The Adventures of The Black Hawk

Der Beitrag „Spiele-Check: The Adventures of the Black Hawk – Point-and-Click-Nostalgie“ erschien zuerst am 07.03.2024 auf GamersGlobal als User-Inhalt unter Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 3.0 DE DEED.

Habt ihr an den Anfang der 1990er Jahre möglicherweise ähnliche Erinnerungen wie der Autor dieses Spiele-Checks? Dann kennt ihr das Gefühl, von der Schule nach Hause zu kommen und eure The Secret of Monkey Island-Disketten in euren Amiga zu legen, die (in manchen Fällen selbstgebastelte) Kopierschutz-Scheibe hervorzukramen und euch in das Abenteuer fallen zu lassen. Oder ihr habt gerade einen 386er mit Festplatte bekommen und seid hin- und weg von Indiana Jones and the Fate of Atlantis mit seinen scheinbar unendlichen Möglichkeiten. Da es das Internet, wie wir es heute kennen, noch nicht gibt, und ihr euch daher nicht bei jedem Stillstand eine Lösung laden könnt, grabt ihr euch tief in das Spiel ein und überwindet nach und nach jedes Hindernis, und wenn es Wochen dauert. Die Diskussionen auf dem Schulhof, wenn einer der Adventure-begeisterten Mitschüler wieder ein knackiges Rätsel gelöst hat, gehören natürlich ebenfalls mit dazu.

Dieses Gefühl möchten euch die spanischen Croqueta Asesina Studios mit ihrem Erstlingswerk The Adventures of the Black Hawk zurückbringen. Ich habe mich auf den Nostalgie-Trip begeben und mich bis zum Ende durchgekämpft. Meine Eindrücke schildere ich euch in diesem Check.

Mein Name ist Jean Pierre de Saint-Cove und ich möchte Black Hawk werden!

Die Geschichte spielt zur Zeit der französischen Revolution in Dijon, genauer gesagt im Frühling 1789. Der namensgebende Protagonist führt, wie so mancher Super- oder Volksheld, ein Doppelleben. Neben seinem langweiligen Aristokraten-Dasein als Jean Pierre de Saint-Cove schlüpft er in die Rolle des eine schwarze Maske tragenden Black Hawk, der gewillt ist, die Revolution mit allen Mitteln zu unterstützen. Eine der (nicht nur optischen) Inspirationen für diese Figur ist unter anderem Zorro, der „Rächer der Armen“. Eure Gegenspieler sind dementsprechend die alte Regierung mitsamt dem Adel und dem Polizeichef, der euch auf den Fersen ist. 

Ihr steht zum Glück nicht alleine da. Zu Beginn habt ihr bereits euren loyalen Freund Mathieu an eurer Seite, später trefft ihr auch weitere Personen, die eure Sache unterstützen. Unter anderem auch die Dame Violette Hulot, die im späteren Spielverlauf sogar zur Spielfigur avanciert. Insgesamt gibt es drei Akte, deren Handlung nicht besonders überraschend abläuft, aber zumindest ein befriedigendes Ende bietet, das sich allerdings eine kleine Hintertür für eine Fortsetzung offen lässt.

Mein Name ist Black Hawk und ich möchte ein LucasArts-Adventure werden!

Die offensichtlichste Inspirationsquelle für dieses Point-and-Click-Adventure wurde bereits in der Einleitung genannt. Offenbar standen die LucasArts-Adventures aus der Zeit von Monkey Island und Indiana Jones Pate, wie ihr auch den Screenshots entnehmen könnt. Sowohl die nostalgischen Pixelhintergründe und -figuren als auch der an die Vorbilder angelehnte Soundtrack und das klassische 9-Verben-SCUMM-Interface im unteren Drittel des Bildschirms lassen da keinen Zweifel aufkommen.

Manche Hintergründe sind wahre Pixelkunstwerke geworden, was auch daran liegt, dass begnadete Pixelkünstler, die zuvor zum Beispiel an Fan-Adventures wie dem (leider eingestellten) Indiana Jones and The Fountain of Youth mitwirkten, hier ihre Finger mit ihm Spiel hatten. Die Nahaufnahmen der Personen, mit denen ihr euch im klassischen Multiple-Choice-Verfahren unterhalten könnt, kamen mir häufig allerdings etwas weniger gelungen vor. Die Titelmelodie zum Auftakt und das musikalische Hauptthema lehnen sich dagegen gekonnt an die Genialität der Vorbilder wie LucasArts‘ Haus-und-Hof-Komponist Michael Land an. 

Technisch gibt es nicht viel zu beanstanden, wenn man bedenkt, dass das Spiel mit der Idee, direkt aus dem Jahr 1991 oder 1992 zu stammen, erstellt wurde. Die Entwickler haben daher bewusst Komfortfunktionen weggelassen, die ich beim Spielen allerdings vermisst habe. So gibt es etwa keinen Doppelklick zum schneller Laufen oder „Beamen“ und auch keine Hotspotanzeige oder Autosaves. Die Entscheidung, bei jedem Spielstart eine Kopierschutzabfrage beantworten zu müssen (die ihr dem enthaltenen PDF-Handbuch entnehmen könnt), halte ich ebenfalls für gewagt.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Damit sind wir schon mitten in den Punkten, die mir persönlich negativ aufgefallen sind. Neben den fehlenden Komfortfunktionen gefiel es mir ganz und gar nicht, an einigen Stellen regelrechtes Pixelhunting durchführen zu müssen. Manche Objekte sind so winzig, dass ich euch sogar davor abraten muss, mit dem Steamdeck zu spielen, da ihr auf dem kleinen Display noch größere Probleme haben werdet. Zudem hat das Spiel auch (wenige) Kämpfe, die ihr per Tastatur bestehen müsst – viel Spaß, wenn ihr dazu die Bildschirmtastatur des Steamdecks verwenden müsst. (Nachtrag: Das Steamdeck wird offiziell laut Steamseite nicht unterstützt. Vermutlich genau deswegen.)

Zudem gibt es ein paar Stellen, an denen ihr sterben könnt. Sierra lässt grüßen. Leider bedeutet dies auch, dass ihr unter Umständen viel Spielzeit verliert, wenn ihr nicht rechtzeitig vorher abgespeichert habt. Für mich persönlich ist dies eine Design-Fehlentscheidung, Nostalgie hin oder her.

Da ich leider des Spanischen nicht mächtig bin, also der Originalsprache, in der das Spiel erstellt wurde, habe ich die englische Übersetzung (wohl gemerkt, ohne Sprachausgabe!) gewählt. Eine deutsche Version befindet sich wohl derzeit in Vorbereitung. Leider hatte ich das Gefühl, dass die englischen Texte durchgehend etwas gestelzt klingen. Dafür, dass es auch recht viel zu lesen gibt, fand ich die Texte auch nicht gut genug geschrieben. An den Wortwitz von Monkey Island-Schöpfer Ron Gilbert kommt das Spiel zu keinem Zeitpunkt ran. So habe ich mich dabei ertappt, manche Gespräche schnell durchzuklicken, was für das Verständnis der Geschichte natürlich tödlich sein kann. Insgesamt fand ich die Geschichte aber auch nicht so spannend, dass ich sie unbedingt in allen Facetten erfassen musste.

Fazit

Die Nachahmung des LucasArts-Stils und der damit verbundene Nostalgie-Trip ist The Adventures of the Black Hawk wirklich gelungen. Trotzdem vermisse ich Komfortfunktionen wie eine Hotspot-Anzeige, vor allem bei den vielen vorkommenden Pixelhunting-Stellen. Die Geschichte und die englischen Texte sind etwas zäh und der Humor kommt auch nicht so toll rüber, wie man es von den Vorbildern aus dem Haus LucasArts kennt. Dennoch habe ich nicht bereut, etwa 10 bis 12 Stunden Nostalgie erlebt zu haben und warte gespannt auf das nächste Werk von Croqueta Asesina. Wenn ihr auch zu den SCUMM-Haudegen gehört, kann ein Blick nicht schaden. Wenn ihr ein modernes Adventure sucht, das euch zeitgemäß ein wenig an die Hand nimmt, solltet ihr hier einen großen Bogen herum machen.

  • Point-and-Click-Adventure für PC
  • Einzelspieler
  • Für Fortgeschrittene bis Experten
  • Preis: 12,79 Euro auf Steam
  • In einem Satz: The Adventures of the Black Hawk ist ein herausfordernder Adventure-Nostalgie-Trip pur, mit all seinen Vor- und Nachteilen.
Der offizielle Trailer zu The Adventures of The Black Hawk
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Über TheLastToKnow

Adventure-Fan aus dem Ruhrpott, groß (aber nicht erwachsen) geworden mit den SCUMM-Adventures in den 1990er Jahren. Spürt immer wieder kleine Indie-Perlen auf und zerrt sie ans Tageslicht.

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