Ich habe kürzlich die Folge „Shareware-Spiele – eine kurze Historie“ von den Kollegen bei Stay Forever gehört und war ein wenig über die Einschätzung erstaunt, dass gut 80-90% aller relevanten und guten Shareware-Spiele über Apogee und Epic Megagames veröffentlicht wurden. Natürlich haben beide Publisher damals großartige Spiele veröffentlicht, jedoch scheint mir diese Einschätzung etwas zu hoch zu sein, da dadurch ein Bild vermittelt wird, dass die Szene ja gar nicht so groß gewesen sei und von den beiden Firmen beherrscht wurde.
Das Gegenteil ist der Fall: Das Shareware-Modell bot Indie-Entwicklern und kleinen Teams die Möglichkeit, ihre Spiele ganz ohne den Rattenschwanz des stationären Einzelhandels zu veröffentlichen. Vergleichbar mit der heutigen Indie-Szene war es auch damals so, dass buchstäblich tausende Autoren und Entwickler auf diese Weise ihre Spiele veröffentlichten und es daher einen geradezu riesigen und sehr unüberschaubaren Markt gegeben hat. Übrigens nicht nur auf dem PC, sondern auch auf dem Amiga: Das Projekt „Berliner Spielekiste“ kuratierte zwischen 1990 bis circa 1997 über 1700 Spiele auf rund 1200 Disketten (eine Inhaltsliste und Downloads gibt es hier und hier).
Dieser Artikel beschränkt sich jedoch auf den PC, denn mit den Amiga verbinde ich keine Kindheitserinnerungen. Meinen ersten PC – ein 486er mit 8 MB RAM – bekam ich 1994 und neben kommerziellen Spielen (häufig aus der Bestseller Games) fanden sich eben auch Shareware-Spiele auf der damaligen Festplatte ein. Und da nicht nur die Klassiker von Apogee und Epic, sondern noch sehr viel mehr Spiele, mit denen ich wohlige Kindheitserinnerungen verbinde.
Wie landeten diese Spiele auf meine Festplatte?
Als häufiger Verbreitungsweg für Shareware-Spiele wird gern das BBS-System genannt. Das waren, vereinfacht gesagt, private verbundene Rechnersysteme die zur Kommunikation und Datenaustausch verwendet wurden. Etwas, wozu ich als Kind keinen Zugang hatte. Genausowenig spielten die CDV-Disketten eine Rolle, die für ein paar D-Mark im firmeneigenen Katalog feilgeboten wurden und über die Christian Schmidt im Stay Forever Podcast sprach.
Meine vorrangige Bezugsquelle waren tatsächlich die berüchtigten Shareware-Sammlungen auf CDs, die damals im hiesigen Kaufhof in riesig wirkenden Regalen angeboten wurden und zwischen 15 und 20 DM gekostet haben. Diese wurden in der Regel von CDV, Topware, Canyon, Mustang, ARI Data oder DMV Software vertrieben. Heute sind auf Archive.org tausende dieser damaligen Shareware-CD-ROMs aus der ganzen Welt zu finden.
Die besten CDs dieser Art kamen damals übrigens von Mustang, da es zum einen keine Überschneidungen untereinander gab und diese tatsächlich einen kuratierten Eindruck auf mich machten mit Screenshots und Beschreibungstexten im CD-Menü. Wiederum andere Angebote wie die Pegasus-CDs glänzten durch die schiere Masse von Programmen und man verbrachte Stunden damit, die Perlen selbst herauszufinden. Schlussendlich gab es auch CDs wie von TopWare oder CDV wo nur ein Genre, nur deutsche Spiele oder andere Themen im Mittelpunkt standen.
An dieser Stelle möchte ich auch an ein Heft erinnern, dass zwischen 1997 und 2006 neun Jahre lang erschien: SharePlay. Das war damals der Versuch eine Spielezeitschrift zu etablieren, die den Fokus auf die Shareware-Szene mit News, Portraits und Spielevorstellungen legte. Verlegt wurde das Heft damals im Publish-Verlag von Holger Bucher, inhaltlich verantwortlich war das Berliner Redaktionsbüro Typemania von Carsten Scheibe, das damals auch Artikel für Chip, Stern und andere Online-Seiten beisteuerte.
Jedem Heft lag natürlich auch eine CD-ROM bei, auf der die Spiele aus dem Heft zu finden waren – teilweise gab es auch ältere Vollversionen. Es lässt sich heute nicht mehr herausfinden, wie erfolgreich dieses Heft eigentlich war. Zumindest habe ich in Gesprächen über alte Spielezeitschriften noch nie den Satz „Weißt Du noch, die SharePlay, was für eine tolle Zeitung das damals war?“ vernommen – Vielleicht war das ja auch ein neunjähriges Verlustgeschäft und ich war der Einzige, der das Heft gekauft hat und sich heute noch nostalgisch dran erinnert? Vielleicht lag es aber auch am Preis von knapp 17 DM pro Ausgabe. Da das Heft kaum Werbekunden hatte, mussten die Kosten komplett über die Verkäufe finanziert werden. Ironie beiseite: Dass es die SharePlay ganze neun Jahre am Markt gab, scheint schon für einen gewissen Erfolg zu sprechen – nur vielleicht nicht unter Core-Gamern. Und für jemanden wie mich, der damals noch keinen eigenen Internet-Anschluss besaß, war das wirklich eine schöne Bezugs- und Informationsquelle für solche Spiele.
Übrigens war die SharePlay nicht die einzige Zeitschrift dieser Art. In Polen erschien ab 1994 bis Ende der 90er Jahre die PC Shareware. Und im Vereinigten Königreich kam schon 1990 eine Zeitschrift mit dem Namen PC Shareware Magazine in die Kiosk-Regale.
Danke für den Überblick, habe nie wirklich viele Shareware Spiele gespielt, hatte damals lieber die Vollversionen, die ich hatte mehrmals durchgespielt. Erinnere mich eigentlich nur an die paar, die bei Bestseller Games dabei waren wie das eine Murmelspiel.
Lone Eagle – Colombian Encounter klingt total spannend, sonst kenne ich die fast alle.
Das muss ich mir mal runterladen
Toller Artikel, erinnert mich an meine Shareware Zeiten, Diskettenverteiler auf dem Schulhof….
Das war eine Menge Lesestoff, der längst vergessene Erinnerungen an bestimmte Shareware-Spiele wieder geweckt hat. Danke 🙂