The Phantom Fellows

Wenn euer bester Freund ein Geist ist, warum nicht daraus ein Geschäft machen und eine paranormales Detektiv-Büro eröffnen? Gesagt, getan!

Als vor einigen Jahren die Demoversion von The Phantom Fellows erschien, zauberte sie mit ihrem unbeschwerten Humor und der interessanten Prämisse vielen Adventure-Fans ein Lächeln aufs Gesicht. Völlig zurecht gewann sie den AGS-Award 2021 für “Best Demo”. Wir verraten euch, ob das fertige Spiel die durch den Vorab-Einblick erzeugten Erwartungen erfüllen kann.

Freunde fürs Leben (und im Tod)

Bereits seit 2018 unterhalten sich Paul Korman und Anna Vigue im Podcast The Classic Gamers Guild regelmäßig über ihr liebstes Hobby: Point-and-Click-Adventures. Vor etwa vier Jahren begann Korman, an seinem eigenen Adventure zu arbeiten. Sein Ein-Mann-Studio benannte er nach seinem Sohn Strummer, sein Spiel nach der paranormalen Detektei der beiden Hauptfiguren. Was dabei heraus gekommen ist, lässt sich vielleicht am besten als verrückter kleiner Bruder der Blackwell-Reihe von Wadjet Eye Games, gepaart mit einem ähnlich grobpixeligen Look wie bei Darkside Detective von Spooky Doorway, beschreiben. Und das im besten Sinne.

In The Phantom Fellows lösen die beiden besten Freunde Oliver Cobblestone und Englebert Picklebender übernatürliche Fälle. Dabei hilft ihnen der Umstand, dass Englebert schon lange tot ist und seitdem als Geist sein Dasein fristet, und nur Oliver ihn sehen kann. Ähnlich wie Rosella Blackwell und Joey Malone sorgt das Duo dafür, dass die Geister den Ort verlassen, an dem sie herumspuken – und lassen sich dafür von ihren heimgesuchten Auftraggebern bezahlen. Zumindest ist das der Plan, denn nicht selten gehen Oliver und Englebert dabei leer aus.

Geistreicher Angriff auf die Lachmuskeln

Die Geschichte, die euch in The Phantom Fellows erzählt wird, ist in sieben Kapitel aufgeteilt, die jeweils im Spiel einen Tag und somit einen Fall abdecken. Meist beginnt der Tag damit, dass Oliver in seiner Wohnung aufwacht, einen Anruf erhält und dann zusammen mit Englebert zu seinem nächsten Auftrag fährt. Gleich zu Beginn fällt die liebevolle Art auf, mit der die beiden sich aufziehen. Dadurch entsteht eine tolle Dynamik, die sich durch das ganze Spiel zieht, und die dafür sorgt, dass euch der einfältige Oliver und der clevere Englebert ans Herz wachsen werden.

Überhaupt sind die Texte äußerst charmant geschrieben, und die Kommentare sowie die teils absurden Situationen, die das Spiel erschafft, haben mich nicht nur einmal lauthals lachen lassen. Es werden aber auch ernstere Töne angeschlagen, etwa bei den Schicksalen mancher Geister oder im dramatischen Finale. Es bleibt dabei übrigens bei Texten, eine Sprachausgabe ist, genau wie eine deutsche Übersetzung, nicht enthalten.

Für Liebhaber von groben Pixeln

Der Blick auf die Screenshots hat es euch längst verraten: The Phantom Fellows ist ein Spiel der groben Pixel und ähnelt dem Stil von The Darkside Detective. Im Gegensatz zu McQueen und Dooley, die automatisch an festen Stellen in den Kulissen platziert werden, dürfen sich Oliver und Englebert aber frei durch die Hintergründe bewegen. Da ihr ab dem zweiten Kapitel auch den Geist steuern dürft, könnt ihr sogar an entlegene Stellen schweben, um dort Rätsel zu lösen. Neben den Grafiken hat Kormann auch den Großteil der Musik geschrieben und eingespielt, was ihm auch gut gelungen ist. Nur an manchen Stellen fand ich sie zu aufdringlich, was sich aber leicht mit dem Lautstärkeregler lösen lässt. Die Soundeffekte sind etwas rar gesät, hier hätte es gerne ein wenig mehr sein dürfen.

Ihr könnt die Abenteuer der Phantomfreunde mit der Maus oder der Tastatur steuern. Es werden euch viele Optionen geboten: Ihr möchtet es wie ein klassisches Sierra-Adventure spielen, in dem ihr die Befehle mit der rechten Maustaste durchklickt oder am oberen Bildschirmrand auswählt? Kein Problem. Oder ihr entscheidet euch dafür, die Protagonisten mit der Tastatur zu steuern und mit Tastatur-Shortcuts zum Handeln zu bewegen. Oder eine Mischung aus beidem. Ich habe The Phantom Fellows auch auf dem Steam Deck getestet. Grundsätzlich hat dies funktioniert, aber es gibt Stellen, an denen eine Tastatur-Eingabe Pflicht ist. Leider hat die Bildschirmtastatur des Steam Decks bei mir den Dienst verweigert, so dass ich derzeit davon abraten würde, es darauf zu spielen. Vor allem auch, weil es noch keine Cloud-Spielstände gibt.

Herzblut an allen Ecken und Enden

Die Fälle sind witzig, spannend und laden euch zum Grübeln und Ausprobieren ein. Es gibt viel zu Entdecken, optionale und lustige Dinge findet ihr fast überall. Dies schlägt sich übrigens auch in satten 100 Steam-Achievements nieder. Die Idee, dass ihr die Orte von bereits abgeschlossenen Fällen auch an späteren Tagen noch besuchen könnt, führt zu witzigen Situationen und trägt manchmal auch zum Weiterkommen bei. Nach und nach werden weitere Spielmechaniken freigeschaltet. Im ersten Fall steuert ihr beispielsweise nur Oliver, ab dem zweiten Fall dann auch Englebert. Später führt ihr Befragungen durch und kombiniert Hinweise, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Je nachdem, wie ihr euch anstellt, können die Fälle auch unterschiedlich ausgehen.

Im Tutorial sagt euch das Spiel, dass alles ein Hotspot sei. Und das meint es auch ernst, ihr könnt nahezu alles auf dem Bildschirm ansehen und/oder benutzen, und sei es nur, um Olivers Kommentar dazu zu hören. Eine Hotspot-Anzeige ist dementsprechend unnötig. Dafür gibt es mit Englebert ein eingebautes Hilfe-System, das auch wirklich gut funktioniert. Oliver kann seinen Geister-Freund jederzeit fragen, wie es weitergehen soll und bekommt dann in mehreren Stufen hilfreiche Hinweise, bis hin zur Rätsel-Lösung.

Es ist alles mit soviel Liebe gemacht und es stecken soviel Details darin, dass es eine wahre Freude ist.

Fazit

The Phantom Fellows lässt mich im wahrsten Sinne des Wortes begeistert zurück. Für mich ist das Debüt von Strummer Games ein echtes Wohlfühl-Spiel. Selten musste ich in einem Adventure so viel lachen wie hier, selten wollte ich soviel Zeit in einer Spielwelt verbringen. Da freue ich mich besonders, dass nach dem (Cliffhanger-)Ende bereits eine Fortsetzung versprochen wird. Ja, es ist nicht alles perfekt. Die Grafik ist sehr grob, ihr müsst viel Text lesen und eine deutsche Übersetzung gibt es auch nicht. Aber der unverwechselbare Charme des Spiels lässt mich das alles vergessen.

In einem Interview sagte Paul Korman, dass das Spiel nicht jedermanns Geschmack sein wird. Aber ich kann euch versichern: Es ist genau mein Geschmack!

Ihr findet The Phantom Fellows auf Steam, GOG, itch.io und Fireflower Games für weniger als 15 Euro!

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Über TheLastToKnow

Adventure-Fan aus dem Ruhrpott, groß (aber nicht erwachsen) geworden mit den SCUMM-Adventures in den 1990er Jahren. Spürt immer wieder kleine Indie-Perlen auf und zerrt sie ans Tageslicht.

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2 Comments on “The Phantom Fellows”

  1. Ich hatte mir das schon zugelegt, weil mir die Demo und der Grafikstil so gut gefallen haben.
    Klingt vielversprechend, schöner Test, danke Dir

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