Mit dem Remaster von Suikoden I & II wurden JRPGs wiederveröffentlicht, die seinerzeit neue erzählerische Wege gegangen sind. Ob das Remaster überzeugt, klärt der Test exemplarisch an dem Beispiel von Suikoden II.

Titel: | Suikoden I & II HD Remaster |
Erscheinungsdatum: | 06.03.2025 |
Plattformen: | Windows, Xbox, Switch, PS5 |
Entwickler / Herausgeber: | Konami |
Homepage: | https://www.konami.com/games/suikoden/ |
Wer meinen Test zu Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes gelesen hat, der weiß, dass ich ein großer Fan der Suikoden-Spiele bin. Entsprechend habe ich mich auch über die Ankündigung der Remaster der ersten beiden Suikoden-Spiele vor bereits drei Jahren gefreut. Nach einigen Verschiebungen erschien nun vor wenigen Tagen das heiß erwartete Stück. Kann insbesondere Suikoden II auch nach rund 25 Jahren seit der Europa-Veröffentlichung des PSX-Originals noch begeistern? Und was macht den Charme von Suikoden eigentlich aus?
Von der Jugendbrigade zur eigenen Befreiungsarmee
In den letzten Tagen habe ich vor allem Suikoden II nachgeholt, da es über viele Jahre eines meiner innigsten Lieblingsspiele war. Dabei möchte ich den Erstling gar nicht zu sehr herabwürdigen, auch wenn die erzählte Kriegsgeschichte doch etwas holzschnittartig inszeniert war. Und: Es ist das erste Mal, dass Suikoden I auf Deutsch veröffentlicht wurde, während das damalige PSX-Original erst gar nicht seinen Weg nach good old Europe fand. Trotzdem steigen wir auch aus Zeitgründen gleich in den zweiten Teil ein – sonst hätte sich dieses Review noch um ein paar Wochen verzögert.
Riou und Jowy sind bereits seit ihrer Kindheit Freunde. Riou wuchs zusammen mit seiner Stiefschwester Nanami bei Genkaku, einem großen Kriegshelden der Stadtstaaten von Jowston, auf. Als Genkaku starb, schlossen sich Riou und Jowy der Einhornbrigade der Highland-Armee an. Das Spiel setzt am Abend der Friedensverhandlung zwischen dem Königreich Highland und Jowston ein. Riou und Jowy werden Zeugen, wie ihre Brigade vom eigenen General Luca Blight in einen Hinterhalt getrieben wird, damit die Highland-Armee einen Vorwand konstruieren kann, um Krieg gegen die verschiedenen Stadtstaaten fortzuführen. Riou und Jowy können fliehen und finden zunächst Unterschlupf bei den Söldnern Viktor und Flik. Als sie Nanami aus ihrer Heimatstadt Kyaro abholen wollen, erleben die Jugendlichen, wie sich die Highland-Armee immer weiter die Ländereien einverleibt: Das Söldnerfort wird ebenso wie die umliegenden Dörfer niedergebrannt, und die verschiedenen Stadtstaaten werden von der Armee gewaltsam erobert.
Während der ereignisreichen Flucht durch die Region von Muse kommt es zur ersten großen Wendung im Spiel: Jowy schließt sich der Highland-Armee an und vergiftet Anabelle, die Bürgermeisterin von Muse und Vorsitzende der Jowston-Allianz, in der sich die Stadtstaaten organisieren. Geschockt vom Verrat ihres Freundes bleibt den Geschwistern sowie den Söldnern nichts anderes übrig, als sich in eine verfallene Ruine zurückzuziehen – ein Ort, der zunächst vom Vampir Neclord und seinen Zombies befreit werden muss. Die kleine Gruppe schafft es, den genialen Strategen Shu für den Widerstandskrieg zu gewinnen, und von da an arbeiten Riou, Nanami und die Söldner daran, eine Befreiungsarmee aufzubauen. Und warum hat Jowy seine Freunde verraten?


Rechts: Im Laufe des Spiels gibt es immer wieder Rückblenden und Erzählungen, wie es zum Krieg zwischen Highland und den Stadtstaaten gekommen ist.
Von der Suche nach 108 Mitstreitern
Mehr möchte ich über die wirklich gelungene Geschichte von Suikoden II nicht spoilern. Nur so viel: Sie beinhaltet noch zahlreiche Wendungen und Überraschungen. Aber auch abseits der Hauptgeschichte gibt es viel zu entdecken. So sehen wir die Mitstreiter in der Burg gemeinsam trinken, sich unterhalten oder ihrem Tagwerk nachgehen. Natürlich lange nicht so detailliert, wie es in heutigen AAA-Produktionen der Fall ist, aber für 1998 war das durchaus sensationell.
Neben der Hauptgeschichte steht die Rekrutierung von bis zu 108 Mitstreitern im Vordergrund. Zahlreiche Figuren schließen sich automatisch während der Geschichte an, andere müssen erst überzeugt werden. So gibt es Figuren, die sich nur anschließen, wenn eine bestimmte Figur in der sechsköpfigen Partie dabei ist, andere wollen einen bestimmten Stärkewert sehen, und wieder andere vergeben kleine Quests. Ziemlich schnell, nachdem ihr die Burg eingenommen habt, könnt ihr den Privatdetektiv Richmond in der Stadt Radat rekrutieren. Dieser gibt euch für einen kleinen Obolus wertvolle Tipps zu Figuren, die noch nicht rekrutiert wurden. Je mehr Figuren ihr rekrutiert, desto größer und lebendiger wird auch eure Burg.



Während einige Figuren eigene Läden in eurer Burg eröffnen oder für die Bücherei oder das Bestellen der Felder verantwortlich sind, können die meisten Figuren in eure aktive Kampfpartie aufgenommen werden. Dabei gibt es nicht nur humanoide Mitstreiter wie Menschen und Kobolde, sondern auch tierische Begleiter wie den Wolf Shiro. Die Tiere können zwar keine Waffen oder Rüstungen anlegen, haben jedoch von sich aus sehr gute Charakterwerte. Daher sind sie sehr gute Kämpfer, falls ihr gerade knapp bei Kasse seid und euch das Schärfen von Waffen oder der Kauf neuer Rüstungen nicht leisten könnt.




Um euch in der Burg vom Kriegsalltag zu entspannen, könnt ihr zahlreiche Minispiele spielen, darunter das Würfelspiel Chinchirorin, Whack-A-Mole, ein kleines Angelspiel sowie ein simples Brettspiel. Diese bringen euch Geld und manchmal auch seltene Items. Am prominentesten sind jedoch die Kochwettbewerbe, die mit der Rekrutierung des Kochs Hai Yo freigeschaltet werden. Hier gewinnt ihr neue Rezepte, die ihr außerhalb der Wettbewerbe in das Menü des Restaurants aufnehmen könnt. Je besser die Rezepte, desto mehr Geld kommt in eure Kassen. Zudem könnt ihr die Gerichte auch selbst kaufen – häufig sind sie effektiver als die Medizin, die in den Krämerläden feilgeboten wird.


Gameplay
Neben der Geschichte und dem Ausbau eurer Burg werdet ihr natürlich auch mit rundenbasierten Kämpfen zu tun haben. Wie schon gesagt, besteht eure Partie aus sechs Plätzen, die ihr mit Nahkämpfern, Magiern, Fernkämpfern und Allroundern bestücken könnt. Nahkämpfer haben in der Regel hohe Angriffs- und Verteidigungswerte, sind jedoch weniger begabt in Magie, während es bei Magiern umgekehrt ist. Bei der Auswahl kommt es darauf an, für verschiedene Situationen vorzusorgen. Zudem können Figuren, die in bestimmten Beziehungen zueinander stehen, starke Vereinigungsangriffe ausführen.

Die Magie wird durch Kristalle ausgeführt, die auf bis zu drei freie Slots gebunden werden. So gibt es Kristalle für die üblichen Elementarangriffe und Heilmagie, genauso wie Kristalle für Statusveränderungen. Zudem lassen sich einige Kristalle an Waffen binden – etwa Kristalle für Giftmagie, die dafür sorgen, dass Angriffe mit Schwertern zu Vergiftungen führen können. Des Weiteren müsst ihr natürlich auch die Waffen eurer Mitstreiter schärfen und sie mit Helmen, Rüstungen und Schilden ausstatten.
Ein häufig aufgeführter Kritikpunkt ist das Management der Gegenstände, und ja, das kann gerade anfangs etwas fummelig sein, da ihr zu diesem Zeitpunkt nur die Figuren bearbeiten könnt, die sich gerade in eurer aktiven Partie befinden. Sobald ihr jedoch eure Burg habt, könnt ihr im Lagerraum auf das Inventar aller Figuren zugreifen. Ebenso könnt ihr in den Läden die Rüstung aller Mitstreiter anpassen und deren Waffen schärfen – selbst wenn diese nicht gerade in der aktiven Partie sind. Das erleichtert das Handling ungemein.

Das Grinding hält sich dabei in Grenzen. Während des Abenteuers gibt es selten Abschnitte, in denen es notwendig wird, Mitstreiter mühsam aufzuleveln – vorausgesetzt, ihr rotiert regelmäßig und kämpft nicht immer nur mit denselben sechs Figuren. Das ist auch wichtig, da an einem bestimmten Punkt in der Geschichte eine Situation eintritt, in der ihr bei einem Bosskampf drei Gruppen mit insgesamt 18 Mitstreitern aufstellen müsst. Letztlich habe ich etwa 20 Favoriten, zwischen denen ich rotiere.

Neben den normalen Rundenkämpfen werden auch Schlachten ausgetragen. Dies geschieht über ein simples Strategiespiel, in dem ihr eure Truppen über ein Spielfeld zieht. Angriffs- und Verteidigungswerte sowie magische Aktionen orientieren sich an den eingesetzten Kommandanten der Truppen. Wer fleißig Mitstreiter rekrutiert, profitiert hier von einem größeren Pool. Aber Achtung! Während dieser Kämpfe können Mitstreiter sterben. Sollte das geschehen, ladet ihr am besten den Spielstand vor der Schlacht. Denn um das beste Ende des Spiels zu erreichen, müsst ihr nicht nur alle 108 Mitstreiter rekrutiert haben, sondern auch sicherstellen, dass sie am Leben bleiben.
Die Qualität des Remasters
Während das Gameplay nahezu unangetastet blieb, stellt ihr euch sicherlich die Frage, warum die Entwicklung des Remasters mehrere Jahre in Anspruch genommen hat. Das liegt vor allem daran, dass sämtliche Grafiken von Grund auf neu erstellt wurden. Bei den Originalspielen war es so, dass die 2D-Sprites der Figuren vor gerenderten Hintergründen eingefügt wurden. Das ist auch hier der Fall. Allerdings wurde die Qualität der Hintergrundgrafiken drastisch erhöht. Dabei wirken die 2D-Sprites nicht so unpassend wie im eingangs erwähnten Eiyuden Chronicle. Manche Szenen ergeben durch die neuen Grafiken erweiterte Lichteffekte wunderschöne Panoramen, welche die erzählte Geschichte noch filmischer wirken lassen.



Ansonsten sind die Veränderungen im Detail zu finden. So gibt es jetzt drei verschiedene Schwierigkeitsgrade. „Normal“ entspricht dem originalen Schwierigkeitsgrad der damaligen Spiele. Auf „Leicht“ werden die Kämpfe etwas kürzer, da die Gegner weniger HP besitzen, auf „Schwer“ werden die Kämpfe entsprechend anspruchsvoller. In Räumen, in denen ein Speicherkristall zu finden ist, wird nun auch ein Autosave angelegt – wahrscheinlich, um Frust vorzubeugen, falls man vor einem Bosskampf nicht gespeichert hat. Ansonsten ist die Autosave-Funktion eher nutzlos, und ihr solltet weiterhin an Speicherkristallen und in Herbergen manuell speichern. In den Kämpfen könnt ihr die Zeit beschleunigen und automatisch kämpfen lassen – eine Funktion, welche die Standardkämpfe etwas erträglicher machen. XP-Boostings und ausschaltbare Zufallskämpfe gibt es jedoch nicht. Ist meiner Ansicht nach auch nicht notwendig, da bereits die Originalspiele wenig Wert auf Grinding gelegt haben.
Ein schönes Detail stellt die Funktion in Suikoden II dar, die spielinterne Zeitzählung in den Optionen anzuhalten. Der Hintergrund ist, dass manche Aspekte des Spiels – etwa die Quest von Clive – von der Spielzeit abhängen. Das heißt: Wird diese überschritten, kann die besagte Quest nicht mehr abgeschlossen werden. Ich empfehle, die Zeitzählung bis zur Rekrutierung von Clive komplett anzuhalten. Erst danach könnt ihr sie wieder aktivieren, da wiederum andere Aspekte eine fortlaufende Zeitzählung erfordern. Beispiel: Wenn ihr den Händler Hans rekrutiert, gibt es die Auswahlmöglichkeit, dass er sich euch kostenlos anschließt oder ihr einen Betrag von ihm verlangt (ihr könnt ruhig den höchsten nehmen). Verlangt ihr Geld von ihm, dann braucht er einige Zeit, um den Betrag zusammenzubekommen. Wäre die spielinterne Zeitzählung deaktiviert, könnt ihr jedoch ewig darauf warten, bis er das Geld beisammen hat.
Außerdem wurden Logs der Gespräche, Mini-Maps in Städten und Dörfern sowie die Möglichkeit, Gegenstände unter den Partiemitgliedern auch außerhalb des Lagers zu tauschen, hinzugefügt (das war in den Originalspielen tatsächlich nicht möglich). Zudem könnt ihr nun auch diagonal navigieren – die damaligen Spiele boten lediglich eine 4-Wege-Steuerung.
Fazit
Auch wenn ich mich aus Zeitgründen in diesem Review auf Suikoden II beschränkt habe, kann ich eine Empfehlung für das Komplettpaket aussprechen. Für den Neupreis von 50 Euro bekommt ihr zwei echte Klassiker des JRPG-Genres, die seinerzeit erzählerisch mit überraschenden Plot-Twists und Charakterdrama neue Wege gegangen sind. Insbesondere Suikoden II weiß durch seine lebendige Charakterzeichnung und seine wegweisende Geschichte auch heute noch zu gefallen. Dabei ist mir besonders das gefühlvolle Writing der weiblichen Charaktere sehr positiv aufgefallen. Das Remaster selbst kommt mit neuen Hintergrundgrafiken und Detailverbesserungen, lässt also das funktionierende Gameplay intakt.
Auch die Spielzeit ist übrigens ideal für den vollgepackten Alltag der heutigen Zeit: Während Suikoden I rund 30 Stunden mit allen Geheimnissen und Sidequests in Anspruch nimmt, sind es bei Suikoden II rund 40 Stunden. Das macht diese beiden Spiele zu einer schönen Alternative zu den 100-Stunden-Brocken, die es sonst im JRPG-Genre gibt.
Behutsames Remaster, Klassiker, für ein JRPG überschaubare Spielzeit, liest sich spannend!
Das JRPG-Genre hat mich irgendwie komplett verloren, obwohl ich damals Final Fantasy 6, Chrono Trigger und Xenogears genial fand.
Suikoden II ist eins dieser Spiele, die ich mal digital für die Vita (glaube ich) gekauft habe und immer mal spielen wollte. Hat auch gut angefangen, aber dann war ich wieder nicht intensiv genug dabei und das Spiel hat mich verloren.