Cantaloupe Chronicle

Eine Dorfzeitung namens Cantaloupe Chronicle, benannt nach einem Örtchen, das sich wiederum nach einer Zuckermelone benannt hat, will euch als Praktikantin!

Mit mehr als 15 Jahren Berufserfahrung als Game-Designer für Unternehmen wie Gameforge oder CipSoft dürfen wir Tim Rachor wohl bereits als alten Hasen in der Branche bezeichnen. Offenbar macht ihm das so viel Freude, dass er auch neben seinem Hauptberuf ein eigenes Indie-Studio betreibt, mit dem er fleißig Spiele unterschiedlicher Genres veröffentlicht. Darunter befinden sich auch Point-and-Click-Adventures, von denen wir euch in diesem Artikel das frisch erschienene Cantaloupe Chronicle vorstellen möchten.

Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern

Cantaloupe Chronicle versetzt euch als Praktikantin des lokalen Käseblättchens in das Mini-Örtchen Cantaloupe. Eure Tante leitet den Kleinst-Verlag, der offenbar täglich für eine Handvoll Einwohner eine neue Ausgabe drucken lässt. Ihr dürft nun als unbezahlte und ungelernte Neu-Journalistin, mit ein wenig Unterstützung eurer Familie, in den nächsten Tagen die Titelstories recherchieren und schreiben. Die Themen gibt euch eure Tante vor, für den Rest seid ihr selbst verantwortlich.

So schreibt ihr beispielsweise über einen Angelwettbewerb zweier alter Rivalen oder den Boykott des ortsansässigen Burger-Ladens durch die Polizei. Nebenbei erweckt noch ein älterer, nie wirklich aufgeklärter Fall, bei dem ein Taucher tot im nahegelegenen See gefunden wurde, eure Aufmerksamkeit. Damit das Ganze kein Selbstläufer wird, werden euren Recherchen natürlich einige Adventure-typische Hindernisse, sprich Rätsel, entgegengestellt.

Hund beißt Mann

Ihr steuert die angehende Reporterin mit der Maus durch Cantaloupe und angrenzende Orte. Mit der linken Maustaste führt ihr Aktionen aus, die rechte Maustaste zeigt euch verfügbare Hotspots auf dem Bildschirm an. Mit einem Klick auf das Journal-Symbol oder mit Hilfe der mittleren Maustaste ruft ihr eure Notizen, Aufgaben, Gegenstände und geführten Dialoge auf. Im Inventar befinden sich zudem eure Kamera, mit der ihr Fotos für eure Artikel schießt, sowie ein Handy, das als Hilfesystem dient, wenn ihr einmal nicht weiter wisst.

Sobald ihr genug Informationen zusammengetragen habt, beispielsweise durch Gespräche mit den Einwohnern, setzt ihr euch an den Redaktions-PC und erstellt eure Artikel. Spielmechanisch bedeutet das allerdings (fast) nur, dass ihr die gesammelten Informationen nacheinander anklickt und somit in den Artikel überträgt. Wer mag, darf aber auch selbst Texte verfassen – einen Unterschied macht das aber nicht wirklich.

Eine interessante Design-Entscheidung, die ich so noch in keinem Adventure gesehen habe (zumindest könnte ich mich nicht daran erinnern) ist die Anzeige von neuen Dialogoptionen – selbst wenn ihr euch gerade gar nicht in der Nähe der jeweiligen Person befindet. Das erspart euch Laufarbeit, weil ihr euch nicht immer von Person zu Person bewegen müsst, um zu sehen, ob ihr mit ihnen neue Dinge besprechen könnt, macht das Spiel aber natürlich auch etwas leichter. Generell sind die Puzzles auch nicht besonders schwer, aber dennoch ist es mir gelungen, an der einen oder anderen Stelle hängen zu bleiben – teils durch übersehene Gegenstände, die plötzlich in der Gegend aufgetaucht sind oder durch Tipps des Hilfesystems, das mich ein wenig in die Irre geführt hat. Hier muss ich allerdings ein großes Lob an den Entwickler aussprechen – kaum hatte ich diesen Umstand gemeldet, war er auch schon behoben.

Die Grafik und den Sound kann ich hingegen nicht wirklich loben. Der detailarme Low-Poly-Grafikstil und auch die Charakterportraits werden keine Preise abräumen, bei der Musik dürften vermutlich so einige Spieler den Lautstärkeregler nach links drehen. Die englische Vertonung im Intro (und im Trailer) klingt toll, während des Spiels ist aber ausschließlich das Lesen der Texte angesagt – und das trotz deutschem Entwickler nur auf Englisch. Das alles ist kein Beinbruch – gerade nicht bei einem Spiel, das praktisch nur von einer Person alleine entwickelt wurde, aber leider summieren sich hier einige Punkte auf, die besser hätten laufen können.

Fazit

An die vielen tollen Adventures der letzten Monate kommt Cantaloupe Chronicle aus meiner Sicht leider nicht ran. Die Geschichte und die Charaktere haben mich kalt gelassen, die Rätsel empfang ich ebenfalls nicht besonders interessant und auch die Präsentation des Spiels halte ich für wenig gelungen.

Die Ansätze sind aber nicht schlecht: So dürfte etwa die Idee mit den neuen Dialogoptionen, die euch standortunabhängig angezeigt werden, einigen Spielern gefallen. Der Gedanke, eine angehende Journalistin zu spielen, klingt für mich eigentlich auch vielversprechend, das Erstellen der Artikel hätte aber noch den einen oder anderen Kniff vertragen können (vielleicht mit ein wenig Inspiration von Titeln wie The Roottrees Are Dead).

Ihr findet Cantaloupe Chronicle mit englischen Texten und wenig englischer Sprachausgabe ab sofort auf Steam für knapp 10 Euro. Schaut euch auf jeden Fall auch einmal die augenzwinkernde Cantaloupe-Chronicle-Homepage mit Retro-Charme an, da kommen Erinnerungen an die wilden Tage des Internets hoch.

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Über TheLastToKnow

Adventure-Fan aus dem Ruhrpott, groß (aber nicht erwachsen) geworden mit den SCUMM-Adventures in den 1990er Jahren. Spürt immer wieder kleine Indie-Perlen auf und zerrt sie ans Tageslicht.

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3 Comments on “Cantaloupe Chronicle”

  1. Prämisse und Look finde ich super. Schade, dass es bei den Kerndisziplinen Rätsel, Geschichte, Charaktere nicht zündet. Danke für den Test!

  2. Ich hatte das Spiel schon relativ früh verfolgt . Mir ganz persönlich hat der Grafikstil nicht gefallen, aber ich fand die Prämisse auch sehr nett.
    Dann war ich aber dann doch vom Spiel leider eher enttäuscht. War vielleicht einfach nicht meins. 🙂

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