Let’s Sing 2024 – Mehr als nur neue Lieder

Es gibt Spielereihen, nach denen sich der innere Kalender richten kann. Jedes Jahr aufs Neue spülen vor allem Sportspiele die neuesten Teile in die Geschäfte. Auch Let’s Sing ist jeden November mit einer neuen Sammlung an Songs in den Händler-Regalen und möchte Käufer mit relativ wenigen Neuerungen zum Kauf animieren. Aber der neueste Ableger, Let’s Sing 2024, bietet tatsächlich mehr als nur ein paar neue Lieder. Und diese Neuerungen des Karaoke-Programms möchte ich euch in diesem Artikel vorstellen.

Start me up

Der erste Schritt in der Gesangskarriere ist die Erstellung eures digitalen Gegenstücks. Der Baukasten bietet viele Versatzstücke zur Individualisierung des Gesichts, während der Rest des Körpers – abgesehen von den Händen, denn irgendwo muss das Mikrophon ja hin – schlicht nicht existiert. Im Laufe des Spiels schalten wir neue Accessoires wie Hüte, Brillen oder Handschuhe frei. Dazu müssen wir in unterschiedlichen Kategorien wie Balladen, Rock und dem Karriere-Modus die Stufen hinaufklettern. Diese Unterteilung wirkt willkürlich, da nach einem einzigen gesungenen Song gerne zwei dieser Kategorien mit unseren Erfahrungspunkten gefüllt werden. Vermutlich, damit immer eine Karotte vor der Nase baumelt. Da uns dieser Avatar in praktisch jedem Bildschirm begegnet, kann ein wenig visuelle Abwechslung natürlich nicht schaden – ich habe ihn nach dem ersten Bildschirm nie wieder angerührt. I’m sexy and I know it.

Kernstück der Neuerungen ist der Karriere-Modus. Hier arbeiten wir uns von Gesangsstunden über erste Vorsing-Termine und kleinere Veranstaltungen bis auf die großen Bühnen vor. Bei den ersten zwei oder drei Liedern bekam ich tatsächlich auch ein paar allgemein gehaltene Tipps zum Thema Atemtechnik oder Tonhöhe, aber das war es auch. Parallel dazu führt unser Charakter eine Art Social-Media-Tagebuch, in dem er seine Erlebnisse niederschreibt. Jeden zweiten oder dritten Satz dürfen wir aus mehreren Möglichkeiten auswählen und dann geht es weiter. Die ersten paar Musik-Einsätze in diesem Karriere-Modus sind nur ein paar Takte lang und erklären hauptsächlich, wie das Spiel gespielt wird. Also: Töne so lang halten, wie sie angezeigt werden und möglichst nicht innerhalb eines Lieds die Oktave wechseln. Spätestens ab der Abschlussprüfung der Musikschule singen wir aber komplette Lieder, die vorgegeben werden. Meistens stehen zwei Lieder zur Auswahl, – und wenn beide nicht unseren Geschmack treffen, dann haben wir eben Pech gehabt. You can’t always get what you want.

Join me

Natürlich bietet Let’s Sing auch wieder mehrere Karaoke-Modi an, in denen einfach nur einzelne Lieder oder mehrere Songs mit- und gegeneinander gesungen werden können. Bis zu vier Spieler können sich hier parallel vor der Mattscheibe vergnügen. Das LS-Fest stellt den Online-Modus dar: Auf zwei unterschiedlichen (local und main) Stages laufen rund um die Uhr festgelegte Songs, die von verschiedenen Menschen gleichzeitig gesungen werden. Keine Sorge: Niemand hört eure Performance. Stattdessen werden am rechten Bildschirmrand die jeweils erreichten Punkte angezeigt, die ihr während des Songs sammelt. Die addierten Punkte all eurer Online-Darbietungen einer Saison (die aktuell 2 Monate dauern) schalten wiederum Accessoires für eure Spielfigur frei.

Die Karaoke-Software arbeitet ordentlich und ohne Aussetzer. Mein größter Kritikpunkt am Spiel ist daher die Präsentation: Die Musik steht nicht im Mittelpunkt. Das Alter Ego des Spielers ist allgegenwärtig und zappelt auf dem Bildschirm umher. Das Musikvideo des jeweiligen Songs wird grob gepixelt im Hintergrund abgespielt, während im Vordergrund ein großes Fenster mit den Songtexten und den Tonhöhen auch von diesem verwaschenen Pixelbrei noch ein Drittel verdeckt. Ich kann nur vermuten, dass damit Datenvolumen gespart werden soll, denn die Installation des Spiels auf der PS5 verschlingt gerade mal 2,2 GB.

Money

Die 35 mitgelieferten Lieder können über den kostenpflichtigen VIP-Pass erweitert werden. Dieser läuft auf Abo-Basis, so dass ihr besondere Lieblinge nicht käuflich erwerben könnt. Nach aktuellem Stand erweitert dieser Pass die Setlist auf 72 abwechslungsreiche Lieder. Laut Plaion soll die Liste ausgebaut werden, aber einen Fahrplan dafür gibt es bisher nicht. Ein Drei-Monats-Zugang kostet 9,99 Euro. Es ist wie in den Vorjahren nicht möglich, DLC-Packs der Vorgänger-Jahrgänge in Let’s Sing 2024 weiter zu verwenden. Immer noch könnt ihr eure gesammelten Songs also nicht unter einer Oberfläche zusammenführen und auswählen.

Ausgeliefert wird Let’s Sing 2024 mit 20 Songs auf der Disc, die von 15 Download-Liedern ergänzt werden. Diese zusätzlichen Titel sind die auf der Packung beworbenen deutschen Hits, decken aber ein relativ kleines Spektrum an Musikstilen ab: Ein bisschen Rock wie Kraftklub und viel Pop. Die vollständige Songliste findet ihr in dieser Pressemitteilung. Käufer haben die Wahl zwischen der Download-Variante, der Spiele-Disc oder einem Paket der Disc mit zwei kabelgebundenen Mikrofonen. Stattdessen könnt ihr auch problemlos das Smartphone benutzen.

Fazit

Karaoke-Programme sind in den letzten Jahren auf Konsolen und PC selten geworden. Deshalb ist es natürlich schön, überhaupt aktuelle Titel erwerben zu können. Die Grundausstattung mit 35 Liedern ist ausreichend. Doch gibt es immer noch keinen Online-Shop, in dem einzelne Lieder gekauft werden könnten. Dass dieses Jahr mit dem VIP-Zugang nur noch eine Lizenz für eine nicht näher definierte Anzahl von Liedern verkauft wird, bei der man sich auf die Versprechungen des Anbieters verlassen muss, finde ich unglücklich.

Die Präsentation mit viel Drumherum erinnert ein wenig an die Lips-Spiele für die Xbox 360, bei der die eigene Spielfigur dank Bewegungssteuerung wenigstens zu etwas gut war. Dass die Musikvideos in einem Musikspiel zur Hintergrund-Tapete verkommen, dürfte Geschmackssache sein. In the end the love you take is equal to the love you make – und bei Let’s Sing 2024 fehlt die Liebe.

  • Karaoke-Spiel
  • Einzel- und Multiplayer
  • Von Alle meine Entchen bis Bohemian Rhapsody
  • In einem Satz: Karaoke-Spiel mit viel Drumherum und wenig Song-Inhalt.

Dieser Artikel erschien zuerst am 06. November 2023 auf GamersGlobal

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Über Jürgen

Geschichts- und Musik-Liebhaber mit einer Schwäche für viel zu lange Computerspiele. Der Werdegang CPC - Pause - PC und Konsolen sorgt dafür, dass ich noch so viele schöne alten Perlen entdecken darf.

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