Legend Entertainment: Texte, Bilder, Explosionen (das Interview zum Buch)

Jürgens Buch über Legend Entertainment ist endlich erschienen. Was ihr davon erwarten dürft, versuchen wir in diesem Artikel zu klären!

Eine Buch-Rezension zu einem Buch zu schreiben, das ich während der Entstehung schon detailliert beobachten durfte und das zudem noch von einem DKSN-Autoren stammt, scheint mir in diesem Zusammenhang nicht die richtige Wahl zu sein. Stattdessen versuche ich, euch das Buch über ein kleines Interview mit dem Autoren näher zu bringen. Vorhang auf für: JÜRGEN!

Sascha: Hallo Jürgen! Schön, dass du freiwillig Rede und Antwort stehst. Vermutlich hast du erst einmal genug von dem Thema Legend Entertainment, oder?

Jürgen: Ha! Ich glaube, dass mein Umfeld von dem Thema mehr die Nase voll hat als ich. Ich sammle im Hintergrund immer noch weiter Material – einfach, weil es immer noch Unterlagen von Steve Meretzky gibt, die ich nicht habe…

S: Du bist einfach unermüdlich! Aber erzähle unseren Lesern doch erst einmal, wie die Idee zu diesem Projekt entstanden ist.

J: Das Buch ist Phase drei meines von langer Hand geplanten Master-Konzepts. Erst durfte ich bei dem wunderbaren Retrokompott-Podcast im Jahre 2020 als Mit-Experte eine vierteilige Vorstellung der Legend-Spiele machen. Als ich dann 2023 wieder daran gedacht hatte, wollte ich auf die Schnelle aus der damaligen Recherche-Arbeit einen Artikel für GamersGlobal schreiben. Daraus wiederum sind dann 13 Artikel geworden – und die wollte ich einfach nur für mich binden lassen. 1

Weil aber die ersten drei Artikel Sammel-Abhandlungen der Spellcasting-Reihe, zweier Bates-Spiele und der beiden Gateway-Spiele waren, habe ich alles wieder aufgeschnürt, um eine Chronologie reinzubringen. Die Büchse der Pandora war offen.

S: Und wie lange hat es schlussendlich gedauert, vom ersten Wort zum fertigen Buch?

J: Hängt von Deiner Zählweise ab: Was war das erste Wort? Nehme ich nur das Buch-Projekt, habe ich im Oktober 2023 damit angefangen und die Datei zum hoffentlich letzten Mal am 30. Juni 2024 hochgeladen. Im März hatte ich eine vierwöchige Pause eingeschoben, in der ich auf das Lektorat gewartet habe. Als sich diese Hoffnung zerschlagen hat, habe ich so gut es ging selber mit mir diskutiert und noch einmal viele Fehler beseitigt. Die Wartezeit war aus mehreren Gründen allerdings gut und wichtig – schon allein, weil ich parallel natürlich weiter nach Material gesucht (und gefunden) habe.

S: Hast du eine Lieblingsstelle oder Anekdote in deinem Buch?

J: Während der Death-Gate-Produktion musste der auf Honorar-Basis beschäftigte Künstler Fred Devita Insolvenz anmelden. Sein Legend-Lohn reichte einfach nicht aus. Er teilte Glen Dahlgren, dem Designer des Spiels, beruhigend mit, dass er selbstverständlich trotzdem weiter an dem Spiel arbeiten würde. Dahlgren war völlig geschockt. Nie hätte er gedacht, dass die Arbeit für Legend einen Menschen quasi in den Ruin treiben könnte. Er ging zu Mike Verdu, dem CEO und Finanzchef von Legend, der ohne Diskussion das Gehalt verdoppelte – obwohl dies das Budget überschritt.

S: Du hast prominente Unterstützung für die Fertigstellung des Buchs bekommen. Welche Legend-Mitarbeiter haben dich mit Informationen versorgt und wie hast du das angestellt?

J: Ich bin sehr dankbar, dass sich Bob Bates, Glen Dahlgren, Josh Mandel, Steve Meretzky und Mike Verdu Zeit für mich genommen haben. Das Geheimnis meines Erfolgs: Man muss sich nur trauen. Diese Fünf waren unglaublich auskunftsfreudig und auch bei der zehnten Mail so freundlich wie bei der ersten. Einzig Michael Lindner habe ich nicht direkt erreichen können – und von seinen ehemaligen Kollegen konnte mir auch niemand den Kontakt vermitteln. Der hat seine Designer-Karriere für eine Stelle als Richter eingetauscht.

S: Offenbar hat Bob Bates seine alten Unterlagen gut archiviert. Wie hast du es geschafft, einen Einblick darin zu bekommen?

J: Oh, nicht nur Bob Bates. Von Glen Dahlgren habe ich Entwürfe nie veröffentlichter Spiele zugeschickt bekommen, die seit über 20 Jahren auf seiner Festplatte schlummern. Bates‘ Unterlagen sind leider weniger gut erschlossen. Zum Terminator-Spiel hat er viele Dateien geschickt. Ebenso, was er sonst noch so an Mails gefunden hat. Sein Unterlagen-Schatz lagert leider in Ordnern in seiner Garage – und obwohl er es mir angeboten hat, wollte ich ihn da nicht hinschicken. Laut seiner Aussage ist das alles ungeordnet in zig Kisten. Zum Glück sind seine Erinnerungen auch ohne Papier sehr gut. Die Unterlagen von Steve Meretzky lagern mittlerweile in den Katakomben der Stanford University. Da ich mir den Flug nicht leisten konnte, habe ich alle drei Monate eine nette Mail geschrieben, in der ich um 100 eingescannte Seiten gebeten habe. Das war verständlicherweise deren Limit. Ein Glück haben sich einige Freiwillige gefunden, die für mich parallel ebenfalls Seiten beantragt haben. Trotzdem fehlt hier noch einiges.

S: Steht in dem Buch mehr drin, als in der 14teiligen Artikel-Reihe, die es auf DKSN zu lesen gibt?

J: Mein erster Buchentwurf, in dem ich die Artikel in ein Word-Dokument kopiert hatte, ist ungefähr 130 Seiten kürzer als das fertige Buch. Einige Fehler oder Ungenauigkeiten in den Artikeln sind natürlich überarbeitet worden. Und den Rest habe ich häufig umgeschrieben, damit sich das Buch mehr in einem Guss liest als die Artikel. Also: Ja, da ist sehr viel mehr drin. Vor allem frühe Design-Fassungen der Meretzky-Spiele und vier Spiele, die nie über die Entwurf-Phase hinaus gekommen sind.

S: Wo bekomme ich denn jetzt dein Buch her? Kann ich es als E-Book kaufen? Oder als Hardcover? Oder als Taschenbuch?

J: Ich habe zwei Buchvarianten raus gebracht: Einmal gebunden in Farbe für 39,99 Euro, einmal Softcover rein schwarz-weiß für 21,99 Euro. Es sind knapp 100 Farbseiten, daher wollte ich den Leuten die Wahl lassen. Als E-Book kaufbar ist es nicht. Das PDF gibt es kostenlos auf DKSN zum Download!

Hier findet ihr alle Bezugsquellen und den kostenlosen Download des PDF-Dokuments.

Ich habe das Buch ja ursprünglich für mich geschrieben und möchte damit kein Geld verdienen. Als Print-on-Demand-Bücher sind die gedruckten Versionen leider nicht billiger produzierbar – aber jeder soll sich die Geschichte von Legend Entertainment durchlesen können.

S: Wirst du auch Exemplare signieren? Gibt es eine Lesetour von dir? Bist du jetzt reich und berühmt?

J: Signierte Exemplare? Wer will denn so was haben? Falls das der Fall sein sollte, kann sich der Interessent gerne bei mir melden. Ich habe überraschenderweise kein Buchlager bei mir zuhause, kann mir allerdings gerne ein Buch von der Druckerei kommen lassen, es signieren und dann weiterschicken. Reicher und berühmter als jetzt werde ich wohl trotz des Buchs übrigens nicht werden.

S: Kannst du dir vorstellen, in Zukunft ein weiteres Buch über eine Spielefirma zu schreiben? Hast du schon Ideen dazu?

J: Momentan halte ich Abstand von solchen großen Projekten. Nicht, weil ich keine Lust darauf hätte. Sondern weil mein großer Traum natürlich ein vergleichbares Buch über Sierra On-Line wäre. Und in welchem Leben sollte ich so etwas jemals fertig kriegen? Eben. Da bleibe ich doch lieber bei Artikeln für diese schöne Seite hier.

  1. [Anm. von Sascha: der 14. Teil erschien nachträglich exklusiv auf DKSN!]. ↩︎
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Über TheLastToKnow

Adventure-Fan aus dem Ruhrpott, groß (aber nicht erwachsen) geworden mit den SCUMM-Adventures in den 1990er Jahren. Spürt immer wieder kleine Indie-Perlen auf und zerrt sie ans Tageslicht.

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5 Comments on “Legend Entertainment: Texte, Bilder, Explosionen (das Interview zum Buch)”

  1. Schönes Thema. Inhaltlich mit ein paar interessanten Informationen. Hier und da existieren Fehler. Fehlende Bildunterschrift. Kein Blocksatz. Schlimme Gestaltung. Insgesamt wirkt es unfertig.

    Die zusammenklickbaren Adventures sind umständlich. Ihrem Xanth fehlt der Witz Anthonys früher Bände. Legend hat teils nervtötende Musik, unattraktive Grafik und unausgegorene Konzepte – Spiele mit Ecken und Kanten. Death Gate und Shannara gelangen.

    Schade, dass sie nicht mehr Qualitatives produzierten. Für Kreatives und Kultur fehlen oft Mittel. Bei Bomben, Spritzen und Idioten in Parlamenten, Medien wie anderen kriminellen Organisationen ist das Groß großzügiger und verschenkt schon mal Frieden, Wohlstand wie Zukunft. So sind sie halt.

    Blind, gut gelaunt, mit Karacho auf Kollisionskurs: Tunis / 11e Rallye Big Run: The Supreme 4WD Challenge (Arcade)

  2. Herzlichen Glückwunsch, Jürgen! Du hast es geschafft und wie ich finde, einen sehr guten Job gemacht! Ein Thema mit dem du dich lange und super ausführlich beschäftigt hast, ist nun nicht nur lesbar, sondern auch haptisch erlebbar! Genieß das und ruh dich aus. Vielleicht kommt ja irgendwann das nächste (kleine) Projekt.

    1. Danke Dir. Mal sehen, wie es weiter geht. Hatte die letzten Monate diese Seite ein wenig vernachlässigt und hauptsächlich von bereits vorbereiteten Artikeln gezehrt. Momentan genieße ich es, wieder mehr in dieser Richtung zu machen.

  3. Ich bin zufällig auf dein Buch gestoßen, weil ich mich auch sehr für Legend interessiere und die Spiele sammle. Ich werde mir das Buch auch mit großer Sicherheit kaufen, weil es meine Sammlung sehr gut ergänzt.
    Ich habe aber doch mal eine Frage, wenn das ok ist: Ich liebe die alten Hint/Clue Books von früher, so wie die von Origin oder Sierra. Die neueren, großen von Brady usw. sind zwar nett, aber irgendwie haben es mir die kleinen mehr angetan.
    Jetzt meine Frage: gib es für alle Spiele von Legend Cluebooks? Von den meisten habe ich durch ein paar Recherchen was gefunden, aber bei Timequest, Eric the Unready, Superhero League of Hoboken, Mission Control und John Saul’s Blackstone Chronicles finde ich nichts. Hast du eine Ahnung, ob es da was gibt?

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