1998 erfanden die Spanier von Pyro Studios mit Commandos: Behind Enemy Lines das Genre Echtzeittaktik-Stealth-Gameplay. Dank Kalypso Media gibt es nach 27 Jahren ein Comeback. Eine ziemliche Aufgabe. Konnten Claymore Games aus Darmstadt sie meistern?

Titel: | Commandos: Origins |
Erscheinungsdatum: | 09.04.2025 |
Plattformen: | Windows, XBox Series X|S, PS4, PS5 |
Entwickler / Herausgeber: | Claymore Game Studios / Kalypso Media |
Homepage: | https://claymore-games.com/ |
Vor bald 30 Jahren, nämlich 1998, spielte ich eine Demo von Commandos: Hinter feindlichen Linien von Pyro Studios. Die Stealth-Echtzeittaktik wurde mit dem spanischen Titel begründet und hat mich so beindruckt, dass ich mir vom Taschengeld die Eurobox zusammensparte. Zwei Nachfolger und einige „Commandos-Likes“ wie Robin Hood – Die Legende von Sherwood, Desperados oder Star Trek: Away Team später wagte sich Commandos 2006 mit Commandos: Strike Force ins Genre der Shooter und schickte das Franchise damit in einen langen Dornröschenschlaf. Vor allem das zwischenzeitlich abgewickelte Studio Mimimi Games sorgte ab 2016 mit zunächst Desperados III für ein Revival des Genres. Desperados III wie auch Shadow Tactics und Shadow Gambit liegen zwar leider auf meinem Pile of Shame (die Zeit!), dem Genre an sich blieb ich aber grundsätzlich treu und habe zuletzt beispielsweise das ebenfalls im Zweiten Weltkrieg angesiedelte War Mongrels (zu meinem Video) und Stargate: Timekeepers (zu meinem Playthrough) gespielt.
Im Zuge der Stealth-Echtzeittaktik-Renaissance schnappte sich 2018 Kalypso Media die Rechte am Commandos-Franchise. Die HD-Remaster von Commandos 2 (2020) und dann Commandos 3 (2022) liefen scheinbar (zum Glück!) ganz gut. Denn dieses Jahr erschien mit Commandos: Origins ein echter, spielerischer Nachfolger des dritten Teils. Auf der Zeitachse ist es allerdings ein Prequel, denn Commandos: Origins erzählt die Geschichte, wie die Commandos aus Hinter feindlichen Linien zueinanderfanden. Verantwortlich zeichnet sich das extra fürs Commandos-Franchise gegründete Studio Claymore Game Studios aus Darmstadt. Der Name kommt nicht von ungefähr, denn die allererste Mission in Commandos hieß „Operation Claymore“. Daran habe ich mich nicht zwar nicht erinnert, aber diese und weitere Infos gibt es im kleinen Portrait-Video zu Claymore Game Studios. Altehrwürdiges Franchise und neuer Entwickler, kann das gutgehen? Ich verrate es euch im Test!

Vielfalt des Könnens und der Karten
Ihr startet Commandos: Origins nur mit dem Pionier. Der hat die Aufgabe, ähnlich wie Shepard in Mass Effect 2, eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen. In einem britischen Militärgefängnis ist der etwas aufmüpfige Green Beret der erste Kandidat. Die erste Karte dient gewissermaßen auch als Tutorial der grundlegenden Spielmechaniken. Neue Mechaniken (Fahrzeug fahren, Licht, Fähigkeiten der Commandos und mehr) werden aber bei ihrer Einführung immer erläutert. Der Green Beret muss geräuschlos dem Knast entkommen, um seinen Wert zu beweisen. Die Basis wird dann leider von der Wehrmacht angegriffen. Ihr müsst entkommen und habt auch gleich die erste optionale Aufgabe: Gefangengenommene Kameraden befreien. Und an einem Panzer, der in einer der Zwischensequenzen Stellung bezogen habt, könnt ihr eure Sprengmeisterfähigkeiten erproben.

Im Kern bietet euch Commandos: Origins klassische Stealth-Echtzeittaktik. Ihr habt ein Ziel. Beispielsweise Dokumente zu sammeln oder eine Wetterstation zu sprengen. Zwischen euch und dem Ziel, und zwar auf richtig großen Karten, tummeln sich aber zahlreiche Feinde. Die gilt es zu umgehen oder mehr oder minder geräuschvoll auszuschalten. Jeder Commando hat dabei eigene Fähigkeiten. Der von mir sehr geschätzte Green Beret kann etwa Feinde mit einem knisternden Funkgerät anlocken und sich in weichem Untergrund einbuddeln. Der Scharfschütze hat ein entsprechendes Gewehr, mit dem er bei richtiger ballistischer Bahn gleich zwei Gegner ausschalten kann. Die Munition ist endlich, ihr findet aber auch immer mal Nachschub. Und der Pionier kann mit Pfiffen anlocken und eine Bärenfalle auslegen. Er kann auch Stacheldraht knipsen, der Green Beret dafür Steilwände erklimmen. Und so dann vielleicht für andere eine Leiter verfügbar machen oder von hinten kommend ein Maschinengewehrnest ausheben. Dazu kommen Fähigkeiten und Gegenstände, die jeder nutzen kann, etwa Faust und Messer, Handgranaten und Erste-Hilfe-Sets.
Immer wieder ist es sehr hilfreich, die Fähigkeiten der Commandos zu kombinieren. Zum Beispiel habe ich mich mit meinem Pionier in einem Busch versteckt. Ich konnte eine Wache auch mit einem Pfiff anlocken, war aber immer noch im Sichtbereich eines anderen Nazi-Schergen. Also habe ich in etwas Entfernung das Knisterradio gezündet und meinen Green Beret angebuddelt. Dann pfiff ich die Wache erst zum Busch, schaltete dann das Radio ein und konnte dann meinen lauernden Green Beret nutzen, um die Karte ein bisschen mehr freizuräumen.

Nach und nach gesellen sich dann noch der Scharfschütze, der Fahrer, der Marine und der Spion hinzu. Der erste ist der Scharfschütze in der dritten Mission. Ihr spielt aber nicht immer alle Marines gleichzeitig. Zum Beispiel pausiert der Pionier in der dritten Mission. Das finde ich sehr gelungen, denn so bin ich letztlich gezwungen, nicht immer mehr oder minder nach Schema F mit den gleichen Taktiken vorzugehen. Außerdem sind die Karten passend für die zur Verfügung stehenden Soldaten gestaltet. Zum Beispiel gibt es entsprechend geeignete Positionen für den Scharfschützen. Auch mit der jeweiligen Vorauswahl an Commandos lassen sich die unterschiedlichsten Taktiken implementieren. Ich spiele zum Beispiel vor allem mit Anlocken. Zwei Gegner auf einmal ersteche ich auch schonmal im Duett. Für synchronisierte Aktionen gibt es auch eine Funktion, über die ihr gleichzeitig das Spiel pausieren könnt. Leichen und Bewusstlose lasse ich in Gebüschen und anderen Stapeln verschwinden. Letztere werden auch wieder wach, außer, ihr habt sie versteckt. Zwei Bewusstlose in einem Gebüsch funktioniert nicht. Mehrere Leichen und ein Bewusstloser hingegen schon.
Die Karten sind so gestaltet, dass ich meist mehrere Anknüpfungspunkte habe, an denen ich mich den nächsten Schritt vorarbeiten kann. Das erinnert mich, passend zum faktischen Adventure-Fokus von www.dasklapptsonicht.de: Denn ich habe immer ein paar Möglichkeiten, wo ich die nächste Nuss knacke, das nächste Teil des Puzzles lösen möchte.
Ähnlich abwechslungsreich wie eure taktischen Möglichkeiten sind auch die Karten. Sowohl was das Design, die Mechaniken als auch die Örtlichkeit angeht. Passend zum Weltkrieg setzt ihr euch von der Wüste über gemäßigtes Klima bis hin zur Arktis für die Freiheit ein.

In Nachteinsätzen ist der Sichtbereich der Wachen eingeschränkt. Außer sie haben Taschenlampen oder ihr befindet euch im Schein sonstiger Lichtquellen. Mein Plan hier: Sobald die Wache die Patrouille pausiert, könnte diese umgestoßen werden. Der schreckliche Unfall wird entsprechend kommentiert, es gibt aber keinen Alarm. Es hat schon seinen Sinn, warum man beim Bund auf Patrouille nicht plauschen darf.
Gegnerverhalten, Schwierigkeitsgrad und Liebe zum Detail
Neben den Fähigkeiten der Protagonisten und dem Leveldesign steht und fällt ein Echtzeittaktik-Stealth-Spiel auch mit dem Gegnerverhalten. Das ist auf sehr gutem Niveau genretypisch. Klar, das Leerräumen einer Basis fällt im echten Leben irgendwann auf. Im Puzzle-Genre ist das nicht der Fall. Aber in diesem Rahmen ist die Umsetzung sehr gelungen. Eine Patrouille hält immer mal zum Schnack an und ist plötzlich weg? Es wird gesucht! Bei Alarmierungen werden auch Verstecke wie Gebüsche durchsucht. Für Schüsse und Explosionen oder auch Rennen gibt es akustische Radien (klar, im echten Leben würde ein Handgranateneinsatz die ganze Basis alarmieren). Spuren in Schnee und Sand, die wieder verwehen, werden verfolgt. Ab und zu kontrolliert eine Wache den Ladezustand ihrer Waffe, auch das gibt euch ein kurzes Zeitfenster. Die Sichtkegel einer Wache könnt ihr euch anzeigen lassen. Patrouillen und Gesprächspartner agieren als Einheit, so dass ihr nicht eine einzelne Person akustisch aus einem Gespräch weglocken könnt. Das Investigieren kann auch im Sande verlaufen. Zweimal könnt ihr auch ohne langfristige Folgen auch einen Alarm auslösen. Das passiert etwa, wenn eine ermordeter Kamerad gefunden wird. Beim dritten Mal wird jedoch die ganze Basis in Alarmbereitschaft versteckt.

Den Schwierigkeitsgrad passt ihr in drei Stufen an, könnt aber zusätzlich noch am Interface schrauben, was euch den Einsatz leichter machen kann. Er lässt sich während der Kampagne meines Erachtens nicht ändern, ihr könnt aber einzelne, freigeschaltete Missionen auf dem Schwierigkeitsgrad eurer Wahl ansteuern. Das ist auch cool, um Achievements freizuschalten. Nicht nur, was das Absolvieren auf einem hohen Schwierigkeitsgrad angeht, sondern beispielsweise auch das Achievement, keine Gegner zu töten – oder umgekehrt. Auch wenn die Schwierigkeitskurve relativ sanft ansteigt, zieht die Schwierigkeit doch so an, erst recht gepaart mit der eher gemächlichen Geschwindigkeit, dass es schon knackig wird. Als Gelegenheitstaktiker und erst recht als Einsteiger solltet ihr die Kampagne daher ruhig auf dem niedrigen Schwierigkeitsgrad angehen.
Commandos: Origins hat, neben der detailverliebten Grafik, auch sonst Augen für Details. An die genretypischen Quicksaves werdet ihr schnell erinnert und es gibt auch mehrere Slots. Jedem Commando ist eine fixe Nummer zum Anwählen zugewiesen. So hat der Green Beret die 1, der Pionier die 2 und wenn ihr dann nur mit Green Beret und Scharfschütze unterwegs seid, wird letzterer nicht etwa zur 2, sondern bekommt die 3. Die Tutorial-Hinweise könnt ihr euch jederzeit im Menü ansehen. Es gibt neben den Cutscenes auch immer wieder Dialoge und die Zahl der Voicelines und auch deren Inhalt sind klasse.

Fazit
Ich ziehe meinen Hut vor den Darmstädtern. Mit Commandos: Origins haben sie ein beeindruckendes Meisterstück geliefert und die Serie wiederbelebt. Die audiovisuelle Präsentation ist klasse, ich hatte keinerlei technische Probleme und es gibt zahlreiche Optionen für Schwierigkeitsgrad und Interface. Ich halte es auch für eine gute Idee, dass ihr nicht jede Mission mit allen Commandos bestreitet, sondern immer die passenden an Bord habt. Außerdem lernt ihr sie, und damit auch ihre Fähigkeiten, nach und nach kennen, was für eine angenehme Lernkurve sorgt. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass jeder Spieler einen zumindest leicht unterschiedlichen Spielstil an den Tag legt.
Neben den Fähigkeiten eurer Commandos kommen auch immer wieder andere neue Spielmechaniken hinzu: Spuren in Schnee oder Sand, Nachtmissionen und teils mit Taschenlampen ausgestattete Gegner, Fahrzeuge, besteigbare Telefonleitungsmasten und Kabel, leicht unterschiedliche Gegnertypen (nicht jeder lässt sich leicht vom Posten locken) und noch so einiges mehr.

Auf jeder Karte habt ihr eine Aufgabe, etwa die Sicherstellung wichtiger Dokumente, entdeckt aber immer noch optionale Ziele. Zum Beispiel soll ich ein von mir entdecktes Transportflugzeug zerstören, damit die Basis in der Arktis nicht mehr versorgt werden kann. Wenn ihr alle Collectables auf einer Karte findet, was mit der über „TAB“ zuschaltbaren Sichthilfe gut klappt, schaltet ihr historische Infos frei.
Anders als in den Urspielen aktiviert ihr optional Blut und sogar Hakenkreuze, etwa auf Flaggen oder Fahrzeugen. Wie in Steel Division 2 oder WARNO von Eugen Systems sprechen die Einheiten in ihrer Landessprache. Das ist ein großer Atmosphäre-Bonus. Ich habe auf Englisch gespielt. Die Sprecher der Commandos haben alle einen passenden Akzent. Die Angehörigen der Wehrmacht sprechen hingegen auf Deutsch. Und da kommt der nächste Atmosphäre-Bonus: Es gibt eine Unmenge an Voicelines. Und wenn der Kumpel eines Soldaten nicht mehr auf seinem Posten steht, wird auch schonmal mit entsprechenden Kommentaren gesucht. Klar, es ist natürlich unrealistisch, eine ganze Basis zu entvölkern ohne dass Alarm ausgelegt ist. Aber im Rahmen dieses genretypischen Puzzle-Charakters setzt Claymore Games immer wieder sehr atmosphärische Duftnoten. On top gibt es einen, von mir allerdings nicht ausprobierten, Koop-Modus und natürlich Controllersteuerung.
Kurz gesagt: Commandos: Origins ist ein hervorragendes Echtzeittaktik-Stealth-Spiel und nicht nur ein toller Titel für Genrefreunde, sondern eignet sich aufgrund der hohen Produktionsqualität und des anpassbaren Schwierigkeitsgrads auch für am Genre interessierte Einsteiger.
Bin damals grandios am ersten Commandos gescheitert und finde das immer noch schade. Bis heute in Assassin‘s Creed möchte ich der Stealth-Typ sein und muss mich dann mit Kampfeinlagen aus der Misere retten. Das hier sieht toll aus. Im Angebot probiere ich es sicher mal aus.
So ging es mir auch, ich glaube in Mission sieben. Da konnte ich mich gefühlt gar nicht mehr bewegen 😀 Bin zwar nicht so der Stealth-Typ, aber dieses puzzleartigen Taktikspiele haben es mir schon angetan. In Commandos kannst du ja im Zweifel auch ganz gut dir den Weg freikämpfen. Ja, ist sehr kompetent gemacht und sieht klasse aus. Berichte dann gerne mal, wenn du zugeschlagen hast 🙂