Seit einigen Jahren gibt es den Trend, neue Spiele für alte Konsolen zu entwickeln. “Homebrew” ist der Begriff dafür. Diese Spiele werden meist als ROM-Datei für den Emulator veröffentlicht, oft als Modul für alte Konsolen und manchmal auch als emulierte Version für moderne Geräte. In unregelmäßigen Abständen möchte ich an dieser Stelle spannende Veröffentlichungen der letzten Jahre vorstellen.
2021: Moon Escape (2023, Game Boy, Mike Yamato)
Es hätte so schön laufen können für unseren Helden Tars Nunien: Er hat die geheimen Kriegspläne der außerirdischen Invasoren gestohlen und befindet sich mit seinem Raumschiff auf dem Rückweg zum Planeten Astra Nova. Doch auf halbem Weg wird sein Raumschiff vom Magnetfeld eines Mondes angezogen. Das Raumschiff stürzt auf den Planeten und nun ist es an uns, den Planeten wieder zu verlassen.
Indie-Entwickler Mike Yamato produzierte das Action-Adventure im Alleingang und nutzte dafür das beliebte GB Studio – ein Programm, mit dem sich verschiedenste Spiele für den Game Boy erstellen lassen. Dabei orientiert sich Yamato stark an der Legend of Zelda-Reihe. So durchstreift ihr die Oberwelt auf der Suche nach Dungeons, die entweder Rätsel oder kampfbetonte Aufgaben für euch bereithalten. Mit den gefundenen Technical Units könnt ihr eure Ausrüstung wie den Blaster oder euren Raumanzug verbessern, um beispielsweise mehr Schaden auszuhalten.
Vor allem grafisch bietet das Spiel schöne Zwischensequenzen und auch die Spielgrafik selbst kann sich sehen lassen. Die musikalische Untermalung hingegen würde ich eher als zweckmäßig bezeichnen. Spielerisch gibt es die gewohnte Genrekost: Gegner bekämpfen, kleine Rätsel lösen, neue Fähigkeiten finden, um vorher unzugängliche Passagen zu durchqueren. Sehr schön: Eine jederzeit aufrufbare Karte zeigt, wo die Geschichte weitergeht.
Das Spiel wurde über Incube8 Games veröffentlicht, die sich auf die Produktion von Game Boy-Spielen spezialisiert haben. Zudem gibt es eine emulierte Version für die Nintendo Switch.
Physische Version mit Verpackung, Modul und Anleitung für 59.99 US Dollar
Digitale Version mit ROM-Datei und PDF-Booklet für 8.99 US Dollar
Emulierte Version für die Nintendo Switch für 4.99 Euro
Sam’s Journey (2024, NES, Knights of Bytes)
Als Sam’s Journey zu Weihnachten 2017 für den C64 erschien, war die gesamte C64-Szene nicht nur entzückt, sondern auch tief beeindruckt. Unter Fans des Systems, aber auch unter Bloggern und Journalisten gilt es bis heute als einer der technisch beeindruckendsten Titel für den Brotkasten. Als großer Genre-Fan wollte ich es ursprünglich auch in der C64-Fassung spielen, doch kurz nach der Veröffentlichung kündigte das deutsche Indie-Studio Knights of Bytes an, ebenfalls an einer Version für das Nintendo Entertainment System zu arbeiten. Na dann, so lange wird es nicht dauern, das Spiel mal schnell rüber zu portieren…
Etwas mehr als 6 Jahre habe ich schließlich gewartet. Und das Warten hat sich mehr als gelohnt! Die 27 Level sind in mehrere Abschnitte unterteilt, extrem groß, scrollen in alle Richtungen und sind mit Geheimgängen gespickt. Auf seiner Reise findet Sam sechs verschiedene Verkleidungen, die ihm jeweils unterschiedliche Fähigkeiten verleihen. Als Ninja kann er Wandsprünge machen, als Pirat mit dem Säbel auf seine Gegner losgehen und als Vampir kann er sich in eine Fledermaus verwandeln und durch die Levels fliegen.
Das Leveldesign finde ich hervorragend: Einerseits ist es recht einsteigerfreundlich, solange man dem Hauptpfad folgt. Will man aber alle Geheimnisse eines Levels erkunden, steigt der Schwierigkeitsgrad entsprechend an. Es gibt kein Zeitlimit, man kann sich also in Ruhe umsehen. Auch hat man unendlich viele Versuche, auf ein Game Over wurde ebenfalls verzichtet. Dadurch wirkt Sam’s Journey auf mich recht modern.
Technisch ist Sam’s Journey wohl eines der beeindruckendsten Spiele für das NES. Es gibt keine Slowdowns oder Spriteflackern – zumindest sind sie mir nicht aufgefallen. Die Umgebungen sind farbenfroh, eingängig gestaltet und manche Hintergründe sogar animiert! Wie cool ist das denn? Auch der Soundtrack ist catchy und geht sofort ins Ohr.
Für mich ist Sam’s Journey ein moderner Klassiker, der mit Super Mario Bros. 3 um die Krone des besten Jump’n’Runs für das NES konkurrieren kann.
Physische Version mit Verpackung, Modul, Anleitung und Sammelkarten für 60.00 Euro
Digitale Version mit ROM-Datei und PDF-Booklet für 20.00 Euro
BULB! (2021, Game Boy Color, skRap Klan)
In der Nachbarschaft gibt es merkwürdige Stromausfälle. Was steckt dahinter? Das herauszufinden ist die Aufgabe einer kleinen Glühbirne. Diese muss in verschiedenen Levels die Räume wieder zum Leuchten bringen. Sobald der Raum betreten wird und Licht in den Raum fällt, erscheinen die Plattformen. Geht die Glühbirne weiter, wird es dunkel und die Plattformen verschwinden. Nun gilt es, zuerst den Lichtschalter einzuschalten und dann zur Lampe mit der fehlenden Glühbirne zu springen, um den Level zu beenden.
Zur Erleichterung kann die Glühbirne durch Drücken der Select-Taste für kurze Zeit den Raum zum Erleuchten bringen. Das verbraucht allerdings Energie, die man im Lichtkegel am Anfang des Levels wieder aufladen kann. Mit der Zeit kommen immer mehr Fallen und Gegner hinzu und die Glühbirne lernt neue Fähigkeiten, wie z.B. einen Energiestrahl abzufeuern.
Eine schöner Mix aus Puzzle und Hardcore-Plattformer, bei dem es auf das pixelgenaues Springen ankommt. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass diese Mischung nicht jedermanns Sache ist.
Das Spiel gibt es digital und als Modul. Das Modul hat eine LED-Lampe eingebaut und sobald im Spiel das Licht angeht, erleuchtet auch die LED-Lampe was ein ziemlich cooler Effekt ist, wie das unten eingebettete Video zeigt.
Physische Modul-Version für 32.00 US Dollar
Digitale Version mit ROM-Dateien für Emulatoren und Analogue Pocket für 3.99 US Dollar
Drei richtig interessante Spiele. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde Bulb! für die Spielidee einen Preis bekommen. Okay, und Sam’s Journey einen für die Schnuffigkeit.
Deine Begeisterung, besonders für Sam’s Journey, kommt richtig gut rüber.