Die ersten Adventures
Im bereits erwähnten Murdercide 2017 schlüpft ihr in die Rolle des Ermittlers Jon Murphy und bahnt euch per Mausklick euren Weg durch eine „weichgespülte Cyberpunk-Detektivgeschichte“. Dafür, dass es so kurz ist, hat es immerhin 20 Minuten an englischen Sprachaufnahmen zu bieten. Ihr könnt es kostenlos auf itch.io herunterladen. Durch den Unity-Hintergrund stehen alle vorgestellten Spiele für Linux, MacOS und PC zur Verfügung. Außerdem werdet ihr bei nahezu allen Spielen auf eine Zwei-Tasten-Maussteuerung treffen, auch wenn PowerQuest zum Beispiel auch ein Neun-Verben-Interface à la LucasArts unterstützen würde.
Als nächstes entstand innerhalb von nur fünf (!) Tagen Peridium für den Adventure Jam 2017, in dem ihr die Horror-Geschichte des Mykologen Dr. James Turner erlebt. Ihr seid bereits seit zehn Jahren als Forscher auf einer antarktischen Forschungsbasis stationiert. Zusammen mit eurer Frau steht ihr kurz vor dem Abschluss eurer Studie über uralte Pilzorganismen, die tief unter dem Eis begraben sind, als plötzlich etwas vollkommen schief läuft… Auch dieses Spiel ist auf Englisch inklusive Sprachausgabe kostenlos auf itch.io zu finden.
Der Beitrag zum Adventure Jam 2018 war Alluvium, das innerhalb von zwei Wochen erstellt wurde und, wie es bei solchen Spielen des Öfteren passiert, im Nachhinein noch etwas Feinschliff spendiert bekommen hat. Nachdem euer Flugzeug an einem abgelegenen Küstenabschnitt Papuas abgestürzt ist, sitzt ihr in der Rolle von Bauingenieur Ian Forrester in der Wildnis fest. Hungrig und allein müsst ihr versuchen zu überleben, bis Rettung kommt. Und dabei beten, dass euch euer dunkles Geheimnis nicht einholt… Auch hier gilt wieder: Englisch mit Sprachausgabe und kostenlos auf itch.io.
Und wie soll es anders sein? Auch beim Adventure Jam 2019 waren Powerhoof dabei. Diesmal mit The Inanimate Mr. Coatrack, das euch in eine Frankenstein-Parodie entführt. Als Dr. Victor Bernhardt versucht ihr, mithilfe des kürzlich verstorbenen Organspenders Argyle Coatrack den Tod zu überlisten und neues Leben zu erschaffen. Es erwarten euch fluchende Untote, versaute Witze und jede Menge abgetrennte Gliedmaßen. Wenn euch das nicht abschreckt, findet ihr das Spiel wieder einmal mit englischer Sprachausgabe kostenlos auf itch.io. Diesmal sind auch deutsche Texte enthalten, die ihr innerhalb des Spiels einschalten könnt.
Die Adventures der 2020er Jahre
Das erste Adventure aus der Feder von Lloyd in diesem Jahrzehnt war You’re Watching Icebox! aus dem Jahr 2020, eine irre Parodie auf eine in die Jahre gekommene Fernsehsendung für Jugendliche. Als Moderator Reggie Plunkett (ob seine Nase wohl die Inspiration für den neuen Guybrush war?) steht ihr kurz vor der Absetzung eurer Show und eure letzte Chance ist es, die Performance eures Lebens abzuliefern! Allerdings müsst ihr euch dafür unter anderem mit gefährlichen Tieren, einem brennenden Set, einem Scheidungsanwalt und einer deutschen Techno-Gruppe auseinandersetzen. Insgesamt bietet das Gesamtpaket eine halbe Stunde spaßige Unterhaltung inklusive einer gut gelungenen englischen Vertonung. Diesmal gibt es zwar keine deutschen Texte, dafür könnt ihr euch neben dem eigentlichen Spiel auch den Sourcecode kostenlos herunterladen.
Im gleichen Jahr erschien zum AdvXJam 2020 der Beitrag Intergalactic Wizard Force, in dem ihr diesmal gleich zwei Protagonisten durch ein intergalaktisches Abenteuer im Stil einer Comic-TV-Serie steuern dürft. Da wäre zum einen der kosmische Held Prinz Xandar und zum anderen der Magier Maldrek, deren individuelle Zaubersprüche ihr an den Bewohnern und Objekten der besuchten Planeten ausprobieren könnt. In der etwa halbstündigen Spielzeit erlebt ihr eine skurrile Geschichte, erkennt den Hintergrund eurer magischen Kräfte und deckt ein dunkles Geheimnis über eine Weltraum-Delikatesse auf… Alles wunderbar verpackt in netter Pixeloptik mit toller englischer Sprachausgabe. Interessierte Entwickler bekommen beim kostenlosen Download auch hier wieder den Sourcecode mitgeliefert.
Für die Adventure Jams 2021 und 2022 gab es dann eine kleine Abkehr von den vorherigen Comic-Adventures und Lloyd besann sich auf eine frühere Ära der Adventure-Geschichte. Zumindest optisch erinnern The Telwynium – Book One aus dem letzten und The Telwynium – Book Two aus diesem Jahr mit ihrer EGA-Dithering-Grafik nämlich eher an Sierra-Adventures, die Ende der 1980er Jahre erschienen. Auf Dead-Ends und vor allem Tode hat man verzichtet, auch wenn das Thema deutlich ernster als bei den Vorgängerspielen ist: Ihr müsst in der Rolle des jungen, angehenden Abenteurers Pendar Calden mit einer Handvoll anderer Bewohner euer Dorf „Willows Dene“ verlassen, das von den „Shadowfell“ überfallen und niedergebrannt wurde. Bei eurer Flucht Richtung Westen passieren natürlich allerlei unerwartete und unerfreuliche Dinge. Beide Spiele sind wieder komplett auf Englisch kostenlos erhältlich, aber Vorsicht: Die Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt und enthält Cliffhanger. Diesmal wurde auf eine Sprachausgabe verzichtet, aber der Sourcecode wird wieder mitgeliefert.
Die Adventures von anderen Entwicklern
Im Laufe der letzten Jahre hat sich das Thema PowerQuest schon ein wenig in der Indie-Adventure-Szene herumgesprochen. Und so haben sich manche Entwickler getraut, ihr eigenes Spiel mit der neuen Umgebung zu erstellen. Dabei haben manche ihre ersten Versuche für einen eigenen Adventure-Jam-Eintrag genutzt.
Eines der bekanntesten Beispiele ist die Game-Jam-Edition von Loco Motive, die für den AdvXJam 2020 erstellt wurde. In diesem Comic-Pixel-Abenteuer, das in einem fahrenden Zug stattfindet, werdet ihr in der Rolle des Anwalts Arthur Ackerman ungewollterweise in einen Mordfall verwickelt. Denn leider wurde eure Arbeitgeberin und Besitzerin der „Wald-Bahn“-Zuggesellschaft von einem Unbekannten ermordet. Hinter dem Spiel steckt das Indie-Studio Robust Games, das derzeit aus der Grundidee ein vollwertiges kommerzielles Spiel erstellt, das noch in diesem Jahr für MacOS, PC und Switch erscheinen soll. Die kostenlose „Schnupper-Version“ könnt ihr aber immer noch auf itch.io herunterladen.
Für den 2021er Adventure X Jam hat sich Indie-Entwickler Deivore ebenfalls PowerQuest als Tool zur Umsetzung von Perilous Wilde ausgesucht. Herausgekommen ist dabei ein Old-School-Adventure im Sierra-EGA-Stil, in dem ihr in der Haut der tapferen Amelya Conner und ihrer Waldbande von Verbannten die Rettung einer Stadt gegen schurkische Eindringlinge plant. Neben dem Spiel findet ihr bei den kostenlosen Downloads auch den Quelltext.
Erst vor kurzem erschien Powers in the Basement von Illiterate Code Games. Im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Spielen kommt hier das bekannte Neun-Verben-Interface zum Einsatz, das LucasArts zu seinen besten Zeiten groß gemacht hat. Auch die grafische Gestaltung ist an das große Vorbild angelehnt. Das Spiel dreht sich um eure Suche nach eurem Lieblings-Metal-Shirt, damit ihr endlich rausgehen und mit euren Freunden abhängen könnt. Die versprochene Spielzeit von fünf bis sechs Stunden werdet ihr aber wohl eher nicht erreichen, auch wenn manche Rätsel schon etwas Zeit brauchen. Probiert es dort einfach selbst einmal aus und ladet das Spiel kostenlos auf itch.io herunter.
Um den Überblick zu behalten, hat Powerhoof zu allen erschienenen PowerQuest-Adventures die Sammlung „Made with PowerQuest“ erstellt. Ein Blick könnte sich für euch lohnen, denn hier findet ihr noch das ein oder andere Spiel, das ich in diesem Artikel unterschlagen habe.
Die Zukunft von PowerQuest
Die ersten größeren Projekte, die mit PowerQuest erstellt werden, stehen nun in den Startlöchern. Neben dem bereits erwähnten Loco Motive wäre da zum Beispiel die Vollversion von The Will of Arthur Flabbington (die Demo gibt es auf itch.io kostenlos) des Indie-Studios Gugames, das potentiell verwirrende SF-Abenteuer Paradox von Streetpizza und natürlich das ganz am Anfang erwähnte The Drifter von Powerhoof selbst.
In diesem „Pulp-Adventure-Thriller“, der seine Inspiration aus Motiven von Stephen King, Michael Crichton und John Carpenter zieht, werdet ihr als Mick Carter direkt zu Beginn des Spiels Zeuge eines brutalen Mordes und daraufhin selbst zum Mordopfer. Doch damit fangen eure Probleme erst richtig an, denn ihr werdet plötzlich Sekunden vor eurem Tod wieder lebendig, und zwar in eurem eigenen Körper. Nun müsst ihr euch mit Mordbeschuldigungen auseinandersetzen, und habt außerdem das Gefühl, als würde euch etwas von der „anderen Seite“ aus verfolgen… Ihr dürft also gespannt sein, ein Veröffentlichungstermin steht aber noch nicht fest.
Und, last but not least, wird Return of the Amazon Queen, das vom Hauptentwickler des ersten Teils John Passfield stammt, ebenfalls mit PowerQuest erstellt. Bis auf einen Mini-Teaser und wenigen Konzeptzeichnungen wurde aber bisher noch nicht viel vom Spiel öffentlich gezeigt.
Und dies werden sicherlich nicht die letzten Spiele sein, die mit PowerQuest entstehen. Die Entwicklungstools selbst werden stetig weiterentwickelt und laut Aussagen von Lloyd mutmaßlich irgendwann kostenpflichtig über den Unity-Store vertrieben, sobald diese einen gewissen Entwicklungsstand erreicht haben. Aber auch eine Veröffentlichung als Open-Source-Projekt wäre denkbar, sobald Lloyd nicht mehr an PowerQuest weiterentwickeln sollte.
Ich hoffe, ich konnte euch einen guten Überblick über dieses Nischen-Produkt vermitteln und bedanke mich bei euch fürs Lesen!
(Dieser Beitrag erschien zuerst am 1. Juli 2022 auf GamersGlobal)
Das große Pfund von AGS ist, dass die Inhalte – nach eventuellen Anpassungen – über ScummVM laufen und der Web-Export, für Einfaches, relativ gut funktioniert. Mit Visionaire gibt’s Adventures, die gut flutschen wie Zeug das crasht. Bei AGS nachteilig sind die technischen Defizite wie die geringe Plattformunterstützung. Hier punkten Frameworks, die auf den Schultern von allerwelts Spiele-Engines sitzen. Alles was auf Unity basiert, mehrere Köche in der Küche hat, kommt dann mit Unity eigenen ‚Herausforderungen‘ – mitunter ein zweischneidiges Schwert. Sobald Godot reifte und good enough ist, könnte das eine gute Basis (Popochiu) sein.
Gute Spiele sind mit allen möglich: D-List Diva (AGS), Under the Sea (Visionaire), Stowaway (Unity+PowerQuest) und Out Of Chalk (Godot).
Ich mag’s, dass bei itch teils auch mit angegeben wird, welche Technologie verwendet wurde; so kann man gezielt Problematischem vorneweg aus dem Weg gehen. Das Ausführen eines Spiels über VMs und EMUs ist eh klasse, da man sich nicht mehr mit System-Rangeleien raufen muss.
Adventure Gedudel: Path Around the Jungle / Indiana Jones and the Fate of Atlantis (AdLib)