Tavern Manager Simulator

Simulationsspiele stehen bei mir immer hoch im Kurs. Von Die Sims 1 – 4 über Planet Zoo, Rollercoaster Tycoon oder Cities Skylines I + II sauge ich (fast) alles auf, was mir dahingehend die Quere kommt. Damit sollte ich die richtige Person für diese Spiele-Besprechung sein

Der Tavern Manager Simulator des Spiele-Entwicklers One More Time Studios ist im August 2024 auf PC erschienen und lockte mich mit den durchaus guten Rezensionen bzw. Empfehlungen in der Steam-Community.

Aller Anfang ist schwer

Der Name deutet es bereits an: Im Tavern Manager Simulator seid ihr Inhaber einer zu Beginn heruntergekommenen Taverne. Eure Aufgabe ist es, sie wiederaufzubauen, aufzuhübschen und zu einem rentablen Unternehmen weiterzuentwickeln.

Aus der Ego-Perspektive und völlig körperlos – nicht mal ein eigenes Spiegelbild gönnt man euch – geht ihr zunächst auf Erkundungstour durch eure neue Wirkungsstätte und müsst beispielsweise die Fenster von Holzbrettern befreien, mit denen diese zugenagelt sind. Schon hier fällt die etwas seltsame Übersetzung auf: Durch die Option „Reinigen / Säubern“ könnt ihr besagte Bretter entfernen. Natürlich müsst ihr dafür jedes einzelne der vier Bretter an JEDEM Fenster separat anklicken, damit diese durch die „Reinigung“ verschwinden und endlich Sonnenlicht in die ungemütliche Spelunke dringen kann. Die in den Ecken herumliegenden Müllberge müsst ihr nun mit Tüchern (die ihr vorher erst finden müsst) zudecken, damit diese den neuen Gästen nicht direkt unangenehm ins Auge springen. Warum man diese unschönen Ecken nicht direkt komplett entfernen, sondern nur zudecken kann, bleibt ein Rätsel. Außerdem lernt ihr, mit dem Besen umzugehen und Dreck wegzuwischen. Nicht ganz unwichtig, wie sich im weiteren Verlauf des Spiels herausstellen wird.

In diesem Tutorial werdet ihr also durch die Taverne geführt. Ihr besucht den Lagerraum, die Küche und euer privates „Gemach“. Hier stehen euch Dinge wie ein Bett und ein Schrank, aber auch ein Safe, über den ihr euch Geld bei zwielichtigen Fantasy-Kreaturen leihen könnt, zur Verfügung. Außerdem habt ihr hier die Möglichkeit, Ressourcen, Möbel und Deko zu bestellen und die Taverne aufzuleveln. Vorausgesetzt natürlich, ihr besitzt das nötige Kleingeld dazu.

Zu Beginn – wie soll es auch anders sein – sind eure Möglichkeiten noch ziemlich eingeschränkt: Lediglich frisch gezapftes Bier könnt ihr den Gästen anbieten. Apropos Gäste: Damit diese überhaupt eure Taverne finden und eintreten können, müsst ihr das Tavernen-Schild, das ihr immerhin ein wenig selbst gestalten könnt, durch einen Mechanismus drehen, so dass die Taverne „geöffnet“ ist. Wollt ihr Feierabend machen und diese wieder schließen, lauft ihr also wieder aus der Taverne heraus zu dem Schild und dreht es auf „geschlossen“. So geht es tagein, tagaus und bereits am dritten Spieltag war ich mehr als genervt davon. Diese Spielmechanik hatte für mich überhaupt keinen Mehrwert. Im Gegenteil. Das Hin- und Her-Gerenne stört irgendwann einfach nur noch. Wobei der Begriff „Gerenne“ übertrieben ist: Tatsächlich „Rennen“ zu können, bleibt ein frommer Wunsch. Da passt es gut ins Bild, dass ihr noch langsamer lauft, wenn ihr die angelieferten Waren von der Kutsche in den Lagerraum, die Eimer mit Wasser oder die Feuerholz-Stapel schleppen müsst…

Jetzt geht’s los!

Habt ihr das Tutorial überstanden, kann es auch schon losgehen. Lasset die Gäste kommen! Und zapft Bier. Und noch ein Bier. Und noch eins. Und…. ach, ihr wisst schon… Nach dem gefühlt vierten gezapften Bier habt ihr die hierfür nötigen „Moves“ bereits drauf und ihr zapft in der Regel nur noch perfekte Biere. Gut fürs Geschäft! Aber Achtung: Denkt immer daran, auch genügend Bier nachzubestellen. Denn der Vorrat ist natürlich begrenzt. Hierfür müsst ihr einfach zurück in euer Zimmer gehen und eine neue Bestellung aufgeben. Dann müsst ihr auf die Lieferung warten, diese entgegennehmen und an den richtigen Ort im Lager bringen. Am Anfang gestaltet sich der Bestell- und Lieferprozess insofern etwas holprig, als dass ihr logischerweise noch nicht so viel Geld besitzt und somit immer erst kleinere Bestellungen aufgeben müsst. Auch das zerrt ein wenig an den Nerven, hat mich aber natürlich nicht aufgehalten. Mein Ehrgeiz war geweckt und ich wollte zumindest die ein oder andere Tavernen-Verbesserung sehen.

Durch das erwirtschaftete Geld könnt ihr euch nach und nach nicht nur Ressourcen besorgen, sondern auch Verbesserungen für die Taverne. Dies führt dazu, dass ihr irgendwann nicht nur das Spülbecken in der Küche nutzen könnt (oder müsst, denn jeder einzelne Bierkrug wird hier von Hand gespült und das Spülwasser wird natürlich eigens aus dem Brunnen hinter der Taverne angeschleppt), sondern auch den Suppentopf.

Zum Kochen der Suppe müsst ihr einen Eimer Wasser aus dem Brunnen holen, die entsprechenden Zutaten bestellen und diese (es handelt sich ja hier schließlich um eine Simulation) auch noch selbst in den Topf werfen. Dann schön rühren und dabei beachten, dass ihr auch genau richtig rührt – sonst wird das nichts mit dem Eintopf. Als würde dieser sich immer wieder wiederholende Vorgang nicht schon genügen, muss die Feuerstelle selbstverständlich noch befeuert werden.

Und natürlich müsst ihr – genau, richtig geraten – hinter die Taverne gehen und Holz hacken. Das schnappt ihr euch dann und werft es in die Feuerstelle. Aber auch hier bitte zum richtig abgepassten Zeitpunkt, sonst wird das wieder nichts mit dem Kochen. Feuerholz wird auch für eine weitere Verbesserung benötigt: den Grill. Auch hier geht es wieder um die Beschaffung der richtigen Anzahl von Ressourcen (Fleisch) und die Befeuerung des Grills. Und erneut werdet ihr recht schnell heraus haben, wie ihr die perfekten Stücke Fleisch schneidet und grillt. Schon nach kurzer Zeit ist das keine Herausforderung mehr.

Mittendrin statt nur dabei

Ihr seid aber nicht nur für das Bierzapfen, Kochen, Grillen und Spülen zuständig, sondern ihr müsst auch eure Gäste bedienen. Diese zeigen euch zum Glück an, was ihr Begehr ist und ihr könnt die Bestellungen entsprechend abarbeiten und an die Tische bringen. Sind die Gäste zufriedengestellt, verlassen sie eure Taverne und lassen ein paar Münzen da. Und manchmal auch etwas Dreck auf oder neben Tisch und Theke, schmutziges Geschirr und dreckige Fußstapfen auf dem Boden. Dann geht es ans Aufräumen: Von JEDEM Tisch sind EINZELN sowohl Bezahlung als auch Geschirr einzusammeln. Das dreckige Geschirr kommt in die Küche – und habt ihr nicht rechtzeitig gespült, könnt ihr mangels sauberen Geschirrs auch keine weiteren Gäste mehr bedienen. Außerdem muss der Gastraum vom Dreck befreit werden, also heißt es: Besen raus und den Gästen hinterherwischen. Tut ihr das nicht, geht eure Hygiene-Bewertung in den Keller. Also immer schön sauber bleiben!

So langsam artet alles in Stress aus: Bestellungen für Ressourcen und weitere Möbel etc. aufgeben, Tavernenschild drehen, Lieferungen annehmen, ins Lager bringen, Wasser schöpfen, Holz hacken, Tavernenschild drehen, spülen, putzen, kochen, grillen, Tavernenschild drehen, ins Bett gehen (aber bitte ja zur richtigen Zeit; nur zwischen 22:00 und 06:00 Uhr!). Ach ja: Mit der Zeit stellt ihr hinter der Taverne ein nettes Klohäuschen (als weitere Verbesserung) auf. Irgendwo müssen die Gäste sich ja schließlich erleichtern. Schade nur, dass man auch dieses mit der Zeit immer mal wieder reinigen muss – ein weiterer unnötiger Zeitfresser. Denn jedes Mal, wenn die entsprechende Meldung über die „schmutzige Toilette“ erscheint, lauft ihr – wieder etwas zu gemächlich – hinter die Taverne und reinigt die Toilette. Stopft ihr (man kann es nicht anders nennen!) den Mop jedoch zum falschen Zeitpunkt in das Klo, dürft ihr noch einmal drei Versuche starten, um dieses zu reinigen. Lästig!

Closing time

Durch den Ausbau und Fortschritt der Taverne könnt ihr später einen VIP-Bereich für die besonders adligen Gäste anbauen und eröffnen. Die geben sich natürlich nicht mit dem gewöhnlichen Mob ab! Hierfür müssen ebenfalls – wie sollte es anders sein – (bessere) Ressourcen und (bessere und schönere) Möbel und Deko bestellt, geliefert, verräumt und aufgebaut werden. In diesem Bereich serviert ihr auf besseren Möbeln die besseren Waren, beginnend mit Wein und Käse. Klar, dass diese Gäste mehr Geld bei euch lassen. Aber im Grunde heißt das auch wieder mehr Stress.

Apropos Stress: Zu einem gewissen Zeitpunkt könnt ihr kleine Helferlein einstellen. Kleine leuchtende Kugeln (Feen) stehen euch zur Verfügung. Ihnen können Aufgaben, wie Spülen, Kochen oder Servieren zugeteilt werden, welche dann auch gewissenhaft ausgeführt werden. Vorausgesetzt, ihr füttert diese in regelmäßigen Abständen mit etwas Feenstaub. Das sieht man wieder: Alles hat nun mal seinen Preis.

Auf Wunsch könnt ihr eure Gäste auch ansprechen, allerdings sind eure Optionen dafür immer gleich und beziehen sich nicht auf den individuellen Gast. Durchweg gibt es für euch nur die drei Optionen „Na, wie geht’s? Schön, euch hier zu sehen!“, „Bitte verlasst die Taverne!“ und „Nichts“. Die Antworten der Gäste sind da schon etwas abwechslungsreicher. Andererseits bleibt auch nicht gerade viel Zeit für ein Pläuschchen.

Fazit: Ganz schön stressig

Nach neun intensiven Spielstunden verspüre ich derzeit keinerlei Ambitionen, Tavern Manager Simulator weiterzuspielen. Die Zeit verging an diesem ersten Tag, an dem ich Tavernen-Besitzerin war, aber wie im Flug. Sogar das Essen (im realen Leben) habe ich vergessen, so sehr hat mich das Spiel in seinen Bann gezogen. Und natürlich wollte ich auch irgendwie wissen, wie sich die Taverne unter meiner guten Führung weiterentwickelt.

Als ich jedoch am nächsten Tag darüber nachdachte, mich nach der Arbeit (ebenfalls im realen Leben) wieder ein bisschen diesem Spiel zu widmen, machte sich ein Gefühl von Stress und Überforderung in mir breit. Mir graute fast davor, wieder so viele Stunden in dieses Spiel zu investieren und am Ende doch kein Stückchen zufriedener zu sein. Denn über viele Dinge habe ich mich einfach nur geärgert und die ständigen Wiederholungen machten es auch nicht besser. Der Ausbau der Taverne, auch durch weitere Stellflächen und angebaute Räume, führt nicht nur zu mehr Umsatz, sondern tatsächlich auch zu mehr Stress. Denn je mehr Gäste, desto mehr Bestellungen, desto mehr „Lauferei“ und desto mehr Dreck.

Grundlegend fand ich die Spielidee aber sehr nett. Ein gewisses Suchtpotential ist also enthalten, wenn ihr diese Art von Spielen mögt. Tavern Manager Simulator macht also auch einiges richtig. Mir gefiel beispielsweise gut, dass alles, was zum Betrieb gebraucht wird, relativ schnell erlernt werden kann. Auch die Animationen sind ganz nett.

Mich haben aber zu viele Gegebenheiten einfach mit der Zeit gestört. Neben dem Stress-Thema fielen mir auch die teils holprigen Übersetzungen negativ auf, wie zum Beispiel „Wirfschlechtes Essen vom Tablett“ oder „Schießen“ statt „Schließen“. Die Notwendigkeit, die Taverne über das Schild einige Meter vom Haupteingang entfernt zu öffnen (und zu „schießen“), ist absolut überflüssig und ein ganz dicker Minuspunkt. Da hätte es auch ein Schild in der Tür, zumindest irgendwo näher am Ausgangspunkt getan, damit ihr nicht immer im Schneckentempo bis zu besagtem Schild laufen müsst. Die Entfernungen, egal wohin, waren mir bei dem Lauf-Tempo einfach zu weit.

In der Summe haben mir diese vielen nervigen Kleinigkeiten vorerst den Spaß verdorben. Ganz ausschließen möchte ich eine Rückkehr in „meine“ Taverne aber nicht.

Offenlegung: Ich habe ein kostenloses Rezensionsexemplar dieses Produkts von keymailer.co erhalten.

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Über Dythlind

(Nicht nur) Sims-Expertin der ersten Stunde und Gastschreiberin auf dasklapptsonicht.de

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7 Comments on “Tavern Manager Simulator”

  1. Hm, ein Kneipenartikel, habe ich gerne gelesen. Ich schlitze gerade vor dem Monitor die Augen und argwöhne, wozu diese „Simulation“ denn nun wirklich da ist… will da jemand, also eine geheime Macht/Loge/Regierung/etc. eine Generation neuer Wirte für die sterbende Dorfkneipe auf die Spielerische rekrutieren?

      1. Ja, der Job inner Kneipe ist ja auch nicht leicht, dauernd das Geöffnet-Schild umdrehen und Besoffene rausgrätschen, dann der Stress, von dem du schreibst – das Ding muss schon geeignete Bewerber ansprechen. Und man will sich im Nachhinein ja nicht vorwerfen lassen, man habe die Leute getäuscht und was vorgelogen, näch? Besonders gut hat für mich übrigens dieser Satz zu meiner kleinen Verschwörungstheorie gepasst: „Mir gefiel beispielsweise gut, dass alles, was zum Betrieb gebraucht wird, relativ schnell erlernt werden kann.“
        Aber im Ernst: Cooler Artikel, und Respekt, ich würde so ein Game vermutlich nicht mit der Beißzange anfassen 🙂

        1. Wie eingangs erwähnt, mag ich solche Spiele ja eigentlich. Aber dieses hier….. Puuuuuhh. Ich weiß noch nicht 😅

          Danke, dass Du den Artikel trotz Deiner „Abneigung“ gegen diese Art von Spielen gelesen (und gelobt) hast. 🫶🏻 Hab ja noch nicht so viel Erfahrung darin (also, im Artikel-Schreiben). Da ist es schön, was Nettes zu hören. 😄

  2. Mir will dieser ganze Simulator-Hype immer noch nicht in den Kopf. Wenn ich deinen tollen Text richtig verstanden habe, ist das hier ein reichlich langweiliges Spiel, das niemand ohne den Simulator-Zusatz spielen würde. Schon allein die Sache mit den zugedeckten Müllbergen würde mich wahnsinnig machen – und diese Schild-Mechanik ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten (hoffe ich, aber es gibt ja so viele Simulatoren).
    Danke für den Test. Als nächsten dann der Teacher Simulator?

    1. Jo, den Teacher-Simulator wollte man(n) mir auch schon andrehen….😏
      Du hast absolut Recht. Je mehr ich an diese dämliche Schild-Mechanik (und die vielen anderen Dinge, die mich gestört haben) denke, umso weniger Lust bekomme ich auf eine Fortsetzung als Taverne Inhaberin. Naja.

      Kurz vor meinem Geburtstag kommt (mal wieder) was Neues von Die Sims 4. Vielleicht kommt dann ja nochmal ein Tagebucheintrag von mir. 😅

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