Nightmare Frames

Der Beitrag “Spiele-Check: Nightmare Frames – Packender Adventure-Thriller” erschien zuerst am 28.06.2023 auf GamersGlobal als User-Inhalt unter Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 3.0 DE DEED.

Der spanische Indie-Entwickler Postmodern Adventures ist einer der vielversprechendsten Newcomer der Adventure-Szene seit Dave Gilbert mit seinem Studio Wadjet Eye Games den Weg für kommerzielle AGS-Adventures geebnet hat. Bereits 2020 hat sich die Spieleschmiede mit ihren kostenlosen Spielen Billy Masters Was Right und Urban Witch Story einen Namen gemacht und insgesamt neun Trophäen bei den AGS-Awards 2020 eingeheimst, jetzt erscheint mit Nightmare Frames der erste kommerzielle Titel. Die im letzten Jahr veröffentlichte Demo-Version wurde prompt als „Best Demo“ bei den AGS-Awards 2021 ausgezeichnet, was die Vorfreude bei den Genre-Fans noch weiter gesteigert haben dürfte.

Klassiker in der Moderne

Der Name ist Programm bei Postmodern Adventures: Die Präsentation der oben genannten Vorgänger orientiert sich an Klassikern von LucasArts und Sierra On-Line der 1980er Jahre. Während diese also an frühe SCUMM-Adventures wie Maniac Mansion und SCI-Abenteuer wie Police Quest erinnern, mutet Nightmare Frames mehr wie ein klassisches 1990er-Pixel-Adventure mit einfacher Zwei-Tasten-Maus-Steuerung an, mit der ihr wie gewohnt mit der rechten Taste alles ansehen und mit der linken Taste interagieren könnt. So viel will ich meinem Check schon mal vorwegnehmen: Mit seinem neuen Titel hat das Studio einen rundum gelungenen Einstand im kommerziellen Bereich abgeliefert, der sich vor vergleichbaren Titeln wie der Blackwell-Serie nicht verstecken muss.

Nichts für Zartbesaitete: Splatter-Horror als Grundthema

Das Spiel setzt mit seinem Einstieg, den ich hier allerdings nicht verraten möchte, einen perfekten Rahmen für die Handlung des Spiels und macht direkt klar, dass es blutig zugehen wird. Die Geschichte spielt im Hollywood des Jahres 1985 und dreht sich um den mittlerweile desillusionierten Horror-Drehbuch-Autor Alan Goldberg. Der ist es leid, sich immer weitere haarsträubende Fortsetzungen zu seinen Slasher-Filmen ausdenken zu müssen. Durch die liebevolle Gestaltung und Beschreibungen der Filmposter, die ihr zum Beispiel in seinem Büro findet, fängt das Spiel die Atmosphäre der 1980er Horror-Szene ein, und schaffte es in mir Erinnerungen an Filme auszulösen, die ich als Teenager eigentlich nicht hätte sehen sollen. Aber auch ansonsten tropft aus allen Ecken und Enden der Geist der 80er aus dem Bildschirm.

Ihr schlüpft also in die Rolle von Goldberg, der gerade unter einer Schreibblockade leidet. Eure Hoffnung ruht auf dem Produzenten Peter Evans, der bereit wäre, anspruchsvollere Projekte für euch zu finden. Leider müsst ihr direkt zu Beginn feststellen, dass dieser Selbstmord begangen hat und damit eure Träume begraben hat. Euch geht aber nicht in den Kopf, warum ein so reicher und erfolgreicher Mann sich das Leben nehmen sollte, also forscht ihr nach, was dahinter steckt. Ihr findet eine Spur zu einer dubiosen Filmproduktionsfirma, die einen Kontakt zu einer ultrareichen Filmsammlerin herstellt, die auch mit Peter Evans geschäftlich zu tun hatte. Sie beauftragt euch, einen verschollenen Film zu finden, den niemals jemand gesehen haben soll. Es soll sich dabei um den schlimmsten und verstörendsten Horrorfilm aller Zeiten handeln…

Spannende Geschichte, starke Dialoge, logische Rätsel

Schon lange war ich in einem Adventure nicht mehr so in einem Flow wie bei Nightmare Frames. Die Rätselketten greifen logisch ineinander und lassen euch auch parallel an verschiedenen Aufgaben knobeln. Adventure-Todsünden wie Pixelhunting, Dead Ends, sinnlose Spieler-Tode oder Benutze-alles-mit-allem-Rätsel sucht ihr hier vergebens. Die Geschichte entfaltet sich immer weiter und hält bis zum Schluss die Spannung hoch. Ihr erlebt verschiedene Abschnitte im Spiel, bei denen immer mal wieder euer Inventar geleert wird und ihr vor komplett neue Aufgaben gestellt werdet. Als ich irgendwann dachte, dass es bald zu Ende sein müsste, hat mich das Spiel sogar noch mit einem unerwarteten längeren Final-Abschnitt überrascht.

Die Charaktere sind toll geschrieben und die Portraits, die bei Dialogen eingeblendet werden, schön gezeichnet. Die Pixelgrafik ist natürlich bewusst Old-School, aber passt einfach perfekt zu dem 1980er-Jahre-Ambiente. Die Steuerung ist selbsterklärend und erspart euch lange Laufwege und Klickarbeit. Die Gespräche laufen wie üblich per Multiple-Choice ab. Interessanterweise wurde sogar ein Quick- und Autosave-System eingebaut, das ich sehr angenehm fand. Das Spiel hat zwar keine Sprachausgabe, aber gut übersetzte englische Texte (die Originalversion ist in Spanisch erstellt worden). Auf Nachfrage teilte der Entwickler mit, dass derzeit keine weiteren Sprachversionen geplant sind. Je nachdem, wie sich das Spiel verkauft, könne sich dies aber in Zukunft noch ändern. 

Fazit

Aufgrund der beiden Vorgängerspiele hatte ich hohe Erwartungen an Nightmare Frames, und diese wurden tatsächlich noch übertroffen! Wenn ihr über die Sprachbarriere hüpfen und euch mit der Pixel-Optik anfreunden könnt, erwartet euch ein wirklich gelungener Point-and-Click-Thriller mit haufenweise Anspielungen auf Horrorfilme und die 1980er im Allgemeinen.

Für mich war es eine tolle Zeitreise in die Vergangenheit, und ich hatte mindestens genau so viel Spaß wie mit den besten Wadjet Eye-Titeln. Insgesamt ist es für ein Indie-Adventure überraschend lang, mit acht bis zehn Stunden Spielzeit könnt ihr in etwa rechnen. Ihr könnt das Spiel ab heute bei Steam und itch.io erwerben.

  • Point-and-Click-Adventure mit Pixel-Optik für PC
  • Einzelspieler
  • Für Einsteiger bis Profis
  • Preis: 10,99 Euro
  • In einem Satz: Must-Have-Titel für Old-School-Adventure-Fans mit Englischkenntnissen und Faible für Horrorfilme der 1980er Jahre
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Über TheLastToKnow

Adventure-Fan aus dem Ruhrpott, groß (aber nicht erwachsen) geworden mit den SCUMM-Adventures in den 1990er Jahren. Spürt immer wieder kleine Indie-Perlen auf und zerrt sie ans Tageslicht.

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