Auch Entwickler Robert Clardy hat zur virtuellen Feder gegriffen und erzählt aus seinem Leben. Er ist seit 1979 in der Branche – und hat entsprechend viel zu erzählen.
Ich hatte mir das Buch im Rahmen der Stay Forever-Challenge über das Spiel The Third Courier gekauft. Informationen zu diesem obskuren Titel waren selten und ich hoffte, dass der Programmierer des Rollenspiels ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern würde. Das war leider nicht der Fall. Mehr als eine Erwähnung des Titels samt des Covers war Robert Clardy das Spiel nicht wert. Zwar war ich bei der Lektüre natürlich darüber enttäuscht, allerdings kann ich es ihm angesichts der Qualität des Spiels nicht verdenken.
Auf den gelieferten 185 Seiten des vorliegenden Buchs zeichnet Clardy seinen Werdegang im Computer-Business nach. Beginnend mit einem Sommerkurs vor dem College, in dem er ein einfaches Hölzchen-Zieh-Spiel namens 21 Matches entwarf über seine Versuche, an der Rice University so viele Programmierkenntnisse wie möglich zusammen zu raffen. Was schwierig genug war, denn 1970 verteilten sich solche Kurse noch auf unterschiedliche Studiengänge. Dies war noch die Zeit der Lochkarten-Programmierung – und selbstverständlich durften die Studenten nicht selbst an die teuren Geräte. Stattdessen waren sie auf die Gnade des “Operators” angewiesen, der ihnen nach erfolgtem Programmdurchlauf den Papierausdruck mit den Fehlermeldungen gab. Wie Clardy so schön schreibt: “The CIA was particularly interested in the process, but later switched to waterboarding.”
1978 begann er mit seinem neu erworbenen Apple II, Programme abzutippen und dabei auch umzuschreiben. Besonders Dragon Maze von Gary Shannon hatte es ihm angetan. Er programmierte auf Basis der Codezeilen so lange daran herum, ergänzte und veränderte Dinge, bis er nach drei Monaten Programmierarbeit das eigenständige Dungeon Campain fertig hatte. Er zeichnete das Cover, kopierte Tapes und gründete dafür die Firma Synergistic Software. Der Name bedeutet laut Clardy, dass das Ganze größer ist als die Summe seiner Teile. Direkt nach seinem Erstlingswerk legte Clardy mit Wilderness Campaign nach, das die Verbesserungen des neuen Apple II Plus ausnutzte. Synergistic stieg neben den Spielen auch früh bei Anwendungssoftware ein. Zum Beispiel gab es den Program Line Editor oder Higher Text. Schon nach wenigen Seiten wird klar, dass der Autor von sich selbst eine gefestigte Meinung hat: Toller Typ, toller Programmierer. Kann alles sehr gut sein. Leider gibt er mir nicht die Chance, selber auf diesen Gedanken zu kommen, weil er dieses Mantra immer wieder einfließen lässt. Schade.
Auf Seite 56 gibt Robert Clardy die Firmenregeln von Synergistic Software preis:
- Sei mindestens eine Stunde am Tag im Büro, wenn Bob auch gerade da ist.
- Nimm an den alle zwei Wochen stattfindenden einstündigen Bürobesprechungen teil.
- Erledige den Job.
- Stiehl niemals Source Code.
- Erschieß die Kunden nicht.
- Rohrbomben nur in ausgewiesenen Raucherzonen.
So ging es Schlag auf Schlag weiter. Die bekanntesten Einträge seiner Ludographie dürften Hellfire (das Add-On für Diablo), J.R.R. Tolkien’s War in Middle Earth und Spririt of Excalibur sein, aber wühlt gerne selbst in seinem Moby-Eintrag. Und “Schlag auf Schlag” ist gleichzeitig auch das Problem-Stichwort des Buchs: Nicht nur gehen die letzten 15 Seiten des sowieso schon dünnen Bands für die Credits an den unterschiedlichsten Spielen drauf. Auch die übrigen Seiten lesen sich gehetzt. Clardy hakt nach vergleichsweise ruhigem Beginn die einzelnen Etappen seiner Karriere nur noch ab. Das vorhin genannte The Third Courier ist ihm genauso wenig mehr als eine halbe Zeile wert wie viele andere Spiele auch. Natürlich kann und soll er nicht jedes Spiel ausführlich abhandeln, aber die Auswahl, die Clardy getroffen hat, verwirrt mich immer wieder. Zum Beispiel erwähnt er, dass er für Sierra an Goofy’s Word Factory gearbeitet habe. Mehr nicht. Das gleiche Spiel, von dem Al Lowe und Ken Williams übereinstimmend sagen, dass nie daran gearbeitet wurde. Wäre das nicht etwas mehr wert als “There were puzzle games für Miles Computing and Goofy’s Word Factory for Sierra and Disney.” Mann! Das ist für die rund 30 Euro, die ich für das Buch bezahlt habe, einfach zu wenig. Die fest gebundene Ausgabe gibt es direkt für über 50 Euro. Stolze Preise für wenig Inhalt.
Parallel zu diesem Buch erschien von Robert Clardy das Buch “Synergistic Software – The Early Years”, das mit 246 Seiten ein wenig dicker daher kommt. Allerdings steht schon im Klappentext stolz, dass viele alte Handbücher im Buch mit abgedruckt seien: Für den Apple II Apventure to Atlantis, Bolo, Crisis Mountain, Death Run, Doom Cavern, Dungeon Campaign, Escape From Arcturus, Microbe, Nightmare Gallery, Odyssey, Procyon Warrior, Sorcerer’s Challenge, Tank Attack, U-Boat Command und Wilderness Campaign. Für den Atari 800 sind ebenfalls zwei Handbücher mit dabei: Probe One und Warlock’s Revenge. Wie viel Inhalt dann noch übrig bleibt, um den hohen Preis von derzeit ungefähr 30 Euro für das Taschenbuch zu rechtfertigen, werde ich nach der Lektüre von Cyber Jack wohl nie herausfinden. Ein Buch von Clardy reicht im Regal.
Ich vermisse die Stay Forever Challenge. Das war ein tolles Format. Und ihr habt euch damals wirklich gut geschlagen! Das Buch, das du hier vorstellst, werde ich aber wohl ausnahmsweise auslassen. 😉
Oh Nein! Habe ich die Faszination für das Buch und den Autoren nicht gut genug vermittelt? 😉
Ja, ich fand die Challenge ein tolles Format. Bin natürlich glücklich, mit unserem kleinen Podcast überhaupt reingerutscht zu sein (noch dazu, weil ein anderer Podcast Zeitprobleme hatte und seine Aufnahme verschieben wollte). Kann zwar das “Problem” mit den neuen Stimmen nicht nachvollziehen, aber wenn es das unbeliebteste Format war, dann war der gezogene Stecker die logische Konsequenz. Unglaublich, wie viel Zeit man mit einem wirklich schlechten Spiel in 14 Tagen verbringen kann. Was John da reingebuttert hat, möchte ich gar nicht genau wissen.