Das Adventure Game Studio ist eines der bekanntesten Tools für die Umsetzung von Point-and-Click-Adventures. Ein ehemaliger AGS-User arbeitet vergleichsweise unbemerkt an einer modernen Alternative.
Das Indie-Studio Powerhoof kennt ihr vielleicht vom Multiplayer-Dungeon-Crawler mit dem passenden Namen Crawl aus dem Jahr 2017. Oder von dem abgedrehten Multiplayer-Spaß Regular Human Basketball, das ein Jahr später auf den Markt kam. Oder vielleicht vom 2D-Action-Adventure Acid Knife, das noch in diesem Jahr erscheinen soll.
Neben diesem bunten Strauß an Indie-Titeln hat Powerhoof aber vor allem eine große Portion Liebe für Point-and-Click-Adventures zu bieten, was unter anderem The Drifter, das Herzensprojekt von Entwickler und Studio-Mitgründer Dave Lloyd, im Laufe des Jahres noch beweisen soll. Dies ist aber beileibe nicht das erste Adventure von Lloyd. Denn bereits viele Jahre vor der Veröffentlichung seines Adventure-Tools PowerQuest wurde der Grundstein gelegt. Diese moderne Alternative zum Adventure Game Studio möchte ich euch in diesem Artikel gerne einmal genauer vorstellen. Doch zunächst soll es um die Anfänge des Studios gehen.
Die Anfänge bis zur Gründung von Powerhoof
Der Australier Dave Lloyd ist ein typischer Adventure-Liebhaber der alten Schule. Groß geworden mit den üblichen Verdächtigen der beiden größten Grafik-Adventure-Schmieden LucasArts und Sierra, wuchs der Wunsch in ihm, auch einmal selbst Adventures zu erstellen, und so kam er Anfang der 2000er Jahre zum Adventure Game Studio. In der AGS-Community wurde er schnell als Duzz bekannt und war dort einige Jahre recht aktiv.
Unter dem Namen Wintermute Studios (den er heute zwar für etwas peinlich hält, aber damals als super cool empfunden hat) brachte er eine Handvoll AGS-Adventures heraus, die durchaus schon beachtlich waren – vor allem, wenn man berücksichtigt, dass dies seine ersten Gehversuche in der Adventure-Entwicklung waren. Falls ihr euch einen Eindruck von seinem Frühwerk verschaffen möchtet, solltet ihr euch einmal The Unicated aus dem Jahr 2011 ansehen.
Ungefähr zur Mitte der 2000er Jahre schaffte es Lloyd, in der Spielbranche Fuß zu fassen und arbeitete dann eine Zeit lang für EA bei den Firemonkeys Studios. Auf der Arbeit traf er Barney Cumming, der recht schnell von einem Kollegen zu einem guten Freund wurde. Zuletzt arbeiteten die beiden hauptsächlich an Mobile-Titeln wie Die Sims – Freispiel oder Mass Effect Infiltrator, was die Freunde aber letztlich nicht erfüllte.
Der Wunsch nach kreativer Freiheit wurde immer größer, bis Lloyd und Cumming 2013 entschieden, ihre Jobs bei EA hinzuwerfen und in Melbourne gemeinsam ein neues Indie-Studio zu gründen. Als Namen hatten sie sich auf Powerhoof geeinigt und den Huf auch sogleich als Logo definiert. Die Rollenverteilung war dabei auch von Anfang an klar: Lloyd übernahm den Part des Programmierers und Cumming den des Künstlers. Das Label Wintermute Studios war damit zwar Geschichte, aber das Adventure-Genre sollte Lloyd zukünftig auch noch weiterhin begleiten.
Erste Gehversuche und die Geburt von PowerQuest
Auch wenn beide Neu-Unternehmer für die Firmen-Gründung ein wenig Kapital angespart hatten, mussten sie natürlich möglichst schnell Geld verdienen. Als Entwicklungsumgebung wählten Sie Unity, was ihnen die Möglichkeit gab, ihre Spiele gleichzeitig für mehrere Plattformen zu programmieren. Das erste Projekt war Crawl, das sie 2013 angekündigt und 2014 in den Steam Early Access gebracht hatten. Somit war der erste Geldfluss gesichert. Die Vollversion sollte dann drei Jahre später für Linux, MacOS, PC, Playstation 4, Xbox One und Switch erscheinen.
In den neun Jahren, in denen das Studio nun existiert, wurden zwei Dinge klar: Beide hatten eine Vorliebe für Game-Jams und (vor allem Lloyd) immer noch für Point-and-Click-Adventures. Im Jahr 2017 wurde es für Lloyd mal wieder Zeit, ein Adventure zu erstellen. Allerdings war er schon lange nicht mehr mit AGS unterwegs und Unity nicht gerade auf 2D-Point-and-Clicks spezialisiert. Lloyd musste also improvisieren und seine eigenen Tools erstellen. Da er bereits einige Erfahrung mit AGS gesammelt hatte, wünschte er sich dessen vergleichsweise einfache Bedienung zurück. Seine eigenen Adventure-Tools sollten die Stärken von AGS nehmen und sie mit der modernen und leistungsstarken Unity-Engine kombinieren.
Zusammen mit den neuen Tools entstand Murdercide 2017, das wohl als erstes zwar sehr kurzes aber vollwertiges Adventure, das mit PowerQuest erstellt wurde, gelten dürfte – obwohl der Name PowerQuest damals wahrscheinlich noch nicht feststand. Es folgten unter anderem Einträge für die Adventure Jams 2017 und 2018 und seine Adventure-Tools wuchsen währenddessen mit. Im Jahr 2019 war Lloyd dann an dem Punkt angelangt, an dem er PowerQuest mit der Welt teilen wollte. Und er besann sich auf seine Anfänge zurück und ließ seine Freunde aus der AGS-Community daran teilhaben.
Wenn ihr euch für die technischen Details von PowerQuest interessiert, empfehle ich euch das Einführungs-Video, das Lloyd dazu erstellt hat. Ihr könnt das Tool auch selbst ausprobieren, derzeit ist es noch kostenlos auf itch.io erhältlich. In Zukunft könnte es allerdings möglicherweise nur noch kostenpflichtig über den Unity-Store verfügbar sein.
Doch kommen wir nun zum Wesentlichen: Auf der nächsten Seite stelle ich euch einige der Spiele vor, die mit PowerQuest erstellt wurden.
Das große Pfund von AGS ist, dass die Inhalte – nach eventuellen Anpassungen – über ScummVM laufen und der Web-Export, für Einfaches, relativ gut funktioniert. Mit Visionaire gibt’s Adventures, die gut flutschen wie Zeug das crasht. Bei AGS nachteilig sind die technischen Defizite wie die geringe Plattformunterstützung. Hier punkten Frameworks, die auf den Schultern von allerwelts Spiele-Engines sitzen. Alles was auf Unity basiert, mehrere Köche in der Küche hat, kommt dann mit Unity eigenen ‚Herausforderungen‘ – mitunter ein zweischneidiges Schwert. Sobald Godot reifte und good enough ist, könnte das eine gute Basis (Popochiu) sein.
Gute Spiele sind mit allen möglich: D-List Diva (AGS), Under the Sea (Visionaire), Stowaway (Unity+PowerQuest) und Out Of Chalk (Godot).
Ich mag’s, dass bei itch teils auch mit angegeben wird, welche Technologie verwendet wurde; so kann man gezielt Problematischem vorneweg aus dem Weg gehen. Das Ausführen eines Spiels über VMs und EMUs ist eh klasse, da man sich nicht mehr mit System-Rangeleien raufen muss.
Adventure Gedudel: Path Around the Jungle / Indiana Jones and the Fate of Atlantis (AdLib)