Dieser Artikel ist Teil der DKSN-Halloween-Woche 2025.

Für die Eröffnung unserer diesjährigen Halloween-Woche habe ich mir eines der interessanteren Adventures der 90er-Jahre ausgesucht: Scooby-Doo Mystery. Bereits 1969 wurde in den USA die erste Episode der von Hanna-Barbera produzierten Cartoonserie rund um eine Gruppe Jugendlicher und ihren namensgebenden Hund ausgestrahlt. Die Formel war in jeder Episode gleich: Irgendwo gibt es ein vermeintliches Monster oder einen Geist, und die Scooby-Gang entlarvt am Ende jeder Folge den Verbrecher, der sich nur unter einer Verkleidung eben jenes Geistes versteckt. Trotzdem haben besonders Hund Scooby und sein Besitzer Shaggy große Angst in den vermeintlichen Geisterhäusern und anderen Orten, in denen es spuken soll, während die restlichen Jugendlichen Velma, Daphne und Fred pragmatischer an die Fälle herangehen.
Für die Produktionsfirma war Scooby-Doo der größte Erfolg in ihrer Geschichte – noch vor Tom & Jerry, Familie Feuerstein und den Jetsons. Setting und Prämisse trafen den Zeitgeist der frühen 70er in den USA perfekt. Zum einen persiflierte die Show die damalige Welle von Horror-B-Movies und Serien wie The Twilight Zone, The Outer Limits oder Journey to the Unknown. Außerdem herrschte in der damaligen US-Gesellschaft eine große Faszination für paranormale Phänomene, der die Scooby-Doo-Produzenten damit begegneten, dass hinter all dem immer Menschen stecken, die mit Lug und Trug andere ausnutzen. Auch war die Show für ihre Zeit durchaus progressiv – etwa darin, dass die Gang aus zwei Frauen und zwei Männern besteht und nicht selten die beiden Frauen die Fälle lösen, während Shaggy gemeinsam mit Hund Scooby für den Slapstick zuständig ist und Fred für die Action-Szenen.

Bis Ende der 80er-Jahre wurden zahlreiche weitere Serien und Direct-to-Video-Produktionen veröffentlicht, in denen sich die Produzenten mal mehr, mal weniger vom Ursprungsformat entfernten – etwa durch Spin-Offs mit anderen Hanna-Barbera-Cartoons wie Batman, Addams Family oder Laurel & Hardy oder durch die Hinzunahme weiterer Hunde und slapstickartigerer Produktionen. Anfang der 90er wurde Hanna-Barbera schließlich an Turner Broadcasting verkauft und in den Folgejahren in Warner Bros. eingegliedert. Erst ab 1998 gab es wieder neue Direct-to-Video-Produktionen und ab den 2000er-Jahren unterschiedliche Serien – diesmal übrigens gelegentlich mit echten Geistern und Monstern, also keinen Schurken, die nur so getan haben als ob. Bis heute werden regelmäßig neue Produktionen mit den Figuren veröffentlicht. Damit sind Scooby, Shaggy & Co. die langlebigsten Figuren aus der alten Hanna-Barbera-Werkstatt. In Deutschland konnte die Scooby-Gang übrigens nie einen großen Kultstatus entwickeln, was sicherlich daran lag, dass weder ARD noch das ZDF die Serie in den 70ern einkauften. Erst ab den frühen 90er-Jahren wurden die verschiedenen Produktionen regelmäßig in den Cartoon-Blocks von RTL und ProSieben ausgestrahlt.
Ein Grafikadventure für den Mega Drive

Auch wenn in den 90er-Jahren keine Serien aus dem Hanna-Barbera-Kosmos produziert wurden, vergaben die Rechteinhaber fleißig Lizenzen an Videospielfirmen. So erhielten Acclaim und Sunsoft die Scooby-Doo-Lizenz für den Mega Drive und das SNES. Während auf dem SNES unter demselben Namen ein uninspirierter Plattformer erschien, war Scooby-Doo Mystery auf dem Mega Drive deutlich interessanter. Entwickelt wurde das Spiel von der Illusions Gaming Company, einem damaligen US-Indie-Studio, das 1993 von den vormaligen Virgin-Interactive-Mitarbeitern James Coliz und Darren Bartlett gegründet wurde. Beide waren zu jener Zeit große Fans von Grafikadventures und spezialisierten sich in den wenigen Jahren des Studiobestehens auf genau dieses Genre. Dabei arbeiteten sie ausnahmslos mit Drittlizenzen. Veröffentlicht wurde Scooby-Doo Mystery, das erste Adventure des Studios, 1995 auf dem nordamerikanischen Markt und ein Jahr später in Brasilien.


Wenn ihr das Spiel startet, gelangt ihr zuerst zu einem Auswahlbildschirm, auf dem ihr zwischen zwei Episoden wählen könnt: Blake’s Hotel und Ha-Ha Carnival. Die Besonderheit des Spiels besteht darin, dass zwei Geschichten im Stil der ersten Fernsehserie erzählt werden. In Blake’s Hotel geht es um ein Hotel, das von einem vermeintlichen Geist des nordamerikanischen Ureinwohners Chieftain heimgesucht wird und alle Hotelgäste verschreckt. In Ha-Ha Carnival treibt dagegen ein gemeiner Clown in einem Vergnügungspark sein Unwesen und verwandelt diesen in einen Alptraumpark.
Die Inszenierung der Fälle orientiert sich zunächst sehr eng am Ausgangsmaterial: Zu sehen ist der berüchtigte Van mit der Aufschrift „The Mystery Machine“ aus der Seitenperspektive, wie er durch eine dunkle Landschaft fährt. Dann folgt ein Schnitt in die Fahrerkabine, in der die Scooby-Gang einige Gags macht und die Storyprämisse des folgenden Abenteuers erklärt. An den jeweiligen Handlungsorten angekommen, weichen die Entwickler vom Serien-Schema ab: Wie in der Serie teilt sich die Gang in zwei Gruppen auf. Die eine Gruppe besteht aus Shaggy und Scooby, die andere aus Velma, Daphne und Fred. Letztere bekommen wir während des Gameplays nicht zu sehen, und sie tragen auch nichts zur Lösung der Fälle bei. Nur bei der abschließenden Demaskierung der Bösewichte sind sie wieder dabei. Stattdessen rücken die Entwickler das Duo aus Shaggy und Scooby in den Mittelpunkt, was aufgrund des Slapstick-Charakters eines Adventures natürlich naheliegt. Außerdem überlassen sie Shaggy die Lösung des jeweiligen Falls, sicherlich auch eine Konzession an den begrenzten Speicherplatz der Plattform.

Als weitere Konzession an den geringen Speicherplatz kann sicherlich die geringe Zahl der Räume gewertet werden. In jeder Episode gibt es rund drei Handvoll Räume zu erkunden, die zahlreiche Gegenstände bereithalten. Diese werden genretypisch mal mehr, mal weniger logisch miteinander kombiniert, um in der Geschichte weiterzukommen. Außerdem verzichtet das Spiel auf allzu lange Dialoge und setzt den Fokus auf die Rätsel und kleinen Slapstick-Animationen, etwa wenn es zu den bekannten Verfolgungsjagden zwischen dem Duo und den verkleideten Gangstern kommt.
Die Rätseldichte ist daher sehr hoch. Kein Raum dient nur als einfacher Durchgang, in jedem Raum gibt es mindestens etwas mitzunehmen. Positiv hervorzuheben ist, dass die Gegenstände, mit denen das Duo interagieren kann, deutlich zu erkennen sind. Das besonders damals oft genutzte Pixelhunting entfällt in diesem Spiel. Dennoch sind die Rätsel nicht gerade einfach. Ich kam häufig nur durch simples Ausprobieren weiter. Ein Beispiel? Um einen Mitarbeiter des Hotels zu rufen, reicht es nicht, an der Rezeption zu klingeln. Es braucht etwas Lauteres. Eine Kuhglocke vielleicht? Passenderweise ist außerhalb des Hotels eine solche Glocke eingefroren beim Schneemann zu finden. Jetzt brauchen wir nur noch eine Schaufel, um den Schneemann kaputtzumachen. Und die gefrorene Kuhglocke wird in der Küche in der Mikrowelle aufgetaut. Ich muss aber natürlich auch sagen, dass ich lange nicht so ein geübter Adventure-Spieler wie Sascha bin. Wahrscheinlich würde er die Rätselketten sehr viel schneller durchschauen als ich.
Trotzdem: Für mich sind solche Rätselketten der Grund, warum ich mittlerweile insbesondere an alten Adventures spielerisch abpralle. Es ist für mich nicht intuitiv, mich in Gedankengängen der Entwickler hineinzufuchsen. Zumal sich in diesem Fall das Inventar auch sehr schnell füllt.






Kommen wir damit zur Steuerung. Wie ist es den Entwicklern gelungen, ein Genre, das sich am besten mit der Computermaus spielen lässt, auf eine Konsole umzusetzen? Ich würde sagen: relativ gut. Mit dem Steuerkreuz werden Shaggy und Scooby direkt durch die Szenerien bewegt. Per Tastendruck kann jederzeit der Cursor-Modus ein- oder ausgeschaltet werden. Im Cursor-Modus wird mit dem Steuerkreuz der Bildschirm nach Gegenständen abgesucht. Zehn Verben stehen zur Interaktion zur Verfügung, wobei die häufigsten natürlich Take, Open und Use sind. Alle anderen Verben werden eher selten eingesetzt. Mit der C-Taste lässt sich jederzeit zwischen Verben und Inventar wechseln. Soll ein Objekt aus dem Inventar verwendet werden, klickt zuerst auf Use, wechselt dann ins Inventar, um einen Gegenstand auszuwählen, und schließlich auf den jeweiligen Einsatzort auf dem Bildschirm. Natürlich funktioniert das mit einer Maus wesentlich intuitiver, aber mit der Zeit gewöhnt man sich an die Controller-Steuerung.
Grafisch erkennt man die Inspiration überdeutlich auf den Screenshots: LucasArts. Genauer gesagt: Day of the Tentacle sowie Sam & Max. Warum auch etwas schlecht selbst erfinden, wenn man gut kopieren kann? Der Stil mit den schrägen Winkeln passt sehr gut zum Cartoon-Thema und wurde auch richtig gut umgesetzt. Ich persönlich hätte mir vielleicht einen Grafikstil gewünscht, der den Zeichenstil der Serie etwas besser einfängt, aber für Mega-Drive-Verhältnisse (Stichwort: Begrenzung des Speicherplatzes!) sieht das richtig, richtig gut aus! Lediglich den Soundtrack finde ich ein wenig uninspiriert und generisch. Hier hätten die Entwickler mit einem etwas gruseligeren Thema eine bessere Atmosphäre schaffen können.
Ach ja, natürlich kann auch nicht gestorben werden. Ihr seid also frei, alles auszuprobieren und selbst in den Endkämpfen mit den Verbrechern habt ihr alle Zeit der Welt, die richtigen Gegenstände zu kombinieren. Auch gibt es glücklicherweise keine zeitkritischen Eingaben, wie es sie häufig bei den Adventures auf dem PC gab.

Wie ging es mit der Illusions Gaming Company und Scooby Doo weiter?

Für das Studio Illusions Gaming Company war Scooby-Doo Mystery der Auftakt einer Handvoll Adventures. 1996 folgte das Adventure-Spiel zur kurzlebigen Cartoon-Serie Blazing Dragons, die zwischen 1996 und 1998 als britisch-französisch-kanadische Koproduktion entstand und von Monty-Python-Legende Terry Jones und Emmy-Preisträger Gavin Scott erdacht wurde. Terry Jones war auch an der Entwicklung des Spiels beteiligt. Das Spiel erhielt seinerzeit gute bis sehr gute Wertungen und war das bekannteste Adventure des Studios. Ungewöhnlicherweise wurde auch dieses Spiel allein auf Konsolen (Sony Playstation und Sega Saturn) veröffentlicht. Eine Windows-Version war wohl mal angedacht, wurde jedoch nie produziert.
Mit dem Spiel Duckman: The Graphic Adventures of a Private Dick begannen die Probleme des Studios. Das Spiel wurde für Windows entwickelt und basierte auf einer damals in den USA sehr populären Serie des Cartoon Network. Doch der ursprüngliche Publisher bekam zum Ende der Produktion finanzielle Schwierigkeiten, und das Studio fand keinen weiteren Publisher in den USA. Ein Grafikadventure und das auch noch in aufwendiger 2D-Cartoongrafik? Dieses Wagnis wollte in den USA schließlich niemand eingehen – obwohl das Spiel ja bereits fertig war. Der deutsche Publisher Funsoft, damals auch Herausgeber der LucasArts-Spiele, lokalisierte das Spiel und brachte es 1997 auf den deutschen Markt unter den Namen „Duckman: Ente süß-sauer“ – die einzige Veröffentlichung des Spiels weltweit. Problem: Anders als in den USA war die Serie Duckman in Deutschland nahezu unbekannt und wurde nur kurzzeitig im Nachmittagsprogramm von RTL II ausgestrahlt.
Das letzte Spiel der Illusions Gaming Company war Beavis & Butt-Head – Do U. Es hatte mit erheblichen Entwicklungsschwierigkeiten zu kämpfen, da Serienschöpfer Mike Judge zu dieser Zeit MTV bereits verlassen hatte und mit seiner Fox-Serie King of the Hill stark eingebunden war. Da Mike Judge jedoch einen Vertrag hatte, der es verbot, dass jemand anderes als er selbst Beavis und Butt-Head sprechen durfte, blieb für die Sprachaufnahmen nur äußerst wenig Zeit. Dadurch musste das Studio auf alte Sprachaufnahmen aus der Serie zurückgreifen, was dem Writing des Spiels alles andere als guttat. Als das Adventure 1998 für Windows endlich erschien, war die große Zeit der MTV-Chaoten bereits vorbei – das Spiel floppte schließlich.
Für Spürnase Scooby Doo hingegen verlief die weitere Zukunft im Spielebereich erfolgreicher. Neben zahlreichen, mehr oder minder gelungenen, Actionspielen für Playstation 2, Game Boy Advance und weiteren Plattformen der 2000er, ist vor allem die Trilogie der Adventurespiele aus dem Hause The Learning Company äußerst interessant!



Diese Trilogie besteht aus den Titeln Show Down in Ghost Town, Phantom of the Knight sowie Jinx at the Sphinx. Die drei Titel wurden in den Jahren 2000 und 2001 für Windows veröffentlicht, wobei die ersten beiden Spiele auch deutsche Versionen erhielten. Entwickelt wurden die Spiele von TerraGlyph Interactive, einem Studio, das sich seit Mitte der 90er Jahre auf Grafikadventures für Kinder spezialisiert hatte. Bekannte Spiele des Studios waren unter anderem Hansel & Gretel and the Enchanted Castle aus dem Jahr 1995, Tiny Toon Adventures – Buster and the Beanstalk aus dem Jahr 1996 sowie Kidsongs – Musical Mystery.
Wie bei Adventures für Kinder in jener Zeit üblich, wurden die Inventarrätsel durch klassische Logikrätsel und arcadige Minispiele ersetzt. Zudem überzeugten die Produktionswerte. Die Grafiken waren herrlich detailliert – nicht nur die Figuren, sondern auch die Hintergründe. Für die Synchronisation wurden die damaligen Synchronsprecher der Filme engagiert und auch der Humor traf die Stimmung der Scooby-Filme der späten 90er Jahre nahezu perfekt. Und im Gegensatz zum Adventure fünf Jahre vorher, wurde hier auch die restliche Gang sehr gut eingebaut.
Zum Abschluss noch ein Ohrwurm aus meinem Lieblings-Scooby-Film Scooby-Doo on Zombie Island aus dem Jahr 1998. Ein Film, der auch heute noch verdammt sehenswert ist und einer der vergleichsweise gruseligsten Scooby-Filme (an dem gemessen, dass sich die Reihe seit jeher an Kinder gerichtet hat).

Richtig toller Artikel. Danke für die Einordnung des Spiels in allerlei Zeitlinien. Mich verbindet nichts mit der Serie, weil zu meiner Zeit die Feuersteins liefen. Als ich das erste Mal eine Folge Scooby gesehen habe, war ich wohl schon zu alt für den Einstieg – und komme mit der Intelligenz des Hunds einfach nicht klar 🙂