Monarchy

Im Jahr 2015 sollte ein kleines Indie-Team mit Kingdom ein neues Genre begründen: Strategische 2D-Sidescroller, die trotz „Cozy-Gaming-Vibes“ bockschwer sein können und euch die Spielmechaniken durch Ausprobieren herausfinden lassen. Das Kingdom-Franchise ist mittlerweile enorm gewachsen und führt euch beispielsweise auch in die Wikinger-Zeit oder in Kingdom Eighties in die namensgebenden 1980er. Auch „Kingdom-Likes“ werden immer wieder gesichtet. Zum Beispiel das sehr gute Sons of Valhalla vom deutschen Indie-Entwickler Pixel Chest, das mit seinem sehr kampforientierten Ansatz eigene Akzente setzen konnte. Mit Monarchy von Brain Seal Ltd. ist am 6. November ein neues Kingdom-Like erschienen. Wie es sich spielt, verrate ich euch im Test.

Vom Zelt zur Burg

Neben einer kleinen Einführung, die euch genretypisch wenig verrät (aber immerhin, dass euer Pferd grasen muss, wenn es ausgepowert ist) gibt es drei Szenarien: „Banditenland“, „Die Belagerung“ und „Winterritter“. Kurz nach Release kam noch „Sichere Lande“ hinzu. Ihr startet stets mit einem Begleit-Bogenschützen. Fällt er, könnt ihr euch einen neuen rekrutieren. Dieser ist sehr hilfreich, kann er doch einzelne Gegner ausschalten und Tiere jagen, die wiederum Münzen fallen lassen. Und wie in Kingdom braucht ihr Münzen für so ziemlich alles, zum Beispiel für die Rekrutierung von Flüchtlingen aus ihren Baracken.

Zunächst solltet ihr jedoch euer Zelt aufschlagen. Das macht ihr, wo ihr wollt, denn Bauplatz ist nicht beschränkt. Ein ausreichend großer Bauplatz findet sich stets in der Nähe eures Startpunkts. Dann habt ihr eine begrenzte Reichweite, innerhalb derer ihr Bäume fällen, Arbeiter in die Mine schicken oder neue Gebäude bauen könnt. Mit dem Zeltbau bekommt ihr auch eure ersten Blaupausen: Einen Bogenmacher, einen Werkzeugmacher und einen Monolith, bei dem ihr bei jedem Upgrade des Hauptgebäudes (später habt ihr mehr als nur ein Zelt) eine von zwei Technologien auswählen könnt. Zum Beispiel mehr Münzen beim Baumfällen oder beim Jagen. Da Tiere respawnen, habe ich zuletzt eher auf die Jagd gesetzt. In einer schnellen Partie oder einem tierarmen Szenario wie „Winterritter“ ist Baumfällen wohl etwas besser. Täglich schaut ein Marktkarren vorbei und bringt euch entweder Gold oder einen Bürger. Ihr müsst stets am Vortag entscheiden, welche „Bestellung“ euch der Karren heranschaffen soll.

Um euer Zelt aufwerten zu können, müsst ihr erst einmal alle Gebäude eurer aktuellen Technologie-Stufe errichten, dazu gehören auch die Palisaden. Diese erhöhen dann auch gleich wieder eure Reichweite, was durch kleine Fähnchen in der Spielwelt angezeigt wird. Die erste Stufe erkauft ihr euch mit Gold. Danach müsst ihr an einem Baum einen Batzen Gold gegen Holz tauschen. Für die letzte Stufe gilt es, aus Gold Steine zu machen, ihr solltet also „steinreich“ sein. Aufstiege bringen euch nicht nur Zugang zu neuen Technologien, sondern auch neue Blaupausen.

Fun Fact: Der Begriff „steinreich sein“ stammt aus dem Mittelalter und bedeutet so reich zu sein, dass man sein Haus aus Steinen bauen konnte. In Städten wie Konstanz, damals Bischofssitz, war die Zuschaustellung von Reichtum natürlich besonders wichtig. Findige Bürger verputzten ihr Fachwerkhaus daher gerne in Stein-Optik.

Gebäudevielfalt und regionale Besonderheiten

Der Bau neuer Gebäude ist überlebenswichtig. So bringt euch die Kürbisfarm ein stetes Goldeinkommen, im Bauernhaus lässt sich täglich ein Untertan rekrutieren und die Türme spielen eine wichtige Rolle bei der Belagerung – erst recht, wenn ihr von Belagerungsgerät angegriffen werdet. Das Upgraden eures Stammsitzes erlaubt es euch auch, die Mauern und Türme zu verbessern.

In der Gegend gibt es neben Baum und Steinbruch auch Goldminen, den Fallenverkäufer und den Stall, bei dem ihr euch zügig ein neues Pferd anschaffen solltet. Was die Mühle bringt, wird allerdings nicht auf den ersten Blick klar. Einmal aktiviert erhöht sie möglicherweise die Erträge der Farmen.

Falls ihr euch fragt, warum ihr mit euren Bogenschützen nur die Basis verteidigen und nicht den Feinden zu Leibe rücken könnt: Dazu benötigt ihr hochstufige Gebäude, in denen ihr dann Schwertkämpfer, Armbrustschützen und Belagerungsgerät rekrutieren könnt. Mit einer weiteren Münze schließen die Rekruten sich euch an und ihr könnt euch endlich aktiv verteidigen.

Gefährliche Nächte und Attacke

Bereits die erste Nacht ist ziemlich gefährlich und wenn ihr schlecht geplant habt oder auch ein bisschen Pech bei der Jagd hattet, endet die Partie ganz schnell. Da jede Nacht schwieriger wird, solltet ihr euch außerdem mit dem Fortschritt nicht zu viel Zeit lassen. Eure Bogenschützen verteilen sich gleichmäßig auf beide Seiten, so ihr denn in dem Szenario von beiden Seiten angegriffen werdet. Fällt eine Mauer, ziehen sie sich automatisch zurück. Dennoch gibt es genug Gelegenheiten, in denen sie vorzeitig ableben können. Eine Gesamtübersicht eurer Einheiten gibt es nicht. Ihr seht nur, was eure Spielfigur sieht. Das bedeutet auch: Es gibt keinen Radar, der euch vielleicht sogar die Feinde anzeigt. Über die Geräuschkulisse könnt ihr aber mitbekommen, wenn beispielsweise eine Mauer einstürzt. Tagsüber stromern die Bogenschützen auch vor den Wällen und erlegen Wild, das ihnen vor den Bogen kommt.

Wenn ihr weit genug vorangeschritten seid, um eine Armee aufzustellen, könnt ihr beispielsweise erst Banditenhöhlen ausräuchern und ausrauben, um Gold und Blaupausen als Belohnung zu erhalten. Der finale Kampf ist dann jeweils eher einfach. Zumindest dann, wenn ihr mit voller Mannstärke antretet. Der Kampf muss aufgrund des Rekrutierungslimits dann aber auch gewinnbar sein.

Spielmodi

Die verschiedenen Spielmodi unterscheiden sich deutlich. Klar, „Sichere Lande“ ist ein harmloser Baukasten, in dem ihr gefahrlos die Spielmechaniken ausprobieren könnt. Als kompletter Neueinsteiger in dieses Genre ist dies sicherlich auch eine gute Idee, denn Monarchy ist trotz kleinerer Vereinfachungen seit Release eher ein knackiger Vertreter seiner Art.

Die Karte „Banditenland“ eignet sich gut für dich Jagd und es gibt auch eine Goldmine. Hinter den Bäumen lauern dem wagemutigen Monarchen manchmal Banditen auf. In Räuberhöhlen warten Gegner, Schätze und Blaupausen. Angegriffen werdet ihr von beiden Seiten. Ein schnelles Pferd solltet ihr also so schnell wie möglich erstehen. Ziel ist es, das Banditenfort auszurotten.

Im Szenario „Belagerung“ lauert der Feind nur rechts von euch. Es gibt Wild en masse. Die Gefahr durch die belagerten Ritter ist aber größer als die durch die Banditen. Im Szenario „Winterritter“ gibt es kein jagdbares Kleinvieh und auch sonst nur wenig Wild, dafür aber mindestens zwei Goldminen. Der Wegfall des Jagdeinkommens macht den Spielstart deutlich schwieriger, zumal ihr ab der ersten Nacht massiv von Rittern angegriffen werdet – von beiden Seiten. „Winterritter“ ist daher das schwierigste Szenario.

Sollte das Spiel einschlagen, kann ich mir gut vorstellen, dass es um neue Szenarien und Gegner erweitert wird. Und sei es als eine Art Reskin, zum Beispiel in einem Piratenszenario mit euch als König der Piraten, der gegen Rotröcke kämpft. Wikinger sind natürlich auch ein beliebtes Thema. Aber auch so könnt ihr schon etwas Abwechslung reinbringen, denn alle Szenarios lassen sich auch im Multiplayer erleben.

Multiplayer

Multiplayer ist im lokalen Splitscreen oder über Steam Remote Play möglich, letzteres haben TheLastToKnow und ich gemeinsam ausprobiert. Seinen Meinungskasten am Ende meines Artikels dürft ihr euch nicht entgehen lassen. Ich habe erstmals Steam Remote Play genutzt und es lief nach kurzer Anfangshakelei hinsichtlich der Eingabegeräte völlig problemlos.

Im Multiplayer verkörpert ein Spieler den König, der andere die Königin. Letztere muss leider auf einen Begleitbogenschützen verzichten und kann auch keinen rekrutieren. Der König übernimmt daher auf jeden Fall die Rolle des Jägers. Ansonsten lassen sich die Aufgaben frei verteilen und auf der Couch oder per Voicechat, wir nutzten Discord, koordinieren. Gerade in den Szenarien, in denen ihr von beiden Seiten angegriffen werdet, noch dazu so lange ihr auf dem lahmen Startpferd unterwegs seid, ist das eine echte Hilfe. Und es macht, genau wie beispielsweise Overcooked oder Pizza Possum, zu zweit gleich noch mehr Spaß. Ihr solltet aber aufeinander achten, denn fällt einer der Monarchen, ist der Run sofort für beide Spieler beendet.

Kooperativ erstürmen TheLastToKnow und ich mit unserer Armee das Banditenlager.
Im Koop ist Monarchy etwas einfacher und macht sogar noch mehr Spaß.

Fazit

Gut geklaut ist halb gewonnen. Klar, Monarchy schreit förmlich „Kingdom“. So wie viele Soulslikes „Dark Souls“ rufen. Allerdings ist Monarchy kein simpler Klon, der lediglich Asset-Swap betreibt. Trotz vieler Gemeinsamkeiten bringt es auch eigene Ideen wie die freien Bauplätze und die Technologiewahl ein. Die kindliche Freude, selbst die Mechaniken zu entdecken, hat es von Kingdom zum Glück übernommen. Genau wie den hohen Spielspaßfaktor. Vom Balancing her gehört es zu den tendenziell etwas schwereren Vertretern, gerade im Vergleich zum recht leichten Kingdom Eighties. In der Pre-Release-Version gab es nur einen Schwierigkeitsgrad, ich denke er entsprach „Normal“. Jetzt sind „Einfach“, das würde ich für Genreeinsteiger empfehlen, und „Experte“ hinzugekommen. Nach Release habe ich weiter auf „Normal“ gespielt. Wenn ihr alle Szenarios geschafft habt, könnt ihr euch noch an „Experte“ wagen. Im Ergebnis ist Monarchy natürlich ein stark von Kingdom inspiriertes Spiel, das aber seine Eigenheiten mitbringt, handwerklich sehr gut gemacht ist, einen hübschen Comiclook bietet und vor allem viel Spaß macht. Und nach einer verlorenen Partie möchte ich direkt nochmal starten und es besser machen. Das habe ich mir nach diesem Test auch fest vorgenommen (gerne auch im Koop), denn noch habe ich nicht alle Level meistern können.

Und was sagt TheLastToKnow dazu?

Vor Monarchy hatte ich mit Kingdom-Like Spielen nur sehr wenige Berührungspunkte. Die Mobilversion des Genre-Begründers Kingdom hatte ich vor Jahren nur oberflächlich begutachtet und ist dann schnell wieder in der Versenkung verschwunden. Umso überraschter war ich, dass Monarchy mich mit der Einführungsmission motivieren konnte, direkt weiterzuspielen. Die Spielmechanik erschließt sich erst beim Spielen, was bei mir gut funktioniert hat. Doch Monarchy ist kein leichtes Spiel und vergibt euch eure Fehler nicht. Wenn ihr euch beispielsweise zu früh zu weit von eurer Basis entfernt, kann das schon einmal zu eurem vorzeitigen Bildschirmtod führen. Als frustierend habe ich das nicht empfunden, eher als motivierend, das ganze einfach nochmal zu probieren. Wenn ich gescheitert bin, dann durch Unwissenheit oder Eigenverschulden.

Das Highlight ist für mich der Koop-Modus im Split-Screen. In der gemeinsamen Session mit Vampiro haben wir zwar ein ein paar Versuche gebraucht, um das gewählte Szenario zu knacken, aber mit der Zeit haben wir gelernt, uns zu koordinieren und möglichst effizient vorzugehen. Der gemeinsame Sieg war dann doppelt so schön!

Selbst als Neuling auf diesem Gebiet könnt ihr viel Spaß mit Monarchy haben, vor allem da die Steuerung per Gamepad oder Tastatur denkbar einfach ist und wenig Einarbeitungszeit erfordert. Somit hält sich das Spiel an den Grundsatz, den Atari-Gründer Nolan Bushnell geprägt hat: „Easy to learn, difficult to master!“

Offenlegung: Wir haben zwei kostenlose Rezensionsexemplare dieses Produkts von keymailer.co erhalten. (Vampiro für seinen YouTube-Kanal, TheLastToKnow für DKSN)

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Über Vampiro

Variety Gamer seit Crystal Castle auf dem Atari 2600 Junior. Mein Herz schlägt besonders für Strategie, Taktik, Wargames und Aufbau nebst allen Untergenres (wie Taktik-RPGs ;-) ).

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2 Comments on “Monarchy”

  1. Vielen Dank für den schön ausführlichen Test. Besonders schön ist für mich natürlich die Erläuterung von „steinreich“. So was liebe ich.
    Eine Frage allerdings: Du erwähnst ziemlich am Anfang des Textes „die Rekrutierung von Flüchtlingen aus ihren Baracken“. Wahrscheinlich habe ich später was überlesen, aber was passiert dann mit ihnen? Werden das Soldaten?

    1. Vielen Dank fürs Lesen und dein Feeback 🙂 Das mit „steinreich“ hatte ich mal auf einer historischen Stadtführung durch Konstanz (inklusive Beispiele vor Ort) gelernt, bin von sowas auch Fan 🙂

      Vielen Dank für die Rückfrage, das werde ich morgen noch etwas ausführen. Rekrutierte Menschen kleiden sich am Hauptgebäude ein und machen dann entweder nichts (oder werden mit entsprechender Technologie zur MIliz) oder, wenn verfügbar, schnappen sich einen vorbereiteten Job, also wenn du z.B. schon einen Bogen gekauft hattest werden sie Bogenschützen, oder sie besetzen einen Turm usw.

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