Es muss nicht immer Pixelgrafik sein um nostalgische Gefühle zu wecken. Squad 51 vs. The Flying Saucers ist ein Liebesbrief an alte Sci-Fi-Schinken der besonderen Art.
In mancher Hinsicht war ich sicher ein ungewöhnliches Kind, vor allem was meine Vorlieben für Filme betraf. Schon im Alter von 7 oder 8 Jahren entdeckte ich meine Liebe zu alten Science-Fiction- und Horrorfilmen aus den 50er und 60er Jahren. Eine Liebe, die durch das Nachtprogramm der damaligen Privatsender (und den Videorekorder) und natürlich der Videothek um die Ecke genährt wurde. Beeindruckt hat mich damals die Kreativität der Tricktechnik, die in Verbindung mit dem Schwarzweißbild einen ganz eigenen Charme ausstrahlte.
Kürzlich stieß ich beim Durchstöbern von Steam auf Squad 51 vs. The Flying Saucers des brasilianischen Indie-Studios Loomiarts. Das Projekt sah interessant aus, aber ich wusste nicht so recht, was es sein sollte. FMV-Spiel? Shoot’em Up? Die Antwort lautet: Beides. Als es dann im Sale für 8€ war, habe ich es einfach mal eingetütet und kann euch nun berichten.
Vorsicht, wenn Aliens in friedlicher Absicht kommen!
Die Prämisse der Geschichte ist schnell erklärt: In den 1950er Jahren landen Außerirdische auf der Erde. Die Weltöffentlichkeit ist in Aufruhr, denn die Neuankömmlinge versprechen neue Technologien und Fortschritt. Dafür wollen die zunächst so freundlichen Besucher von den Menschen nur eine kleine Gegenleistung: ihre Arbeitskraft. Unbezahlt natürlich! Schon bald findet sich die Menschheit als Arbeitssklaven der Vega Corporation wieder. Die Rebellengruppe Squad 51 versucht mit Kampfflugzeugen aus den 50er Jahren, die Invasoren aus dem All durch Sabotageakte zurückzuschlagen.

Der erste Eindruck gefiel mir. Das Hauptmenü ist im Stil alter Filmplakate gestaltet, die Musik erinnert mich an die Soundtracks alter Filme aus meiner Kindheit. Und das kann ich für das ganze Spiel sagen: Audiovisuell ist das Spiel in meinen Augen und Ohren ein Meisterwerk. Die Schauspieler wirken durch bewusstes Overacting authentisch aus der Zeit gefallen, auch in den Funksprüchen während des Gameplays. Die Musik geht gut ins Ohr, die Geräuschkulisse könnte aus Filmen wie „Alarm im Weltall“ stammen.
Spielerisch wurde ich zunächst vor den Kopf gestoßen. Nach einem langen Einführungsvideo fand ich mich mit meinem Flugzeug vor einem schwarz-weißen Meerespanorama wieder. Die ersten Gegner kamen ins Bild, ich wurde abgeschossen. Boom! Game Over! So schwer kann das Spiel doch nicht sein? Das Spielsystem wurde mir klar, als ich mir den Bildschirm mit der Schiffskonfiguration vor dem Level ansah. Nach einer bestimmten Punktzahl wird ein neuer Slot freigeschaltet, in den man Upgrades für bessere Waffen, Extraleben oder Resistenz gegen feindliche Geschosse einbauen kann. Insgesamt gibt es 20 Upgrade-Slots – um alle freizuschalten, benötigt ihr insgesamt 180.000 Punkte. Neben den Punkten in den Levels gibt es ein Gesamtkonto, auf dem alle Punkte landen – egal, ob ein Level geschafft wird oder nicht. Und es hat nicht lange gedauert, dann hatte ich schon die ersten Slots freigeschaltet. Mit einem Extraleben und den ersten Extrawaffen wie Bomben oder einem Feuerstrahl bin ich dann gut zurechtgekommen.
Nach einer Stunde Spielzeit und fünf von elf Levels hatte ich bereits mehr als die Hälfte der Slots sowie zahlreiche Erweiterungen freigeschaltet. Nun konnte ich die Hitbox, also den Bereich, in dem man von feindlichen Geschossen getroffen wird, verkleinern. Die Spezialwaffen luden sich schneller auf und auch die Resistenz gegen feindliches Feuer und Kollisionen wurde immer größer. Es ist schon ein cooles Gefühl, wie dieses altmodische Flugzeug immer mächtiger und widerstandsfähiger wird.

Hinter dem VHS-Gewitter verbirgt sich traditionelle Ballerei
Die Entwickler haben sich bemüht, die elf Level abwechslungsreich zu gestalten. Über Wäldern wird auf zahlreiche Raumschiffe geschossen, in Minen müssen enge Gänge durchquert und Maschinen zerstört werden. Den Vergleich mit R-Type von Irem habe ich in der Dachzeile nicht ohne Grund bemüht: Die ganze Zeit hatte ich während des Spielens den Gedanken an den Klassiker. Es ist nur nicht so schwer: Die gegnerischen Geschosse bewegen sich recht langsam auf einen zu, so dass genug Zeit bleibt, auszuweichen. Habt ihr erst einmal den Waffenverstärker freigeschaltet, werden die Gegner in Sekundenschnelle vernichtet. Je länger ihr spielt, desto einfacher werden die Levels.
Anders sieht es bei den Endgegnern aus. Diese bleiben zu jeder Zeit eine echte Herausforderung. Hier ist es eure Aufgabe, die Bewegungsmuster zu studieren und entsprechende Zeitfenster zu nutzen, um auf Schwachstellen zu schießen. Ansonsten solltet ihr den Angriffen ausweichen. Bei diesen Kämpfen ist eure Geschicklichkeit und Konzentration gleichermaßen gefragt. Zwar bleibt das Spiel immer noch hinter den Schwierigkeitsgrad alter Arcade-Spiele, Genre-Neulinge dürften dennoch eine Weile beschäftigt sein. Glücklicherweise gibt es in jedem Level zwei Checkpoints – einen in der Mitte des Levels und einen vor einem Bosskampf. Dort kann man immer wieder anfangen, ein Continue-Limit gibt es nicht.

Lasst mich noch einmal auf die visuelle Präsentation zurückkommen. Erst bei genauerem Hinsehen, zum Beispiel auf Screenshots, fällt mir auf, dass die Level aus simplen 3D-Grafiken bestehen. Das Spiel besitzt einen Effekt, den ich schwer in Worte fassen kann (den offiziellen Trailer findet ihr hier – Anschauen lohnt sich!). Ständig bewegt sich etwas, die Levelhintergründe sehen aus wie VHS-Videos, die Raumschiffe fliegen butterweich durch diese virtuellen Pappmaché-Landschaften. Vielleicht ist es ja wirklich dieser „Hauen und Pappe“-Charme, der beim Spielen vieles kaschiert. Und auch damit trifft das Spiel die alten Filme perfekt. Raumpatrouille Orion wird beispielsweise wegen des Bügeleisens an der Steuerkonsole oder den Gläsern an der Decke belächelt. Wenn man Bilder der Serie sieht, fällt das sofort auf. Aber nicht, wenn man sich auf die Serie und die Geschichten einlässt – irgendwann sieht man das alles nicht mehr. Eine ganz ähnliche Wirkung hat Squad 51 auf mich.
Fazit
Für Fans von Shoot’em Ups und der 50er-Jahre-Videoästhetik gleichermaßen ist Squad 51 vs. The Flying Saucers ein Pflichtkauf, auch zum Vollpreis von 16,79€. Das Spiel verbindet beide Welten auf einer visuellen Ebene, wie ich es noch nie gesehen habe. Das Gameplay ist ebenfalls okay. Es bietet zwar nichts, was es nicht schon in unzähligen anderen Shmups auch schon gab – das Gebotene bewegt sich jedoch auf solidem Level. Das Leveldesign ist zudem abwechslungsreich und fair. Mit einer Spieldauer zwischen zwei bis drei Stunden liegt der Titel im oberen Genre-Durchschnitt.
Für alle anderen ist der Titel höchstens etwas für einen Sale unter der individuellen Fuck-It-Grenze, wenn überhaupt. Wer weder mit Shmups noch der Präsentation etwas anfangen kann, wird hier keinerlei Spaß haben – so ehrlich muss man auch sein.