Im Rahmen meines Game-Boy-Top-50-Rankings habe ich angekündigt, dass ich mir eventuell die Sega-Konsolen vorknöpfen werde. Und hier sind wir nun mit dem Master System. Master System? Nicht Mega Drive oder Dreamcast? Die beiden Konsolen werden sicherlich auch noch kommen, aber beginnen wir tatsächlich mit einer sehr unterschätzten Konsole.
Das Master System ist die dritte Generation von Segas SG-Konsolen, deren erste Version, Sega SG-1000, bereits 1982 in Japan erschien. Es war Segas Versuch, auf dem Markt der Heimkonsolen Fuß zu fassen; bis dahin war Sega vor allem als Hersteller von Arcade-Spielen bekannt. Die dritte Weiterentwicklung wurde schließlich weltweit unter den Namen Master System veröffentlicht und verkaufte sich schätzungsweise 15 Millionen Mal.
Nach Regionen aufgeschlüsselt:
Japan: ca. 1.000.000 verkaufte Einheiten
Nordamerika: ca. 2.000.000 verkaufte Einheiten
Europa: ca. 6.800.000 verkaufte Einheiten
Brasilien: ca. 5.000.000 verkaufte Einheiten
(Quelle: “Historien om Sega” vom schwedischen Spielejournalisten Martin Lindell)
Wie ihr seht, floppte das Master System in Japan und den USA. Die Gründe liegen sicherlich in Nintendos Vertragsbedingungen mit der Spieleherstellern: Nintendo hatte damals in ihren Verträgen die Klausel, dass die Spiele, die für das NES veröffentlicht werden, Exklusivtitel sein müssen. Das bedeutete, dass es den Drittherstellern nicht erlaubt war, ihre Spiele eins zu eins auf andere Konsolen zu portieren. Demzufolge fanden Firmen wie Konami, Square oder Capcom so gut wie ausschließlich auf Nintendos Heimkonsole statt. In den USA konnte Sega lediglich Activision und Parker Brothers für die Entwicklung von Spielen gewinnen. Demzufolge musste Sega den Spielenachschub zum großen Teil selbst organisieren – entweder durch eigene Entwicklung oder durch Aufträge an unabhängige Studios.
Der Erfolg in Europa lässt sich folgendermaßen erklären: Statt eine eigene Niederlassung in Europa aufzubauen, lizenzierte Sega 1987 die Konsole an etablierte europäische Firmen wie Mastertronic (Großbritannien), Master Games (Frankreich) und Ariolasoft (BRD), die das Master System erfolgreich als Arcade-Maschine für Zuhause vermarkteten. Insbesondere die stärkere Technik im Vergleich zu damaligen Heimcomputern wie dem C64 sorgte für Interesse. Gleichzeitig war Nintendo noch nicht selbst auf dem europäischen Markt aktiv; der Aufbau von Nintendo of Europe erfolgte erst ab 1989. Die Verkaufszahlen waren entsprechend gut und so begannen sich auch europäische Entwickler für das Master System zu interessieren.
Erfolgreich war das Master System zudem in Brasilien, wo der dortige Spielehersteller TecToy die Lizenz einkaufte und die Konsole erfolgreich vertrieb. Nintendo war damals auf dem südamerikanischen Markt nicht aktiv und das Master System für lange Zeit die einzige Konsole, die es offiziell auf dem brasilianischen Markt gab. Auch in Australien und Südkorea war das Master System einigermaßen erfolgreich.
Und das ist tatsächlich eine sehr interessante Ausgangslage: Wir haben hier eine Konsole, die in den USA und Japan völlig floppte – da die dortigen Märkte zu dieser Zeit fest in der Hand von Nintendo waren. In anderen Märkten wie Europa, Brasilien oder Australien war das Master System jedoch erfolgreich. Sega entschied sich, für diese Märkte bis in die 90er Jahre hinein Spiele zu produzieren. Das funktionierte auch deswegen gut, weil Segas Handheld Game Gear im Wesentlichen auf die Technologie des Master Systems basierte. So konnten leicht Spiele für beide Geräte entwickelt werden.
In Japan wurde der Support bereits Ende 1988, mit der Veröffentlichung des Mega Drive, eingestellt. In den USA hielt Sega länger durch: bis zum Jahr 1992. Mit der Veröffentlichung des ersten Sonic-Spiels für das Master System war jedoch auch hier Schluss. In Europa wurden bis 1996 Spiele veröffentlicht und in Brasilien bis 1998.
Im folgenden Ranking werden wir also keine Spiele von Capcom, Konami und anderen namhaften Drittherstellern jener Zeit sehen. Stattdessen werden wir interessante Ports von Arcade- und Heimcomputerspielen finden, sowie zahlreiche Eigenentwicklungen und eindeutige Klone von erfolgreichen Nintendo-Spielen. Dennoch bietet das Master System eine überraschende Bandbreite an Genres, einige Innovationen und noch überraschender: erstaunlich wenige Gurken!
Zu den Spielecovern auf den folgenden Seiten
Wann immer es möglich ist, werde ich aus ästhetischen Gründen die japanischen Spielecover verwenden. Insbesondere in den ersten Jahren sahen die westlichen Spielecover mit den Zeichnungen vor kariertem Weiß ziemlich furchtbar aus. Als Beispiel drei Gegenüberstellungen der westlichen und japanischen Spielecover.
OK… “Krusty’s Fun House”, davon besaß ich die Game-Boy-Variante. Es hatte damals gewissermaßen eine größere Bedeutung für mich, weil meine Schwester es mir aus den USA mitgebracht hatte, kurz nachdem meine andere Schwester verstorben war. Es diente mir in dieser Zeit auch irgendwie als Ablenkung, sofern das überhaupt möglich war. Und dabei mochte/mag ich keine Simpsons und keine Clowns. Und das Spiel war viel zu schwierig für mich. Ich hatte mich vielleicht bis zur dritten(?) Welt vorgekämpft, weiter war ich nie gekommen. Dennoch ist das Spielprinzip interessant. Dass es von “Rat Trap” abgekupfert wurde, habe ich bislang noch nicht gehört. Das interessiert mich dann doch, zumal es keine Clowns und keine Simpsons beinhaltet. 😉 Mal sehen, ob man dazu noch irgendwelche Let’s Plays findet.
Sehr schönes Ranking. Hat Spaß gemacht zu lesen. Natürlich bin ich nicht immer der gleichen Meinung (Klax auf Platz 4???) aber genau das ist ja das Schöne daran. Ansichten zu lesen, die nicht mit den eigenen übereinstimmen und dadurch eine völlig neue Sichtweise auf die Dinge kennenzulernen.
Bin überrascht vom Master System. Hatte das immer auf dem Radar wie so eine Atari 2600. Wie habe ich mich da getäuscht! Was für ein geiles Gerät! Als 10jähriger Bub wär ich da bestimmt voll abgegangen. Leider war mir eine Kindheit mit Konsole nicht vergönnt. 🙁 Aber danke für diesen Überblick, hat mir großen Spaß gemacht!
Das Master System hatte so unglaublich tolle Games auch. Das war der Grund warum ich damals unbedingt einen Game Gear haben wollte. Sonic, Wonderboy III, Castle of Illusion und die ganzen Disney Lizenz Games waren einfach großartig! Der Game Boy hatte zwar Mario, aber ich hatte mit dem Game Gear fast ein wenig mehr Spaß damals… 😀
Schade nur, dass der Game Gear zum großen Teil wirklich nur aus 1:1 Ports von Master System bekommen hat.
Stimmt, aber teilweise auch an den Screen angepasst wie z.B. Sonic oder Wonderboy III. 😉
Gab aber auch einige tolle Exclusives, ich verlinke mal die Liste für Eure Leser hier:
https://en.wikipedia.org/wiki/Category:Game_Gear-only_games