Die Rückkehr der CPC-Erinnerungen

Heute legen wir eine weitere kleine Runde an nostalgischen Erinnerungen in den Diaprojektor. Oh, Moment. Das Dia hat sich verklemmt. Hups, und das hier ist verkehrt herum. Aber ansonsten: Nur das Beste für unsere Gäste! Nehmt euch gerne was zu trinken aus der Küche. Aber passt bei den Knabbereien auf! Die Couch ist neu und echt empfindlich!

The Secret Diary of Adrian Mole Aged 13 3/4

Als Jugendlicher habe ich sehr gerne in den Tagebüchern eines anderen Jungen geschmökert und mich dabei köstlich amüsiert. Nein! Ich bin nicht bei den Nachbarn eingebrochen, keine Sorge. Stattdessen las ich Das Intimleben des Adrian Mole, 13 3/4 Jahre aus der Feder der britischen Autorin Sue Townsend – und besser konnte mir damals niemand die Stimmung im Großbritannien der Thatcher-Jahre vermitteln. Nur eben aus der Sicht eines unsicheren Jungen, der mit Pubertät und Umwelt kämpft. Es hilft natürlich nicht, dass er fest davon überzeugt ist, schlauer als alle anderen zu sein. Zu diesem Roman gab es im Laufe der Jahre eine ganze Latte an Fortsetzungen. Es gab aber auch zwei Spiele – und das erste davon hatte ich damals auf meinem Schneider. The Secret Diary of Adrian Mole Aged 13 3/4 setzt das Buch nahezu eins zu eins um und bietet nach den Tagebucheinträgen Multiple-Choice-Antworten. Besonders verzweigt wird die Geschichte dadurch allerdings nicht. Ein bisschen abweichender Text und dann zurück zum Original. 

Das Spiel wird zwar als Adventure geführt, aber es ist eher eine Art versoftetes Abenteuer-Spielbuch. Nur ohne Abenteuer. Aber das ist egal. Wer heutzutage einen schönen Einblick in das England der 1980er-Thatcher-Ära sucht, wird hier bestens bedient. Sei es, dass der Rektor den „Gay Club“ verbieten will, aber den Grund nicht sagen möchte. Weshalb Nigel, Adrians Freund, mit seiner Übersetzung „das bedeutet doch fröhlich, oder?“ die Diskussion gewinnt. Oder die finanziellen Ängste, die selbst in den Speckgürteln der Städte um sich greift. Wie gesagt: So gut wie damals habe ich Großbritannien nie wieder verstanden.

Jinxter

„Why did the Moose bolt?“ Diese Preisfrage stand auf einem Bierdeckel, der wiederum in der Packung des Adventures Jinxter lag. Und er fasst mein damaliges Problem mit dem Spiel hervorragend zusammen: Hä? Das lag sicher nicht an dem Spiel. Ich nehme an, dass mich die schöne blaue Packung mit dem herrlichen Karussell-Bild zum Kauf verführt hat. 1987, als das Spiel erschien, war ich 15 Jahre alt. Ich hatte also durchaus einige rudimentäre Englisch-Kenntnisse, aber mit Jinxter war ich überfordert. Natürlich kannte ich das Konzept „Textadventure“. Schließlich hatte ich schon bei The Hobbit oder bei Robin of Sherwood herumdilettiert. Was aber hier an Text auf mich einprasselte, überforderte mich heillos. Dabei ist der Text auf der Box so wunderbar verheißungsvoll:

GERADE WENN EIN MANN DENKT, DASS SEIN GLÜCK IHN VERLÄSST…

… fangen die Dinge an, noch schlimmer zu werden. Er wird von einem Bus überfahren. Von einem übernatürlichen Wesen mit einem Käsesandwich besprüht. Er wird von einem rasenden Zug gegen einen Tunnel geschleudert. Er fällt aus zweitausend Metern Höhe in einen künstlichen Wasserfall. Er wird abgefüllt, ertränkt und mit Flüchen beladen. Er wird verbrannt, bepinkelt, gefaltet, geknickt, gespindelt, verstümmelt und allgemein verarscht.

Und als Gegenleistung?

Im Gegenzug erhält er die Hauptrolle in einem verwirrenden, urkomischen Wettlauf gegen die Zeit und den Zufall, der in einem verhexten Land stattfindet, das vom drohenden Tod des Glücks bedroht ist.

Von wem ist die Rede? Wer hält diese Packung in der Hand?

Sie haben es erraten.

Die schöne Zeile „Every Silver Lining Has A Cloud“, die unten auf dem Cover zu lesen war, ging flott in meinen Sprachgebrauch über. Es hätte also alles so schön sein können. Aber ich kam damals kaum über die ersten Bildschirme hinaus. Und ich schäme mich nicht, es zuzugeben: Heutzutage geht es auch nur dank Komplettlösungen besser. Das Spiel ist zwar toll geschrieben, aber die Charaktere und Situationen sind so abgefahren, dass mir selbst auf Deutsch die richtigen Worte fehlen würden. 1987 auf Englisch? Keine Chance. Trotzdem habe ich die Packung in Ehren gehalten und gerne in die Hand genommen. Bis zu diesem Artikel hier habe ich aber nie nachgeschaut, was dieses „bolt“ denn heißen soll, das den Elch betrifft. Nicht, dass ich noch beim Preisausschreiben hätte mitmachen können. Magnetic Scrolls existiert ja leider schon lange nicht mehr. Doch Bildung schadet ja nie und jetzt weiß ich es. Ein Rätsel weniger.

Saboteur

Als ich die Sicherungskopie von Saboteur zum ersten Mal gestartet hatte, klappte mir die Kinnlade runter: So toll animierte Figuren waren mir bis dahin nicht untergekommen. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass mein geheimnisvoller Ninja die Füße ganz besonders leise abrollt, während er immer weiter in einen Gebäudekomplex eindringt. Okay, dafür war die Wurfstern-Animation praktisch nicht vorhanden, aber was solls. Sinn und Zweck der Leisetreterei war es, eine Diskette zu stehlen. Dass darauf die Namen von Rebellenanführern gespeichert sind, war mir natürlich nicht klar, tat der Sache aber keinen Abbruch. Stückchen für Stückchen habe ich mir damals die Mechanik erschlossen. Dass der Timer im unteren Bildschirmbereich meinen Tod bedeuten würde. Dass ducken im Wasser keine gute Idee ist. Und wie befriedigend sich ein Sprungangriff anfühlt. Ich habe wirklich sehr viel Zeit mit Saboteur verbracht.

Es war ein unglaubliches Aha-Erlebnis, als ich zum ersten Mal die Diskette gefunden und damit einen Bomben-Countdown ausgelöst habe. Natürlich hat es noch zig Durchläufe gebraucht, bis ich es dann rechtzeitig zum Hubschrauber geschafft hatte. Aber: Das war es wert. Ich erinnere mich auch nicht an besonders viele erfolgreiche Versuche, doch das Spiel hat auch mit weniger Erfolg viel Spaß gemacht. Allerdings blieb der Schwierigkeitsgradregler schön weit unten.

Während der Schreiberei für diesen Artikel stolperte ich über das Buch The Saboteur! Story des Entwicklers Clive Townsend. Leider ist es derzeit vergriffen. Und da es auf der verlinkten Webseite reichlich reduziert war, wird es wohl auch nicht mehr so schnell aufgelegt. Schade!

Avatar-Foto

Über Jürgen

Geschichts- und Musik-Liebhaber mit einer Schwäche für viel zu lange Computerspiele. Der Werdegang CPC - Pause - PC und Konsolen sorgt dafür, dass ich noch so viele schöne alten Perlen entdecken darf.

Alle Beiträge anzeigen von Jürgen

3 Comments on “Die Rückkehr der CPC-Erinnerungen”

  1. Saboteur hatte ich auf Diskette, also erst einmal paar Minuten warten, dann Spiel auf dem GRÜNMONITOR gestartet. Ich war 6 oder 7 Jahre alt, und total geflashed von dem Spiel.
    Der CPC 464 von meinem Vater lebt leider nicht mehr, aber es sind schöne Erinnerungen. Die Spiele waren alle alle bockschwer aber ich hab trotzdem viel Zeit darin versenkt. Und dann kam 1990 der 386sx-16 mit VGA-Farbmonitor, Wing Commander, Monkey Island und Space Quest IV.. Aber das ist eine andere Geschichte

    1. Ich war letztes Jahr total überrascht, als ich zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder in meine Jugend katapultiert wurde und auf einem Grünmonitor gespielt habe. DAS konnte ich früher auseinander halten? Klar, meine Augen sind schlechter geworden, aber nach meiner Erinnerung hatte ich damals keine Probleme damit, Spiele lesen zu können.
      Seltsam übrigens, dass ich damals nie Saboteur II zu Gesicht bekam. Müsste ich mal reinspielen.

  2. „So toll animierte Figuren waren mir bis dahin nicht untergekommen“.

    Genau so ging es mir auch, als ich Saboteur zum ersten Mal auf dem CPC464 spielte. Das war einfach Magie. Auch wenn es der Grünmonitor war. Saboteur hab‘ ich geliebt.

    Schön, dass wir diese Erinnerungen teilen 😊

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert