Mit Star Trek – Resurgence legt die junge Firma Dramatic Labs ihr Erstlingswerk vor. Allerdings haben viele der Schaffenden dort zuvor schon Erfahrungen bei Telltale gesammelt – und damit könnte dieser Check eigentlich auch schon zu Ende sein. Denn genau an diese Story-Adventure-Tradition dockt das Weltraum-Abenteuer an. Ob zum Guten oder Schlechten? Das verrät euch dieser Artikel.
USS Resolute
Die Geschichte folgt im Wesentlichen zwei Charakteren: Jara Rydek entstammt dem Volk der Kobliat. Als neuer erster Offizier wird sie der USS Resolute unter Captain Solano zugeteilt. Das Schiff verbrachte die zurückliegenden sechs Monate für Reparaturen im Dock, da es beim letzten Einsatz schwer beschädigt und die Besatzung stark dezimiert wurde. Der Captain gibt sich zwar zerknirscht, scheint aber darauf zu brennen, diese Scharte schnellstmöglich wieder auszuwetzen. Parallel folgen wir Unteroffizier Carter Diaz durch den Maschinenraum und auf die Raumschiff-Hülle. Im Laufe der Erzählung wechseln wir regelmäßig zwischen diesen beiden Figuren.
Die Föderation entsendet die USS Resolute, um einen Konflikt zwischen den Hotari und den Alydianern zu befrieden. Anscheinend hatten die Hotari einen starken Ionen-Sturm genutzt, um ihre Unterdrücker aus ihren Minen und von ihrem Planeten zu vertreiben. Doch es scheint mehr hinter der Sache zu stecken, da die Hotari technisch weit unterlegen sind. Jara versucht, hinter das Geheimnis zu kommen, während Carter auf der Resolute ebenfalls eine schwerwiegende Entdeckung macht. Die Friedensmission entwickelt sich überhaupt nicht wie geplant und führt zu (theoretisch) schwerwiegenden Entscheidungen unserer Protagonisten.
Die Story gibt sich alle Mühe, Fans der alten Serien abzuholen. So spielt eine bekannte Figur der Ur-Serie eine wichtige Rolle und die Bedrohung kennen Kenner der Next Generation schon aus der Folge “Der Wächter”, was zu einem weiteren Auftritt eines alten Bekannten führt. Leider ließen Budget und andere Hindernisse nicht zu, dass die originalen Stimmen im Spiel zu hören sind, aber ich war trotzdem angenehm überrascht.
Episödchen
Präsentiert wird die Geschichte in einem ganzen Schwung an fünf bis fünfzehn Minuten langen Episoden, die sich aber nahtlos aneinander reihen. Stellt es euch so vor, als ob bei jedem Szenenwechsel eines Films oben ein neuer Titel eingeblendet wird. An diesen Stellen speichert das Spiel automatisch – bei längeren Episoden auch an einigen Punkten dazwischen. Falls ihr in einer der zeitkritischen Passagen scheitert, steigt das Spiel direkt davor wieder ein. Die Präsentation gibt sich alle Mühe, Serien-Gefühle zu erzeugen. Die Optik der Raumschiffe passt und die besuchten Planeten erinnern in ihrer Kargheit an die guten alten Außeneinsätze unter William T. Riker.
Während die Geschichte aber durchaus stimmig erzählt wird, werfen die Action-Passagen dem Spiel Steine in den Weg. Viele der kleineren Handgriffe des Spiels sind aus den Telltale-Vorgängern bereits bekannt. Zum Beispiel führen wir Carters Hand zu einem speziellen Werkzeug im Koffer, damit er weiterarbeiten kann. Keine große Sache, lockert aber den Spielablauf etwas auf. Schwieriger wird es bei den Tricorder-Momenten. Häufig suchen wir den Bildschirm mit dem futuristischen Schweizer Taschenmesser ab, um etwas zu scannen. Ist das erledigt, müssen wir noch durch drei verschiedene Modi schalten (chemisch, radioaktiv, biologisch), um alle Anomalien zu finden und dann den Scan endgültig abschließen. Es mag Wimmelbild-Spieler geben, die diese Passagen mögen – ich zähle mich nicht dazu.
Die schlimmste Steuer-Sünde erleben wir jedoch in den Shooter-Passagen. In einer Art Deckungs-Shooter dürfen wir uns immer nur kurz nach oben trauen, schnell zielen, schießen und dann wieder in Deckung. Problematisch dabei: Das steuert sich mit dem vom Hersteller empfohlenen Controller sehr schwammig und auch Maus samt Tastatur sind nur leicht besser geeignet. Im Laufe des Checks konnte ich feststellen, dass ich diese Abschnitte am besten so gut wie möglich aussitze und so wenig wie möglich schieße. Selbst wenn Jara eine Verbündete verteidigt, ist das der frustlosere Weg. Werde ich dreimal abgeschossen, ist die Passage gescheitert und ich kann sie erneut probieren oder im “Story-Modus” mit einer Art Schutzschild viel leichter passieren. Zusätzlich gibt es noch einige Flugpassagen mit dem Shuttle, die nicht besonders schwierig sind. Allerdings gibt es auf dem Weg zum Zielpunkt teilweise Ringe, die wir durchfliegen sollen. Es gibt zwar eine technische Erklärung dafür, aber es bleiben nun mal Ringe im Weltraum.
Technik, die nicht begeistert
Bedenkt man, dass Dramatic Labs hier auf die quasi allgegenwärtige Unreal Engine setzt, sind technische Aussetzer nicht erklärbar. Das ist umso seltsamer, wenn man bedenkt, dass die Auflösung nicht höher als 1920 x 1080 Pixel hochgedreht werden kann. Trotzdem ruckelt die Kamera gerne in größeren Gebieten oder wenn viele Gegenstände und Personen gleichzeitig im Bild sind. Enges Raumschiff hin oder her kommen solche Gelegenheiten dank abwechslungsreicher Schauplätze leider häufiger als gedacht und werden hoffentlich mit einem Patch noch ausgebügelt. Dies wäre auch für die leider fehlende deutsche Untertitelung wünschenswert. Denn Star Trek lebt natürlich auch von seinen futuristischen oder phantastischen Erklärungen. Habe ich auf Englisch (wahlweise auch Spanisch und Französisch) manchmal das Gefühl, die Sprache nicht genügend zu beherrschen, kann ich auf deutsch einfach “klar, Technobabbel” denken.
Notfalls kann ich aber auch an den Gesichtern jederzeit ablesen, worum es gerade ging. Die überzogene Mimik haben die Star Trek-Offiziere von ihren Telltale-Vorgängern abgeschaut. Speziell die Augenbrauen wandern in schöner Regelmäßigkeit wie Raupen rauf und runter und ziehen die gute Sprachausgabe und die trotz der langsamen Inszenierung packende Geschichte ins Lächerliche. Wie üblich solltet ihr euch der Illusion hingeben, die Geschicke eurer Leute mit euren Entscheidungen wirklich zu beeinflussen. Das Spiel vermittelt euch diese Illusion im Großen und Ganzen auch sehr gut. Ein Wiederspielwert der ungefähr zehn Stunden langen Geschichte ist aber nicht gegeben.
Fazit
Im Gegensatz zu früheren Spielen der früheren TellTale-Entwickler ist Star Trek – Resurgence ein Komplettpaket an einem Stück. Das alte Episoden-Format zieht sich mit Überblendungen zwar noch durch den Titel, aber das sorgt durch seine Inszenierung für noch ein wenig mehr Fan-Service. Überhaupt atmet das ganze Spiel den Charme der Enterprise-D-Ära – allerdings inklusive deren langsamen Erzähl-Tempos. Wer mit kleinen Technik-Mängeln (am PC) und der fehlenden deutschen Sprache kein Problem hat, kann hier seinen Spaß haben.
- Story-Adventure für PC, Playstation 4 und 5, Xbox One und Series X
- Einzelspieler
- Für Einsteiger und Bilderbuch-Liebhaber
- Preis: 35,99 Euro
- In einem Satz: Wie gerne hätte ich “Widerstand ist zwecklos” geschrieben, aber dafür ist das Spiel leider mit zu vielen kleinen Mängeln behaftet.
Dieser Artikel erschien ursprünglich am 29. Mai 2023 auf GamersGlobal.de