Buch-Vorstellung: Bible Basic

Computer und Computerspiele wurden recht früh in ihrer Entwicklung von einigen Christen als Teufelswerk verurteilt. Einen ganz anderen Weg geht dieses Buch.

BASIC ist bis heute eine der einsteigerfreundlichsten Programmiersprachen. Das galt erst recht für die 1980er Jahre, in denen selbst professionell vertriebene Titel teilweise komplett in dieser Sprache geschrieben wurden. Großer Vorteil für den Nutzer: Truppenstärken und Geldmittel können viel leichter manipuliert werden. Habe ich selbstverständlich NIE getan…

Die damaligen Computer wurden mit Handbüchern geliefert, in denen zum schnellen Einstieg BASIC erklärt wurde. Und natürlich gab es dort neben kleineren Anwendungsprogrammen auch Spiele. Interessierte Nutzer konnten sich nach Lektüre dieser Seiten selbstständig an eigenen Programmen versuchen oder aus einer Vielzahl an zusätzlichen Büchern wählen. Hierzulande war zum Beispiel der Verlag Data Becker mit seinen charakteristisch rot-weiß gehaltenen Covern stark im Markt vertreten. In diesem Artikel geht es allerdings um einen – ich möchte sagen: typisch – amerikanischen Ansatz, dem geneigten User die Programmiersprache nahe zu bringen.

From Father to Son

Der Autor des Buchs, Bernard K. Bangley zollt im Vorwort direkt seinem siebzehnjährigen Sohn Tribut. Zwar habe er, Bernard, sich die Spiele alle ausgedacht, doch erst David merzte die Fehler im Code aus. Einige der Titel hat David dann komplett selbst programmiert – nur die DATA-Blöcke mit all den erbaulichen Bibel-Inhalten stammen vollständig von Bernard. Diese zu liefern war auch kein Problem für ihn, arbeitete er doch als Presbyterianischer Pfarrer und hatte Bücher geschrieben wie Butler’s Lives of the Saints und A Little Daily Wisdom from the Early Church.

Dieses Buch hier wählt einen anderen Ansatz, um christliche Glaubenssätze mit der Jugend des Jahres 1983 zusammenzubringen. Charlie W. Shedd (Autor von Titeln wie Ich spürte ihren Flügelschlag) stellt sich in seinem Vorwort eine glückliche Familie vor, die vor dem Computer zusammenkommt, um Spiele wie „People who met Christ“ zu spielen. Da Gott sich laut Bibel in allen Dingen offenbaren könne, werden Computer hier tatsächlich nicht einfach verteufelt – was ja durchaus auch ein häufig gewählter Ansatz war – sondern als Mittel zum Zweck betrachtet. Wie viele Kinder froh und dankbar waren, ihre Familienzeit mit den Spielen aus diesem Buch zu verbringen, bleibt leider im Dunkel der Geschichte. Auf jeden Fall ist das Buch ein guter Einstieg, um die BASIC-Grundlagen zu verstehen. Natürlich gab es ähnliche Bücher ohne christlichen Hintergrund – ob sie besser oder schlechter waren, wage ich aber nicht zu beurteilen.

Sieben Kirchen versenken

Viele der zwanzig abgedruckten Spiele basieren entweder auf einfachen Abfragen oder auf bekannten Spielprinzipien. So ist „Seven Churches“ eine abgewandelte Variante von „Schiffe versenken“. Sieben Kirchennamen, die in der Offenbarung des Johannes genannt werden, werden vom Computer auf einem Raster verteilt. Waagrecht, senkrecht und diagonal, vorwärts wie rückwärts. Aufgabe des Spielers ist es nun, einzelne Felder durch die Eingabe der Koordinate aufzudecken. Findet er einen Buchstaben, bleibt dieser angezeigt, der Spieler erhält zehn Punkte und die Jagd geht weiter. Für jeden Fehlversuch werden fünf Punkte abgezogen, ein vollständig aufgedeckter Städtename ist 25 Punkte wert. Sind alle Namen aufgedeckt, passiert folgendes:

The final display is a work of art. Lines 1330 through 1390 remove all the dots and asterisks and put nothing but the bare names of the churches on the screen. There is virtually no chance that you will ever see that particular display again.

Bangley, Bible Basic Seite 116

Nun. Wir hatten damals ja nichts. Wichtig in der Beschreibung des Spiels und im BASIC-Programm ist natürlich auch, dass Bernard Bangley die Schreibweise der King James-Bibel gewählt hat. Er rät, den Code entsprechend abzuändern, falls in der eigenen Familie „Pergamum“ gebräuchlicher sei als „Pergamos“.

Weitere Spiele tragen Namen wie „Fourty-two Kings“, „Famous Bible Women“ oder „Which Book“, die allesamt verklausulierte Lernprogramme sind. Wer also schon immer mal schmucklos lernen wollte, dass in der Bibel nur drei Könige des vereinigten Israels erwähnt wurden (Richtig! Saul, David und Salomon) oder Moses‘ Schwester Miriam hieß, findet hier ein Füllhorn an BASIC-Daten. Das Positivste an den Programmen ist die blumige Beschreibung der Inhalte und die hübsch gezeichneten Bilder, die jeweils zu Beginn eines Kapitels abgebildet sind.

Das Spiel, das das Titelbild des Buchs inspiriert hat, fällt aus diesem Muster: „David and Goliath“. Hier schafft es die Spielbeschreibung meisterlich, Schwächen in Stärken umzudeuten. Die Geschichte kennt vermutlich jeder Leser hier: Der junge David muss in einem Kampf gegen den riesigen Philister antreten und besiegt ihn mit seiner Schleuder. Das Programm setzt die beiden Kämpfer als Buchstaben „D“ beziehungsweise „G“ in ein Raster. Der Spieler übernimmt Goliath, während der Computer als David wie in der Bibel beschrieben furchtlos auf seinen Gegner losgeht. Goliath verliert hier immer – es geht nur darum, so lange wie möglich auszuweichen. Das Programm macht also nichts anderes, als immer den jeweils aktuellen Standort Goliaths auszulesen und das „D“ in diese Richtung zu schieben. Keine komplizierte KI, die Davids Furchtlosigkeit darstellt, sondern möglichst schnörkelloses BASIC. Bangley umschreibt es so:

David is programmed to be aggressive. The bible tells us that he had complete confidence before Goliath because of his faith in the Lord. The computer exemplifies that trust by never running away. David will always come after you and come within easy slingshot range. He always wins.

Bible Basic Seite 61f

Dies aber sage ich euch

Das Buch ist schön strukturiert und mit den besagten Kapitelbildern aufgelockert. Außerdem erklärt es anfangs und auch gerne mittendrin, wie die Spiele für unterschiedliche BASIC-Dialekte übersetzt werden können. Natürlich gebe ich heutzutage die Programme nicht mehr ein, aber ich blättere tatsächlich sehr gerne die Seiten wegen der gewaltigen Einführungstexte und der schönen Zeichnungen durch.

In meinem Regal lagert selbstverständlich das gedruckte Buch, aber wer einfach nur ein wenig blättern möchte, kann dies im Internet Archive tun. Dort findet sich auch das Konkurrenzwerk „Computer Bible Games“ von J. Conrod. Davon gibt es sogar noch einen zweiten Band, doch beide sind mir leider zu teuer, um sie neben das Bangley-Buch zu stellen. Für erbauliche Familienabende ist aber auch mit diesem einen Buch gesorgt.

(Dieser Artikel erschien zuerst am 15. Mai 2024 in der Rubrik Gastspieler auf Spielkritik.com)

Avatar-Foto

Über Jürgen

Geschichts- und Musik-Liebhaber mit einer Schwäche für viel zu lange Computerspiele. Der Werdegang CPC - Pause - PC und Konsolen sorgt dafür, dass ich noch so viele schöne alten Perlen entdecken darf.

Alle Beiträge anzeigen von Jürgen

6 Comments on “Buch-Vorstellung: Bible Basic”

  1. Fand den Artikel sehr gut geschrieben. Hat echt Lust auf dieses Buch gemacht. Würde ich mir auch gerne ins Regal stellen. Scheint ja sehr sympathisch rüberzukommen.

    1. Danke Dir! Das Buch ist in einem sehr sympathischen Tonfall geschrieben, dennoch natürlich sehr im Glauben verwurzelt – von Christen für Christen. Ist zwar nicht immer zu hundert Prozent meine Baustelle, aber ich mochte es. Vor allem natürlich, wie recht simple Programme mit den religiösen Themen verbunden werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert