Mit Mega Man – The Sequel Wars werden die NES-Spiele Mega Man 4-6 für das Mega Drive umgesetzt. Wie schlägt sich die von Fans programmierte Neuauflage?
Als Nintendo 1993 mit Super Mario All-Stars wieder einmal Verkaufsrekorde aufstellte, kamen auch andere Publisher auf die Idee, ihre alten 8-Bit-Spiele für die 16-Bit-Generation aufzupolieren. So beauftragte Capcom das Studio Minakuchi Engineering mit der Umsetzung von Mega Man – The Wily Wars. Dieses kleine Studio hatte bereits Erfahrung mit der Marke: Es programmierte die Game Boy-Versionen der Mega Man-Spiele. Als Zielplattform wurde nicht das Super Nintendo, sondern das Mega Drive von Sega gewählt. Schließlich verkaufte sich die MD-Version von Street Fighter 2 sehr gut und Capcom wollte das Mega Drive weiter erobern. Laut Keiji Inafume, einem der damaligen Designer bei Capcom, war die Produktion jedoch die Hölle. Und so erschien 1994 die etwas unsauber programmierte, aber immer noch gut spielbare Sammlung der ersten drei Mega Man-Abenteuer auf dem Mega Drive. Allerdings nur in Europa und Japan. In den USA hatte man wohl kein Interesse. Eine zweite Sammlung mit den Teilen 4-6 wurde nie in Angriff genommen. Bis jetzt…
Mega Man – The Sequel Wars
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Eigentlich hatte ich mir für diese Artikelserie vorgenommen, keine Demos zu besprechen. Denn allzu oft kommen solche Projekte nicht über den Demo-Status hinaus. Hier liegt der Fall jedoch etwas anders: In der aktuellen Version ist nur Mega Man 4 vollständig spielbar. Mega Man 5 und 6 werden in späteren Versionen folgen. Und da Mega Man 4 als Kind mein erstes Spiel der Serie war, war ich einfach zu neugierig.
Für alle, die die Serie nicht kennen, hier ein kurzer Abriss: Im Mittelpunkt der Serie steht der Junge Rock, der mit Hilfe von Dr. Light einen Kampfanzug tragen kann und so zu Mega Man wird. Als solcher kämpft er gegen feindliche Roboter, die von Dr. Wily – einem alten Rivalen von Dr. Light – befehligt werden. Die Mega Man-Reihe von Capcom umfasst mehr als 60 Spiele (Remakes und Collections nicht mitgezählt!) aus verschiedenen Genres. Die Lore ist recht komplex und umfasst mehrere hundert Jahre und verschiedene Universen. Zudem wurde das Universum mit TV-Serien und Comics erweitert.
Das Gameplay sowie das Leveldesign wurden vom Original übernommen. Auch das Sprungverhalten ist genau gleich geblieben. Es ist wirklich schön zu sehen, wie liebevoll das Spielgefühl nachempfunden wurde. Ich fühlte mich sofort wieder wie ein Achtjähriger, der fasziniert auf einem Kissen auf dem Boden saß und zum ersten Mal in diese Welt eintauchte.
Ihr lauft und springt mit eurer Spielfigur in alle Richtungen, meist jedoch von links nach rechts, und ballert kurzum auf alles, was sich bewegt. Angereichert wird das Gameplay durch Zwischenbosse, Fallen und herausfordernde Sprungpassagen. Diese zu meistern lohnt sich – denn am Ende solcher Passagen wartet immer eine coole Belohnung wie ein Extraleben oder ein E-Tank. Die E-Tanks sind besonders wertvoll. Diese kann man im Pausenmenü auswählen und so seine Lebensenergie einmalig wieder auffüllen lassen. Ihr solltet sie euch also vor allem für die Bosskämpfe gegen die Robot Master aufheben.
Die ersten acht Level können in beliebiger Reihenfolge gespielt werden. Der Clou ist jedoch, dass jeder Robot Master für eine bestimmte Waffe besonders anfällig ist. Toad Man zum Beispiel ist anfällig für die Standardwaffe. Sein Level sollte also zuerst gespielt werden. Wenn ihr einen Robot Master besiegt hat, bekommt ihr die jeweilige Waffe übertragen. Im Pausenmenü könnt ihr alle im Spiel gesammelten Waffen auswählen und einsetzen. So erhaltet ihr von Toad Man den Rain Flush – einen mächtigen Flächenangriff. Bright Man – ein Robot Master, der auf Elektrizität setzt – ist besonders anfällig für den Rain Flush. Deshalb steht sein Level an zweiter Stelle. Es gehört zum Spielspaß, herauszufinden, welche Waffe gegen welchen Robot Master am effektivsten ist.
Außerdem könnt ihr über das Pausenmenü jederzeit den Roboterhund Rush herbeirufen. Im Laufe des Spiels bekommt er drei Funktionen: Mit der Coil-Funktion könnt ihr höhere Plattformen erreichen, die Marine-Funktion dient als U-Boot und mit der Jet-Funktion kann man große Abgründe überfliegen.
Als besonderes Schmankerl könnt ihr wahlweise mit Protoman und Roll spielen, den beiden Geschwistern von Mega Man. Protoman ist der erste Roboter, den Dr. Light entwickelt hat. In der Lore ist er ein klassischer Einzelgänger. Roll hingegen ist Mega Mans Schwester und wurde als Haushaltshilfe konstruiert. In den offiziellen Spielen tritt sie daher nur als Nebenfigur auf. Bei den Fans ist sie jedoch sehr beliebt und so ist es schön, dass sie im Spiel eine aktivere Rolle bekommt.
Kommen wir zur technischen Umsetzung: Diese ist wirklich gut gelungen. Es ist schön, Mega Man 4 endlich ohne das nervige Sprite-Flackern der NES-Version zu erleben. Allerdings: Gerade wenn viele Sprites auf dem Bildschirm zu sehen sind, kommt es zu kurzen Slowdowns. Dieses Problem hatte auch schon die in der Einleitung erwähnte Wily Wars Collection. Im Vergleich zu den NES-Spielen hält sich die Häufigkeit der Slowdowns jedoch in Grenzen.
Ansonsten ist The Sequel Wars ein Paradebeispiel für Zugänglichkeit und Optionen. Fast jedes Element kann an- und ausgeschaltet werden. Von flackernden Lichteffekten bis hin zum Zittern des Bildschirms bei bestimmten Bosskämpfen. Außerdem kann man zwischen zwei Soundtracks wählen: einem modernen Soundtrack, der aus Remixen bekannter Songs besteht, oder einem Soundtrack im Stil der Wily Wars Collection.
Dann gibt es noch die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade. Normal entspricht dem ursprünglichen Schwierigkeitsgrad des NES-Spiels. Hard bietet eine noch schwerere Herausforderung, während im Easy-Modus besonders knifflige Sprungpassagen durch zusätzliche Plattformen entschärft werden und die Lebensenergie der Spielfigur langsamer zur Neige geht. Und wem das noch nicht reicht, der kann unbegrenzte Leben oder unbegrenzte Waffenenergie zuschalten. Ich habe selten ein Spiel gesehen, bei dem der Schwierigkeitsgrad so gut an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden kann.
Egal ob Serienveteran oder Einsteiger: The Sequel Wars bietet für jedes Niveau das passende Spielerlebnis. Die technische Umsetzung ist in weiten Teilen hervorragend und so bietet das Spiel einen idealen Einstieg in die Mega Man-Serie. Ich freue mich jedenfalls schon auf die fertige Version, wenn endlich auch Mega Man 5 und 6 in neuem Glanz erstrahlen.