Children of Silentown

Der Beitrag “Spiele-Check: Children of Silentown – Geduldsspiele im Düster-Dorf” erschien zuerst am 23.01.2023 auf GamersGlobal als User-Inhalt unter Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 3.0 DE DEED.

Die italienischen Indie-Entwickler von Elf Games haben mit Daedalic Entertainment einen Publisher gefunden, der bis vor einigen Jahren noch selbst eine große Nummer im Point-and-Click-Adventure-Business war. Nicht nur deshalb bin ich erwartungsfroh an Children of Silentown herangetreten, auch die Prämisse um ein Dorf, aus dem regelmäßig Einwohner verschwinden, klang für mich interessant. Ihr spielt das Mädchen Lucy, das dem Geheimnis auf die Spur kommt und sich den angeblichen Monstern im Wald stellen möchte. Die Geschichte klingt also schon einmal spannend – wo das Spiel dann allerdings doch schwächelt, erläutere ich euch in diesem Artikel.

Sie haben das Recht zu schweigen

Die geheimnisvolle Atmosphäre, die Silentown umgibt, wird durch den besonderen Grafikstil unterstützt. Hierbei fallen vor allem die großen, leeren Augen der Personen auf, die Silentown bevölkern. Die Hintergründe sind schön gezeichnet und fügen sich toll in das Gesamtbild ein. Das Dorf ist dabei noch relativ idyllisch gestaltet, spätere Abschnitte des Spiels sind aber wunderbar düster ausgefallen.

Sobald ihr das erste Gespräch beginnt, werdet ihr feststellen, dass die schöne deutsche Vertonung aus dem Intro verschwunden ist und ihr ab jetzt nur noch Texte lesen dürft. Nicht einmal eine englische Sprachausgabe ist vorhanden. In Zeiten, in denen auch kleinere Publisher eine ordentliche Vertonung ihrer Adventures hinbekommen, ist das doch ein wenig schwach von Daedalic. Erst bei einer Zwischen- und der Endsequenz ertönt wieder die tolle weibliche Erzählerstimme, da hätte ich mir zwischendurch viel mehr von gewünscht.

Auch die Musikuntermalung ist nach kurzer Zeit leider recht repetitiv – um nicht zu sagen, dass mir das Gedudel nach fünf Minuten auf den Geist ging. Dabei ist Musik hier gar nicht mal so unwichtig, denn immerhin ist sie ein entscheidendes Gameplay-Element.

Sie haben das Recht zu leiden

In seinem Inneren ist Children of Silentown ein Point-and-Click-Adventure mit bekannten klassischen Rätseln und einer durchdachten Maus- sowie Gamepad-Steuerung. Eine Besonderheit des Spiels sind die magischen Lieder, die Lucy im Laufe ihres Abenteuers erlernen kann. So könnt ihr beispielsweise mit einem bestimmten Lied eine Art „Gedankenlesen“-Zauber auslösen oder mit einem anderen Lied Erinnerungen von Personen hervorholen.

Doch wie das Spiel das letztendlich umsetzt, hat mich bis zum Ende des Spiels immer wieder leiden lassen. (Fast) jedesmal, wenn ich ein Lied einsetze, muss ich ein aufgesetztes Dreh-/Labyrinth-/Gedulds-Rätsel lösen, sonst komme ich nicht weiter. Bei einer Art von Rätsel muss ich zum Beispiel Zahnräder in ein Puzzle einsetzen und Rädchen bewegen, bei einer anderen Art den richtigen Weg für einen Faden durch einen Stoff finden. Am Anfang ist dies zwar noch recht trivial, aber zum Ende hin wird es sehr herausfordernd und je nach Geduld des Spielers vielleicht auch frustrierend. Spätestens wenn sich die Rätsel vier-, fünf-, sechsmal oder öfter wiederholt haben, muss ich mich fragen, ob das irgendjemandem wirklich Spaß machen kann. Ich gehöre jedenfalls nicht dazu.

Abgesehen davon ist die Rätselkost gelungen und durchaus fair gestaltet. Gegen Ende wird es ziemlich herausfordernd, so dass ungeübte Spieler hier überfordert sein könnten. Ein Großteil des letzten Abschnitts umfasst ein Maschinenrätsel, das viele kleinere Rätsel beinhaltet und vielleicht nicht jedermanns Geschmack ist.

Sie haben das Recht zu entscheiden

Lucy führt ein Tagebuch, in dem ihr die Noten, die ihr im Dorf entdeckt habt, wiederfindet. In Kombination ergeben diese die oben erwähnten Lieder. Außerdem führt Lucy dort genau Buch über die gefundenen „Sticker“, die euren Achievements entsprechen. In einem Teil des Spiels pflegt Lucy noch eine weitere Liste, in der sie die Fortschritte ihrer Ermittlungen notiert. Denn schließlich möchtet ihr das Geheimnis des Waldes ergründen, was unweigerlich dazu führt, dass ihr euch den dort lauernden Gefahren stellen müsst.

Auf dem Weg dahin gibt es Entscheidungen, die etwa bestimmen, ob eure Katze oder doch eins der anderen Kinder zu eurem besten Freund wird. Nachdem ihr den Wald erkundet und das Mysterium der Monster untersucht habt, steht euch noch eine letzte Entscheidung bevor, die zu einem von vier Enden führt. Leider gibt es nur eine automatische Speichermöglichkeit in einem von drei Savegame-Slots, so dass ihr theoretisch von vorne spielen müsstet, wenn ihr die anderen Enden sehen möchtet. Ein kürzlich erschienenes Update lieferte immerhin die Möglichkeit nach, bei einem erneuten Durchgang direkt eins der insgesamt fünf Kapitel anspringen zu können.

Fazit

Nach sieben bis acht Stunden blicke ich mit gemischten Gefühlen auf die Endsequenz von Children of Silentown. Die Geschichte hat recht gut funktioniert, auch wenn sie nicht weltbewegend ist. Die Atmosphäre war angenehm unangenehm. Die Standard-Rätsel waren in Ordnung, auch wenn sie manchmal etwas zu linear waren.

Aber die immer gleichen Geduldsspiele haben mir den Spaß doch wiederholt vermiest und trüben den Gesamteindruck deutlich. Eine Option zum Überspringen dieser Denksporteinlagen hätte das Dilemma leicht lösen können. So kann ich euch das Spiel leider nicht uneingeschränkt empfehlen.

  • Point-and-Click-Adventure für PC, Playstation 4 & 5, Switch, Xbox One & Series X
  • Einzelspieler
  • Für Fortgeschrittene bis Profis
  • Preis: 19,99 Euro
  • In einem Satz: Schön-schauriges Abenteuer, das unter uninspirierten Logik-Rätseln leidet
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Über TheLastToKnow

Adventure-Fan aus dem Ruhrpott, groß (aber nicht erwachsen) geworden mit den SCUMM-Adventures in den 1990er Jahren. Spürt immer wieder kleine Indie-Perlen auf und zerrt sie ans Tageslicht.

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