Moderne Technik
Die Steuerung nimmt Abstand vom SCUMM-artigen Interface der vorherigen Adventure Soft-Spiele und führt eine „Aktionen-mit-Rechtsklick-Durchschalten“-Steuerung ein. Auch hier sind die Spieler wieder zwiegespalten: Manche empfinden das als willkommene Modernisierung, andere finden die Steuerung, die sie schon bei Sierra-Spielen genervt hat, zu umständlich. Klickt ihr einmal zu oft mit der rechten Maustaste, müsst ihr so oft wieder Rechtsklicken, bis die gewünschte Aktion erscheint. Die voll vertonten Gespräche wiederum (dazu kommen wir gleich noch einmal) laufen im Multiple-Choice-Verfahren ab. Ganz so, wie ihr es bei einem klassischen Adventure erwarten würdet. Was ihr vermutlich nicht in einem klassischen Adventure erwarten würdet, sind die Geschicklichkeits- oder Arcade-Abschnitte, die für manche Spieler einfach zu schwer geraten sind. (Später bringt Adventure Soft sogar einen Spielstand heraus, der direkt nach diesen Spielchen angesiedelt ist). Im übrigen ist auch der Schwierigkeitsgrad der Rätsel am oberen Ende angesiedelt, manche von ihnen sind sogar für einige Spieler nur durch Ausprobieren zu schaffen.

Starke Stimmen
Die Musik stammt, wie schon beim Vorgängerspiel, von David R. Punshon, für die Soundeffekte war Sarah Bowers zuständig (übrigens ihre erste und einzige Videospiel-Arbeit). Bei der Vertonung macht Adventure Soft keine Kompromisse und stellt für die Originalversion hochklassige Sprecher an. Die Hauptrolle wird von Robert Llewellyn (Red Dwarf) gesprochen, die Vertonung des Orakels ist die Aufgabe von Peter Tuddenham (Blake’s 7). Insgesamt kommen fast 20 Sprecher zum Einsatz. Für die deutsche Version betreibt man den gleichen hohen Aufwand und spart nicht bei den hochkarätigen Stimmen. Tobias Meister leiht nämlich nicht nur Floyd seine deutsche Stimme, sondern auch Hollywood-Stars wie etwa Brad Pitt (oder, wie es in einer deutschen Werbeanzeige für Floyd heißt, „Bratt Pitt“) oder Jack Black. Die charismatische Stimme von Dolores wird euch wohl ebenfalls direkt bekannt vorkommen. Sie wird von Regina Lemnitz gesprochen, die unter anderem auch die Stammsynchronstimme für die US-Schauspielerinnen Whoopi Goldberg und Kathy Bates ist.

Release und Reaktionen
Aufgrund der Größe des Spiels wird Floyd auf 4 CDs ausgeliefert. Mit 12 bis 15 Stunden Spielzeit bietet es für Adventure-Verhältnisse auch eine Menge Inhalt. Für manche Spieler vielleicht etwas zu viel, denn die vielen schweren Rätsel können auch gerne einmal für Frust sorgen und die Spielzeit, in der es nicht weitergeht, in die Höhe treiben. Auch manche, eigentlich unnötige / unpassende Action-Sequenzen kommen nicht bei jedem Spieler gleich gut an. Darauf angesprochen, sagt Simon Woodroffe später einmal dazu:
„Nun… Es wurde in den Kritiken oft als ‚episch‘ bezeichnet. Es war wohl zu groß und zu kompliziert.“
Interview im Adventure-Treff
Im Point-and-Click-Buch ergänzt er:
„Als Autor bin ich stolz darauf, weil ich die Figuren und die Geschichte mag, aber als Spiel ist es natürlich bei weitem nicht so lustig und beliebt wie die Simon-Spiele.“
The Art of Point-and-Click Adventure Games
Am 15. September 1997, etwas mehr als zwei Jahre nach dem Release von Simon 2, erscheint Floyd schließlich auf dem PC. Und wie kommt Floyd bei der deutschen Spielepresse an? Durchweg positiv! Mehr dazu findet ihr unten im entsprechenden Info-Kasten.
Übrigens: Ähnlich wie beim Vorgängerspiel Simon 2 erscheint 2002, also fünf Jahre später, noch die Amiga- und 2003 auch die Mac-Version von Epic Interactive.
Pressespiegel: Floyd – Es gibt noch Helden
„Es dauerte eine Weile, bis ich mich in die teils bizarre Logik der Briten hineingedacht hatte, doch die witzige Grafik und die gute Sprachausgabe erleichterten mir die Eingewöhnung. Floyd schafft den Spagat zwischen einem eher düsteren Thema und dessen spielgerechter Darstellung mit Bravour. Meine Motivation hätte allerdings noch gesteigert werden können: Nervige Actionelemente verleiden mir etwas den Spaß – schließlich will ich ein Adventure spielen, und da regiert im Allgemeinen die Logik, nicht der Zufall. Ich beiße dann endgültig ins Mauspad, wenn Floyd in aller Seelenruhe über den Schirm wandert, obwohl ich heiß darauf bin, eine zündende Idee auszuprobieren. Solche technischen Unwägbarkeiten kosten Floyd den fünften Stern.“
Roland Austinat in der PC Player 12/1997 (via kultboy.com) (Wertung: 4 von 5)
„Floyd ist der legitime Erbe des kultisch verehrten Galakto-Hausmeisters Roger Wilco: Genau wie einst in Sierras Space Quest-Reihe wird hier das gesamte SF-Genre durch den Kakao gezogen. Über Anspielungen wie das veräppelte Orwell-Szenario („Das verstößt gegen Weisung 2134!“), Charaktere wie Terminator Arnold oder das ripleyanische Alien und die brüllend komischen Kommentare des schüchternen Kornkreisspezialisten habe ich immer wieder Tränen gelacht!“
Jörg Spormann im PC Joker 12/1997 (via kultboy.com) (Wertung: 88 %)
„Puh, Floyd ist wirklich knackig! Dazu tragen die teilweise recht abstrusen Rätsel bei, aber auch die vielen Ortswechsel schrauben den Schwierigkeitsgrad kräftig in die Höhe. Simon Woodroffe wollte wohl ein Spiel für alle machen, das Ergebnis ist aber ein Adventure für Profis. Wer es ohne Hilfen schafft, dem gebührt meine aufrichtige Hochachtung. Für den Rest lohnt sich der Kauf dennoch: Selbst mit Betrügereien per Komplettlösung dauert es eine ganze Weile, bis ihr die Galaxis befreit habt. Die Zeichentrickgrafik ist gut, die Zwischensequenzen teilweise göttlich und die Dialoge schlichtweg genial. Ein dickes Lob spreche ich hiermit vor allem der deutschen Umsetzung aus; die Sprecher vermögen jederzeit triefenden Sarkasmus und kleinste Pointen zu treffen.“
Jens Binsmeier in der Power Play 12/1997 (via kultboy.com) (Wertung: 88 %)
Trotz der sehr guten Kritiken bleibt der große kommerzielle Erfolg aus, obwohl genaue Verkaufszahlen nicht bekannt sind. Simon Woodroffe kommentiert es später:
„Wir hatten viel Geld in Floyd investiert, das kein kommerzieller Erfolg war, und das Unternehmen brauchte wieder eine externe Finanzierung.“
The Art of Point-and-Click Adventure Games
Dies ist wohl einer der Gründe, warum Floyd das letzte klassische Point-and-Click-Adventure von Adventure Soft bleibt. Allerdings nicht das letzte Adventure, denn bald soll ja noch Simon the Sorcerer 3D folgen! Im nächsten Artikel betrachten wir die Konsequenzen aus dem finanziellen Misserfolg von Floyd und was das für die Simon-Spielereihe bedeutet.

(Dieser Beitrag erschien zuerst am 21. Oktober 2023 auf GamersGlobal)