Durchgang nach zehn Minuten beendet und die Credits laufen durch. Aufgrund der begrenzten Schauplätze ist der Wiederspielwert allerdings begrenzt, denn viele Entscheidungen münden in die gleichen Enden.

Dass ich dennoch immer wieder ein bis zwei Durchgänge gestartet habe, liegt vor allem an den hervorragenden Sprechern. Tasha Mott hat einen wunderbar schnodderigen Tonfall drauf, während sich Asher Learmonths Stimme in Selbstvertrauen suhlt. Natürlich ist ein kleines Projekt wie The Protagonish auch nur auf Englisch erhältlich. Das Menü lässt zwar noch viel Platz für weitere Übersetzungs-Flaggen, doch das dürfte nicht auf Platz eins der Studio-Agenda stehen. Eine deutsche Version ist laut Entwickler aber schon in der Mache und ist für Ende 2024 eingeplant.

Der Entwickler spricht

Die handgezeichneten Grafiken und die musikalische Untermalung unterstreichen den hochwertigen Gesamteindruck. Bleibt die Frage: Warum ist The Protagonish so kurz? Nun, laut Studio-Webseite ist es als kleine Fingerübung für das neu zusammen gesetzte Team gedacht. Das devlog der Seite ist gut gefüllt und Daniel Turner gibt dort Einblicke in die Entwicklung des kleinen Adventure-Happens sowie die weiteren Studio-Ziele:

Die Idee ist, zunächst ein kleineres Testspiel zu entwickeln, um wertvolle Erkenntnisse über die Zusammenarbeit, die Beauftragung und Rekrutierung von Künstlern, Sprechern, Autoren, Entwicklern sowie im Bereich Marketing und Werbung zu gewinnen. Zudem möchten wir Erfahrungen in den Bereichen Spieltests, Fehlerbehebung, Markteinführung und Verkauf sammeln. All diese Aspekte sind entscheidend für einen Indie-Entwickler, um in einem wettbewerbsintensiven und für uns spezifischen Nischenmarkt erfolgreich zu sein.

The Protagonish ist eine Art Experiment: ein kostengünstiges, aber qualitativ hochwertiges Spiel mit einer Spielzeit von etwa 20 Minuten. Dies liegt zum Teil daran, dass die Entwicklung eines Spiels kostspielig ist, aber auch daran, dass ich es befriedigend finde, eine Geschichte (zumindest mit einem Ende) in einem einzigen Durchgang abzuschließen. Es ist eine Möglichkeit für all jene, die nicht jeden Abend drei Stunden für ein Spiel abzwacken können. Gleichzeitig eröffnet es die Möglichkeit für mehr episodische Spiele in diesem Genre – erinnern Sie sich an Telltale? – bei denen ein neues Kapitel eher einer großartigen Episode von „Bobs Burgers“ ähnelt als einem dreistündigen Film in einer Serie. Wer hat schon die Zeit dafür?!

Was bleibt, ist also ein netter kleiner Zeitvertreib. Der ist gut gemacht und sehr gut präsentiert, doch ob ihr eure Zeit nicht stattdessen doch in eine längere Geschichte stecken möchtet, ist euch unbenommen. Nach diesem Happen namens The Protagonish freue ich mich jedenfalls schon sehr auf das erste größere Spiel von College Fun Games. Mehr als diese beiden Zeilen gibt es allerdings noch nicht auf der Webseite zu entdecken. Es bleibt spannend.

College Fun Games will return in 2026

Vive la revólution…

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Über Jürgen

Geschichts- und Musik-Liebhaber mit einer Schwäche für viel zu lange Computerspiele. Der Werdegang CPC - Pause - PC und Konsolen sorgt dafür, dass ich noch so viele schöne alten Perlen entdecken darf.

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8 Comments on “The Protagonish”

  1. Ähm… es gibt sogar eine Demo. Die hat mich ungefähr zwei Minuten beschäftigt. Wollen die uns verkohlen? 🙂
    Ich fand es ganz witzig, und jetzt interessiert es mich ja schon, wie es ausgeht. Weißt Du was der (extrem kurze) Spaß denn kosten soll?

  2. Hui, die ersten 2 Sätze des Teasers haben direkt ein großes Interesse geweckt. Das wurde durch Text, voice actors und die Musik (!) noch größe. Gibt ja sogar eine Demo. Der Preis würde mich auch interessieren.

    Ich hoffe, das Spiel geht nicht in die Französische Revolution (weg vom Englisch) sondern widmet sich Cromwell. Das wäre ein sehr unverbrauchtes Setting.

    Ein learning ist hoffentlich der Name. Google findet das Spiel nicht. Man muss erst bestätigen, dass man wirklich nach Protagonish und micht Protagonist sucht.

  3. Nachdem Du es mir letzten Samstag beim Pizza-Essen die Story und das Spiel erzählt hattest, dachte ich mir, ich werf mal doch einen Blick auf deinem Artikel und ja es macht dennoch spaß auf mehr und es selber auszuprobieren.

    Ein kurzer aber schöner Artikel Jürgen 😀

    Der Artstil gefällt mir hier sehr 🙂

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