Spiele von Legend Entertainment #14: Terminator 3 – Rise of the Machines

Bereits 2001 steuerte Bob Bates Gedanken und Texte zu Terminator – Dawn of Fate bei, das federführend von Paradigm Entertainment entwickelt wurde. Der Titel ist ein Prequel zu den bis dahin erschienen zwei Filmen und leitet am Ende der Story in den ersten Film über.

Der Kampf der Codes

Beschränkte sich Bates‘ Mitwirkung hier auf Schriftverkehr, war der Anteil von Legend Entertainment an dem 2003 erschienen Titel Terminator: Rise of the Machines um einiges größer. Federführende Entwicklerfirma war das kalifornische Black Ops Entertainment, die bis dahin unter anderem die beiden Film-Versoftungen 007: Tomorrow never dies und 007: The World is not enough geschultert hatten. Für Infogrames war das Team also eine logische Wahl. Doch die Entwicklung schleppte sich dahin und als im Sommer 2003 der Film ohne begleitendes Spiel erschien, sollte unter allen Umständen der DVD-Erscheinungstermin im November gehalten werden. Infogrames / Atari zog Bilanz und suchte innerhalb des Konzerns Firmen, die in den fehlerbehafteten Bereichen Unterstützung leisten konnten, um das Spiel bis dahin auf den Markt zu bringen.

Liest man die folgende Auflistung, dann stellt sich die Frage, wie weit die Entwicklung bisher überhaupt gediehen war: Shiny Entertainment übernahm die Kampfsequenzen, für die laut eines IGN-Vorabberichts vom 26.08.2003 die Enter-the-Matrix-Kampf-Engine in den Terminator-Code integriert wurde. Melbourne House entwarf die Soundkulisse und Legend Entertainment arbeitete an den Waffenmodellen und -effekten.

Besonders groß war die Begeisterung innerhalb der Teams angeblich nicht, einem unter Zeitdruck stehenden und in Schwierigkeiten steckenden Projekt zugeteilt zu werden. Innerhalb von Legend gab es Vorbehalte, da sie bereits schlechte Erfahrungen mit Enter the Matrix gemacht hatten: Während zwei Legend-Programmierer bei Shiny aushalfen, wurde ihr Heim-Projekt, der XMP-Multiplayer-Modus von Unreal 2, immer weiter eingedampft, so dass sie sich für ihre Hilfe bestraft vorkamen. Solch ein Eindruck sollte bei dem Terminator-Projekt auf keinen Fall wieder entstehen. Außerdem hatte Legend Entertainment im 3D-Bereich bisher nur mit der Unreal-Engine gearbeitet – die hauseigene Black Ops-Engine, die für Fugitive Hunter entwickelt wurde, war ihnen fremd.

Eine weitere Schwierigkeit war die räumliche Trennung: Sehr viel weiter konnten die Firmensitze von Legend und Black Ops nicht auseinander liegen. Dennoch unterstützte Legend die Entwicklung mit sechs Mann, sowohl von Virginia aus als auch vor Ort in Kalifornien. Bates flog regelmäßig hin und her und siedelte am Ende der Entwicklung mit seiner ganzen Familie für einen Monat nach Los Angeles um.

Die Koordinierung der vier Teams und weiterer hinzugezogenen Programmierer muss eine ganz eigene Herausforderung gewesen sein. So entwarf und implementierte Legend das HUD für die Nahkämpfe mit dem Hauptgegner des Films, dem Terminator TX. Dennoch musste sich Legends Paul Mock dafür mit Shiny absprechen, die den eigentlichen Kampf in ihrer Engine choreographierten.

Um überhaupt ein fertiges Produkt abliefern zu können, das durch die Sony-Qualitätsprüfung kommen würde, wurde das Spiel um einige bereits gebaute Level gekürzt und das restliche Spiel so gut es ging poliert. Den von Atari angepeilten DVD-Termin konnten die Teams dank ihrer großen Kraftanstrengung im Sommer und Herbst 2003 halten. Glücklich scheint allerdings keiner der Beteiligten mit dem Spiel zu sein. Schließlich ging es unter Druck nur noch darum, Terminator 3 durch die Qualitätsprüfung zu bekommen.

Der Anti-Terminator-Terminator

Das Spiel beginnt mit einer schön gerenderten Sequenz, die wie auch die Filmreihe in einem Schwenk zwischen den Zeitebenen wechselt und den Zukunfts-Kampf zwischen Skynet und den Resten der Menschheit zeigt. Außerdem sehen wir, warum wir gleich in die Haut eines Schwarzenegger-Terminators schlüpfen werden. Am Ende dieser Sequenz steht der Terminator in einem unterirdischen engen Gang, der bald in die Kanalisation mündet.

An dieser Stelle übernimmt der Spieler die Kontrolle. Dass diese Umgebung dazu geeignet ist, Terminator 3 direkt strahlen zu lassen, kann in der Entwicklung niemand ernsthaft geglaubt haben. Dennoch gibt sich das Spiel redlich Mühe, mit zerstörbaren Säulen und ein wenig graphischer Abwechslung die Schlauchlevel nicht zu langweilig zu gestalten. Aber trotz fest implantierter Geschütze und vielen Explosionen bleiben Keller und Kanalisation naturgemäß trist. Auch spätere Level bleiben schlauchig, allerdings wechselt das Spiel ungefähr nach der halben Spielzeit die Zeitebene und der Terminator wird in die Film-Gegenwart geschickt. Dies sorgt vor allem im Bereich der Farben für Abwechslung.

Die immer wieder eingestreuten Nahkämpfe wirken vor allem dank der Soundkulisse sehr wuchtig. Die Kamera hat mit den 3D-Umgebungen häufiger Probleme, doch alles in allem sind diese Abschnitte solide Prügel-Kost ohne Überraschungen. Auch hier sind Teile der Umgebung wie zum Beispiel die Regale in der Tierarztpraxis zerstörbar. Unser Arnold-Terminator erleidet in diesen Kämpfen sichtbaren Schaden. Im Laufe der Zeit ist vom klassischen halben Metall-Gesicht bis zum Metall-Bein alles zu bewundern, was man aus den Filmen kennt.

In den Shooter-Passagen reißt die KI der Gegner und der eigenen Hilfstruppen keine Bäume aus, ist aber ordentlich genug, um in einem Schlauchlevel-Shooter ohne größere Aussetzer zu funktionieren. Die Steuerung auf Playstation 2 und Xbox ist ungenau, weshalb das Zielen schwerfällt. Als Gegner tauchen selbstverständlich verschiedene Terminator-Modelle auf. Stellt im Film ein einziger dieser Kampfroboter ein schwer zu überwindendes Hindernis dar, fegen wir im Spiel mit wenigen Schüssen jeden Gegner beiseite. Hier prallen Film und Ego-Shooter-Notwendigkeiten aufeinander.

Immerhin punktet der Titel mit einem erstmals eingescannten Arnold Schwarzenegger und seiner Stimme. In einem Interview mit IGN erklärte er:

Ich wurde schon oft gebeten, Videospiele zu machen. Ich dachte immer: Das sieht nicht aus wie ich, das ist nicht mein Gesicht. Früher [……] haben sie vielleicht 1.500 Polygone oder so genutzt. Sie hatten immer diese quadratischen, seltsam aussehenden Dinger und die Körper sahen auch nicht echt aus. Also habe ich mich immer davon ferngehalten. Ich dachte, es ist besser, sich nicht einzumischen, wenn es nicht wie ich aussieht oder es dem Film nicht gerecht wird. Jetzt haben sie 5.000 Polygone – oder manchmal in den Filmszenen sogar 50.000 Polygone. Das Abbild ist viel genauer und wenn man es anschaut, wird es wirklich lebendig. Es ist eine wahre Freude, das zu sehen und zu spielen.

IGN 05.12.2003

Eine wahre Freude sind auch die Bonus-Inhalte, die auf der Spiele-DVD enthalten sind: Konzeptzeichnungen des Films und des Spiels, Interviews mit Cast und Crew (die natürlich sehr Marketing-lastig sind) und geschnittene Film-Szenen. Letztere sind allerdings auch auf der Film-DVD zu finden – die auf jeden Fall im Vergleich zum Spiel der bessere Zeitvertreib ist. Oder die beiden im Spiel freischaltbaren Atari-Klassiker Centipede und Missile Command.

Die Presse streckt den Terminator nieder

Die Presse hatte weniger Freude am fertigen Spiel. Für GameChronicles.com traf Mark Smith am 27.01.2004 die vernichtende Aussage:

Rise of the Machines isn’t the worst Xbox game I’ve every played but it’s in the bottom ten.

In der deutschen Presse liefert die Computer Bild Spiele 01/2004 mit 67 Punkten die mit Abstand gnädigste Besprechung, konstatiert aber:

Solide und akzeptabel: Mehr Gutes lässt sich über Terminator für Playstation 2 eigentlich nicht sagen.

Die weiteren Wertungen ordnen sich darunter ein. Im besten Falle wird das Bonusmaterial positiv erwähnt, während sowohl die Shooter- als auch die Render-Passagen im Laufe der Besprechungs-Jahre immer schlechter rezipiert werden.

Im Frühjahr 2004 verkündete Atari, dass die Firma sich zukünftig wieder mehr um eigene Marken kümmern möchte. Nachdem mit Terminator 3: Rise of the Machines, Mission: Impossible – Operation Surma und Enter the Matrix gleich drei Filmumsetzungen mittelmäßige Wertungen einfuhren, mag dies vor allem nach dem Terminator-Entwicklungs-Desaster eine gute Entscheidung gewesen sein.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem demnächst erscheinenden Buch “Legend Entertainment – Texte, Bilder, Explosionen”.

Avatar-Foto

Über Jürgen

Geschichts- und Musik-Liebhaber mit einer Schwäche für viel zu lange Computerspiele. Der Werdegang CPC - Pause - PC und Konsolen sorgt dafür, dass ich noch so viele schöne alten Perlen entdecken darf.

Alle Beiträge anzeigen von Jürgen

8 Comments on “Spiele von Legend Entertainment #14: Terminator 3 – Rise of the Machines”

    1. Ursprünglich wollte ich die Artikel für mich alleine in einem Buch drucken lassen. Dann hab ich natürlich elend viel umgeschrieben und ergänzt. Neben dem Terminator-Kapitelchen noch vier Spiele-Entwürfe. Dazu kamen noch viele Infos, die ich nachträglich von den Designern bekommen habe. Ergo hab ich jetzt ein Buch, das ich drucken lassen kann. Immer noch hauptsächlich für mich – das ist das Schöne an Print on Demand. Dafür vergleichsweise teuer, weil ja keine Druckauflage dahinter steckt. Und noch weiß ich nicht, in welcher Form (Hardcover, Softcover, Farbe, schwarz-weiß) ich es rausbringe.

      1. Denk an den Farbschnitt! 😉 // Erschreckend, dass das auch schon wieder 20 Jahre her ist. Das Spiel ist komplett an mir vorbei gegangen, den Film habe ich auch erst Jahre später gesehen und hab kaum Erinnerungen daran.

  1. Schöner Nachtrag zur Reihe!

    Ganz so eilig hat sich Atari aus dem Filmumsetzungs- bzw. Terminator-Geschäft danach ja nicht verabschiedet, sondern Ende 2004 noch Paradigms Terminator 3: The Redemption unter die Leute gebracht, nachdem das Studio zuvor schon das von dir erwähnte Mission: Impossible – Operation Surma sowie The Terminator: Dawn of Fate entwickelt hatte. Danach war leider auch für Paradigm bald Schluss – ebenfalls ein Studio mit einer recht interessanten Geschichte.

    Den Titel für dein geplantes Buch finde ich übrigens super!

    1. Danke für die Ergänzung. Da gehe ich lieber nochmal ans Buch-Kapitel dran 🙂

      Der ursprüngliche Titel war viel langweiliger. Hier hat Roland Austinat insistiert und diesen Titel vorgeschlagen. Ich fand ihn erst zu knallig – aber er passt perfekt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert