The Precinct ist das zweite Sandbox-Action-Spiel des Indie-Studios Fallen Tree Games nach American Fugitive. Ob es das Studio dieses Mal schafft, Fans des klassischen GTA-Gameplays abzuholen klärt der Test.

Titel: | The Precinct |
Erscheinungsdatum: | 13.05.2025 |
Plattformen: | Windows, PS5, Xbox Series |
Entwickler / Herausgeber: | Fallen Tree Games / Kwalee |
Homepage: | https://fallentreegames.com/ |
Manchmal braucht es ein wenig Glück, um einen Hit zu landen. So geschehen mit The Precinct vom britischen Indie-Studio Fallen Tree Games. Das wurde 2009 von Lewis Boadle und Joe Moulding gegründet. Letzterer hatte in den Jahren zuvor seine Sporen als Programmierer bei den Timesplitters-Spielen sowie als Producer bei der Crysis-Trilogie verdient. In den ersten Jahren von Fallen Tree Games hat man sich mit der von mir geliebten Quell-Reihe jedoch erstmal auf den Mobile-Markt konzentriert. 2019 folgte dann mit American Fugitive der erste Aufschlag im Genre der Open-World-Action-Spiele – mit durchwachsenem Feedback. Es gibt einige, die es mögen, ich selbst fand es damals nach kurzer Zeit eher langweilig. Dennoch war ich gespannt auf The Precinct, denn aus Fehlern lässt sich ja auch lernen. Und so viel kann ich schon mal sagen: Es gefällt mir wesentlich besser als der Vorgänger. Ob die Mischung aus Polizeisimulation und klassischer 2D-GTA-Action auch ganz generell empfehlenswert ist? Da bin ich unentschlossen.
Wirklich ein klassischer 2D-GTA-Klon?
In der Berichterstattung sowie im Marketing des Publishers wird The Precinct mit den frühen GTA-Spielen aus den 90ern verglichen. Zum Teil stimmt das zwar, jedoch weckt dieser Vergleich auch Erwartungen, die The Precinct weder erfüllen kann noch will. Ihr schlüpft in die Rolle des jungen Polizisten Nick Cordell, dessen Vater bis vor wenigen Jahren als Polizeipräsident auf der Wache der fiktiven Stadt Averno City gearbeitet hat, bevor er unter mysteriösen Umständen ums Leben kam. In dieser Wache fängt nun auch sein Sohn an. Das Handlungsmotiv, wie sein Vater ums Leben kam, bleibt zwar immer im Hintergrund, jedoch entwickelt sich die simple Geschichte eher langsam. Denn im Vordergrund steht die Polizeiarbeit.


Rechts: Die Schussgefechte gehören nicht zu den Highlights, stören aber auch nicht weiter.

Averno City ist eine Stadt im Jahr 1983, in der die beiden Gangs Blutrote Schlange und Jawhead das Verbrechen prägen. Der Gameplay-Loop besteht im Endeffekt darin, jeden Tag auf Streife zu gehen – zu Fuß, per Auto und später auch per Hubschrauber. Im Streifeneinsatz sind die kleinen Missionen zufallsbasiert: Mal gilt es, einen Drogenhandel oder einen Einbruch zu verhindern, mal sollt ihr Schießereien von Gangmitgliedern beenden; ihr könnt aber auch einfach nur Jagd auf Falschparker oder Geschwindigkeitssünder machen. Kleinere Vergehen wie Sachbeschädigung werden mit einem Bußgeld geahndet, schwerere Verbrechen oder Widerstand gegenüber der Polizei rechtfertigen eine Festnahme. Nachdem ihr die Verbrecher und Verdächtigen gefasst habt, ist das Vorgehen immer gleich: Ausweis prüfen, nach illegalen Gegenständen durchsuchen und schließlich die Verbrechen feststellen. Überführte Straftäter könnt ihr dann selbst zum Revier bringen oder einen Kollegen kommen lassen, der sie abführt.
Für überführte Verbrecher gibt es Erfahrungspunkte, die euch im Rang aufsteigen lassen. Höhere Ränge schalten weitere Ermittlungsbezirke, bessere Waffen und Autos frei. Zudem könnt ihr aus einem kleinen Menü neue Fähigkeiten lernen – wie das Aufstellen von Straßensperren bei Verfolgungsjagden oder ganz klassisch mehr Lebensenergie oder Munition. Überführte Gangmitglieder liefern außerdem Beweise für die Aservatenkammer. Habt ihr eine bestimmte Anzahl gesammelt, werden Missionen gegen die Bosse der Gangs freigeschaltet.



Spaßiges Fundament, aber etwas fehlt…
Das alles mag furchtbar dröge klingen, ist jedoch spaßig inszeniert. Bei Verfolgungsjagden kann schnell reines Chaos ausbrechen, und auch die Verfolgungsjagden zu Fuß machen mir durchaus Spaß. Die Schießereien sind meiner Ansicht nach okay, aber definitiv nicht das Highlight des Spiels. Neben dem Streifendienst habt ihr auch die Möglichkeit, an illegalen Straßenrennen teilzunehmen, und in der kleinen, aber sehr schick gestalteten Open World könnt ihr Sammelgegenstände finden, die hinter kleinen Rätseln versteckt sind.
Das große Highlight ist für mich die audiovisuelle Umsetzung. Der Synthwave-Soundtrack von Gavin Harrison passt hervorragend zum 80er-Jahre-Setting, und auch die Stadt selbst ist richtig schön designt – leider sieht man davon nicht so viel im Gameplay, da ihr häufig mit Verfolgungsjagden beschäftigt seid. Nehmt euch gerne mal die Zeit, bewusster durch die Spielwelt zu laufen.

Ab und zu gibt es gescriptete Events, etwa wenn euch die beiden Detectives der Polizeistation zur Unterstützung bei Morduntersuchungen rufen – und natürlich bei den Missionen, um die Bosse der Gangs dingfest zu machen – und hier zeigt The Precinct, was möglich gewesen wäre, hätten die Entwickler mehr Fokus darauf gelegt. Diese Missionen sind mir jedoch etwas zu rar, und die Entwickler haben sich meiner Meinung nach zu sehr auf den täglichen Streifendienst mit seinem zufallsbasierten Ansatz verlassen. Etwas mehr Geschichte, etwas mehr abwechslungsreiche gescriptete Missionen hätten dem Spiel sehr gutgetan.
Fazit
Ich tue mich wirklich schwer, The Precinct zu bewerten. Einerseits stimmt für mich das Gameplay – insbesondere die Verfolgungsjagden machen großen Spaß! Die audiovisuelle Präsentation ist stilsicher, und durch das Progressionssystem gibt es immer wieder neue Dinge zu entdecken. Andererseits werden mir die zufallsgenerierten Missionen schnell zu eintönig, und das Fehlen einer packenden, dicht erzählten Geschichte wiegt für mich zu schwer.
Offensichtlich scheint dieser Ansatz ja vielen Menschen zu gefallen, wenn ich mir anschaue, welche Liebe das Spiel gerade von Spielern bekommt. Mir bietet The Precinct jedoch etwas zu wenig Story, und so kann ich höchstens eine Sale-Empfehlung aussprechen: Solltet ihr das Spiel mal für 10–15 Euro sehen, könnt ihr zuschlagen. Die derzeit aufgerufenen 30 Euro sind mir jedoch etwas zu viel für das Gebotene.
Danke für den Einblick. Das klingt für mich überzeugender als GTA, weil ich hier die eher „Guten“ spielen kann. Gibt es denn neben dem täglichen Streifendienst und damit einher den irgendwann freigeschalteten Missionen gegen die Bosse auch einen roten Faden? Hängen die kleineren Delikte teilweise zusammen?
Nö, nen roten Faden gibt es nicht unbedingt, was es leider nicht wirklich motivierend macht. Also bis auf die Prämisse dass es meist dieselben Gangs sind.