Schon seit der Bibel gilt die Sieben als besondere Zahl. Ob dies heutzutage auch auf die sieben Adventures der Firma Magnetic Scrolls zutrifft?
1984 schien die Adventure-Welt noch in Ordnung zu sein: Auf dem Bildschirm wird eine Umgebung per Text und notfalls noch einem Bild beschrieben. Was ist zu sehen, wer ist an diesem Ort und ganz wichtig: Welche Gegenstände gibt es hier? Dann gibt der Spieler seine Ideen per Tastatur ein. Eventuell soll der Held die Prinzessin küssen. Oder den Drachen erschlagen. Oder die Schatzkiste öffnen. Oder den Drachen küssen, während die Prinzessin in der Schatzkiste eingesperrt wird. Ihr versteht das Prinzip.
1983 gründeten Anita Sinclair und Ken Gordon mit Hugh Steers in London die Firma Magnetic Scrolls, um genau solche Spiele zu veröffentlichen. Als britische Firma konzentrierten sie sich zunächst darauf, Software für den neu angekündigten Sinclair QL zu entwickeln (Anita Sinclair hat bis auf den Nachnamen keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen zu Firmengründer Sir Clive Sinclair), da sie hier gute Chancen sahen, sich im Markt zu etablieren. Wie gut dieser Plan aufging? Nun, wer von euch hat so ein Gerät schon mal gesehen oder weitere Software dafür gesehen? Eben…
Die drei Firmengründer setzten sich mit Rob Steggles zusammen, um eine Hintergrundgeschichte für ihr erstes Spiel auszuarbeiten. Erst einmal sammelten sie gemeinsam Ideen, die gerne auch klassische Fantasy-Klischees aufspießten und Steggles bastelte daraus die Handlung ihres ersten Spiels.
The Pawn (1985)
Spiele des späten 20. Jahrhunderts boten neben einer Packung (die aus unterschiedlichen Materialien wie zum Beispiel Pappe oder Plastik gefertigt wurden) und einem sogenannten Datenträger auch Handbücher. Diese wurden für gewöhnlich aus einem aus Pflanzenfasern gepresstes, geleimtes und geglättetes Material produziert, das mit hilfreichen Informationen bedruckt wurde. Auch The Pawn griff diese schöne Tradition auf und legte A Tale of Kerovnia bei, das neben einer 44 Seiten langen Geschichte auch ein einzigartiges Hilfssystem bietet: verschlüsselten Code. Tippt der Spieler in die Kommandozeile “HINT” und die jeweilige Codefolge ein, so rechnet das Spiel dies in verständliches Englisch um. Oder beschwert sich, dass ein Fehler vorliegt. Oder macht dem Spieler klar, dass er noch nicht weit genug im Spiel ist, um diese spezielle Antwort freizuschalten. Wie sinnvoll es ist, erst eine fehleranfällige Tipparbeit vor einen Hilfstext zu packen, sei dahingestellt. Wer wie ich früher Listings aus Zeitschriften abgetippt hat, wendet sich mit Grauen ab. Das abgebildete Guru-Beispiel zeigt übrigens die drei möglichen Tipps, jeweils in eckige Klammern gefasst. Wer wollte, konnte also mit nebulösen Antworten arbeiten oder sich konkretere Hinweise holen. Die erste Zeile lautet übersetzt “Ask him, not me.”
Entgegen meiner obigen Grafik-Aussage (ihr wisst schon: wie wichtig Grafik für den Erfolg sei) erschien die Version 1.0 des Spiels auf dem Sinclair QL ohne Grafiken und nannte sich QL Pawn. Das Gerät verfügte über 128 KB Arbeitsspeicher und ein Microdrive-Laufwerk, das mit seinen 16KB pro Sekunde Übertragungsrate auch schnell genug für Bilder gewesen wäre. Eventuell war der Datenträger einfach nicht groß genug – wahrscheinlicher ist aber, dass Magnetic Scrolls The Pawn als reines Textadventure geplant hatte. Das Bild hier im Artikel entstand aus einer Demo auf der Seite Magnetic Scrolls Memorial und zeigt die erste Beschreibung im Spiel. Leider war der Sinclair QL ein veritabler Flop – und damit auch QL Pawn.
Die heute noch geläufigen Versionen von The Pawn tragen Versionsnummern ab 2.0 und bieten die Grafiken, die neben einigen Parser-Besonderheiten zur Bekanntheit der Magnetic-Scrolls-Adventures beigetragen haben. Das Bild hier stammt aus der online spielbaren Fassung und wird zu obiger Beschreibung eingeblendet. Doch Grafik hin oder her: Wichtig is’ der Parser – und der glänzt auf ganzer Linie. Die Spieler können lange Sätze bilden und auf vorher genannte Gegenstände verweisen. Berühmt ist der Satz “use the trowel to plant the pot plant into the plant pot”, der in keiner zeitgenössischen Besprechung fehlen durfte. Wirkt dezent gewollt, die Aktion (“Hui! Dreimal das Wort plant!”) – aber als Werbemaßnahme hat sie damals auch bei mir ihren Zweck erfüllt.
Zum Inhalt: Der Spieler landet aus unbekannten Gründen im magischen Reich Kerovnia. Dort verpasst ihm der Magier Kronos ein Armband, das in an der Rückkehr in unsere Welt hindern wird. Bis… ja, so richtig klar ist unser Auftrag nicht gefasst. Der Rest des Spiels ist ähnlich schwammig – im Sinne von: Nicht aus einem Guss, aber das ist bei so einem Titel eventuell auch egal. Fantasy-Klischees werden genüsslich ausgespielt oder zerstört – je nachdem, was den besseren Gag ergibt. Alles in Allem: Ein stimmig spielbares Adventure und tolles Erstlingswerk.
The Guild of Thieves (1987)
Das Land Kernovia bildet auch für den zweiten Titel von Magnetic Scrolls die Tapete: The Guild of Thieves. Mit einer langen Hintergrundgeschichte hält sich das Spiel gar nicht erst auf und die ersten Sätze erinnern an die frühen Textadventures wie Colossal Cave:
You are an aspiring member of the infamous Guild of Thieves whose legendary exploits and daring deeds pervade Kerovnian folklore. As a test assignment, you have been told to ransack a castle and the surrounding area of all its valuables.
Das Spiel beginnt auf einem kleinen Boot. Unser Aufpasser-Dieb schärft uns ein, dass er genau weiß, wie viele Reichtümer in der Burg auf uns warten und rät uns, erst wieder bei ihm zu erscheinen, wenn alles erledigt ist. Er würde aber selbstverständlich heimlich beobachten, wie wir uns so schlagen. Na wunderbar.
In die Burg kommt unser Dieb noch überraschend problemlos, doch die dann folgende Knobelei ist schon anspruchsvoll. Die Burg ist so abwechslungsreich, wie es bei dem Setting eben geht. Ställe, Keller, Abwasser… Erst gegen Ende der Geschichte verlassen wir diese Räumlichkeiten noch ein wenig, aber ihr solltet grundsätzlich Spaß an Raum-Erkundungen haben, wenn ihr Guild of Thieves spielt.
Ein Hinweis darauf, dass es auch mal nach draußen geht, liegt in der schönen Spiele-Box: Eine Kontokarte der Bank von Kerovnia. Der Vertrag mit der Gilde ist eher unspektakulär, aber die mitgelieferte Zeitschrift What Burglar ist sehr gelungen. Und zwei Würfel kann man immer gebrauchen. Der deutschen Packung lag ein kurzes Extra-Handbuch bei, das neue Adventure-Spieler in die Kunst der Interaktion mit einem Parser einführt. Natürlich, indem eine Schlägerei in einer Bar beschrieben wird. Magnetic Scrolls hatte von der Zeitschrift What Burglar sogar eine zweite Ausgabe produziert, die Spieler dieses Spiels dort anfordern konnten. In Zeiten wie diesen gibt es das pdf im Internet. Ein kurzer Hinweis: Leider bietet die Webseite mit all den schönen Bildern der Beigaben keine Möglichkeit, direkt auf deren Downloads zu verlinken. Ihr müsst euch bei Interesse also selbst durchhangeln.
Anekdote zum Schluss: Beigelegte Print-Produkte sind häufig eine Fundgrube an kurzen Witzen oder Querverweisen. Der Diebstahl einer großen Bahnhofsuhr kann zeitlich nicht eingeordnet werden, weil kurz vor dem Diebstahl niemand auf besagte Uhr geschaut hat. Außerdem wird bekannt gegeben, dass die offizielle Gilden-Uniform auch einen Drei-Tage-Bart beinhaltet. Weibliche Mitglieder dürfen ausnahmsweise auch nur Zwei-Tage-Stoppeln tragen. Außerdem gibt es in What Burglar auch Kleinanzeigen. Eine davon verweist auf eine Jacke aus Baby-Elefanten-Haut, die in New York von einem gewissen D. Adams verkauft wird. Das bezieht sich auf den britischen Autoren Douglas Adams, der damals das Buch Die Letzten Ihrer Art über bedrohte Tierarten geschrieben hatte (Es gibt auch eine tolle CD-ROM davon, die Nischenliebhaber vorgestellt hat). Michael Bywater, der Autor der Zeitschriften-Beilage erinnert sich:
At the time of What Burglar/Guild of Thieves I’d just got back from New York, where I hd been staying in Douglas’s apartment. It had been colder than I expected, but fortunately there was a warm, rather luxuriously soft leather jacket there which I borrowed. When I got back to London, I mentioned it to Douglas. “It’s the softest leather I’ve ever seen,” I said. “What is it exactly?” “Ah,” he said, “Actually, it’s a bit embarrassing. It’s… well, it’s baby elephant-skin, and I don’t think I’m going to be able to wear it much any more.”
(https://msmemorial.if-legends.org/games.htm/guild.php)
Von besagtem Douglas Adams gibt es natürlich einige Werke wie Per Anhalter durch die Galaxis, die erfolgreich versoftet wurden. Mehr dazu hat euch TheLastToKnow in einem seiner Versoftungs-Artikel erzählt.
Jinxter (1987)
Wer kennt es nicht: Da fährt man gemütlich mit dem Bus zur Neverending Lane (natürlich stehend, denn Sitzplätze sind rar), steigt aus und wird fast von einem anderen Bus erfasst. Eigentlich müsste unser Protagonist tot sein, aber ein Schutzengel im Fischgrätenmantel und mit Käsesemmel in der Hand hat ihn gerade noch von der Straße gekratzt. Leider nicht einfach aus gutem Willen, sondern er und seine Kollegen haben ein Problem, bei dem ihnen ein Sterblicher helfen soll. Kurz zusammen gefasst: Rette die Menschheit, bau das Armband des MagiersTurani wieder zusammen, mit dem er die Macht der Grünen Hexen in Schach hielt und halte die Oberhexe Jannedor auf. Ein Klacks – wenn man gut Englisch spricht.
Denn Jinxter hat nicht nur wie die beiden Vorgänger-Spiele lange und schön geschriebene Texte, sondern auch Figuren mit Akzenten oder verdrehter Grammatik. Dies mag für einen Muttersprachler kein Problem sein – ich jedenfalls komme bei allen schön gestreuten anfänglichen Brotkrumen nie so recht in die Geschichte. Dabei baut sich diese schön langsam auf: Nach der Nahtoderfahrung betritt unser Protagonist erst einmal sein Haus und sammelt selbstverständlich alles ein, was er finden kann. Ja, auch die Wollsocke unter dem Bett. Dann klingelt sein Telefon. Es ist sein alter Freund Xam, der während des Gesprächs rüde unterbrochen wird. Kurz bevor die Leitung unterbrochen wird, dringt ein leises, gehässiges Kichern durch den Hörer. Ein klarer Auftrag.
Die Packung ist wieder gut gefüllt mit allerlei Krimskrams. Besonders schön ist, dass sowohl die englische als auch die deutsche Ausgabe des Independent Guardian mitgeliefert werden. Dies hauptsächlich, weil im immer noch rein englischen Programm die Kopierschutzabfrage auf die englische Variante abzielt. Das steht in der deutschen Ausgabe erst auf Seite 13 – vermutlich sind also einige Kunden erst ein paarmal an der “Please enter the word”-Abfrage gescheitert. Neben allerlei sinnigen und unsinnigen Artikeln erklärt das Blatt auch die grundsätzliche Herangehensweise an ein Adventure – und wie schlimm es um die Käsestullen-Versorgung wirklich steht!
Außerdem in der Schachtel ist ein Bierdeckel mit einem Gewinnspiel. Die beste Erklärung der Frage “Warum ist der Elch abgehauen?” war gesucht. Der Gewinner sollte auf Lebenszeit jedes neue Spiel der Firma bekommen. Ich habe im Netz leider keinen Hinweis gefunden, ob das tatsächlich verlost und eingehalten wurde.
Corruption (1988)
Endlich Partner bei “Rogers and Rogers”! Eigener Firmenwagen, neues Büro, Sekretärin. So kann es gerne weitergehen. So beginnt Corruption, das vierte Adventure von Magnetic Scrolls. Und schon einen Satz weiter wird klar, dass hier irgendwas nicht stimmt. Das schöne neue Büro sieht irgendwie fast wie das alte aus, die Sekretärin lässt Enthusiasmus vermissen und unser Protagonist wird direkt als Laufbursche eingesetzt. Und warum heißt das Spiel überhaupt Corruption? Hm.
Anfangs ist das Spiel komplett auf die Büroräume und die sie umgebende Gegend wie die Garage beschränkt. Schon bald wird auffällig, wie genau einige Aktionen abgepasst werden müssen, um voran zu kommen. Einige Charaktere verlassen ihre Schreibtische nur zu bestimmten Zeiten, Telefongespräche können natürlich auch nur dann mitgehört werden, wenn sie stattfinden und so weiter. Das wirkt schnell frustrierend und sorgt für einen Neustart nach dem anderen.
Später kommt unser Protagonist auch mal vor die Tür und trifft sich mit seiner Frau zu einem eher unangenehmen Essen. Er landet in einer Klinik, in einem Casino und noch so einigen anderen Flecken. Das ist alles schön gezeichnet, sehr gut geschrieben und knifflig. Ob einem das Sujet liegt, muss natürlich jeder Spieler selbst entscheiden – noch ein wenig abgedrehter wird es direkt im nächsten Spiel.
Die Packungsbeigaben sind wieder über jeden Zweifel erhaben: So finden sich neben Anleitungen für die Casino-Spiele auch eine Cassette mit zwei seltsamen Gesprächen, der Kalender unserer Spielfigur, ein Chip für das Casino und noch ein paar andere Kleinigkeiten in der Box. Die deutsche Version bietet wieder eine komplett deutsche Anleitung.
Fish! (1988)
Als interdimensionaler James Bond hat unser Protagonist, Agent 10, die Terrorgruppe Seven Deadly Fins aufgehalten; nur dass sie entkommen ist, schmälert den Sieg ein wenig. Um so richtig abschalten zu können, sind vier Wochen als Goldfisch im Glas hervorragend geeignet. Aber Sir Playfair, unser Vorgesetzter, nimmt mittels Plastik-Schloss Kontakt mit uns auf. Diese Terror-Typen können einfach nicht ihre Flossen bei sich behalten und haben nach typischer Adventure-Art einen wichtigen Gegenstand gestohlen und zerlegt. Agent 10 soll also losziehen, um die Teile wieder zu vereinen und die Deadly Fins aufzuhalten. Das führt ihn immer mal wieder in einen anderen Wirtskörper – aber das ist nun mal der Job.
An dieser Stelle teilt sich das Spiel in drei Mini-Adventures auf, in denen jeweils ein gesuchtes Teil zu finden ist. Nach diesen Ausflügen, die in beliebiger Reihenfolge angegangen werden können, geht das Spiel wieder den großen Strang entlang. Zum Beispiel landet Agent 10 in einem Aufnahmestudio – und soll erst mal Kaffee kochen. Mit ein wenig Adventure-Logik ist die Suche nach dem ersten Teil flott erledigt – leider gibt es im ganzen Bereich ein einziges Bild zu bewundern. Dafür gibt es aus heutiger Sicht viel Aufnahme-Nostalgie. Zu bewundern im Text dieses Bilds:
Die beiden anderen Kurz-Trips führen unseren Agenten unter anderem in eine geheime Grabkammer und in einen typisch britischen Wald:
Nasser Wald
Hasst du den Regen nicht auch? Warum regnet es in diesem Teil des Waldes viel stärker als anderswo? Kalt, grau und nass. Bäh! Du kannst in jede Richtung gehen, aber das Gestrüpp ist zu dicht, als dass du sehen könntest, welcher Weg der beste wäre.
Immer wieder treffen wir auf Mitglieder der Seven Deadly Fins, die ihrem Namen derzeit glücklicherweise noch keine Ehre machen. Doch das ist bestimmt nur eine Frage der Zeit. Nach diesen drei Ausflügen, in denen Agent 10s Wirtskörper Arme und Beine haben, wird es Zeit, einem Fischplaneten einen Besuch abzustatten. Dort sorgen die Deadly Fins dafür, dass das Wasser verdunstet und sie sabotieren auch ein Rettungsprojekt, das Agent 10 nun im Körper des Chefwissenschaftlers Dr. Roach (laut Programm halb Mensch halb Fisch) beenden soll. Na dann…
Mit der beiliegenden Fisch-Identifizierungs-Karte (Ausschnitt siehe links), der Monatskarte für die U-Bahn, einer Fisch-Pflegeanleitung (“Remember: A goldfish in the bowl is worth two goldfish on the floor!”) und dem Dossier, das über die Seven Deadly Fins zusammengestellt wurde, ist die Box nicht so gut gefüllt wie sonst, aber dies ist meckern auf hohem Niveau.
Myth (1989)
“Dies ist der Eingang zur Unterwelt. Hades, Tartarus, Hölle, nenn es, wie du willst. Es ist ein Ort des Gerichts, ein Ort der Strafe, ein Ort des Todes.” So wird man doch gerne begrüßt, oder? Dabei hatte alles so gut angefangen! Auf einer schicken Götterparty, die nach ein bis zwei Jahren erst so richtig in Schwung kam. Dummerweise hatte Zeus offensichtlich zu viel intus, denn er fing an, über andere Religionen herzuziehen. Vor allem diesem neuen “Christentum” wollte er nicht kampflos das Feld überlassen. Um unseren Eifer zu testen, sollte jeder von uns eine Aufgabe lösen. Und der erste, den es traf, war natürlich ich, sein Bruder Poseidon. Super.
Myth wirkt auf den ersten Bildschirm-Blick wie ein typisches Magnetic Scrolls-Adventure: Schöne Grafik, humoriger Text, gelungener Parser. Es ist allerdings ein sehr viel kürzeres Spiel als die anderen Spiele dieses Artikels. Wäre nicht mittendrin ein Kartenspiel, bei dem Poseidon eine größere Menge Geld gewinnen müsste, wäre es noch kürzer – aber gewiss nicht schlechter, denn auf Dauer sind solche Beschreibungen etwas eintönig:
Packungsbeilagen gab es bei Myth keine. Der Titel war allerdings auch nie offiziell im Verkauf. Stattdessen war er das Goodie, das ein Jahresabo des britischen “Official Secrets adventuring club” versüßte. Wer etwas Zeit mitbringt und gerne mehr über diese Szene erfahren möchte, sollte diesen wunderbaren Artikel im britischen Retro Gamer lesen.
Wonderland (1990)
Wonderland – written in Magnetic Windows, the radical new adventuring environment from Magnetic Scrolls – gives you over 100 stunning graphics, many of them animated… but that’s not all. A mouse click on an illustration reveals information about the objects shown. Pop-up menus of appropriate commands let you play with a minimum of typing. On-screen maps and help, multiple windows, and icons for every object and room in the adventure combine to make the most sophisticated environment ever created.
(Packungstext)
Ja, Magnetic Scrolls war mächtig stolz auf die Veränderung, die sie ihrer Engine spendiert hatten: Magnetic Windows entkoppelte Teile des Spiels vom Haupt-Fenster. So wurden nun die Grafiken, das Inventar, eine Karte und einen Kompassrose in einem jeweils eigenen Fenster dargestellt, das frei verschoben werden konnte. Inwiefern diese Darstellung damals frisch und neu aussah, kann ich nicht beurteilen. Mit heutigen Augen wirkt das alles ziemlich gewollt:
Was aber ebenso gut funktioniert wie die anderen Adventures der Firma, ist die Geschichte. Wonderland lehnt sich sehr stark an den klassischen Roman Alice im Wunderland von Lewis Carroll an. Die Titelheldin langweilt sich eines schönes Nachmittags sehr, bis sie einen weißen Hasen sieht und ihm neugierig folgt. In einer kleinen Höhle schwebt Alice einen langen Schacht hinunter und landet in einer unterirdischen Passage mit allerlei Räumen. Hier löst sich das Spiel ein wenig vom Buch und bietet der Rätselkost wegen einige Räume und Geschehnisse, die nicht in der Vorlage stehen. Dennoch atmen auch die neuen Anteile den Geist des Buchs und sind angemessen verrückt.
In der Packung liegen eine hübsche, aber für das Spiel recht nutzlose Landkarte, das Handbuch und ein Poster mit dem Covermotiv bei. Im Vergleich zu früheren Ausstattungen wirkt das ein wenig dürftig – eventuell musste hier gespart werden, was in der Entwicklung zusätzlich ausgegeben wurde. Schließlich war das Programm bereits seit 1987 in der Entwicklung und Rob Steggles erinnert sich, dass praktisch die ganze Firma nur noch an diesem Spiel gearbeitet hat.
The Magnetic Scrolls Collection Vol. 1 (1991)
Die “1” im Titel deutet es schon an: Diese Sammlung stellt keine vollständige Werkausgabe dar. Hier brachte Magnetic Scrolls die Titel The Guild of Thieves, Corruption und Fish! gesammelt auf den Markt. Allerdings nicht in der ursprünglichen Version. Stattdessen arbeiteten die Titel mit der aus Wonderland bekannten Magnetic Windows-Engine. Eine zweite Sammlung ward auch flugs angekündigt, um die letzten Repertoire-Lücken zu schließen, aber sie erschien nie.
1993 übernahm MicroProse das Label und veröffentlichte das Rollenspiel Legacy: Realms of Terror unter diesem Namen. Danach war auch hier das Ende der Geschichte erreicht. Wobei…
Einen hab ich noch!
2017 stellten Hugh Steers und Stefan Meier die Firma Strand Games vor. Ihr Ziel war und ist es, die klassischen Magnetic Scrolls-Titel für moderne Systeme neu aufzulegen. Neben einer überarbeiteten Benutzeroberfläche samt Kompassrose und anklickbarer Sidebar ist inhaltlich Vieles gleich geblieben. Dennoch war es teilweise überraschend knifflig, die Original-Codes zu lesen. In einem ausführlichen Blog-Eintrag wird erklärt, welche Rollen ein Ofen dabei gespielt hat. Lesenswert.
Außerdem vernachlässigt Strand Games nicht die ursprüngliche Plattform-Firma. Für den Spectrum Next erschien eine Sammlung aller sechs Adventures (Myth wird auf der Webseite unterschlagen). Leider nur digital mit der Möglichkeit, ein mitgeliefertes Cover auszudrucken, aber immerhin. Außerdem sind (noch) nicht alle sechs Spiele auf die Möglichkeiten der Next-Maschine abgestimmt: Corruption, Fish! und Wonderland sind aktuell noch nicht überarbeitet worden.
Die drei anderen Spiele, also The Pawn, The Guild of Thieves und Jinxter erstrahlen in der Spectrum Next-Fassung nun ebenfalls mit Bildern. Und diese drei Spiele sind bisher auch die einzigen, die von Strand Games überarbeitet wurden. Fish! ist bereits seit einiger Zeit angekündigt, lässt aber noch auf sich warten. Außerdem wird laut der Seite an The Guild of Thieves 2 gearbeitet. Lassen wir uns überraschen.
Gerade der Blog-Bereich der Webseite ist eine Fundgrube für Computerspiel-Geschichts-Freunde. Zum Beispiel ist dort ein “verloren gegangenes Spiel” aus dem Jahre 1982 spielbar: Temple of Disrondu, das aus der Feder von Rob Steggles stammt. Oder ihr lest euch den Artikel durch, in dem es um die neu gezeichneten Bilder für Jinxter geht. Was auch immer ihr tut: Unterstützt die rührige Firma durch den Kauf der neuen Versionen. Sie kosten nicht die Welt und sind hervorragend gemacht: The Pawn, The Guild of Thieves und Jinxter.
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*RIP*
Ja. So wurde Spielspaß einst definiert. Ich mag Grafik-Adventures, die nicht nur an ausgewählten Punkten ein Bild spendieren. Das Flimmern und Molloys Musik waren bei The Pawn aber gut.
Apropos Spaß: Out Of Chalk, Nine Sols
Das ist doch nichts gegen einige Angelsoft-Adventures 🙂
Ansonsten gebe ich Dir recht: Meine damalige Faszination kann ich nicht mehr nachvollziehen. Trotzdem hab ich mir die Neuauflagen gekauft 😀
Ich lese gerne so Beiträge wie zu Anglesoft, muss sowas aber auch nicht unbedingt selbst spielen.
Ich kam neulich mal auf die Idee Altes von Telarium und Level 9 Computing auszuprobieren. Die harte Realität pulverisierte die spontane Vorfreude. Es wurde abermals offenbar, dass die Medienform entscheidend sein kann und es auch bei Adventures eine Evolution gab – so langsam diese angesichts weit verbreiteter aktueller Titel aus Grobem und Verben nach 40 jähriger Geschichte auch sein mag.
In Ausnahmefällen entdeckt man Neues für sich, aber nur weniges altert gut oder wird gar besser; am Groß nagt der Zahn der Zeit. Andere Genres sind da etwas zugänglicher, da das Rein-Raus schneller geht.