Leisure Suit Larry 2-4: Sierras Flegeljahre

Aus einem kleinen, schlüpfrigen, seltsamen Spiel wurde ein Hit. Und Hits brauchen Fortsetzungen. So ging es mit Larry Laffer weiter.

Dieser Artikel ist Teil zwei einer etwas größeren Retrospektive. Im ersten habe ich beschrieben, wie aus einem schmierigen Textadventure namens Softporn Adventure ein etwas weniger schmieriges Grafikadventure namens Leisure Suit Larry in the Land of the Lounge Lizards wurde. Es ging um Einfälle wie den Leisure Suit, um Zufälle wie den Verlust der Disney-Lizenz und um abfällige Bemerkungen, die es in diesem Spiel noch zuhauf gab. Es ging um die erst einmal sehr ernüchternden Verkaufszahlen und das langsam steigende Interesse an diesem seltsamen Spiel, das einfach mal ganz anders als die anderen Sierra-Adventures war. Na gut: Mal abgesehen von Space Quest vielleicht. Dieses Weltraum-Abenteuer teilte mit Larry die Bereitschaft zu über die Stränge schlagendem Humor.

Wie so häufig bei Spielereihen ist der jeweils erste Teil in Interviews und Artikeln gut dokumentiert. Wir können in vielen verschiedenen Quellen nachlesen, wie Al Lowe eine schlechte Grundidee nahm und ein besseres Spiel daraus schuf. Was wir leider nicht können, ist die Entwicklung der späteren Titel nachzuvollziehen, denn die Teile zwei bis sieben sind erschreckend undokumentiert. Selbst in Interviews, die sich angeblich mit der gesamten Karriere Lowes beschäftigen sollen, geht es doch ständig nur um Larry 1 und 4. Ich muss daher schon an dieser Stelle zugeben, dass ich zur jeweiligen Entwicklung nicht besonders viel zu erzählen habe. Ich werde aber über die markanten Änderungen innerhalb der Reihe sprechen. Hier und da gibt es ein paar Hintergrund-Informationen, die euch hoffentlich interessieren werden und speziell die Geschichte rund um die Entwicklung des vierten Teils ist es wert, gelesen zu werden. Aber so weit sind wir noch nicht. Wir befinden uns noch im Spätherbst des Jahres 1987. Larry 1 hat sich im Laufe der Zeit zu einem Hit entwickelt und so bekam Al Lowe grünes Licht für eine Fortsetzung dieses schlüpfrigen, kleinen Spiels.

Zum Zerreissen gespannt (Leisure Suit Larry 2)

Al Lowe ist looking for fun (in several wrong places)

Kenner des ersten Spiels rund um Larry Laffer werden beim Einstieg in den Nachfolger direkt überrascht: Das speziell für Europäer unfaire Quiz zur Altersabfrage fehlt hier. Stattdessen gibt es einen Kopierschutz rund um die Telefonnummern einiger Damen, die im Handbuch abgedruckt sind. Das mit der Altersverifikation ist allerdings kein Fehler oder gar die Einsicht, dass so etwas schlicht nichts bringt. Nein, der Grund ist viel simpler: Im zweiten Teil geht es weit weniger schlüpfrig zu, als noch im Land of the Lounge Lizards. Kein anderes Larry-Spiel geht so weit weg von dem, was in unserer Erinnerung die Quintessenz jedes Laffer-Adventures ist: Sex. Oder dem Versuch, endlich mal Sex zu haben.

Stattdessen bekommt ihr hier eine Agenten-Verwechslungs-Geschichte samt Bond-Bösewicht. Wobei der Titel des Spiels dem froh gemuten Käufer genau genommen ja bereits Hinweise genug gibt: Klar sucht Larry wieder nach Liebe – nur eben an den falschen Orten. Und falsche Orte gibt es hier viele, denn die Welt wirkt weitaus größer, als noch im ersten Teil. Das liegt vor allem an der Abwechslung: Sierra erreicht hier zwar nicht Indiana Jones-Niveau, aber sie geben sich alle Mühe, das Spiel mit ständig wechselnden Schauplätzen aufzupeppen. Von einer typisch amerikanischen Großstadt mit einigen Geschäften über ein Kreuzfahrtschiff bis hin zu idyllischen Inselparadiesen wird alles geboten. Und als Running Gag sind in der ganzen Welt Friseursalons eingestreut, die alle irgendwie gleich aussehen.
 
Larry 2 führt einen Kniff ein, der sich durch die restliche Serie bis einschließlich Teil sieben ziehen wird: Die Traumfrau des letzten Abenteuers entpuppt sich als Biest vor dem Herrn. Nix mit Eve im Paradies für den Rest des Lebens – oder wenigstens die nächsten zwei Wochen. Larry – berauscht von der Nacht seines Lebens – zieht mit Sack und Pack bei Eve ein und wartet auf seine Angebetete. Doch diese schmeißt ihn hochkant wieder raus und lässt ihn von ihrem Hund anpinkeln. Diese Schmach könnte sich für Larry aber noch als Glücksfall erweisen: Durch ein paar typisch obskure Zufälle landet er als Kanditat bei der amerikanischen Variante des „Herzblatts“ – nur echt mit schmierigem Moderator und einer Kandidatin mit IQ nahe Pi. Abgerundet.

Aber hier zeigt sich schon wunderbar, wie der neue Larry ab Teil zwei funktioniert: Es gibt immer noch genügend Witze unterhalb der Gürtellinie, die so flach sind, dass sie unter den Fußboden einer Kellerwohnung passen. Aber praktisch alles, was Larry anstellt, fällt ihm früher oder später gnadenlos auf die Füße – meistens früher. Der schmierige Humor wird zugunsten einer etwas familienfreundlicheren Inszenierung auf Larrys Kosten zurückgefahren. Ein ebenfalls neues Element sind in einigen Momenten wie dieser Gameshow ein paar Eingaben, die wir Larry in den Mund legen dürfen. Nicht gerade große Comedy, aber ein schöner Einfall der Programmierer.
 
Ebenfalls wurde der Schwierigkeitsgrad bei den Rätseln geändert. Und das bedeutet nicht, dass diese plötzlich leicht geworden wären, im Gegenteil: Dieses Spiel ist der Inbegriff all dessen, was Sierra-Spielen so gerne nachgesagt wird. Es ist unfair – und zwar so richtig! Ständig stirbt die eigene Spielfigur und es gibt einige Stellen, an denen eine ganze Weile nicht klar wird, warum das eigentlich so ist. Außerdem gibt es diverse Gegenstände, die sich später schlicht nicht mehr beschaffen lassen. Wer sich im Flughafen vorher nicht die Lebensversicherung in Form eines Fallschirms aus dem Automaten zieht, hat später eben Pech gehabt. Oder die frustrierende Flucht in einem Rettungsboot: Grau-en-haft! Erst einmal gibt es nur ein kleines Zeitfenster, in dem diverse Aktionen ausgelöst werden müssen. Das sagt einem das Spiel aber selbstverständlich nicht. Und in der anschließenden langen Sequenz stirbt Larry Tausende Tode, weil sie auf einem Trial-and-Error-Prinzip basiert. Kein Spieler kommt von Anfang an auf die Idee, sich einen Wischmob als Perücke aufzuziehen.
 
Unter anderem für diese Stelle prägte Al Lowe den Satz „Save early, save often“ (Leisure Suit Larry 2)
Al Lowe hat in diversen Interviews betont, dass dies keine absichtlich eingebauten Schwierigkeiten gewesen wären. Sein Team und er hätten schlicht noch im Lernprozess gesteckt und daher einige Dinge übersehen. Verständlich, aber bis heute immer noch ärgerlich. Wenn in einem parser-basierten Spiel genau dieser Parser bei einem Rätsel kurz vor Schluss plötzlich Zicken macht und auf die Verwendung des Wortes „The“ innerhalb eines Satzes besteht, damit Larry auf dem Vulkan nicht plötzlich ohne Molotov-Cocktail da steht, dann ist das einfach nur armseliges Spieldesign.
 
Weniger armselig wirkt die Präsentation des Spiels im Vergleich zum recht schmucklosen Erstling: Die von Larry 1 verwendete Engine namens AGI (Adventure Game Interpreter) pfiff mit seinen 160 mal 200 Bildpunkten so langsam den Abschieds-Blues und wurde bei Larry 2 durch die neu entwickelte SCI (Sierra Creative Interpreter) ersetzt. In ihrer ersten Version, die auch hier Verwendung fand, konnte diese Entwicklungsumgebung 320 mal 200 Bildpunkte bei 16 Farben darstellen. Das wirkt sich sowohl auf die farbenfrohen Umgebungen als auch auf die Animationen und Sprites aus: Alles scheint einfach gleich eine ganze Ecke hübscher. Auch die großformatigen Portraits der Damen sind ein schöner Hingucker. Kleiner Fun Fact am Rande: Das Sierra-Flagschiff King‘s Quest 4 wurde parallel als AGI- und SCI-Version entwickelt, um auch Besitzer von älteren Systemen zum Kauf zu animieren. Die technisch schwächere Version wurde aber wegen mangelhafter Nachfrage bald nicht mehr angeboten und ist heutzutage selten zu finden.

Ja! Ja! Ja! (Leisure Suit Larry 2)
Zum guten Schluss: Ist dies hier also ein schlechter Titel? Wenn ich es rein nach dem Spieldesign beurteilen muss, dann definitiv Ja. Was habe ich mich aufgeregt! Was habe ich gelitten! Was habe ich gerätselt, warum einige Dinge einfach nicht klappen wollen! Auf der anderen Seite ist Larry 2 ein Abenteuer ganz besonderer Güte: Es verbindet Humor mit Agententhriller und Easter Eggs. Wenn Larry in einem Restaurant lange keinen Tisch bekommt, weil Mr. Und Mrs. Williams eben vorgehen oder Larry seine Tauglichkeit zum Bräutigam mit Programmierkenntnissen in Assembler unter Beweis stellen muss, dann ist das einfach ein perfekt inszenierter Moment. Die einzelnen Hair-Stylisten haben mich nach einer Weile immer gespannt den nächsten Friseur-Salon suchen lassen. Und was die Animationen mit ihren paar Bildpunkten leisten, ist bemerkenswert. Habe ich das Spiel also gerne gespielt? Summa-sagen-wir-so-herum im Abstand von ein paar Wochen: Ja. Würde ich es noch einmal spielen? Ganz bestimmt nicht in den nächsten zehn Jahren!
 
Nur Fliegen ist schöner (Leisure Suit Larry 2)

Brustmuskel-Aufbau

Bereits im November 1989 legte Sierra nach. Der dritte Teil der Reihe trug den poetischen Titel Leisure Suit Larry 3 – Passionate Patti in Pursuit of the Pulsating Pectorals, der im Laufe des Spiels (so unwahrscheinlich das im ersten Moment auch erscheinen mag) tatsächlich Sinn ergab. Technisch basierte auch dieses Abenteuer wieder auf der ersten Version des SCI, sodass in diesem Bereich keine Quantensprünge erwartet werden können. Aber trotz der kurzen Entwicklungszeit gibt es in der Spielwelt wieder einige sehr schön gestaltete Ecken zu entdecken.

Al Lowe erzählte in einem Interview mit den Big Box PC Game Collectors ein wenig über die damaligen Arbeitsbedingungen: Diese extrem produktiven Jahre seien hauptsächlich durch die Tatsache erkauft worden, dass neben der Arbeit fast nichts anderes für die Sierra-Programmierer existierte. Einige der Sierra-Eigenheiten, wie zum Beispiel die häufigen Tode der Spielfiguren, kommen aus dieser Konstellation: Alle Personen, die bei einem Spiel Vorschläge machen konnten, produzierten ja genau die gleiche Art von Spiel und kannten es nicht anders. Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch Larry 3 einige seltsame Puzzles zu bieten hat. Aber wie Al in dem Interview mit Adventurecorner.de schildert: Sie seien mit jedem Spiel besser geworden und hätten immer dazu gelernt. Daher hat Larry 3 natürlich auch wieder einige neue Design-Tricks in petto. Aber vor solche Details im Artikel hat der Autor einen Absatz gesetzt und springt zum Spielbeginn zurück.
 
Auf geht’s! (Leisure Suit Larry 3)
Ich versuche in diesem Text so wenig wie möglich über den Inhalt zu verraten. Falls ihr jungen Leute da draußen diese altmodische Redeweise nicht mehr gewohnt seid: Ich werde nicht spoilern! Es bleibt mir also nur, das Eingangsszenario möglichst vage zu beschreiben. Wie weiter oben bereits angekündigt, wird unser Held auch in Larry 3 von seiner Eroberung aus Larry 2 zu Beginn des Spiels abserviert. Dazu verliert er noch seinen Job und wenn er noch Selbstachtung besäße, würde er vermutlich auch davon noch einen Großteil verlieren. So sitzt er also nach ungefähr zehn Spielminuten mit buchstäblich nichts außer seinem Anzug in dem einstigen Inselparadies und beschließt, mit dieser „Liebe“, um die es im zweiten Teil ging, abzuschließen.

Zukünftig soll es nur noch um weniger komplizierte zwischenmenschliche Aktivitäten gehen, was natürlich in erster Konsequenz bedeutet: Die Altersabfrage ist wieder da – Hurra! Wieder gespickt mit Fragen, die den durchschnittlichen Mitteleuropäer damals wie heute überfordern. Machen wir es kurz: Die Tastenkombination eurer Wahl ist dieses Mal „Alt – STRG – X“. Damit auch wirklich klar ist, um was für ein Spiel es sich hier handelt, wird danach noch die Schlüpfrigkeit mit einem Zahlenwert zwischen 1 bis 5 eingestellt. Das hat zwar keinerlei Auswirkungen auf die Rätsel, aber die Darstellung beziehungsweise einige Beschreibungen nehmen auf jüngere Gemüter etwas mehr Rücksicht – als ob irgendjemand tatsächlich was anderes als „5“ tippen würde… Putzige Vorstellung… Auf der Seite Schnittberichte.com sind die Unterschiede samt Bildmaterial aufgeschlüsselt. Also Obacht, achtet auf eure Sittlichkeit!
 
Wie dem auch sei: Ohne große Hilfsmittel muss sich Larry zu Beginn den Widrigkeiten der Umgebung stellen. Und die scheint erst einmal weitaus weniger abwechslungreich, als noch im Vorgänger. Das komplette Spiel ist auf die Insel Nontoonyt begrenzt, die sich seit den Ereignissen des Vorgängers in eine Touristenfalle allererster Güte verwandelt hat. Für unterschiedliche Schauplätze ist also trotz der Standort-Einschränkung auch weiterhin gesorgt. Von unberührtem Dschungel über Casinos bis hin zu Striplokalen ist alles vorhanden. Bereits aus dem Vorgänger bekannt ist Passionate Patty, die beim bösen Dr. Nonookee als Pianistin den endgültigen Sieg Larrys als Augenzeugin bewundern durfte. Dort war sie allerdings noch blond und nannte sich Polyester Patty. Sie wird schon ihre Gründe dafür gehabt haben.
 
Selbstverständlich ist Larry genauso beweglich (Leisure Suit Larry 3)
Spielerisch handelt es sich auch bei Larry 3 um ein parser-getriebenes Adventure mit all seinen Vor- und Nachteilen: Wenn ich als Spieler endlich eine gute Idee habe und dann den Befehl wieder und wieder mit den Worten „You’re not close enough“ quittiert bekomme, ist das schon frustrierend. Gerade an Rändern von Klippen oder Flüssen taste ich mich Pixel für Pixel voran, bis die Eingabe endlich klappt. Fotorealismus war damals noch ein Fremdwort und so darf der Spieler auch gerne mal raten, wo Larry denn jetzt hin muss. Gerade in den Dschungelbildern ist es immer wieder überraschend, wenn doch noch ein Ausweg existiert, den ich die ganze Zeit übersehen habe. Andererseits strotzen die Umgebungsgrafiken und die Texte nur so vor Humor. Das entschädigt wieder mal für viele frustrierenden Momente. Die Situationskomik, die zum Beispiel beim Termin mit der Anwältin entsteht, würde genauso auch in jeder Comedy-Sendung funktionieren.

An diesem Punkt fragt ihr euch wahrscheinlich, von welchen Änderungen innerhalb der Spielereihe ich anfangs geredet habe: Klingt doch verdächtig nach mehr vom Gleichen? Nun, Larry 3 funktioniert anfangs schon fast so wie die beiden Vorgänger. Immer wieder trifft er eine Frau und versucht, sie von sich zu überzeugen. Manchmal klappt das, manchmal nicht. Aber immer geht es danach mit dem nächsten Versuch weiter. Hier aber treffen sich Larry und Patty – und die Luft knistert. Klar, das wird die Abschlussfreundin werden, denkt sich da der geneigte Spieler. Die beiden Bildschirmfigürchen landen dann auch in der Kiste, gleich müsste der Abspann kommen. Aber denkste! Patty flüstert beim Einschlafen den Namen ihres baldigen Ex-Freundes, mit dem sie am nächsten Tag Schluss machen möchte. Das kann Larry aber nicht ahnen. Er glaubt, dass Patty während der letzten Stunden immer an besagten Arnold gedacht hat. Mit gebrochenem Herzen schleicht sich Larry aus dem Bett, dem Appartment und Pattys Leben. Und damit auch erst einmal aus dem Spiel. Denn jetzt übernimmt der Mausschubser vor dem Bildschirm plötzlich Patty! Die Titelfigur einer bekannten Serie wird einfach so mitten im Spiel vom Bildschirm entfernt und durch jemand anderen ersetzt! Noch dazu – wir sind hier ja in einem Spiel für hormongetriebene Männer – durch eine Frau! Aber ich kann hier Entwarnung geben: Der derbe und wirklich nicht besonders subtile Humor bleibt durch die Bank erhalten. Zum Beispiel findet Patty an einer Palme zwei Kokosnüsse. Die zugehörige Beschreibung kann sich jeder Leser selbst ausmalen.

Pi mal Daumen ist der Patty-Teil ungefähr so lang wie der Larry-Teil und hat mit einem Bambus-Labyrinth ein ganz eigenes Spielelement zu bieten. Ein Spielelement, das unglaublich nerven kann, bis es endlich kartographiert ist. Das ist kein Sierra-Alleinstellungs-Merkmal, aber meiner Meinung nach eine Designsünde. All das ist aber vergessen, wenn Patty dann endlich Larry findet. Zwar in einer misslichen Lage, aber die beiden sind wieder vereint. Und wenn Patty dann mit dem Spieler zusammen daran gedacht hat, einen völlig unscheinbaren Gegenstand in ihrer Bar einzupacken, kann die Happy-End-Sequenz ja starten. Wenn nicht, dann stehen bestimmt hunderte Spielstände bereit, um erneut auf die Suche zu gehen.

Auch bei Larry 3 kann das Fazit also nur lauten: Es ist ein sehr spaßiges Spiel mit vielen Ideen. Und speziell die letzten paar Bildschirme sprühen vor Witz nur so über. Aber leider hat das Sierra-Team wie so häufig bei den Rätseln ein wenig zu tief in den Ist-das-fies-Topf gegriffen. Die vielen Tode kreide ich dem Spiel dabei nicht unbedingt an, das gehört einfach dazu. Aber dass es immer wieder möglich ist, sich in Sackgassen zu manövrieren, sollte langsam der Vergangenheit angehören. Vielleicht schon beim nächsten Spiel?
 
Alles wird gut! (Leisure Suit Larry 3)

Leisure Suit Larry 4: Das vermisste Bindeglied

Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger waren Trilogien bei Spielereihen meistens das Ende der Fahnenstange. FIFA war noch ein feuchter Traum in einer EA-Quartalsbilanz und Ultima war mit seinen sechs bis dahin erschienenen Teilen eine seltene Ausnahme. Kein Wunder also, dass Al Lowe den kleinen Kerl mit der großen Libido eigentlich in Vorruhestand schicken wollte und beim dritten Teil ein befriedigendes, endgültiges Ende einbaute. Doch neue Geschäftsideen von Ken Williams verhinderten dies. Er stellte sich ein Multiplayer-Online-Adventure im Larry-Universum vor. 1990. Online. Nur zur Einordnung: Ultima Online erschien 1997. Sierra war also ziemlich früh dran mit solch ambitionierten Ideen. Nach Aussage von Al in gegenüber adventurecorner.de arbeitete er einige Monate an einem Prototypen. Einige einzelne kleinere Spiele waren lauffähig, aber ihm wollte einfach nichts Tragfähiges gelingen und besonders spaßig war das bisher Gelungene wohl auch nicht. Die Technik war noch nicht so weit und Kens Ideen waren mit den damals üblichen 300-Baud-Einwahlmodems einfach nicht vereinbar.

Nachdem diese Entwicklung also eine Sackgasse war, stand Lowe erneut vor einer weißen Leinwand, die gefüllt werden wollte. Die Spielerschaft – und vor allen anderen Ken Williams – erwarteteten einen neuen Teil ihrer mittlerweile sehr lukrativ gewordenen Serie. Aber so sehr sich Al auch den Kopf zerbrach: Ihm wollte kein geeigneter Kniff einfallen, mit dem er das Bilderbuchende von Teil 3 kunstvoll aushebeln konnte. Larry war glücklich, hatte eine tolle Frau an seiner Seite und einen Job, um den ihn Viele beneideten – abgesehen von Sierra-Programmierern möglicherweise. Diese beneidenswerte Situation sorgte bei den Designern und Story-Kreativen natürlich für Kopfzerbrechen: Wie um alles in der Welt sollte Larry wieder zurück auf den Beziehungsmarkt geworfen werden, ohne den Spielern – selbst nach Computerspiel-Maßstäben – eine unglaubwürdige Story aufzutischen? Die Lösung fiel Al laut eigener Aussage bei einem Flurgespräch ein, wobei die zweite Person in den unterschiedlichen Erzählungen immer wieder jemand anderes ist. Nun ja, ist ja auch schon eine Weile her. Angeblich tauschten sich Al und Person A so über die jeweils aktuellen Entwicklungen aus:

A: „Und Du? Arbeitest Du an Larry 4?“
Lowe (leicht sarkastisch genervt): „Nein, natürlich an Larry 5!“


In diesem Moment wurde ihm klar, dass genau diese flapsige Bemerkung der Ausweg aus seiner Krise war. Wer hatte eigentlich festgelegt, dass Spiele immer der korrekten Reihenfolge nach durchnummeriert sein mussten? Auch hier gilt: Sierra war seiner Zeit und der Microsoft-Betriebssystem-Nummerierung um Lichtjahre voraus, von seltsamen Konsolen-Bezeichnungen reden wir hier erst gar nicht. Mit diesem Sprung von drei auf fünf schuf sich Lowe genau die Freiheiten, die er brauchte. Er musste nicht erklären, wie sich Larry mal wieder selbst in den Fuß schießt. Stattdessen konnte er im neuen Teil kleine Rückblenden-Gags auf ein nie existierendes Abenteuer unterbringen. Und was das Wichtigste war: Die Marketing-Abteilung liebte die Idee. In den entsprechenden Interviews leuchten an dieser Stelle Lowes Augen auf. Vermutlich war er so viel Enthusiasmus aus der Marketing-Ecke nicht gewohnt. Mit dieser neuen Idee im Rücken ging Lowe zurück ans Design-Brett und machte sich daran, Larry doch noch einen vierten Teil auf den Anzug zu schreiben. Auch, wenn es ein Fünfter war. Aber darüber berichtet euer Chronist dann im nächsten Teil.

Larry macht sich schon mal fit für den nächsten Teil (Leisure Suit Larry 3).

(Dieser Beitrag erschien zuerst am 15. Februar 2020 auf GamersGlobal.de)

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Über Jürgen

Geschichts- und Musik-Liebhaber mit einer Schwäche für viel zu lange Computerspiele. Der Werdegang CPC - Pause - PC und Konsolen sorgt dafür, dass ich noch so viele schöne alten Perlen entdecken darf.

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