Endless Legend 2 von den Amplitude Studios will noch dieses Jahr die Herzen der 4X-Spieler höher schlagen lassen. Ob mich auch der Nachfolger des Klassikers verzaubern könnte, durfte ich im ersten Hands-on ausprobieren.

Titel: | Endless Legend 2 |
Erscheinungsdatum: | 2. Quartal 2025 (Early Access) |
Plattformen: | PC |
Entwickler / Herausgeber: | Amplitude Studios / Hooded Horse |
Homepage: | https://www.amplitude-studios.com/ |
Endless Legend erschien bereits 2014 und wurde mit zahlreichen Erweiterungen versorgt. Nachdem ich eine Folge des Three Moves Ahead-Podcasts gehört hatte, griff ich blind zu. Würde mich die Atmosphäre aber wirklich verzaubern und würden mich die Spielmechaniken, rundenbasierte 4X-Strategie, taktische Kämpfe auf der Karte und Helden, wirklich begeistern? Ja! Dazu ein innovatives Regionensystem und Distrikte. Verzaubernde Graphik und atmosphärische Musik rundeten das Paket ab. Für mich ist Endless Legend bis heute eines der besten 4X-Rundenstrategiespiele auf dem Markt. Nach dem sehr innovativen und mit Sega als Publisher veröffentlichtem Echtwelt-4X Humankind, bei dem mir die Immersion aufgrund des Wechsels der Kulturen leider flöten geht, und zuletzt Endless Dungeon, dem Nachfolger zu Dungeon of the Endless, geht es jetzt ohne Sega im Endless-Universum weiter: Mit Endless Legend 2.
Ich hatte die Chance, im ersten Hands-on dabei zu sein und 125 Runden zu spielen. Mit den Kin of Sheredyn und den Aspect standen mir dafür zwei Völker zur Auswahl; zwei weitere konnten als Gegenspieler agieren. Ich habe einen kompletten Playthrough mit den Kin of Sheredyn gemacht, die erste Folge findet ihr unter dieser Preview. Sobald ich auch die Aspect gespielt habe, werde ich die Preview erweitern.

FIDSI und Städte
Die Ressources in Endless Legend 2 sind, wie in allen Endless-Spielen, FIDSI: F(ood) für Bevölkerungswachstum, I(ndustry) für die Produktion von Einheiten, Gebäuden und Distrikten, D(ust) ist ist eine magische Substanz und fungiert als Währung, S(cience) für euren technologischen Fortschritt und I(nfluence) für Aktionen eures Reiches. Dazu zählt auch der Kauf von Hexfeldern für eure Städte. Jedes euch zugehörige Hexfeld produziert eine oder mehrere Ressourcen, was ihr mit Distrikten verbessert. Manchmal gibt es auch Boni, etwa wenn ihr einen Industriedistrikt auf einem Hexfeld mit Industrie platziert. Nachbarschaftsboni der Distrikte gibt es auch, ihr müsst aber nicht zwingend wie in Civilization 6 dutzende Züge vorausplanen. Sehr gut gefällt mir, dass sich Distrikte auch aufwerten lassen, teilweise habt ihr auch verschiedene Optionen. Manche Distrikte oder Spezialisierungen von Distrikten könnt ihr nur einmal pro Stadt haben. So findet Endless Legend 2 insgesamt ein gutes Mittel zwischen „Städtepuzzle“ und zu viel Vorausplanung.
Besonders ertragreich sind Hexfelder mit Anomalien. Dort gibt es teilweise sogar Influence. Die Ressourcen erhaltet ihr, wenn ihr ein Fundament für einen Distrikt errichtet, was entsprechend Einfluss kostet. Darauf könnt ihr aber nichts errichten.

Schließlich gibt es noch strategische Ressourcen wie Glassteel. Diese Felder müsst ihr euch ebenfalls mit Einfluss einverleiben und baut dann darauf ein Abbau-Gebäude, das ihr natürlich erst erforschen müsst.
In den Stadtscreen musste ich mich kurz eingewöhnen. Dass ich am unteren Bildschirmrand, obwohl es dort klar beschrieben ist, Fundamente, Distrikte, Einheiten und mehr zum Kauf oder zum Bau auswähle, war mir bei der Live-Aufnahme nicht direkt ins Auge gestochen. Sobald ich das wusste, kam ich im Übrigen mit dem sehr aufgeräumten und klaren Interface sehr gut zurecht. In der Stadt seht ihr beispielsweise auch, wieviele Bewohner einen bestimmten Beruf ausüben können. Das hängt wiederum von euren Distrikten ab. Eine Sache hat mich dann aber doch gestört: Es wird nicht angezeigt, was zuletzt produziert worden ist. Bei einer Version, die noch nichtmal im Early Access ist, kann ich das natürlich verschmerzen. Es muss aber nachgesteuert werden.

Spielstart und Regionen
Wo ihr eure FIDSI herbekommt, könnt ihr euch gleich zu Spielbeginn überlegen. Hier bieten die Amplitude Studios mal wieder eine innovative Lösung an. Normalerweise ist es in 4X-Spielen wegen des Schneeballeffekts schädlich, wenn ihr mit dem Bau der ersten Siedlung zu lange wartet. Wegen eines vielleicht minimal besseren Feldes selbst nur eine Runde zu warten, zahlt sich meist kaum aus. Humankind schaltete dann eine eigene Ära vor; auch Millennia hat mit dem DLC Ancient Worlds eine vorgeschaltete Phase, in der ihr euch Boni für eure erste Siedlung erarbeiten könnt. Endless Legend 2 geht nun einen simplen, aber irgendwie einleuchtenden Weg: Für jede Runde, die ihr nicht siedelt, bekommt ihr Boni bei der Startproduktion eurer ersten Stadt. So könnt ihr ganz ohne Druck erstmal in Ruhe ein bisschen erkunden und euch die passende Region, vielleicht sogar die dazu passenden Nachbarregionen, aussuchen. Ob die Boni jetzt schon perfekt gebalanced sind, wird die Zeit zeigen.
Und die Regionen spielen erneut eine große Rolle. Ihr platziert eure erste Stadt in einer dieser Regionen. Mit Einfluss eignet ihr euch weitere Hexfelder in der Region an. Die Kosten steigen dabei stetig an. In anderen Regionen lassen sich Außenposten errichten, was euch auch Ressourcen im direkten Umfeld gewinnen lässt. Die Außenposten wandelt ihr dann zu Städten um oder schließt die Region einer Stadt an. Letzteres ist je nach Ausbaustufe der Stadt limitiert. Wenn ihr eine Region einer Stadt zugewiesen hat, gehört sie was die Ressourcengewinnung angeht zu dieser Stadt. Auch Distrikte werden aus dem Stadtmenü heraus gebaut. Die Einflusskosten beziehen sich jedoch auf die jeweilige Region. Das heißt, dass ihr einen hinsichtlich der Einflusskosten günstigen Bauboom starten könnt, wenn ihr eine Region einer Stadt zuweist. Besonders gut hat mit dabei auch gefallen, dass die Nachbarschaftsboni für Distrikte regionsübergreifend gelten (getestet habe ich das für Regionen einer Stadt).

Völker, Quests und Helden
Bislang habe ich mit den den Kin of Sheredyn, meine Erfahrungen zu den Aspect reiche ich noch nach. Die Völker sollen sich sehr unterschiedlich spielen und machen das nach meinem Ersteindruck auch. Die Aspect sind eher friedliche Diplomaten, die Kin of Sheredyn ein ehrenhaftes Kriegervolk, das aber eher auf Defensive ausgerichtet ist.
Jedes Volk zeichnet sich dazu, wie schon in Endless Legend, durch eine eigene Questreihe aus. Bei den Kin of Sheredyn erfahrt ihr beispielsweise mehr über die Welt, habt eine übermütige und erkundungsfreudige Person, die ihr später gegebenenfalls rekrutieren könnt, und erfahrt mir über eure (vermeintliche?) Erlöserin. Einer Intrige kommt ihr auch noch auf die Schliche. Die Hauptquests scheinen mir im Vergleich zum Vorgänger, wo ihr eine über die Quest einen Sieg erringen konntet, etwas aufgebaut. Es gibt Dialoge und teilweise habt ihr auch Entscheidungsoptionen. Ihr klappert also nicht bloße Locations ab, an denen ihr dann kämpft. Ich war ehrlich gesagt sogar so neugierig und wollte in meinen 125 Runden so viel über den Hintergrund der Kin of Sheredyn erfahren, dass ich die Questerfüllung zu meinem Hauptziel gemacht habe. Belohnungen auf dem Weg, etwa Ausrüstungsgegenstände für eure Helden, gibt es auch.

Eure Helden ausrüstbaren Helden sind auch in den taktischen Kämpfen dabei und lassen sich bei Stufenaufstiegen in verschiedenen Kategorien aufleveln. Sie werden so kampfstärker und ihr schaltet immer mächtigere Fähigkeiten frei, zum Beispiel auch Heilfähigkeiten. Als ich dann zwei Helden hatte, konnte ich sie, Fire Emblem lässt grüßen, sogar im Duett besser agieren lassen.
Neben der Hauptquest gibt es auch Nebenquests, etwa Quest-Locations mit Gegnern, an denen besondere Belohnungen winken. Das erinnerte mich an Age of Wonders 4. Natürlich gibt es auch wieder kleine Fraktionen, die ihr besiegen oder mit denen ihr euch Verbünden könnt. Schließen sie sich euch an, erhaltet ihr auch Zugriff auf ihre Spezialeinheiten. Um euch mit ihnen gut zu stellen, könnt ihr auch Quests für sie erledigen.

Kampfsystem
Ein wichtiges Merkmal bereits in Endless Legend war, dass die Kämpfe direkt in einem Ausschnitt der Weltkarte ausgefochten werden. Die Wahl des Terrains ist also sehr wichtig. Die Kämpfe laufen dann rundenbasiert mit Rundenlimit ab. Mehrere Armeen, neben der Hauptarmee nämlich noch eine Reservearmee, können eingreifen. Zu Beginn lassen sich die Einheiten manuell in einem Aufstellungsbereich platzieren. In einem Questkampf standen mir dann nur drei Felder zur Verfügung. Ich habe es aber nicht hinbekommen Einheiten, die erstmal nicht auf dem Feld standen, dort zu platzieren. Vielleicht habe ich auch etwas übersehen. Das führte dazu, dass ich den Kampf nicht gewinnen konnte. Ich habe dann nicht neu geladen sondern regeneriert und den Kampf, inklusive meiner Reservearmee, automatisch ausfechten lassen und so mühelos gesiegt. Wenn ich nichts übersehen habe, müsste an dieser Stelle noch nachgesteuert werden.
Wie ihr eure Einheiten dann einsetzt, hängt natürlich von ihren Stärken und Schwächen ab. Es gibt Angriffswerte, Verteidigungswerte und mehr. Außerdem sammeln eure Truppen Erfahrung und ihr könnt sie dann auch spezialisieren, so dass ihr sie am Leben halten solltet. Die Gegner-KI hat einen guten Eindruck gemacht.

Sonstiges: Wandelbare Welt, Grafik, Musik, UI
Eine Neuheit von Endless Legend 2 ist auch, dass die Spielwelt im stetigen Wandel ist. Die sogenannten Tidefall-Events sind geologische Disaster wodurch sich Ozeane zurückziehen und neue Länder und Landbrücken freigeben, wo sich dann neue Gelegenheiten und Gefahren befinden. Das fand ich in meinem bisherigen Kurzeindruck in mehrerer Hinsicht clever: Erstens werdet ihr nicht direkt in eine riesige Welt entlassen sondern habt erstmal ein etwas kompakteres Erlebnis. Auf zwei der anderen Fraktionen, die mir punktetechnisch deutlich überlegen waren, bin ich gar nicht gestoßen. Zweitens gibt es so immer wieder Neues zu entdecken, ohne dass ihr vorher von der FOMO, der Fear Of Missing Out, befallen werdet.
Die Grafik ist erneut bildhübsch detailreich und schön gestaltet. Vielleicht trügt mich die Erinnerung, allerdings kommt sie mir auch etwas düsterer und trister vor als im Vorgänger. Dadurch geht eine gewisse zauberhafte Leichtigkeit etwas verloren. Der etwas düsterere Look passt allerdings auch gut zum Szenario. Die atmosphärische Musik ist erneut sehr stimmig. Das UI, einschließlich Tooltips, wirkt bereits sehr final, aufgeräumt und übersichtlich. Sehr vereinzelt fehlten noch Textverknüpfungen, aber im aktuellen Entwicklungsstand ist das völlig normal. Gut gefallen mir die Übersichtsscreens, etwa für die Städte.

Fazit
Mit Endless Legend 2 erwartet uns ein absolutes Schwergewicht, das sich mit den besten des Genres wird messen können. Schön ist die Einbettung ins Endless-Universe mit der entsprechenden Lore. Die Amplitude Studios bieten auch wieder neue Ideen an, an denen sich Firaxis dann sicherlich für Civilization 8 bedienen wird. Die taktische KI hinterließ einen soliden Eindruck; auf strategischer Ebene sah ich mich den Aspects gegenüber, die sehr friedlich waren und gut siedelten. Den anderen Fraktionen, die mir punktetechnisch auf normalem Schwierigkeitsgrad davongezogen sind, begegnete ich noch nicht. Wie gut sich die strategische KI schlagen wird, kann ich daher insgesamt noch nicht abschließend einschätzen, der Eindruck ist aber auch hier mindestens solide.
Spielstart, Fantasy-Setting, Quests, Tidefall-Events, Helden, Armeen, Regionen, Distrikte und mehr bieten genug Differenzierungsmerkmale und Ideen im Vergleich zum Platzhirsch, den kleineren Genre-Vertretern oder auch dem ebenfalls fantasy-tastischem Age of Wonders 4, so dass ich mit großer Vorfreude meiner nächsten Partie und dann dem Early-Access-Start entgegenfiebere.
Passenderweise heute ging durch Zufall auch die letzte Folge des Playthroughs live 🙂
Sieht interessant aus. Danke für deinen ersten Einblick. Aus einem mir nicht ganz nachvollziehbaren Grund bin ich in diesem Genre altmodisch und mag kein SF- oder Fantasy-Setting. Alpha Centauri war damals an mich verschwendet, weil ich mit den Erfindungen nichts verbunden habe. Das scheint hier weniger extrem zu sein.
Hi vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren 🙂 Ich kann verstehen, wenn irgendwas am Setting stört. Streng genommen kannst du aber auch mit Fantasy altmodisch unterwegs sein, Master of Magic kam noch vor Civ 2 🙂
Die Erfindungen in EL2 sind immer sehr klassisch und setzen auch nicht so auf Zauberei wie zB MoM Remake oder AoW4. Ungewöhnlich in dem Kontext Technologien und Ressourcen sind denke ich nur die strategischen Ressourcen. Und die Aspect überziehen alles mit Korallen, paar Kleinigkeiten gibt es dann noch. Daher wäre es denke ich einen Versuch wert 🙂