2005 – 2009
2005: Mile High Pinball (N-Gage, Nokia)
Erinnert sich noch jemand an den gescheiterten Versuch von Nokia, mit dem N-Gage eine Kombination aus Handheld und Handy zu etablieren? Eigentlich war die Idee visionär und ihrer Zeit voraus, sogar Multiplayer-Partien über Bluetooth und Internet waren bei einigen Titeln möglich. Dennoch wurde der N-Gage ein kommerzieller Flop.
Allerdings gibt es eine Handvoll Titel, die mir bis heute sehr gut gefallen. Mile High Pinball gehört dazu. Es erschien nach zahlreichen Verschiebungen im Herbst 2005, also kurz vor dem Support-Ende des Handhelds.
Es ist kein klassisches Flipperspiel mit wenigen Tischen, sondern es gibt über 80 kleine Spielfelder. Auf jedem Spielfeld gilt es, entweder alle Gegner zu besiegen, Ziele zu treffen oder eine bestimmte Punktzahl zu erreichen. Danach ist der Weg zum nächsten Spielfeld frei. Dabei gibt es zahlreiche Power-Ups, die entweder auf dem Spielfeld gefunden oder in einem Shop gekauft werden können. Und neben den Hauptzielen, die zu Beginn jedes Spielfelds eingeblendet werden, gibt es zahlreiche versteckte Aufgaben und Rätsel, die zum Beispiel Türen zu Bonuslevels enthalten.
Technisch ist Mile High Pinball für N-Gage-Verhältnisse richtig gut. Die Musik ist eingängig, die Grafik bunt und abwechslungsreich. Natürlich hat das Spiel auch seine Schwächen. So kann es frustrierend sein, wenn die Kontrolle über die Kugel verloren geht und diese in vorherige Räume zurückfällt. Zum Glück muss man dann die Hauptaufgaben nicht noch einmal lösen, aber der Weg zurück in die oberen Spielfeldern ist manchmal etwas mühsam. Und wer nicht genug bekommen kann, kann sich mit dem Leveleditor eigene Spielfelder zusammenbauen.
Gameplay-Video

2005: Metroid Prime Pinball (Nintendo DS, Fuse Games / Nintendo)
So enttäuschend Super Mario Ball im Endergebnis auch war, zeigte das Spiel für Nintendo wohl doch einiges an Potential. Somit beauftragte Nintendo bei den Pro-Pinball-Veteranen ein weiteres Spiel, diesmal sollte es ein Spinoff zu Metroid Prime werden.
Adrian Barritt holte sich seinen Namensvetter Adrian Page aus gemeinsamen Zeiten in den 90er Jahren sowie weitere Designer an Bord. Und diesmal wurde das abgeliefert, was man von den Innovatoren des digitalen Flipper-Genres erwarten durfte: ein exzellent spielbares, kreatives und sehr actionreiches Spiel, das die Metroid-Welt auf geniale Weise ins Pinball-Korsett überträgt.
Im Mittelpunkt stehen verschiedene Welten, die allesamt durch eigene Spielfelder repräsentiert werden. Samus Aran kämpft sich als Morphball durch diese Welten, besiegt zahlreiche Aliens und große Endegegner. Mit der Zeit entdeckt sie Power-Ups für Bomben und Raketen, die sie jederzeit abfeuern kann. Wurden bestimmte Ziele eines Spielfelds erledigt, gibt es die Möglichkeit auf ein anderes Feld zu wechseln, dort neue Upgrades zu sammeln und so immer stärker zu werden. Nach jeder gemeisterten Aufgabe gibt es zudem ein Artefakt. Nur wenn alle 12 Artefakte gesammelt wurden, öffnet sich der Tempel mit dem finalen Level.

2006: Fastlane Pinball (Windows, Merscom)
Wer sich fragt „Die Galerie ist doch ziemlich konsolenlastig geworden, wo bleibt denn bitte der PC?“ hat einen guten Punkt getroffen! Für Pinball-Fans auf dem PC waren dunkle Jahre angebrochen, klammert man einmal die Freeware-Engines Visual Pinball und Future Pinball aus. Es wurden zwar immer wieder neue Pinballspiele veröffentlicht, aber eines war belangloser und schlechter als das nächste. Fastlane Pinball ist so ein Beispiel: langweiliges Tischdesign, furchtbares Gameplay. Schaut auf Bildern ganz nett aus, aber beim Spielen will einfach kein Spaß aufkommen.
Ich könnte jetzt die Galerie mit mehreren solcher Machwerke füllen, aber wir schauen ja auf die Pinball Evolution und nicht auf die Degeneration geradewegs in den Spielekeller des Grauens. 😉
Gameplay-Video

2006: Dragon Ball Z (Jakks Pacific TV Game)
In den 2000er Jahren brachte der Spielzeughersteller Jakks Pacific zahlreiche Plug-and-Play-Videospiele auf den Markt. Dabei handelte es sich um kleine Konsolen mit fest installierten Spielen, die häufig auf eine bestimmte Marke wie Disney, Nickelodeon, Star Wars oder Dragon Ball Z ausgerichtet waren. Auch Arcade-Klassiker von Namco und Capcom wurden auf diese Weise wiederveröffentlicht.
Einige Spiele waren gar nicht so furchtbar wie man denken könnte. So sieht Classic Arcade Pinball beispielsweise recht nett aus. Aber nur wenige dieser Spiele werden in MAME emuliert. Eines dieser wenigen Spiele ist Dragon Ball Z.
DBZ ist eine kleine Spielesammlung, die auch ein Pinballspiel enthält. Im Wesentlichen ist es ein Klon von Devil’s Crush, bei dem ihr auf verschiedenen Spielfeldern gegen die aus der Serie bekannten Gegner kämpft. Besteht ihr die Bosskämpfe, erhaltet die begehrten Dragon Balls. Das Ziel des Spiels ist es, alle sieben Dragon Balls zu sammeln um den Drachen Shenlong zu beschwören. Grafisch ist das Ganze sehr simpel gehalten, spielerisch ist es jedoch sehr nett – insbesondere für die angepeilte Zielgruppe.
Gameplay-Video

2007: Pinball FX (Xbox 360, Zen Studio)
Das aus Ungarn stammende Zen Studio hat sich in den letzten 15 Jahren zum Synonym für Pinballspiele mit bekannten Lizenzen entwickelt. Vor allem mit den zahlreichen Star Wars- und Marvel-Tischen konnte sich das Studio eine große Fangemeinde aufbauen. In den letzten Jahren wurde das Angebot breiter gefächert und auch mit Lizenzen für Cartoons oder Videospiele gearbeitet. Seit 2018 besitzt Zen Studio zudem die Lizenz für Tische von Williams und Bally.
Der erste Titel für die Xbox 360 war allerdings noch kein so großes Service Game wie heute, damals gab es nur eine Handvoll Tische.

2007: Cinnamoroll – Kurukuru Sweets Paradise (Nintendo DS, Rocket Company)
Das ist doch mal abgefahrener Kram! Cinnamoroll ist eine Figur, die Anfang der 2000er Jahre von der japanischen Firma Sanrio erfunden wurde. Es ist ein niedlicher Welpe, der in den Wolken geboren wurde, bekanntlich ein beliebter Geburtsort von Hunden. Er ist schüchtern, aber auch sehr hilfsbereit. Cinnamoroll avancierte in den letzten Jahren zur beliebtesten Figur von Sanrio – noch vor der Katzendame Hello Kitty, die zuvor jahrzehntelang das Aushängeschild war.
2007 erschien eines von mehreren Cinnamoroll-Spielen für den Nintendo DS, exklusiv für den japanischen Markt. Es besteht aus 10 pastellfarbenen Spielfeldern, auf denen pinball-typische Aufgaben gelöst werden, damit Süßigkeiten zum Vorschein kommen, die anschließend eingesammelt werden. Ist Cinnamoroll pappsatt, geht es weiter zum nächsten Level.
Das Spiel gewinnt keinen Preis für irgendeine realistische Physik-Engine. Es ist immerhin ein Spiel für Kleinkinder, für diese Zielgruppe ist es ein sehr unterhaltsamer Einstieg ins Genre. Und diese süße Grafik erweicht sogar mein Herz, ein ganz klein wenig!
Gameplay-Video

2008: Alien Crush Returns (Wii, Tamsoft)
Die Crush-Reihe von Compile aus den späten 80er und frühen 90er Jahren gehört definitiv zu den einflussreichsten Pinballspielen für Konsolen. Ich denke, die vergangenen Galerien haben das sehr gut gezeigt. Warum also nicht eine Fortsetzung zum 20-jährigen Jubiläum? Das dachte man sich auch bei Hudson und beauftragte das Studio Tamsoft mit der Umsetzung.
Leider wurde WiiWare als Zielplattform gewählt. Das war seinerzeit der Download-Service der Wii-Konsole, ähnlich dem Xbox Live Arcade-Service der Xbox 360. Damals gab es eine Beschränkung auf nur 40 MB pro Spiel, da der interne Speicher der Wii nicht sehr groß war. Daher waren die meisten Download-Spiele eher kurz.
Alien Crush Returns ist da keine Ausnahme. Mit nur fünf kleinen Tischen und zwei Bosskämpfen ist das Spiel in weniger als einer Stunde durchgespielt. Es ist schade, dass das Spiel nie für eine andere Plattform neu aufgelegt und erweitert wurde, denn das Gameplay ist fantastisch. Außerdem ist die Grafik mit all den schleimigen und pulsierenden Umgebungen an die Werke von HR Giger angelehnt.
Gameplay-Video

2008: Pinball Hall of Fame – The Williams Collection (Multi, Farsight)
Vier Jahre zuvor war die Gottlieb Collection zu einem Überraschungserfolg für das kleine Studio Farsight geworden. Natürlich sollte es einen Nachfolger für alle damaligen Konsolen geben. So sicherten sich die US-Entwickler die Lizenz für Williams und Bally-Tische und übertraf den Erfolg der Gottlieb Collection – nicht nur in der Spielepresse, sondern auch bei den Spielern.
Erstmals erschien eine Sammlung von 10 Umsetzungen bekannter Williams-Tische, darunter Klassiker wie Pin Bot, Black Knight, Taxi oder Whirlwind. Lediglich bei den Versionen für PS2 und 3DS gab es weniger Tische. Dafür erhielten die Versionen für PS3 und Xbox 360 mit Tales of the Arabian Knights, No Good Goofers und Medieval Madness drei Bonus-Tische.
Die Kugelphysik wurde nochmal verbessert und natürlich waren die Williams-Tische wesentlich unterhaltsamer und besser spielbar als die Tische von Gottlieb, deren Designs immer konservativer waren.
Der Erfolg der beiden Collections würde 2012 schließlich Pinball Arcade ermöglichen, womit Farsight für mehrere Jahre neben Zen Studio zum beliebtesten Entwickler digitaler Pinballspiele avancierte. Das beleuchten wir jedoch im nächsten Teil der Reihe.
Gameplay-Video

2009: Pinball Heroes (PS3 / PSP / PS Vita, Sony)
Nach so vielen 3D-Spielen ist es auch mal wieder schön ein 2D-Spiel, wie es sie in den 90ern auf dem PC gab, zu sehen. Das Spiel bietet 8 Tische, die auf den damalige Playstation-Marken Uncharted, Everybody’s Golf, High Velocity Bowling, Pain, Wipeout, ModNation Racers, MotorStorm und Fat Princess basieren. Also aus einer Zeit, als Sony genretechnisch noch etwas breiter aufgestellt war.
Definitiv ist Pinball Heroes kein einfaches Spiel, denn es wird vom Spieler genaues Zielen und Combos in vorgegebener Reihenfolge erwartet um auf den jeweiligen Tischen zu punkten. So wird beispielsweise auf dem Bowling-Spielfeld ein echtes Bowlingspiel simuliert und die Aufgabe besteht darin, die Pins entsprechend abzuräumen. Alle Tische spielen sich daher recht langsam und taktisch, was definitiv eine Abwechslung darstellt. Wer jedoch den Geschwindigkeitsrausch vieler anderer Pinballspiele sucht, wird hier enttäuscht.
Sehr cool ist die Möglichkeit das Spiel auf der PSP bzw. der PS Vita per Select-Taste hochkant darstellen zu können, sodass ohne Scrolling gespielt werden kann.

2009: Pinball Pulse – The Ancient Beckon (Nintendo DSi, Fuse Games / Nintendo)
Wir beenden das Jahrzehnt mit Adrian Barritt und seiner Truppe. Nach dem großen Erfolg von Metroid Prime Pinball war der Wunsch im Team groß, wieder eine klassische Simulation zu entwickeln: keine Gegner, keine anderen Elemente aus Videospielen. Nintendo blieb als Publisher erhalten und so begann die Arbeit an The Ancient Beckon. Pinball Pulse sollte ursprünglich eine Simulationsserie werden, vergleichbar mit der Pro Pinball-Serie aus den 90er Jahren.
Das Spiel wurde 2009 für den Download-Service des Nintendo DSi veröffentlicht, einer Hardware-Revision des DS, die über einen Download-Shop verfügte. Später konnten die DSiWare-Spiele auch auf dem 3DS gekauft werden.
Die Entwickler machten quasi da weiter, wo sie Ende der 90er Jahre aufgehört hatten: The Ancient Beckon ist ein sehr umfangreicher Tisch mit vielen Quests und schönen Überraschungen. Durch den Einfluss von Nintendo wurde das Spiel jedoch keine Hardcore-Simulation, sondern bleibt in seinem Schwierigkeitsgrad verzeihender und einsteigerfreundlicher.
Obwohl das Spiel für DSi-Verhältnisse ein schöner Erfolg war und wochenlang die Download-Charts anführte, zogen sich aufgrund der damaligen Finanzkrise einige Investoren aus der Firma zurück. Adrian und Richard beschlossen darauf, das Kapitel Fuse Games zu beenden und gründeten wenig später die Firma Silverball Studios. Die Beiden werden daher auch im fünften Teil der Reihe wieder auftauchen und wir werden sehen, wohin der Weg sie führt.
Gameplay-Video

(Dieser Beitrag erschien am 26. November 2023 zuerst auf GamersGlobal.