Wer kennt ihn nicht? Diesen Drang, nach einem langen Arbeitstag noch ein wenig die Konsole oder den Computer anzuwerfen und abzuschalten? Ein wenig Eskapismus auszuleben und in völlig fremde Welten abzutauchen? Neues Leben zu entdecken und neue Zivilisationen? Um dort endlich endlich dem bisher schamhaft verborgenen Laster nachzugeben: Der Putz-Lust? Wenn ihr euch angesprochen fühlt, dann ist dies hier euer Test.
Das bisschen Haushalt
Das Spiel zur Mysophobie hört auf den Namen Powerwash Simulator und macht von Anfang an klar, dass hier nicht einfach mit einem Schwämmchen und einer kleinen Schrubber-Bürste gereinigt wird. Nein, hier packen die Spieler das ganz große Gerät aus und rücken dem Dreck mit Hochdruckreinigern zu Leibe! Auch die gestellten Aufgaben sind ein wenig größer als der Küchenfußboden oder die zwei Wohnzimmerfenster, die zuhause auf euch warten. Im Laufe des Karriere-Modus spielt ihr euch unter anderem durch einen echt verdreckten Garten, einen heruntergekommenen Spielplatz, das beschmierte Haus des Bürgermeisters und weitere Level wie eine Feuerwehrstation, Statuen oder einen Waschraum, der schlimmer aussieht als alles, was ihr bisher an einer Autobahn-Raststätte gesehen habt. Dazu gibt es noch einen großen Fuhrpark: Beginnend mit dem gebraucht gekauften Lieferwagen eurer Reinigungsfirma spritzt ihr auch einen Hubschrauber, einen großen Bohrer oder einen Monster Truck ab.
Bereits im Grundspiel enthalten sind noch einige Bonus-Aufgaben wie der Mars Rover oder eine alte Lok. In einem Freies-Spiel-Modus könnt ihr die bereits freigespielten Schauplätze erneut besuchen und mit bis zu fünf Mitspielern gemeinsam wirbeln. Zusätzlich bieten die beiden mittlerweile erhältlichen DLCs das Croftsche Anwesen aus Tomb Raider sowie Fahrzeuge und Orte aus Final Fantasy VII, die ihr sauber schrubben dürft. Während Clouds Motorrad noch halbwegs flott vom Dreck der Straße befreit ist, könnt ihr euch für die Bar Seventh Heaven mal den Abend freihalten.
Da der Schmutz an allen Seiten klebt, kann sich eure Spielfigur hinknien und auch -legen oder auf verschiebbare Hocker, Leitern und Gerüste klettern. Das ist auch deshalb nötig, weil auch das stärkste Gerät natürlich nur eine begrenzte Reichweite hat. Um festerem Schmutz an den Kragen zu gehen, könnt ihr die Düsenbreite einstellen. Faustregel: Je kleiner, desto stärker der Strahl, und desto weniger Chancen für den Dreck.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt
Im Laufe des Spiels könnt ihr weitere Reinigungsgeräte samt Verlängerungen freispielen oder kaufen und gegen im Spiel verdientes Geld auch rein optische Verzierungen draufklatschen. Außerdem schaltet ihr bessere Seifenarten frei, die sich für unterschiedliche Dreck-Arten eignen. Wenn ihr mit dem Reiniger auf ein Objekt zielt, wird in der oberen linken Ecke neben dem Namen des Gegenstands und der Prozentangabe des gereinigten Anteil auch die geeignete Seife eingeblendet. Aber Vorsicht: Im Gegensatz zum anscheinend selbst auf dem Mars in unbegrenztem Maße zur Verfügung stehenden Wasser verbraucht sich die Seife – und kostet Geld, wenn ihr sie nachfüllt.
Dieses Geld wiederum müssen wir in jedem Level erspielen. Für jeden einzelnen gereinigten Gegenstand wie zum Beispiel eine Hundehütte gibt es einen kleinen Betrag, der eurem Konto gutgeschrieben wird. Das geht von kleinen Schildern bis zu großen Wänden, was sich allerdings selten finanziell groß unterschiedlich niederschlägt. Vor allem, da ihr sowieso alles reinigen müsst, um einen Level abzuschließen. In eurer Übersicht seht ihr jederzeit, was euch noch fehlt. Und das läppert sich. In die größeren Level-Bauten könnt ihr schon mal eine Stunde oder mehr versenken, in denen ihr meditativ dauer-feuert… äh… dauer-wassert.
Dieser Fortschritt sollte euch übrigens Lohn genug sein. Denn eine fortlaufende Story werdet ihr hier selbst unter der dicksten Dreckschicht nicht freilegen. In kurzen Textnachrichten wird euch der jeweilige Auftrag präsentiert. Und ob dies nun ein Einwohner Muckinghams, des Hauptspiel-Schauplatzes, ist oder Lara Croft: Mehr als “Mach mal hier sauber” plus einer Ausrede, warum es so dreckig ist, bekommt ihr nicht geboten.
Dirty Laundry
Technisch reißt der Powerwashing Simulator keine Bäume aus, läuft aber jederzeit flüssig. Wäre auch noch schöner, weil bis auf den Dreck und ein paar wenige Physikeffekte die komplette Umgebung statisch ist. Die detailarme Grafik lässt Wünsche offen, ist aber vorzeigbar. Vor allem der Vorher-Nachher-Vergleich bei gereinigten Stellen könnte dennoch ein wenig mehr Liebe vertragen: Zwischen total verdreckt und (bei richtiger Düsenstärke) völlig sauber liegen ein bis zwei Sekunden, in denen die Oberfläche noch etwas dunkler ist. Nach dieser Phase trocknet das Wasser und es blitzt und blinkt wie bei einer Meister Propper-Werbung. Ähnlich wie in besagten Spots ist auch die Linie zwischen dreckig und sauber wie mit dem Lineal gezogen. Auch wenn ich mich schon frage, warum ich mir ausgerechnet in diesem Spiel mehr Realismus wünsche: Das sieht mir alles zu unecht aus.
Fazit
Neidisch blickte ich bisher auf andere Spieler, die während ihrer Zockerei einem Podcast lauschen konnten. Mich riss eine solche Nebenbei-Beschallung regelmäßig aus dem Spiel. Hier jedoch nicht. Was wahrscheinlich daran liegt, dass ich in der ganzen Zeit, die ich mich mit dem Spiel beschäftigt habe, nie wirklich drin war. Der Powerwash Simulator ist einerseits nie spannend, andererseits mit seiner quälend langsamen Progression auch nie ent-spannend. Wer aber einfach nur ohne Hektik ein wenig die Finger auf dem Controller bewegen will, kann hier auf seine Kosten kommen.
- Herausforderungsloses Putz-Spiel
- Einzelspieler und Multiplayer
- Für Einsteiger
- Preis: 24,99 Euro
- In einem Satz: Wasch mich, ich bin der Frühling!
Dieser Artikel erschien erstmals am 18. März 2023 auf GamersGlobal.de