Hier geht es jetzt ans Eingemachte! Das Beleidigungsfechten geht in die nächste Runde. Jetzt kann sich niemand mehr hinter leeren Floskeln verstecken! Bis einer heult!
Dieses User-Rumble ist eine Gemeinschaftsproduktion von Jürgen und Sascha (a.k.a. TheLastToKnow). Da es etwas umfangreich geworden ist, haben wir das Ganze aufgeteilt. Wir empfehlen euch, zunächst Teil 1 zu lesen, in dem wir uns unter anderem mit der Geschichte der beiden Firmen und der Technik hinter den Spielen beschäftigen. In diesem Artikel gehen wir aber an den Kern der Sache: Welche Firma hat denn nun damals die besseren Spiele auf den Markt gebracht? Und sind die Dinger auch heute noch mehr als einen nostalgisch verklärten Blick auf die verstaubte Big Box wert?
Um den Artikel nicht völlig ausufern zu lassen, haben wir uns darauf geeinigt, uns nur auf die Schaffensjahre 1985 bis 1995 zu konzentrieren. In dieser Zeit veröffentliche LucasArts 11 Adventures, Sierra 52 (dazu noch einige VGA-Neuauflagen der ersten EGA-Spiele und natürlich die Spiele von Dynamics). Masse beiseite geschoben: Was taugt was? Was nicht?
Plappernde Piraten oder labernde Loser?
Spiele leben neben der Spielmechanik und der Technik natürlich vor allem von ihren Protagonisten. Wer käme schon auf die Idee, einen mürrischen Typen von A nach B zu schubsen, der ständig anderen Menschen aufs Maul geben möchte? Okay, Piranha-Bytes-Spieler, aber sonst? Gerade bei Adventures ist es wichtig, die eigene Figur zu mögen. Schließlich landen Spieler und Figur oft genug in Sackgassen und verbringen viel Zeit miteinander. George Stobbart wäre so ein Beispiel. Oder Simon. Aber welche ikonischen Figuren haben denn Sierra und LucasArts geschaffen, an die wir uns auch heute noch gerne erinnern? Und wie redselig sind diese freiwilligen und unfreiwilligen Helden?
Jürgen: Sierra deckt mit seinen Spielen hier ein weites Spektrum ab. Die Königsfamilie von Daventry bietet Märchen- und Royals-Fans viel Spaß. Sir Graham, der geheimnisvolle Gwydion oder Rosella samt ihrer Mutter Valanice haben alle Hände voll zu tun, ihr Reich ein ums andere mal zu retten. Gabriel Knight bekämpft das Übersinnliche, Larry Laffer seine Pechsträhne. Und während Roger Wilco uns zu den Sternen entführt, schleift uns Sonny Bond durch die verkommenen Hinterhof-Straßen der USA. Laura Bow stemmt sich gegen das Patriarchat, Robin Hood gegen den Sheriff von Nottingham. Es gibt so viel zu entdecken! Packt es an!
Die Dialoge der Spiele sind so unterschiedlich wie die Spielwelten selbst. Und während ich diese Zeilen tippe, kann ich mich einfach nicht entscheiden, welche Art mir besser gefällt. Zum Beispiel geht es in den beiden Conquest-Titeln und der Quest for Glory-Reihe vergleichsweise ernst zu. Gabriel Knight ist auch kein Quell der guten Laune, hat aber gerade in der ursprünglichen CD-Fassung des ersten Teils phantastische Sprecher und tolle Dialoge. Und mir gefällt die englische Fassung des zweiten Schattenjäger-Abenteuers trotz oder gerade wegen der unfreiwilligen Komik einiger Dialoge auch sehr gut. King’s Quest, ein Potpourri der unterschiedlichsten Sagen und Legenden, hat einen etwas leichteren Unterton und als Krönung der Humor-Schöpfung feiert Larry, Larry Laffer die hohe Kunst der tiefer liegenden Gags ab. Letzterer ist mein ganz persönlicher Höhepunkt der Sierra-Spiele. Was nur Menschen nicht nachvollziehen können, die die Spiele selber nie gespielt haben und den angeblich so bösen Sexismus dieser Reihe nur vom Hörensagen her kennen.
Während Sierra also die unterschiedlichsten Welten und Geschmacksrichtungen entwarf, gab es bei LucasArts praktisch immer das Gleiche: Ein humoriges Adventure, das sich einen Dreck darum kümmerte, ob die Situation etwas anderes hergegeben hätte. Police Quest – In Pursuit of the Death Angel wollte den Polizei-Alltag im Spiel abbilden. Schoss es dabei manchmal über sein Ziel hinaus? Aber klar! Gab es aber ein ähnlich ernstes Thema bei LucasArts? Moment, ich schau mal nach… Nein! Schlimmer noch: Beim Versuch, etwas Ernstes zu schaffen, kam mit Loom ein zwar faszinierendes, letzten Endes aber auch unfertig wirkendes Spiel raus. Gabriel Knight bekämpft Werwölfe, Vampire und einen Voodoo-Kult, während Guybrush Threepwood einen vergnüglichen Tag auf dem Rummelplatz verlebte! Okay, Indy hat wegen seiner Filmvorlagen einen guten Grund für den Humor. Den Punkt lasse ich mal gelten.
Sierra-ZitateLeisure Suit Larry 7:
„Au! Ich hasse es, mich an Papier zu schneiden!“
Gabriel Knight:
„Mind if I do?“
King’s Quest VII:
„Normalerweise vergesse ich nie ein Gesicht, aber bei dir mache ich eine Ausnahme.“
Leisure Suit Larry 7:
„You’re a prince, Larry!“
„That’s not what I would call it!“
Police Quest 3:
„Next time you enter a suspect dwelling, make sure both you and your gun are ready!“
Sascha: Wie ich schon im ersten Teil erwähnte, beziehe ich mich hauptsächlich auf die Adventures ab Mitte/Ende der 1980er Jahre bis Mitte/Ende der 1990er Jahre. Das bedeutet, ich dehne den Zeitrahmen natürlich so, wie es mir gerade passt. Dass Sierra in diesem Zeitraum mit deutlich mehr Sklaven, ähm, Angestellten, natürlich den Sieg in Bezug auf die Masse an (meist mittelmäßigen) Adventures davonträgt, dürfte wenig überraschen. Ebenso wenig verwundet es, dass die abgelieferte Qualität im Vergleich zu LucasArts deutlich abfällt, was im Laufe des Artikels mehr als deutlich wird. Aber kommen wir zunächst zu den Charakteren und Dialogen.
Betrachten wir die Jahre 1987 bis 1989: Wie im ersten Artikel bereits angerissen, erscheint 1987 mit Maniac Mansion der erste große Meilenstein der Point-and-Click-Geschichte. Auch aufgrund der revolutionären Möglichkeit, am Anfang einen Trupp aus drei Charakteren zusammenzustellen, die alle unterschiedliche Eigenschaften haben. Wer erinnert sich zum Beispiel nicht an Bernard, den Nerd, der später auch noch eine Hauptfigur im Nachfolger wurde? Nur ein Jahr später folgten die Abenteuer des Sensationsreporters Zak McKracken, der lustige ausgedachte Nachrichtenüberschriften am laufenden Band ablieferte und gerne Stewardessen in den Wahnsinn trieb. Und 1989 durftet ihr sogar einen der größten Abenteurer aller Zeiten spielen und den Film Indiana Jones and the Last Crusade auf innovative Adventure-Art neu erleben. Und in der Zwischenzeit bei Sierra? Der blasse Weltraumhausmeister Roger Wilco erlebt sein zweites und drittes langweiliges „Abenteuer“ und stirbt dabei tausend Tode. Der Loser Larry wird in dreimal die gleiche Situation geschickt und scheitert jedesmal (und stirbt dabei tausend Tode). Der Polizist Sonny Bonds läuft in zwei Adventures 100 Mal um sein Auto und stirbt trotzdem tausend Tode. Okay, die weitere Aufzählung spare ich mir, ich denke, ihr erkennt die Richtung.
Weiter geht es mit den Jahren 1990 bis 1992: Neben Bobbin aus dem ungewöhnlichen Musik-Magie-Abenteuer Loom erblickt auch der vermutlich beliebteste Adventure-Held aller Zeiten das Licht der Welt. In The Secret of Monkey Island aus dem Jahr 1990 feiert der Möchtegern-Pirat Guybrush Threepwood sein Debüt und begeistert die Spieler mit seinem Charme und Wortwitz. Gerade wenn es um Dialoge geht, ist dieses Spiel Vorreiter. Nicht nur aufgrund des legendären Beleidigungsfechtens. Im folgenden Jahr dürft ihr bereits sein zweites, noch größeres und schöneres Abenteuer namens Monkey Island 2 – LeChuck’s Revenge erleben. Und 1992 kehrt auch euer Lieblingsarchäologe mit dem großartigen Indiana Jones and the Fate of Atlantis zurück, was unter anderem auch wegen der unterhaltsamen Dialoge und Dialogrätsel zu Ruhm gelangt ist. Und bei Sierra: Gefloppte VGA-Neuauflagen und größtenteils lahme bis ganz nette Fortsetzungen. Ach ja, und wie heißt nochmal die Hauptfigur von EcoQuest – The Search for Cetus?
Damit sind wir bei den Jahren 1993 bis 1995: Zugegeben, mit Gabriel Knight hat Sierra mich tatsächlich dran bekommen. Abgesehen von der nervigen „Oh-Nein-ich-habe-einmal-zuviel-rechts-geklickt-und-muss-nochmal-alle-Befehle-durchklicken-bis-ich-wieder-beim-richtigen-Befehl-bin“-Steuerung und manchen Rätseln (*hust* Friedhof* hust*) war das ein gutes Spiel. Neben den üblichen Fortsetzungen darf Jürgen gerne noch erwähnen, was er für erwähnungswert hält. Ich konzentriere mich einfach auf die Higlights dieser Jahre, die wieder von LucasArts stammen: Mit Day of the Tentacle erscheint 1993 eins der bis heute beliebtesten und lustigsten Comic-Adventures aller Zeiten, gefolgt von Sam & Max Hit the Road, basierend auf dem Comic von Steve Purcell. Ein gewalttätiger Hase und sein treuer Hunde-Begleiter als dynamisches Detektiv-Duo? Schwer zu toppen. Im Jahr 1995 ist dann der Zenit schon wieder leicht überschritten: Vollgas – Full Throttle mit Ben, dem Anführer einer Motorradgang, und dem in Zusammenarbeit mit Steven Spielberg realisiertem Science-Fiction-Abenteur The Dig sind zwar immer noch gute Spiele, gehören aber nicht mehr zu den besten. Naja, um die Sierra-Konkurrenz zu toppen, reicht es noch.
LucasArts-Zitate
Zak McKracken:
„Zweiköpfiges Eichhörnchen greift zwei Camper auf einmal an!“
Indiana Jones and the Last Crusade:
„Ich verkaufe diese Lederjacken.“
Loom:
„Haben Sie einen Schwarm weiße Schwäne gesehen?“
The Secret of Monkey Island:
„Hinter dir! Ein dreiköpfiger Affe!“
Monkey Island 2 – LeChuck’s Revenge:
„Ich bin ein mächtiger Pirat!“
Indiana Jones and the Fate of Atlantis:
„Na gut, Jones… wie wirst du diese Statue in all diesem Müll finden?“
Day of the Tentacle:
„Bernard, komm her damit ich dich schlagen kann.“
Sam & Max Hit the Road:
„Sinnlose Gewaltanwendung ist MEIN Spezialgebiet.“
Vollgas – Full Throttle:
„Weißt du, was deiner Nase besser stehen würde? Die Bar!“
Jürgen: Adam Greene. Der Junge aus den beiden EcoQuest-Adventures heißt Adam Greene. Und wie viele Namen von Maniac Mansion hättest Du direkt parat?
Die lustigen Nachrichten bei Zak McKracken lasse ich selbstverständlich gelten. So wie die extrem lustigen Spiele-Verpackungen in Space Quest 4, richtig? Aber so langsam habe ich den Verdacht, dass du die Sierra-Sachen nie richtig gespielt hast. Sonst hätte dir der Humor nicht entgehen können. In Space Quest 3 – Die Piraten von Pestulon rettet Roger die berühmten Two Guys from Andromeda aus den Klauen der bösen ScumSoft-Firma und liefert sie bei Sierra ab. In Leisure Suit Larry Goes Looking For Love (In Several Wrong Places) gibt es nicht nur Herzblatt- sondern auch noch Bondfilm-Anleihen. Natürlich hat Sierra auch ernste Sachen im Angebot: Wenn du Bond lieber in ernsthaft spielen möchtest, kannst du zu Code-Name – Iceman greifen. Oder zum Beispiel in Manhunter – New York eine dystopische Zukunft entdecken. Noch mehr Abwechslung bietet dann Quest for Glory. Arabische und afrikanische Einflüsse, Horror und Volksmärchen. Hier wird nicht einfach nur stumpf der nächste Teil einer erfolgreichen Reihe unters Volk geworfen! Schade nur, dass der achte Larry-Teil nie über die erste Konzeptphase kam. Im Weltraum hätte ihn niemand stöhnen gehört.
Sascha: Also da ich Maniac Mansion zigmal durchgespielt habe, könnte ich dir die Namen der Protagonisten im Schlaf aufzählen. Dein Verdacht, dass ich die Sierra-Adventures nie richtig gespielt habe, ist ebenfalls nicht ganz richtig: Von manchen dieser Machwerke WÜNSCHTE ich bloß, dass ich sie nie gespielt hätte.
Spaß und Spannung oder langweilige Legenden?
Jürgen: Day of the Tentacle wird ja gerne wegen seiner Zeitreise-Geschichte abgefeiert. Dass Space Quest 4 dieses Genre bereits zwei Jahre zuvor bedient hat, wird gerne mal unterschlagen. Hier treibt sich Roger unter anderem in Space Quest 12 und Space Quest 1 herum! Und trifft in Space Quest 10 auch noch die Latex Babes. Klopf leiser, Spielerherz! Wer es etwas cartooniger haben möchte, kann auch in The Adventures of Willy Beamish einen ganz normalen Schulalltag erleben. Humor? Check!
Die einmalige Voodoo-Mischung New Orleans‘ zieht mich in Gabriel Knight – Sins of the Fathers in ihren Bann. In Gold Rush! durchquere ich die USA, um in Kalifornien mein Glück (und meinen Bruder) zu suchen. Es gibt so viele Möglichkeiten, in andere Welten gesogen zu werden. Herrlich! Einige der Serien bauen Stück für Stück aufeinander auf. Bei Leisure Suit Larry zum Beispiel ist es Usus, dass die Traumfrau des letzten Teils sich zu Beginn des neuen Spiels als Biest entpuppt. Auch Heart of China ist eine ganz eigene Welt: Hier prallen asiatische Kultur und überheblicher Amerikaner in den 1930er Jahren aufeinander. Großartig! Und auch wenn FMV-Spiele wie Phantasmagoria oder Gabriel Knight 2 heutzutage grafisch aus der Zeit gefallen wirken: Damals (TM) waren das unglaubliche Atmosphäre-Monster. Schade, dass die Original-Aufnahmen von Phantasmagoria verloren gingen. Eine nicht so komprimierte Version wie die damals auf sieben CD-ROMs erschienene Fassung hätte was.
Sascha: Der Vergleich zwischen Space Quest 4 und Day of the Tentacle hinkt doch gewaltig, schließlich ist die geniale Rätselmechanik in DOTT genau das, was das Spiel so einzigartig macht. In der Vergangenheit einen Baum fällen, damit in der Zukunft jemand befreit wird, der an genau diesem Baum hängt? Von solchen Rätseln kann Sierra nur träumen. Und die Idee einer Zeitreise an sich ist schon seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr neu.
Aber ich will mich gar nicht weiter damit beschäftigen, sondern widme mich lieber wieder den Abenteuer-Champions. Wer Spannung und Action in einem Adventure sucht, ist natürlich bei den beiden Indiana-Jones-Spielen bestens aufgehoben. Gerade Fate of Atlantis war aufgrund der fesselnden Geschichte mehr als ein Ersatz für einen neuen Indy-Spielfilm. In einem Wettlauf mit den Nazis entschlüsselt ihr das mystische Werk „Platos verlorener Dialog“ und reist auf der Suche nach dem versunkenen Kontinent Atlantis rund um den Globus. Ähnlich spannend und filmreif sind auch Vollgas und The Dig. Im ersteren findet ihr euch in einem Verschwörungs-Thriller im Biker-Milieu wieder. Direkt zu Beginn des Spiels wird euch ein Mord angehängt. Diesmal dürft ihr zusätzlich zu eurem Grips auch noch Gewalt anwenden, um eure Unschuld zu beweisen. Und in The Dig werdet ihr unfreiwillig in eine fremde Welt gebracht und mit dem Vermächtnis einer Alien-Rasse und den daraus resultierenden Möglichkeiten konfrontiert. Spannung garantiert.
Die Monkey-Island-Reihe wird auch heute noch für den Gilbertschen Humor verehrt, wobei auch Titel wie Day of the Tentacle und Sam and Max nicht weniger lustig sind. Sogar die frühen Spiele Maniac Mansion und Zak McKracken triefen vor augenzwinkerndem Humor (Benzin für die Kettensäge?). Und wer es ganz fantasievoll mag, kann mit Loom in eine ungewöhnliche Fantasy-Welt abtauchen. Für jeden etwas dabei, oder?
Raffinierte Rätselketten oder hämische Hindernisse?
Jürgen: Ich nutze mal meine Pole Position, um direkt das beliebteste Rätsel von Monkey Island 2 anzuprangern: Stichwort Monkey Wrench. Selbst in einem parserlosen Spiel dürften nur die allerverzweifeltsten Spieler auf die Idee gekommen sein, eine Banane mit einem Metronom zu verwenden. Und wer von euch hat wie ich bei Vollgas diese komplette blöde Wand getreten? Ja, Mo gibt ein paar Hinweise. Aber so richtig dolle war das alles nicht.
Sierra-Schnitzer brauche ich hier ja nicht aufzuführen. Kollege Sascha hat da bestimmt ein bis zwei Sachen auf der Pfanne. Und dass Sierra als erfolgreiche Firma zu lange auf den Parser gesetzt hat, ist unbestritten. Wer stoppt schon gerne ein erfolgreich laufendes System? Schön also, dass LucasArts hier die Vorarbeit von Sierra aufgegriffen und sich umgekehrt Sierra dann wieder an LucasArts orientiert hat. Die Zugangshürde für heutige Neu-Spieler ist natürlich niedriger bei einer Icon-Steuerung und so ein Parser will verstanden werden. Wobei Al Lowe (wie auch seine Kolleginnen und Kollegen) beim Wechsel der Engine samt der Bedienung schnell gemerkt hat, dass seine Spiele dann teilweise fast schon zu leicht wurden. Ergo baute er in Leisure Suit Larry 5 – Passionate Patti Does a Little Undercover Work alternative Lösungswege ein, um den Wiederspielwert zu erhöhen. Und natürlich hat kaum ein Spieler diese alternativen Lösungswege je genutzt.
Sascha: Interessant, dass es genau dieses eine Rätsel (Monkey Wrench) gibt, was aus der Rolle fällt. Was sagt das wohl über alle anderen Rätsel aus? Und dann ausgerechnet Vollgas, das vielleicht leichteste Adventure von LucasArts, als zweites Beispiel anzuführen, spricht wohl für sich. Im übrigen wäre es jetzt zu einfach, schlechte Sierra-Rätsel (*hust* Katzenhaarschnurrbart *hust*) aufzuführen. Ich frage einfach mal andersherum: Welche tollen Rätsel blieben denn bis heute in Erinnerung?
Ich gebe einmal ein paar Beispiele aus Lucas-Arts-Sicht: als Guybrush mittels Beleidigungsfechten den Schwertmeister besiegen, als Sam eine Katze mithilfe von Max umstülpen, mit Zak das Buttermesser verbiegen und als Skulptur verkaufen, mit Indy Sophia Richtung Messerwerfer schubsen, die gesamten Zeit-Rätsel in DOTT, als Ben den Barkeeper an seinem Nasenring auf die Theke zerren, …
Und auch hier muss ich einfach noch einmal erwähnen, dass es seit 1990 keine Dead Ends sowie Tode mehr gab, und selbst vorher waren diese nur sehr selten. Alternative Lösungswege gab es übrigens schon lange vor Larry 5, beispielsweise in Maniac Mansion. Und Indy 4 hat das perfektioniert, da man hier fast drei unterschiedliche Spiele hatte, je nachdem ob man lieber den rätsellastigen, actionreichen oder teambasierten Weg gehen wollte.
Wer übrigens wissen möchte, wie man sinnvoll Rätselketten entwirft, kann sich einmal diesen Blog-Eintrag von Ron Gilbert ansehen. Leider kommt das für die damaligen Sierra-Designer zu spät.
Fazit: LucasArts oder Sierra?
Jürgen: Laber Rhabarber. Hier wurden viele Worte ausgetauscht und diskutiert. Und wer hat jetzt gewonnen? Ich sag es frei heraus: Ich bin froh, dass ich nicht wählen muss. Es gibt so viele tolle Sachen von beiden Firmen, die auch heutzutage noch ein Spielchen wert sind. Aber wenn ich mit vorgehaltener Big Box bedroht werde und mich entscheiden müsste, würde ich mich natürlich für Sierra entscheiden. Für ein Sierra-Spiel mit Lösungsbüchern zwar, aber hier sind so viele meiner Lieblinge zuhause, die ich nicht missen möchte. Ich werde immer wieder gut unterhalten und finde auch heute noch für mich neue Spiele aus diesem irre großen Programm. Und ein Glück: Ich bin nicht allein. Wie Christian Schmidt so schön schrieb: „Wenn wir die anderen nicht mit Qualität schlagen können, dann doch zumindest mit Masse!“
Sascha: Wow, das war mal ein langer Schlagabtausch. Und auch wenn für mich wenig überraschend klar LucasArts triumphiert, gestehe ich doch ein, dass ich auch einigen Spaß mit Sierra-Adventures hatte. Und wie Jürgen schon richtig bemerkt hat, mit einem Lösungsbuch und viel Speichern und Laden kann man durchaus auch Sierra-Adventures spielen. Insgesamt bin ich froh, dass es beide Firmen gab und dass es unter anderem auch durch den Konkurrenzkampf so eine tolle Adventure-Zeit wie in den 1990ern gab.
Ich hätte einen ungewöhnlichen Vorschlag: Ich nenne nun meine Top-3-Sierra-Adventures und Jürgen macht das gleiche mit den LucasArts-Adventures.
Bei mir befindet sich auf dem dritten Platz Quest for Glory – So You Want To Be A Hero. Die Mischung aus Rollenspiel und Adventure habe ich geliebt und viel Zeit mit dem Aufleveln meines Charakters verbracht.
Auf Platz 2 folgt bei mir Leisure Suit Larry In the Land of the Lounge Lizards, ein Spiel, das wohl viele in der Jugend geprägt hat. Ich mag den Loser Larry, auch wenn das Spiel an sich heute nicht gut gealtert ist.
Und meine klare Nummer 1 ist Gabriel Knight – Sins of the Fathers. Das Voodoo-Thema fand und finde ich bis heute faszinierend, das Befragen der Personen und das Aufklären der Morde war für mich hochspannend und die übernatürlichen Elemente waren wunderbar in die Geschichte eingewoben. Über ein paar üble Rätsel kann ich auch heute noch großzügig hinwegsehen.
Und wie sieht es bei dir aus, Jürgen?
Jürgen: Aus zwei Handvoll Spielen eine Top 3 erstellen? Nichts leichter als das 🙂
Den drittniedrigsten Sockel verdient sich in meinem persönlichen Lucas-Tempel The Secret of Monkey Island. Als alter Piratenfreund konnte ich mich ganz hervorragend in Guybrush und seinen Wunsch versetzen. Mein Name ist Jürgen und ich will Pirat werden!
Silber geht bei mir an Day of the Tentacle. Ich bin als Spätgeborener mit dem Vorgänger Maniac Mansion nie so ganz warm geworden, aber dieses Spiel hier macht – die Synchro von Laverne mal beiseite geschoben – bis heute sehr viel Spaß.
Und im Olymp thront Indiana Jones and the Fate of Atlantis. Weil es bis kurz vor Schluss praktisch alles richtig macht. Und dann nicht…
Doch jetzt, liebe Leser, dürft ihr entscheiden. Wer gewinnt? LucasArts oder Sierra? Schreibt uns doch bitte eure Meinung in die Kommentare. Hat euch dieser „User-Rumble“ generell gefallen? War er zu lang, zu kurz oder genau richtig? War das Thema interessant genug? Auf jeden Fall Danke fürs Lesen!
(Dieser Artikel erschien zuerst am 18. Juni 2022 auf GamersGlobal)