Es ist wieder Zeit, eine alte Liebe zu entflammen. Ganz hinten in meiner digitalen Spielebibliothek habe ich sie wiedergefunden. Und was soll ich sagen? Es war (fast) wie beim ersten Mal.
Die Rede ist von der Etherlords-Reihe, die mich Anfang bis Mitte der 2000er Jahre ein gutes Stück meines Gaming-Lebens begleitet hatte. Wobei das Wort “Reihe” vielleicht etwas hochgegriffen ist, schließlich gab es nur zwei Teile (den späteren Mobilableger klammere ich hier bewusst aus). Beide Spiele haben mich etliche Stunden unterhalten und zum mehrmaligen Durchspielen motiviert.
Aber gehen wir doch noch etwas weiter zurück in der Zeit. Mitte der 1990er Jahre, noch während meiner Schulzeit, begegnete ich zum ersten Mal dem Magic the Gathering-Kartenspiel. Ich war sofort fasziniert von der Spielmechanik und den Artworks, aber auch abgestoßen von der Geldvernichtungsmaschine “Trading Cards”. Nichtsdestotrotz hatte ich mir einen Grundstock an Karten gekauft und mit meinen Freunden etliche Duelle ausgefochten. Aber ich war nicht bereit, immer weiter Geld in neue Karten zu investieren, und so schlief das Hobby ein, bis mir Ende der 90er das erste Magic-PC-Spiel in die Hände fiel. Auch das wurde ausgiebig gezockt, verschwand dann aber nach ein paar Monaten im Regal (und ist mittlerweile verschollen, daher bevorzuge ich auch digitale Spieleregale).
Und dann war erst einmal Pause. Bis ich Ende 2001 über einen Testbericht zu Etherlords stolperte. Ich war sofort interessiert an diesem offensichtlichen Magic-Klon und kurz darauf war das “rundenbasierte Karten-Duell-Spiel” auf meinem PC installiert. Das kann doch noch nicht über zwanzig Jahre her sein, so alt bin ich doch noch nicht, oder? Naja, doch.
Wie spielt man Etherlords?
Der zentrale Bestandteil beider Teile ist der rundenbasierte Kampf. Wie auch bei Magic – The Gathering stehen sich darin zwei magiebegabte Kontrahenten gegenüber, die mithilfe des Äthers Kreaturen beschwören und Zauber wirken können. Anders als bei Magic gibt es aber keine Länder, die verschiedenfarbiges Mana erzeugen, sondern “Ätherkanäle”, die sich über den Kampf hinweg erweitern und somit immer mächtigere Zaubersprüche ermöglichen.
Wie beim großen Vorbild entscheidet ihr, welche eurer Kreaturen angreifen sollen und auch welche sich den gegnerischen Wesen entgegenstellen sollen, um euch zu beschützen. Und natürlich müsst ihr euch gut überlegen, wann ihr welche Fähigkeit oder welchen Zauber einsetzt, um euren Gegner niederzuringen.
Die Zaubersprüche zieht ihr Runde für Runde zufällig aus einem vor dem Kampf von euch vorbereiteten Kartendeck. Im Laufe des Spiels erhaltet ihr immer weitere Karten und Fähigkeiten und könnt somit euren eigenen Kampfstil entwickeln. All dies ist stark von Magic abgekupfert, aber immerhin auf eine gute Art und Weise mit sinnvollen Vereinfachungen an manchen Stellen. Die Komplexität der Vorlage wird demnach nie erreicht, was hier aber durchaus positiv gemeint ist.
Im ersten Teil bewegt ihr euch rundenbasiert mit einem oder mehreren Helden über ein Landkarte, nehmt Gebäude ein und baut diese aus, fördert Ressourcen oder startet einen Kampf mit einem Gegner. All dies erinnert sehr an die Heroes of Might and Magic-Serie. Vor dem Hintergrund ist es auch interessant, dass der Entwickler Nival später für Heroes of Might and Magic 5 verantwortlich war.
In Etherlords 2 wurde dieser Teil etwas zurückgefahren und vereinfacht, diesmal bewegt ihr eure Spielfigur mehr oder weniger in Echtzeit über die Welt und werdet nicht mehr so stark von den Kämpfen abgelenkt.
Und was ist daran so faszinierend?
Die Geschichte rund um die geheimnisvolle Kraft “Äther” ist es sicherlich nicht. Sie ist zwar nettes Beiwerk, aber völlig belanglos. Die Grafik mag vor fast zwanzig Jahren ganz gut gewesen sein – heute ist sie nicht mehr hübsch, aber erträglich. Die Soundkulisse ist atmosphärisch und passend, mehr aber auch nicht. Die deutsche Sprachausgabe erscheint hier und da etwas überdramatisch, geht aber im Großen und Ganzen in Ordnung.
Aber die Faszination kommt natürlich von den taktischen Karten-Kämpfen und der Möglichkeit, weitere Karten zu finden und damit euer Deck zu verbessern. Die Zusammenstellung der Sprüche vor dem Kampf ist entscheidend: Ihr müsst im Laufe des Spiels lernen, die Effekte der Karten möglichst effektiv aufeinander abzustimmen. Im höchsten Schwierigkeitsgrad werdet ihr wirklich gut gefordert, denn er verlangt, dass ihr euch gut mit den Zaubern auskennt. Aber auch die niedrige Stufe hat ihre Daseinsberechtigung, vor allem wenn ihr einfach nur gemütlich eure Kämpfe bestreiten möchtet, ohne euch intensiv mit allen Auswirkungen eurer Karten beschäftigen zu müssen.
Die Geschichte wird in verschiedenen Kampagnen erzählt, in denen ihr unterschiedliche Völker mit eigenen Kartensets spielen könnt. Die Kampagnen werden von Einzelmissionen, einem Duell- und einem Mehrspieler-Modus abgerundet.
Klingt gut! Wo kann ich Etherlords kaufen?
Wenn ihr jetzt Lust darauf bekommen habt, selbst einmal in die Welt von Etherlords einzutauchen, dann findet ihr beide Teile für wenige Euro sowohl bei GOG als auch Steam lauffähig für aktuelle Betriebssysteme aufbereitet. Auf dem Steam Deck konnte ich die Versionen allerdings nicht zum Laufen bringen. Wenn ihr auf deutsche Sprache Wert legt, solltet ihr zur GOG-Version greifen, denn nur hier ist die deutsche Version enthalten.
Falls ihr nur eines der beiden Spiele kaufen möchtet, dann empfehle ich euch den zweiten Teil. Hier wurden einige Karten aus dem ersten überarbeitet und auch neue Zauber hinzugefügt. Zusammen mit der vereinfachten Oberwelt empfinde ich Etherlords 2 als das rundere Spiel.
Vielen Dank fürs Lesen! Wie immer freue ich mich über Kommentare. Falls ihr meine ersten Liebeserklärungen verpasst habt, dann schaut doch einmal in meinen Clash of Heroes– oder Ghost Trick-Artikel.
(Dieser Beitrag erschien zuerst am 6. November 2022 auf GamersGlobal)